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Mehr InfosBachelorarbeit, 2011, 63 Seiten
Bachelorarbeit
2,3
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Konzept der Energiepolitik
2.1 Deutsche Energie(versorgungs)politik
2.2 Die Energiepolitik und Versorgungssicherheit der Europäischen Union
2.2.1 Chronologie der Bemühungen einer EU-Energiepolitik
2.2.2 Analyse der Erdgasdependenz und Energieversorgungsfrage als Herausforderung
2.2.3 Energiepolitik auf nationaler oder europäischer Ebene?
3 Exkurs: Erdgas, ein Treibstoff der Macht – Arten und die Verteilung der Reserven
4 Gazprom im Wandel. Vom zentralen Wirtschaftssystem bis zur Globalisierung
4.1 Gemäß den Vorschriften – Erdgasversorgung in der Sowjetunion
4.2 Auflösung der Sowjetunion und die wirtschaftlichen Folgen für Gazprom
4.3 Privatisierung oder Liberalisierung? Gazprom als Interessengruppe
4.4 Umstrukturierung des Unternehmens – Gazprom als ein Synonym für Macht und ein politisches Mittel für den Kreml
4.5 Transitwege als Streitpunkt – Ihr habt keine andere Wahl – Der Fall von Ukraine
4.6 Expandieren der Aktivität. Ein transnationales Unternehmen als Global Player
5 Der Einfluss des Unternehmens in Deutschland und Europa
5.1 Gazprom & Deutschland Incorporated. Eine strategische Partnerschaft
5.2 Lobbyismus als Interessenvertretung oder Imagebildung? Die Gazprom Germania - Von Fußball bis Freundschaftsorden
5.3 Erdgas verbindet Länder und macht Feinde zu Freunden
5.3.1 Nord Stream & South Stream – Russisches Erdgas umzingelt Europa vom Norden und vom Süden
Als schwierige
5.3.2 Das Nabucco Projekt – Eine europäische Oper ohne Anklang
5.3.3 Das Trans-Adriatic-Pipeline Projekt
6 Geopolitische Bedeutung der Ressourcenverteilung und die EU Orientierung
7. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Erdgasanteil im Wärmemarkt in Deutschland 2010
Abbildung 2: Anteile der Energieträger am Primärenergieverbrauch in Deutschland 2010
Abbildung 3: Bezugsquellen für Erdgas in Deutschland 2010
Abbildung 4: Importabhängigkeit der EU-Länder von Erdgas
Abbildung 5: SWOT-Analyse der Erdgasdependenz von Russland
Abbildung 6: Verteilung der weltweiten Erdgasreserven
“The European market is skyrocketing: this April, for instance, we are going to export more gas than in some of the winter months, and by December gas is expected to cost around USD 500 under our long-term contracts. I believe these are not the last record figures for this year.”[1]
Das Erdbebenunglück in Japan und die Ereignisse um das Atomkraftwerk (AKW) von Fukushima haben in Deutschland und Europa eine öffentliche Debatte über den möglichen Atomausstieg und allgemein die zukünftige Energiesicherheit ausgelöst. Wie sensibel diese Thematik für die deutsche Bevölkerung war, ließ sich Ende März 2011 an den Ergebnissen der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und an der unmittelbaren Gründung der Ethik Kommission „Sichere Energieversorgung“ erkennen. Das Gremium sollte im Auftrag der Bundeskanzlerin Empfehlungen über einen etappenweisen Ausstieg aus der Kernenergie formulieren. In Europa ist die Energieversorgungsfrage generell ein heikles Thema und es besteht selten ein gemeinsamer Standpunkt zwischen den Partnern. Dennoch verordnete der Europäische Rat (ER) am 25.05.2011 die Durchführung von Sicherheitstests in allen EU-Atomkraftwerken.[2] Die Entscheidung, ob ein Staat die Atomenergie in Anspruch nehmen sollte, wurde jedoch individuell den Mitgliedsstaaten überlassen. In Deutschland fand der Bericht der Ethikkommission die Zustimmung der Mehrheit von Bundestag und Bundesrat. Am 01.08.2011 beschloss der Bundespräsident gesetzlich den kompletten Ausstieg aus der Atomkraft bis zum Jahre 2022.[3]
Dieser Schritt implizierte die künftige Deckung des Bedarfs durch regenerative Energien sowie den Einsatz fossiler Energieträger. Gleichwohl steckt die diversifizierte Förderung von Technologien erneuerbarer Energien noch in den Kinderschuhen und eine dauerhafte Versorgung mit diesen Energietechnologien ist in absehbarer Zeit noch nicht denkbar. Aus diesem Grund wird fossilen Energieträgern, insbesondere dem Erdöl und Erdgas, für die Deckung der Grundlast weiterhin eine besondere Bedeutung zugemessen. Oft sind beide Rohstoffe in Regionen konzentriert, die Konfliktpotenziale in sich bergen. Das Erdöl sprudelt hauptsächlich aus dem Nahen Osten und dem Maghreb. Dem „Arabischen Frühling“ verdanken Öllieferantenländer derzeit enorme politische und wirtschaftliche Risiken. Infolgedessen stellt der Import für Deutschland und die EU aufgrund der Preislabilität des Erdöls einen ernsthaften Risikofaktor dar. In Anbetracht dieser Tatsachen bleibt Erdgas als vorrätiges Naturprodukt in dieser Übergangsphase die einzig zuverlässige Alternative für die Deckung eines wachsenden Energiebedarfs in Europa und die Energieversorgung Deutschlands. An dieser Stelle vermag Russland unter den erdgasfördernden Ländern mit dem Unternehmen Gazprom eine entscheidende Position einzunehmen.
Das russische Unternehmen sitzt auf den reichsten Erdgasvorkommen der Welt und fungiert international als der größte Konzern in der Gasindustrie. Seit Jahrzehnten repräsentiert der „Blaue Riese“ als Gaslieferant einen unerlässlichen Energiepartner für Deutschland und Europa. Ihre Beziehungen zeichnen sich durch gegenseitige Interessen und symmetrische Interdependenzen[4] aus. Zugleich haben die offensive Preispolitik vis-a-vis Transitländern und eine deutliche Einflussnahme der russischen Führung auf Unternehmensentscheidungen wiederholt zu zwiespältigen Haltungen in Europa geführt und dem Ruf des Unternehmens wegen Lieferungseinstellungen international geschadet.
Die vorliegende Arbeit soll das Verhältnis zwischen Deutschland, der EU und Gazprom durchleuchten und hierbei die These vertreten, dass der Konzern durch seine Aktivitäten die Idee einer immediaten gemeinsamen europäischen Energiestrategie antrieb und allgemein die deutsche und europäische Energiepolitik stark beeinflusst hat. Dementsprechend werden Aspekte der Mitwirkung der russischen Politik auf die strategischen Entscheidungsinstanzen des Unternehmens bei Schlüsselsituationen verdeutlicht.
Als Einführung in die Materie bieten das zweite und dritte Kapitel eine Erläuterung des Begriffs der Energiepolitik und eine Vorstellung des Erdgases als fossiler Energieträger. Es wird näher auf die Merkmale, Ziele und Maßnahmen der deutschen und europäischen Energiepolitik und auf die Fragestellung eingegangen, ob - realistisch betrachtet - Ansätze einer europäischen Energieversorgungspolitik vorhanden sind. Im darauffolgenden Kapitel wird chronologisch die Entwicklung von Gazprom vor und nach dem Zerfall der Sowjetunion dargestellt. Im fünften Kapitel soll mittels Darstellung internationaler Pipeline-Projekte und Analyse der Interessenvertretung, der Einflusscharakter des Unternehmens als transnationaler Akteur auf Deutschland und Europa erörtert werden. Abschließend widmet sich die Untersuchung im letzten Kapitel der aus der Ressourcenallokation und den Pipeline-Konzessionen resultierenden Quasi-Monopolstellung und der daraus abgeleiteten geopolitischen Macht.
Aufgrund der unerwarteten Post-Fukushima Energiewende und der sich zuspitzenden Krise zwischen Russland und der Ukraine ist der Untersuchungsgegenstand dieser Abhandlung von aktueller Brisanz und wird im Kontext der zukünftigen Energielösungen weiterhin eine entscheidende Relevanz aufweisen. Nach der Auswertung der vorhandenen Forschung zum Thema kann festgestellt werden, dass sich Untersuchungen der Aktivitäten des russischen Unternehmens oftmals nur mit normativen Bewertungen begnügen, während sie marktwirtschaftliche Gründe oder interne Interessengruppen des Konzerns außer Acht lassen. Unter den herangezogenen Materialien erwiesen sich für die inhaltliche Bearbeitung des Stoffes Berichte und Aufsätze der Stiftung Wissenschaft und Politik sowie Publikationen der Osteuropa-Zeitschrift als äußerst wertvoll. Internetquellen boten ferner Zugriff auf amtliche Dokumente der europäischen und deutschen Institutionen und des Unternehmens Gazprom.
Unter Energiepolitik versteht man die Vollständigkeit der Probleme und Fragen mit politischer Natur rund um das Thema Energie. Die inhaltliche Dimension dieses Bereiches ist sehr umfassend. Sie besteht aus Handlungen und Maßnahmen, die eine dauerhafte Versorgung und gerechte Allokation der Energieressourcen projektieren. Eine nachhaltige Bedarfsdeckung wird als die effektive preisgünstige Energielieferung an Endverbraucher betrachtet, die auf das Ergebnis eines risikogerechten Ausgleichs von Angebot und Nachfrage der Primär- und Sekundärenergien[5] zurückzuführen ist.[6]
Im Allgemeinen befasst sich die Energiepolitik mit Fragen der Energieversorgung und Wirtschaftlichkeit sowie mit Problemen der Finanzierung von Energieprojekten. Dabei sind Klimaverträglichkeit und Belastbarkeit der Haushalte wichtige Einflussfaktoren für den Erfolg dieser Projekte. Dieser lässt sich an der breiten gesellschaftlichen Akzeptanz der Bevölkerung messen. Ferner kann die Energiepolitik mit ihrer Stimme dem Wirtschaftswachstum und der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes eine bedeutende Rolle verleihen. Die Vielfalt an Themen deutet darauf hin, dass sie als Arbeitsgebiet mit anderen ähnlichen Politiksphären wie Außen-, Sicherheits-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik im Zusammenhang steht. Die signifikante Korrelation zwischen den Politikfeldern ist sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene vorhanden.[7]
Durch die aufsteigende geopolitische Größe der Energiefrage wird Energiepolitik im Wortgebrauch sporadisch als Unterbegriff der oben erwähnten Bereiche wahrgenommen. Diese Untersuchung setzt sich hauptsächlich mit der Energieversorgung von Erdgas in Bezug auf die Außen- und Sicherheitspolitik auseinander. Unter Energieversorgung wird der gesamte Transformationsprozess der Energieform - hier Erdgas - samt Erfassung der Vorräte, Förderung von neuen Energiequellen, Sicherung, Akkumulation, Verarbeitung, Lieferung und Verteilung an den Endverbraucher aufgefasst.[8]
Die Garantie einer Versorgungssicherheit als Präventivschritt gegen eventuelle Krisenerscheinungen ist die politische Ambition jeder Regierung. Deutschland und Europa sehen sich diesbezüglich mit verschiedenen energiepolitischen Herausforderungen konfrontiert. Differenzen im technologischen Fortschritt führen zu unterschiedlichen Umweltstandards und tragen dazu bei, dass bei einigen Mitgliedstaaten der EU die Zielsetzungen und die energiepolitischen Prioritäten einen unterschiedlichen Stellenwert genießen. Langfristige Richtlinien werden festgelegt und Maßnahmen ergriffen, damit nachhaltige Ziele einen gemeinsamen Nenner finden und wirtschaftspolitische Dependenzen von Exporteuren verringert werden.[9]
Diese Schritte involvieren die Erweiterung von Partnerschaften mit Energielieferanten, Steigerung der Energieeffizienz, die Anpassung des rechtlichen Rahmens mit Nachbarländern, die Diversifizierung von Bezugsquellen und eine Konsolidierung des Wettbewerbs.[10]
Im Folgenden werden in erster Linie einige Aspekte der Energiepolitik Deutschlands und der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die Energieversorgung analysiert und die Importabhängigkeit vom russischen Erdgas hervorgehoben. Ebenso wird die Verteilung der vorhandenen Energievorräte begründet dargestellt.
Die Energiepolitik im Inland setzt sich aus drei wesentlichen Fundamenten zusammen: Sie beruht auf der langfristigen Versorgungssicherheit, der Wettbewerbsfähigkeit und der Klimaverträglichkeit. Eine sichere Energieversorgung lässt mit Blick auf den Atomkraftausstieg definitiv eine besondere Herausforderung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes erkennen. Als leistungsstärkste Volkswirtschaft Europas verkörpert Deutschland ein energieintensives Industrieland, dessen Wirtschafts- und Produktionsgröße für ca. 20% des gesamten Primärenergieverbauchs in der EU einsteht.[11] Abbildung 1 veranschaulicht, welches Gewicht den Energieträgern beim Primärenergieverbrauch des Landes im letzten Jahr beigemessen wurde. Mit 21,90% trug Erdgas den zweitgrößten Posten nach dem Erdöl bei. Abbildung 2 macht dabei deutlich, dass der Rohstoff mit 48,7% als Hauptenergieträger im Wärmemarkt fungierte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anteile der Energieträger am Primärenergieverbrauch in Deutschland 2010
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Erdgasanteil im Wärmemarkt in Deutschland 2010
Quelle: Eigendarstellung nach AGEB 2010[12] Quelle: E.ON Pressegrafiken[13]
Die energiewirtschaftliche Lage in Deutschland weist jedoch wie in den meisten europäischen Ländern ähnliche Merkmale auf. Das Land ist arm an natürlichen Ressourcen und der Import von Energieträgern ist für die Versorgungssicherheit unverzichtbar. Abbildung 3 zeigt beispielhaft, aus welchen Ländern der Rohstoff Erdgas im Jahr 2010 bezogen wurde. Nahezu ein Drittel des eingeführten Naturgases stammte aus Russland.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bezugsquellen für Erdgas in Deutschland 2010
Quelle: Eigendarstellung nach BMWi[14]
Schwindende Erdgasreserven im Inland und der zunehmende Anteil von Gas an der Stromerzeugung verweisen auf die gegenwärtige und zukünftige Bedeutung dieses Lieferanten. Die bilateralen Erdgaslieferabkommen zwischen Deutschland und Russland haben einen langfristigen Charakter. Das verleiht der Energieversorgung eine gewisse Sicherheit. Mit der Einweihung der Ost-See-Pipeline Nordstream ist für Deutschland selbst das Risiko der Lieferengpässe bei Konflikten mit Transitländern in weite Ferne gerückt.[15]
Dies bedeutet, dass das Angebot an Erdgas für den inländischen Markt mittel- bis langfristig fest verfügbar wäre. Die Sicherung des russischen Erdgases liefert jedoch in Bezug auf Energiepreise keinen Grund für Sicherheit. Infolge der steigenden globalen Nachfrage an Erdgas und der Unruhen in Öllieferantenländern wäre bald mit einem rasanten Preisanstieg für diesen Rohstoff zu rechnen. Die Bildung des Erdgaspreises wird nach dem Anlegbarkeitsprinzip an den Preis des Konkurrenten Erdöl wegen der sog. Gaspreisgleitklausel gebunden. Diese Ölpreisbindung war ursprünglich keine staatliche Maßnahme, sondern wurde privatwirtschaftlich angespornt und daher unvermeidlich an den Preisen der inländischen Erdgaslieferanten reflektiert. Infolgedessen untersuchten Kartellbehörden mögliche Verstöße gegen wettbewerbsrechtliche Regeln.[16]
Ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass in Deutschland mehr als 700 Unternehmen in der Gasversorgung tätig sind, zeichnet sich der Energiesektor generell durch einen Mangel an Wettbewerb aus. Der Markt wird hauptsächlich von wenigen Firmen dominiert. Allein die Konzerne E.ON und RWE decken durch ihre Versorgungsnetze mehr als 75% des Energiebedarfs und sind somit unangefochtene Marktführer. Das System der Gasversorgung ist ein vertikales Vertriebssystem, bestehend aus drei Stufen. Sieben Großunternehmen, E.ON Ruhrgas, RWE, Wingas, Exxon Mobil, Shell, VNG und Erdgas Münster, agieren als Ferngasversorger. Sie sind für die Förderung des Erdgases, die Einfuhr und die überregionale Erdgaslieferung zuständig und decken die erste Stufe der Erdgasversorgung. Wie die „Seven Sisters“ in den USA im Gebiet des Erdöls, so bilden im Bereich des Erdgases diese Branchenriesen analog die „Sieben Schwestern“ von Deutschland. Die zweite Stufe besteht aus dutzenden Firmen, die über keine Konzessionsrechte zur Förderung von Erdgas verfügen und auch nicht aus dem Ausland importieren können, womit sie vom Erdgas der ersten Stufe abhängen. Sie stellen das Erdgas für die zahlreichen regionalen und lokalen Anbieter bereit, die schließlich die dritte Stufe der Erdgasversorgung bilden.[17]
Diese Art der vertikalen Beziehungen deutet auf Wettbewerbsbeschränkungen im Gasmarkt auf, die im Vergleich etwa zum Strommarkt einen Markteintritt für andere Konkurrenten erschweren. Obwohl die Zielforderung der deutschen Energiepolitik auf die nationalen Gegebenheiten abgestimmt wird, ist Deutschland als EU-Mitgliedstaat einigen Anordnungen des EU-Rechts unterworfen, darunter fällt die Stärkung des Wettbewerbs, die Teilnahme an einem europäischen Emissionsrechtehandelssystem und die Förderung erneuerbarer Energien. Es gibt dennoch mehrere sozio-ökonomische, politische, geographische oder meteorologische Faktoren, die den Energiebedarf eines Landes bestimmen.[18]
Zwecks langfristiger Deckung der Energieversorgung ist das Vorhandensein einer Vielfältigkeit von Angeboten an Energieträgern unentbehrlich. Des Weiteren leisten in Deutschland auch die wirtschaftliche Energieverwendung und der Wandel des Verbraucherverhaltens hin zu einer effizienteren Energienutzung einen entscheidenden Beitrag zur Energiesicherheit. Um die Energieexistenz nicht zu gefährden, müsste sie einem starken Nachhaltigkeitsgedanken folgen.[19]
Die jeweiligen politischen Standpunkte zur Energieversorgung variieren von Land zu Land. Der Umstand, dass in diesem Politikbereich gleichzeitig mehrere Länder mitwirken und bunte Wahrnehmungen dessen Folge sind, macht ihn zweifelsohne komplizierter. Aus diesem Grund erscheint es für die Fragestellungen dieser Arbeit interessant, die Existenz und die Auswirkungen einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik zu untersuchen.
Bereits in den Gründungsverträgen der Europäischen Gemeinschaft spielte die Idee der Energiepolitik eine maßgebliche Rolle. Sie war eine der Triebfedern für die spätere Entstehung des Wirtschaftsbündnisses. In dieser Richtung stellte die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) anfängliche Versuche einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Gründerstaaten im Bereich der Energieversorgung dar. Sie bezweckten zusammen eine langfristige und dauerhafte Energiesicherheit für die Gemeinschaft als Gesamtheit.[20]
Zu jener Zeit deckte Kohle als wichtigster Energieträger ca. 90% des gesamten Primärenergieverbrauchs. Die Umweltproblematik dieses Rohstoffs bezüglich der CO2-Ausstöße hatte noch nicht an Bedeutung gewonnen und die Umweltschutzfrage blieb unbeachtet. Durch den Aufstieg der flüssigen fossilen Brennstoffe, die zur Abdeckung des Energiebedarfs eine preisgünstigere Alternative boten, ging die Bedeutung von Kohle innerhalb von zehn Jahren um die Hälfte zurück.[21]
Parallel zu dieser Entwicklung weckte der Beitrag der Kernenergie besonders hohe Erwartungen für die Zukunft. Dabei waren die energiespezifischen Ansätze nicht auf europäische sondern ausschließlich auf nationale Belange ausgerichtet. Mit der Stärkung der Erdölnachfrage in den späten 1960er Jahren sank die Autorität beider Energiegemeinschaften. Durch den Fusionsvertrag vom Jahr 1965 wurden sie zusammen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in die Europäische Gemeinschaft (EG) umgewandelt. Zwei Jahre nach dieser Zusammenlegung wurde das Amt des Kommissars für Energie eingerichtet. Die EG trat dennoch während der Ölkrise nicht mit einer vereinten Position auf.[22]
Elemente der nationalen Souveränität unterbanden die Positionierung der Staaten zur solidarischen Energiepolitik und verhinderten somit gemeinsame Schritte zur Sicherstellung einer reibungslosen Versorgung. Erste deutliche Fortschritte hinsichtlich einer europäischen Energiepolitik wurden erst Ende der 1980er Jahre von der Europäischen Kommission (KOM) verzeichnet. Letztere unternahm Schritte zur Liberalisierung des Strom- und Gasverkehrs sowie zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Binnenmarktes und bemühte sich vehement um die Schaffung einer gemeinschaftlichen gesetzlichen Grundlage.[23]
Trotz der Existenz von monopolartigen Formationen in den einzelnen Mitgliedsstaaten bewirkten diese Maßnahmen einen internen Strukturwandel im Bereich der Energiepolitik. Zur Steigerung des Wettbewerbs wurde mehr Durchsicht in den Unternehmensaktivitäten gefordert, das Verfahren einer Beteiligung an einer internationalen Investition wurde erleichtert. Einige dieser Punkte zusammen mit dem Streben nach mehr Energiesicherheit und Umweltschutz fanden Berücksichtigung in dem von der KOM im Jahr 1995 veröffentlichten Grünbuch[24] und bilden seitdem die Säulen der Europäischen Energiepolitik.[25]
Mit der Einführung von standardisierten Erdöl- und -gasspezifischen Bestimmungen bahnte die KOM den Weg für einen grenzüberschreitenden Energiebinnenmarkt. Die schrittweise Durchsetzung dieser Anordnungen beschleunigte den Prozess einer wirtschaftlichen Versorgungssicherheit und induzierte bei Energieunternehmen einige Innovationsanreize zur Energieeffizienz. Zum einen wurde den beteiligten Unternehmen zur Differenzierung der Bezugsquellen freie Hand bei der Lieferantenauswahl gelassen. Zum anderen zogen sie aus diesen Maßnahmen deutlich mehr Vorteile als deren normalen Verbraucher, denen keine Auswahlmöglichkeit offen blieb.[26]
Mit dem Ziel der Vorbeugung von Wettbewerbsverzerrungen und der Benachteiligung der Bürger erarbeitete Deutschland mit der Übernahme der EU-Präsidentschaft im Jahr 2007 den bekannten Aktionsplan namens „Eine Energiepolitik für Europa“. Zugleich trat die Vorlage dieses Plans aus einer Notsituation hervor: aus der Erdgasversorgungkrise, die der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine auslöste. Der Entwurf enthielt 10 Punkte, die die wichtigsten Zukunftsziele einer Europäischen Energiepolitik repräsentieren sollten. Das deutsche Projekt warf erstmals die Frage der Solidarität im Energiebereich zur Konsolidierung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft auf. Der Solidaritätsbegriff bezweckte eine Stärkung der Energiesicherheitsmechanismen und die Erhöhung des Integrationsgrades zwischen den EU-Ländern. Im Falle von drohenden Lieferengpässen hatte die EU gemeinschaftlich Präventivmaßnahmen zu ergreifen. Dazu lieferte die KOM konkrete Gesetzesvorschläge.[27]
Im März 2007 wurden die Leitsätze dieses Plans im Vertrag von Lissabon unter Artikel 194 des Energie-Kapitels festgehalten. Mit der Ratifizierung des Vertrags am 1. Dezember 2009 erhielten diese Ziele einen für alle EU-Mitgliedsländer rechtsverbindlichen Charakter und bildeten eine eigenständige Rechtsgrundlage im Primärrecht.[28] Ferner bedeutete der Lissabon-Vertrag eine Ausweitung der Kompetenzen des EU-Energie-Kommissars und nannte Energiepolitik namentlich ein eigenständiges Politikfeld der EU. Der Aktionsplan setzte im Gegensatz zu anderen Mitteilungen oder Empfehlungen den Akzent nicht nur auf die Auswirkungen der Energiedependenz der Mitgliedstaaten von bestimmten Lieferanten sondern auch auf den zukünftigen steigenden Einfluss bei der Stromerzeugung des Energieträgers Erdgas. Im Folgenden wird diese Abhängigkeit der EU weiter ausgearbeitet.
Angesichts des Faktums, dass die Mehrheit der europäischen Länder arm an natürlichen Ressourcen ist, ist kaum verwunderlich, dass der Import von Erdgas aus fremden Quellen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Importabhängigkeit der EU-Länder von Erdgas
Quelle: Eigendarstellung nach
IEA: Information Paper 2011[29]
kein neues Phänomen darstellt. Dennoch hat die Energieversorgungsfrage im letzten Jahrzehnt einen hohen Stellenwert eingenommen. So wird in der Abbildung 4 illustriert, inwieweit die EU-Mitgliedsstaaten auf den Erdgasimport angewiesen sind. 12 der oben 21 angeführten Länder haben im letzten Jahr ihren nahezu gesamten Erdgasbedarf aus dem Ausland bezogen, wobei insbesondere die Rolle Russlands als der größte Energielieferant der EU ins Auge fällt (mehr als 40% des jährlichen gemeinschaftlichen Erdgasbedarfes bezieht die EU aus Russland). Aus geopolitischen Interessen wird diese Dependenzbeziehung vielfach als Bedrohung oder Chance Europas wahrgenommen. Die Marktkonzentration in den Händen eines Lieferanten und die damit verbundenen Risiken stellen eine beunruhigende Konstellation für den EU-Markt dar.[30]
Seit den Streitigkeiten mit den Transitländern hat Russlands Image nachgelassen. So bezeichnen einige wissenschaftliche Studien Russland und Gazprom als eine untrennbare Einheit und betrachten Letzteres als einen unzuverlässigen Partner, der als Lieferant indiskret ausschließlich an der Gewinnmaximierung orientiert sei und seinen verbindlichen Lieferungsverpflichtungen überwiegend nicht nachkomme. Gleichwohl sind solche Annahmen, die die EU als selbstverständliche Einheit porträtieren und die Differenzen unter den jeweiligen Mitgliedsstaaten im Bereich der Energiepolitik vollkommen missachten, irreführend.[31]
Um entgegengesetzte Erkenntnisse zu konfrontieren, wird im Folgenden die SWOT-Analyse[32] herangezogen. Der derzeitige Ist-Zustand wurde aus vier verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und das Ergebnis kann wie folgt abgeleitet werden: Die zentraleuropäischen Länder verfügen bereits über die Pipeline-Infrastruktur und die Stärke Europas liegt darin, dass sie geographisch nicht weit von den Exportgebieten entfernt liegt. Für Länder, die einen Ausstieg aus der Atomenergie in Erwägung gezogen haben, bietet Russland weiterhin eine sichere, stabile und kostengünstige Chance, um den Erdgasbedarf während des Übergangsstadiums zu decken.[33] Trotz dieser Infrastruktur gibt es europaweit bis heute noch keinen einheitlichen Erdgasbinnenmarkt. Aufgrund der wirtschaftlichen Vergangenheit einiger Mitgliedsländer, besteht ein deutlicher Unterschied zwischen den west-, zentral- und osteuropäischen Versorgungsnetzen. Im Falle von Lieferungseinstellungen oder Störungen im Pipeline-Netz ist es nicht möglich, von den nationalen Speichern eine interne Erdgasreallokation vorzunehmen. Kleine Mitgliedsstaaten, die nicht in internationalen Netzen sind und aufgrund ihrer volkswirtschaftlichen Dimension keine Investitionskapazitäten zum Aufbau einer neu umfassenden Infrastruktur besitzen, könnten wegen derartiger logistischer Probleme Lieferengpasserscheinungen wie jene während der Ukraine-Krise erleben.[34]
Neben der oben genannten Tatsache wird die Verwundbarkeit der europäischen Länder, die aus der Energiedependenz folgt, ebenfalls durch andere Faktoren beeinflusst. Darunter spielt der Erdgasbeitrag am nationalen primären Energieverbrauch jedes EU-Mitgliedsstates eine entscheidende Rolle. Ob der Brennstoff als Hauptenergieträger fungiert oder nicht, lässt sich an dem Anteil des Erdgases am Wärmemarkt und am sekundären Sektor der Wirtschaft ausdrücken. Je höher der Beitrag, umso empfindlicher ist ein Land gegen lokale oder globale Ereignisse. Die Menge des importierten Brennstoffs sagt im Allgemeinen nichts über das Ausmaß der Abhängigkeit des Landes aus, bestimmend ist stattdessen die Rolle des Erdgases am allgemeinen Energiemix.
Die meisten Mitgliedsstaaten sind weit davon entfernt, nationale Strategien und wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Diversifizierung der Energieträger zu entwickeln. Viele weisen keine Erdgasabspeicherungsoptionen auf. Falls der Gashahn abgedreht wird oder eine voraussichtliche Stockung der Importe durch einen bedeutenden Lieferanten oder ein Transitland eintritt, müssen die betroffenen Staaten alternativ entweder andere Rohstoffe als Substitute nutzen, auf ihre Vorräte, die in der Regel für einige Tage oder Wochen reichen, zurückgreifen oder von Nachbarländern bzw. anderen potenziellen Lieferanten importieren. Trotz der starken Dependenz geht eine kurzfristige Störung bei den größten Volkswirtschaften der EU, wie etwa Deutschland, Frankreich und Italien, aufgrund der großen Speicherkapazitäten und des hohen Diversifizierungsgrades, die diese Länder vorweisen, nicht mit schwerwiegenden Folgen einher.[35] Neben den bereits erwähnten Schwächen des europäischen Erdgasmarktes existiert die Gefahr der extremen Politisierung des Energiehandels, die zur Verzerrung der Marktregeln zwischen Angebot und Nachfrage führt, dessen funktionaler Zusammenhang die Bildung eines vernünftigen Preises ermöglicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: SWOT-Analyse der Erdgasdependenz von Russland
Wie Abbildung 5 entnommen werden kann, besteht bei staatlichen Unternehmen die Gefahr, dass durch die Instrumentalisierung ihrer Energieressourcen - wie im Beispiel einer politischen Preisfestlegung - zukünftige Energieversorgungen an politische Forderungen geknüpft werden. Somit könnte Russland bei vis-a-vis den ehemals sowjetischen Teilrepubliken oder Transitländern mit Hilfe von Gazprom einen machtpolitischen Einfluss geltend machen.[36] Demzufolge verkörpert Erdgas in den Händen Russlands aus europäischer Perspektive eine Art „Energiewaffe“.
„Russland fehlt aber einerseits das rechtstaatliche und freiheitlich-demokratische Verständnis des Westens“, beklagt Altuglu.[37]
Aus diesem Grund möchte die EU die Energieabhängigkeit gegenüber diesem Lieferanten abbauen. Andererseits steht die europäische Energiesicherheit vor diversen globalen Schwierigkeiten. Die inländischen fossilen Brennstoffe in den EU- Mitgliedsstaaten neigen sich langsam dem Ende zu. Durch den Anstieg der Weltbevölkerung als Ergebnis des demographischen Wandels und die Erhöhung des wirtschaftlichen Wohlstands der Entwicklungsländer hat sich die Nachfrage nach den natürlichen Ressourcen allmählich gesteigert. Dies führt unter den treibenden Wirtschaftsmächten graduell zu einem verstärkten Wettbewerb um die Sicherung der knappen Energieressourcen, was bei einer überproportionalen Machtverschiebung das Auftreten eines Konflikts bedeuten könnte.
Neben den oben genannten Herausforderungen stellt der Klimawandel ein aktuelles und besorgniserregendes Problem für die Sicherheit der Energieversorgung dar. Für Länder, die ihren Umweltverpflichtungen nachkommen möchten, ist Erdgas die begehrteste und umweltverträglichste Alternative unter allen fossilen Energieträgern.[38]
Gleichwohl betrifft die Energieabhängigkeit nicht die EU als Ganzes, sondern nur einige ihrer Mitgliedsstaaten. Die Diskrepanz zwischen den Partnern und das Gewicht nationaler Belange beeinflussen die internen Debatten über eine gemeinsame EU-Energiepolitik. Wie stark die europäische Energiepolitik von nationalen Interessen geprägt wird und welche Probleme bzw. Chancen sich auf europäische Ebene ergeben, gilt es im Folgenden weiter zu diskutieren.
Aus der privatwirtschaftlichen Perspektive des Lieferanten Gazprom bedeutet der Export nach Europa die Sicherung eines größeren Bezugspartners. Die EU ist der größte Erdgasverbraucher der Welt. Sie umfasst einen starken und großen Markt. Diese Marktgröße könnte als Instrument dienen, um bei Energieverhandlungen Vorteile zu ziehen. Die EU stellt seit dem Lissaboner Vertrag - im Unterschied zum Nizza-Vertrag, bei der nur die EG diesen Status besaß - eine eigene Rechtspersönlichkeit dar. Dementsprechend darf sie als ein supranationaler Bundesstaat im Energiebereich und im Einklang mit anderen Politikfeldern, wie Umwelt- oder Verkehrspolitik, eigene Verträge mit Russland oder anderen Energielieferanten abschließen. Durch die Ratifizierung des Lissaboner Vertrages hatten sich die EU-Mitgliedstaaten darauf geeinigt ihre Energiepolitik auf europäischer Ebene zu koordinieren und in besonderen Fällen gemäß dem Solidaritätsprinzip ihre Kompetenzen an die KOM weiterzuleiten. Energiepolitik ist bis heute dennoch weiterhin ein Politikbereich unter der Souveränität der einzelnen Staaten geblieben, bei der zweifellos nationale vordefinierte Interessen eine Rolle spielen. Nationale Hoheitsrechte und protektionistische wirtschaftspolitische Maßnahmen einzelner Staaten erweisen sich als hemmend für den Aufbau eines gemeinsamen Erdgasbinnenmarktes.
Länder wie Frankreich und Spanien verhinderten Fusionstendenzen einheimischer Energieunternehmen mit den entsprechenden Firmen ENEL aus Italien und E.ON aus Deutschland. Selbst beim Ausstieg Deutschlands, Österreichs und Italien aus der Kernenergie wurden die widersprüchlichen Positionen unter den Mitgliedern zu einer gemeinsamen Energiepolitik deutlich. Dieses Politikfeld zeichnet sich wegen der unterschiedlichen Interessenlagen zum einen durch ein Konkurrenzdenken und eine breite Divergenz aus und zum anderen ist die Erdgasabhängigkeit europaweit nicht gleichmäßig verteilt. Das Verhältnis der europäischen Regierungen zum Energielieferanten Russland ist ebenfalls divergierend.[39] Falls die Mitgliedstaaten gemeinsam als eine Einheit auftreten würden, könnten sie die langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland durch eine EU Upstream-Beteiligung[40] an den russischen Unternehmen vorausbedingen. Eine Investition dieser Art wäre jedoch nur über Konzerne möglich, die sowohl energiepolitische Erfahrung als auch finanzielle Sicherheit beweisen. In den neueren osteuropäischen Mitgliedsstaaten lassen sich solche Unternehmen kaum vorfinden.[41]
Abgesehen von Deutschland und Österreich, die aufgrund historischer Tradition einen bevorzugten Platz genießen, haben Einzelstaaten der EU keine Verhandlungsbedeutung und riskieren bei regionalen oder globalen Geschehnissen Lieferengpässe oder einseitige Entscheidungen in Bezug auf die Preispolitik. Die Opportunitätskosten des Lieferanten wären hier kleiner als der Schaden des betroffenen Landes. Die obere SWOT-Analyse deutet darauf hin, dass im Gegensatz zu einem Einzelstaat, die EU als Gemeinschaft gegenüber dem Erdgaslieferanten Russland strategisch besser positioniert wäre.[42]
Die derzeitige EU-Russland Beziehung im Energiebereich ist nicht symmetrisch aufgebaut und wirkt unmittelbar auf die Verhandlungen, die Russland oder Gazprom einzeln mit den Mitgliedstaaten oder mit Europa als Komposition führt. Nach Perovic lässt diese Beziehung drei Besonderheiten erkennen:
Erstens finden die gegenwärtigen Verhandlungen nicht zwischen der EU als Institution und Russland als Staat, sondern zwischen dem Unternehmen Gazprom – assistiert vom russischen Staat – und den einzelnen europäischen Energieunternehmen der jeweiligen Mitgliedsländer statt. Somit sind die Akteure nicht mit gleicher Verhandlungs- und Steuerungskompetenz ausgestattet. Die Hierarchien erschweren die Kommunikation.[43]
„Die Verhandlungsposition von Gazprom ist […] ungleich größer, als wenn das Unternehmen mit Forderungen einer geschlossenen auftretenden EU konfrontiert würde“, betont der Autor.[44] Die Beziehung zwischen Russland und der EU basiert zweitens nicht auf gegenseitiger Begünstigung und absolutem Vertrauen. Es wird von der Politik Moskaus zu verhindern versucht, dass Unternehmungen europäischer Energiekonzerne in den russischen Markt durch Direktinvestitionen einsteigen. Im Gegensatz dazu genießen in Europa russische Firmen, wie z.B. Gazprom größere Freiheiten, direkte Investitionen in den Energiebereich betreffend. Diese Beziehung kennzeichnet drittens ein ausgeprägter Mangel an Informationstransparenz und Korruption auf russischer Seite. Dies macht ein Eindringen in die russischen Märkte für viele interessierte Entitäten unübersichtlich.[45]
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die EU noch nicht ein hohes Maß an Integration im energiepolitischen Bereich aufweist. Folglich kann sie keine gemeinsame Position gegenüber den bedeutendsten Gaslieferanten, wie etwa Russland beziehen. Zugleich ist unbestreitbar, dass Europas periphere Länder ihre Interessen nicht mehr allein durchsetzten vermögen. Das gemeinsame Auftreten der europäischen Energiepolitik - als Folge einer erweiterten Vergemeinschaftung – würde dabei helfen, die Differenzen zwischen der EU und Russland zu überwinden, bedenkt man, dass Russland auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung Europas spielen wird. Es besitzt Erdgas, jenen Rohstoff, den alle Europäer begehren.
Erdgas wird als Energieträger in vielen Wirtschaftssektoren oder auch privaten Haushalten zur Elektrizitäts- und Wärmeerzeugung eingesetzt. Im Vergleich zum Erdöl oder zur Kohle ist Erdgas kostengünstiger und generiert weniger CO2 Ausstoß, daher stellt es unter den fossilen Naturprodukten einen potenziellen Mitbewerber dar. Erdgas ist eine Ressource, die direkt aus dem Boden gewonnen wird. Es ist geruchlos und besteht vornehmlich aus Methan. Seine statistische Reichweite[46] beträgt ca. 60 Jahre.
Abhängig davon ob Erdgas Erdöl entnommen wird oder nicht, unterscheidet man zwischen verbundenem und unverbundenem Gas. Damit der Rohstoff für den Handel qualifiziert ist, unterliegt er einem bestimmten Verarbeitungsverfahren, das ihn von anderen Fremdstoffen befreit. Diese Art macht das konventionelle Erdgas aus. Ferner wird Erdgas von Gashydraten oder geologischen Formationen gewonnen, die die unkonventionellen Vorkommen darstellen. Je nach Brennwert unterscheidet man zwischen energiearmem Erdgas (vorwiegend in den Niederlanden und Norddeutschland) und energiereichem Erdgas (hauptsächlich in Russland und in der Nordsee vorzufinden). Damit Ferngebiete mit dem Rohstoff versorgt werden, wird er in liquide Form umgewandelt und durch Pipelines oder von Tankern transportiert. Pipelines können eine Entfernung von bis zu 6000 Km überbrücken.[47]
Quelle: BGR[48]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Verteilung der weltweiten Erdgasreserven
Diesbezüglich haben Erdgas- gegenüber Erdölpipelines einen Vorteil, sie sind jedoch im Vergleich zu Erdöl viel teurer und machen den größten Anteil der Transportkosten aus.[49]
Abbildung 6 zeigt die weltweite Konzentration der Erdgasreserven. Es wird ersichtlich, dass von der Exporteursseite zwei Regionen deutlich als Lieferanten hervortreten, und zwar der Nahen Osten und Russland. Beide Gebiete bilden die sogenannte „strategische Ellipse“.[50] Allein Russland verfügt über 1/3 der weltweiten Erdgasreserven und gilt als der wichtigste Erdgasversorger Europas. Wenn es um russisches Erdgas geht, dann gibt es nur einen Konzern, der von der „blauen Flamme“ symbolisiert wird und gleichbedeutend als Synonym für wirtschaftliche und politische Macht steht. Das ist das transnationale und staatliche Unternehmen Gazprom.
Gazprom ist ein transnational[51] agierendes Unternehmen mit Beteiligungen an allen Wirtschaftsektoren. Der Konzern weist wegen der unzähligen Verzweigungen in Töchtergesellschaften eine unübersichtliche und komplexe Unternehmensstruktur auf. Ihr Hauptgeschäftsbereich besteht jedoch in der Gas- und Ölförderung. Gazprom ist mit rund 400.000 Mitarbeitern ein treibender Motor für den Arbeitsmarkt Russlands und ein Schlüsselfaktor für das Wirtschaftswachstum im Inland. Ein Viertel der jährlichen Gesamtsteuereinnahmen des Landes stammen aus seiner Aktivität.
Dem Unternehmen gehört das gesamte inländische Erdgasnetz mit einer Ausdehnung von 438.000 Km, wodurch es 90% der nationalen Erdgasversorgung deckt. Zusätzlich überwacht sie weitere 160.000 Km von internationalen Fernleitungen und verfügt als staatlich dominierte Aktiengesellschaft über das ausschließliche Ausfuhrrecht des russischen Erdgases. Der Konzern ist der größte Gasproduzent der Welt und nimmt unter den umsatzstärksten Unternehmen auf internationaler Ebene Rang 15 ein. Am globalen Erdgasmarkt verzeichnet es eine Teilnahme von 17%.[52]
Heute trägt Gazprom die Unternehmensform einer Aktiengesellschaft. Wie nirgendwo sonst verkörpert es eine Konfliktarena der Interessenverflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft. Man findet selten ein Unternehmen vor, dessen Interessen auf höchster Sphäre so vertreten sind und dessen politischen Verbindungen zwangsläufig zum Verhängnis für das Unternehmensimage werden können wie am Beispiel von Gazprom. Der russische Staat hält beim Konzern einen Aktienanteil von 51%.
Aus diesem Grunde stellt sie als halb private und halb staatliche Gesellschaft einen Sonderfall dar, der einer genauen Analyse bedarf. Wie gelang es einer Firma wie Gazprom so mächtig zu werden? Wer sind die einflussreichen Akteure, die das Unternehmen während der Firmengeschichte geprägt und zum Erfolg gebracht haben? Wie ist das Verhältnis zwischen dem Konzern und der Regierung? Welchen Bezug hat das Unternehmen zum europäischen Markt? Auf die Fragen wird chronologisch im darauffolgenden Teil des Kapitels eingegangen.
Zu Beginn der 1970er Jahre wurden die ersten Erschließungen von Erdgasfeldern auf russischem Boden datiert. Zu jener Zeit litt Europa unter dem Erdölembargo seitens der OPEC-Länder. Dank der wachsenden ausländischen Nachfrage der westlichen Länder gewann die Erdgasindustrie an Bedeutung und wurde eine der tragenden Säulen der sowjetischen Wirtschaft. 1985 wurde die erste Pipeline in Richtung Europa errichtet.[53]
Die Sowjetunion war jedoch auf ein System der Planwirtschaft aufgebaut, bei dem jeder Mitgliedsstaat der Union seinen Beitrag je nach Produktionsgröße leistete. Die Allokation der Energieressourcen auf die Teilstaaten und die Überwachung der Erdgasinfrastruktur fand zentralistisch statt. Jede Entscheidung des Ministeriums für Gasindustrie in Moskau hatte direkte Wirkung auf die Energieversorgung der Teilrepubliken.
Um einen Kollaps der wirtschaftlich schwächeren Länder zu vermeiden, die Unzufriedenheit von Seiten der Bevölkerung zu unterbinden und politische Unterstützung zu erzeugen, fungierte der Energiebereich als ein Medium der staatlichen Subvention. Die Staatsmacht diktierte die Regeln der Energiewirtschaft und insbesondere die der Erdgasverteilung. Als Folge war die Energieversorgung der Satellitenstaaten unbegrenzt und deutlich preisgünstiger. Diese Form der Versorgung in einer solch geschlossenen Volkswirtschaft lief weiter, bis der gesamten Wirtschaft das vollständige Erliegen drohte. Diese Strategie erwies sich wegen der Unwirtschaftlichkeit und der rückständigen Produktionstechnik für den amortisierten Energiesektor und später für das gesamt gelähmte Wirtschaftssystem als sehr destruktiv.[54]
Im Hinblick auf die Erdgasversorgung erkannte der damalige Regierungsleiter Gorbatschow die gefährlichen Folgen eines möglichen Zerfalls der Sowjetunion und befahl im Jahr 1989 die Auflösung des Ministeriums für Gasindustrie der UDSSR und die Schaffung eines staatlichen Erdgaskonzerns mit dem Namen Gazprom. Zum Vorsitzenden des Konzerns wurde der frühere Energieminister Wiktor Tschernomyrdin ernannt.[55] Eine Position bei einem staatlichen Unternehmen von herausragender Bedeutung während des Neuaufbaus galt als das Ticket für eine spätere erfolgsversprechende Karriere in der Politik.
Das Ende des Jahres 1991 verzeichnete die Auflösung der Sowjetunion. Der Niedergang der
Sowjetischen Union ging mit ökonomischen Turbulenzen einher und führte zu einem Kollaps der inländischen Erdgasproduktion und -kaufkraft. Pro Jahr förderte Gazprom bis zu dieser Zeit rund 800.000 Mrd. Kubikmeter Erdgas. Infolge des Zerfalls der Union musste das Unternehmen den Verlust von einem Drittel seiner Reserven und mehr als einem Viertel der gesamten Produktionskapazität einbüßen. Wichtige Transportrouten waren nicht mehr in seinem Besitz. Der Konzern kam dennoch allen bestehenden Vertragsverpflichtungen sowohl gegenüber inländischen als auch ausländischen Kunden nach. Ungeachtet dessen stellte sich die Energieintensität beim großen unkontrollierten Erdgasverbrauch im Inland als großes Problem für das Unternehmen dar. Fehlende Gas-Zähler an Gebäuden machten die Erdgasversorgung im Inland ineffizient. Die Verluste aus dem Inlandsgeschäft konnte jedoch durch die steigenden Auslandsexporte kompensiert werden.[56]
Mit der Gründung des staatlichen Unternehmens behielt Gazprom etliche hierarchische Strukturen des Ministeriums und übernahm dabei die wirtschaftlichen Risiken einer früheren, auf Planwirtschaft basierten Institution. Im Unterschied zu anderen staatlichen Firmen erfreute es sich einer gewissen Freiheit in der Personalpolitik und hatte zudem den Vorteil, sich nahe der Informationsquelle des Erdgassektors zu befinden.[57] Die Mehrheit der Personalführung im früheren Ministerium war in das strategische Management des Unternehmens überführt worden. Zur Erfüllung ihrer Produktionsziele wurde der Firma überdies vollständige Beaufsichtigung des Gassektors gewährt. Dadurch erlangte der Konzern den Sonderstatus eines Monopolisten.[58]
Im Januar 1992 nahm der Erlass des Präsidenten Jelzin zur Liberalisierung der Marktpreise rechtliche Wirkung. In einem Land, in dem der Energiebereich als Devisenbringer und bedeutender Steuerzahler als Kernsektor der Wirtschaft galt, sollte dieser Schritt den Übergang von der Plan- zu der Marktwirtschaft bewerkstelligen und den Prozess der Liberalisierung und Privatisierung der staatlichen Betriebe vorantreiben. Die Realisierung von Reformen bedeutete indes nicht unbedingt die Durchführung von in den entwickelten Volkswirtschaften bereits experimentierten Regeln auf einem bestimmten Sektor der Wirtschaft, sondern zielte auf dem Papier im Prinzip auf eine vollständige Integration der Wirtschaftsbereiche miteinander sowie auf die Förderung des Wettbewerbs und des Privateigentums ab.[59]
In der Realität verlief jedoch alles ganz anders. Durch ein Dekret von November 1992 wurde der Konzern Gazprom zum Teil privatisiert und erlangte die Rechtsform einer staatseigenen Aktiengesellschaft. Zwei andere gesetzliche Regelungen definierten das System der Gasversorgung als Eigentum des Bundesvermögens und der Verkauf des Pipeline-Netzes wurde untersagt, außer im Falle einer durch die russische Regierung gewährte Konzession. Der Staat war mit einem Aktienbesitz von 40% beteiligt und hatte ausschließlich als Hauptgesellschafter bei wichtigen Unternehmensentscheidungen ein Vetorecht. 15% der Anteile gingen in Hände der Gazprom Belegschaft über. Der Restanteil der Aktien durfte an private Anteilseigner verkauft werden. Bis 1994 hatten 747.000 Aktionäre der Öffentlichkeit Anteile von ca. 33% des Unternehmens erworben. In der wirtschaftlichen Konfusion der zerfallenden Sowjetunion fing eine Minderheit der Bevölkerung an, sich rasant zu bereichern. Die Aktionäre besaßen sogenannte Wertpapiere, ein nach dem Modell der „Chicago Schule“[60] konzipiertes pyramidales System, das den Menschen erlaubte, gegen eine Geldsumme Gutscheine zu erwerben. Diese Gutscheine oder Aktien würden den Besitz eines bestimmten Prozentsatzes an verschiedenen Unternehmensteilen garantieren.[61]
Der Verkauf der restlichen Gazprom Aktien, die für den Einstieg ausländischer Investoren vorgesehen waren, wurde zeitlich verschoben. Die Konzernleitung ließ sich die Gelegenheit der Eröffnung des Unternehmens gegenüber europäischen Energieunternehmen und somit die Chance für einen Austausch von Investitionen und technologischen Know-How entgehen. Diese Art der gesetzlich regulierten Privatisierung deutete darauf hin, dass in der Wirklichkeit eine Reallokation innerhalb des staatlichen Apparats statt einer Privatisierung durch Deregulierung und Eröffnung für die Öffentlichkeit erfolgte.[62]
In synchroner Entwicklung zu der Umwandlung der Gesellschaft wurde Tschernomyrdin, der bis dahin zugleich als Konzernleiter und Vizepremier des Landes amtierte, zum Premierminister ernannt. Sein offensichtlicher Interessenkonflikt störte niemanden. Der frühere Stellvertretende Tschernomyrdins beim sowjetischen Gasministerium Rem Wjachirew wurde zum Leiter des Unternehmens berufen. Die Zusammenarbeit der beiden stellte sicher, dass bei Gazprom keine strenge Regulierung stattfand und nicht zu viele Steuern erhoben wurden. Sie sorgten dafür, dass einerseits dem Staat als Hauptaktionär periodisch keine große Dividendenausschüttung auffiel und dass andererseits Teile des Unternehmens unter einem Gemisch von Privatinteressen der Unternehmensmanager und ihrer Verwandtschaften aufgeteilt wurden.[63]
Die Hand von Gazprom in politischen Kreisen hatte stets einen enormen Einfluss. Dank Tschernomyrdin verfügte der Konzern über einen ganzen Apparat an Leuten, die wichtige politische Ämter bekleideten. Aufgrund der Finanzmarktstärke und des Beitrages zur Wertschöpfung des Landes, galt Gazprom als Vermittler über die im Land bekannten Interessengruppen. Mit Interessengruppen ist hier die herausragende Rolle der neuen Millionäre Russlands - der so genannten Oligarchen - bei dem Sponsoring der politischen Kampagnen der einen oder anderen Partei gemeint. Durch die Mitwirkung von Gazprom- Chef Wjachirew und anderen Oligarchen wie Wladimir Gussinski und Boris Beresowski, beide Besitzer von einflussreichen Medien im Land, wurde Präsident Jelzin im Jahr 1996 erneut im Amt bestätigt. Bei den Parteiwahlen von 1999 lieferte Gazprom für 130 Parteikandidaten Beratungsdienstleistungen. Die Partnerschaft aller Beteiligten beruhte auf einer interdependenten Verflechtung der Beziehungen, bei der sich die Seiten gegenseitig unterstützten.[64]
Die Handlungsweise der Unternehmensführung wurde immer intransparenter und die Aktienmärkte sendeten daraufhin keine positiven Signale. Bei der Entfaltung von Gazprom im Verlauf der partiellen Privatisierung des Konzerns ist von ernsten Liberalisierungsversuchen kaum die Rede. So dominierte diese Phase die aktive Einflussnahme des Unternehmens in den inneren Entscheidungsgremien der Politik, insbesondere in wirtschaftspolitischen Bestimmungen und Gesetzgebungsinitiativen, die sich direkt um das Unternehmen drehten. Aufgrund unvorteilhafter gesamtwirtschaftlicher und systempolitischer Rahmenbedingungen brachte der Privatisierungsprozess keine Neuerungen und Verbesserungen in der Arbeitskultur der Unternehmensstrukturen mit sich. Höhmann etwa kennzeichnet die russische Privatisierung als eine Form der „Insiderprivatisierung“ zum Vorteil der Betriebsleitungen und Parteivorsitzenden, die über Zugang zu Ressourcen und Personalkapazitäten der Betriebe verfügten.[65]
Einige Liberalisierungsansätze der Gesellschaft sind im Mai des Jahres 1998 datiert, als sich das Unternehmen zum ersten Mal in seiner Geschichte grünes Licht für Investitionsbeteiligungen ausländischer Energieinteressenten gab. Ausgangspunkt dieser Entscheidung waren langjährige positive geschäftliche Beziehungen zwischen deutschen Energieunternehmen und Gazprom. Letzteres genoss bei den deutschen Partnern volles Vertrauen. Somit durften die Deutschen als Akteur an Bord gehen. Zuerst wurden dem E.ON -Tochterunternehmen Ruhrgas 2,5% der Aktien verkauft, die Beteiligung wurde schrittweise auf 6.5% angehoben. Weitere erfolgreiche und partnerschaftliche Kooperationsbeteiligungen ergaben sich später auch mit anderen deutschen und britischen Konzernen.[66] Eine Öffnung gegenüber ausländischen Direktinvestoren bezweckte eine Verbesserung des Unternehmensimages auf internationalem Terrain– dieses war aufgrund seiner Verwicklung in zweifelhaften Machenschaften ins Zwielicht geraten. Durch einen Treuhandvertrag konnte Firmenchef Rem Wjachirew die Kompetenzen über den Aktienanteil des Staates übernehmen und damit indirekt einem Mitspracherecht des Staates bei Aktionärssitzungen entgegenwirken. Dies löste eine starke Auseinandersetzung zwischen ihm und dem neuen Minister für Brennstoffe und Energie Boris Nemzow aus, der die Gesellschaft zudem des mangelnden Wettbewerbs und der Nicht-Begleichung der offenen Steuerverbindlichkeiten bezichtigte.[67]
Im Zuge Putins Ankunft an der Macht sowie seines erfolgreichen Aufstieges zum Präsidenten des Landes Ende 1999 schlug auch die gesamte politische Haltung gegenüber Gazprom einen anderen Weg ein.
Am 29. Juni 2000 markierte der Rücktritt Tschernomyrdins aus dem Amt des Vorsitzenden des Direktoriums von Gazprom das erste Signal, dass die Macht des Unternehmens auf wackeligen Füßen stand. Er repräsentierte im Konzern eine Institution für sich und sein Rücktritt war bedeutend. Nach kurzer Zeit wurde er als russischer Botschafter in die Ukraine entsandt. Seinen Posten übernahm Dmitri Medwedew, gegenwärtiger Präsident von Russland. Ein Jahr später legte die Duma durch das Gesetz „Über Aktiengesellschaften“ neue Regeln für die Wahl des Vorstandsvorsitzenden fest und führte das Prinzip der Mehrheitswahl ein. Dies war ein Hinweis darauf, dass innerhalb des Unternehmens eine Machtverschiebung stattfand.[68]
Putin sorgte dafür, dass der Arbeitsvertrag des Gazprom -Chefs Rem Wjachirew nicht mehr verlängert wurde. Mit seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen endete das lange Kapitel, in dem sich ein kleiner Kreis von Individuen die natürlichen Ressourcen eines Staates unter Kontrolle halten konnte. Im Jahrbuch des Unternehmens werden heute interessanterweise die damaligen Aktionärsversammlungen mit Fragezeichen versehen und somit im Gegensatz zu Tschernomyrdin, an den zu Recht als Begründer dieser Firma erinnert wird, taucht der Name von Wjachirew nirgends auf. Ende 2010 starb Tschernomyrdin im Alter von 73 Jahren.[69]
Wjachirew wurde vom Energieminister Alexey Miller abgelöst. Die Börse reagierte auf den Wechsel mit äußerst positiven Reaktionen: Der Wert der Gazprom -Aktie kletterte innerhalb besagter Woche um mehr als 25%. Das neue Gesicht von Gazprom wurde ein alter Arbeitskollege und Freund Putins aus St. Petersburg, der als unbestechlich galt. Ihm gelang durch Diskretion, Arbeitsfanatismus und die Implementierung von Reformen, die Aktivität der Firma schnell in den Griff zu bekommen. Um die betriebliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu steigern, organisierte er binnen kürzester Zeit die gesamte Konzernstruktur um. 16 der 19 Mitglieder des alten Firmenvorstandes wurden entweder ersetzt oder schieden freiwillig aus. Acht der neuen Direktoren waren seine oder Putins Vertraute seit der Zeit in St. Petersburg.[70]
Als Fortschritt zeichnete sich die von Miller und in Absprache mit der EU eingeleitete Stabilisierung der Gaspreise ab. Für private und industrielle Kunden im Inland wurden günstige Sonderpreise bestimmt. Im Gegensatz dazu sollte der Importpreis für das Erdgas wegen einer Erdölpreiskopplung von den Marktmechanismen reguliert werden. Für ausländische Kunden herrschte im Prinzip eine Preisderegulierung vor. Auf eine inländische Preisderegulierung wollte die russische Regierung nicht eingehen.[71]
[...]
[1] Siehe dazu den Artikel des Vorsitzenden des Gazprom-Verwaltungsausschusses Alexey Miller: On record high figures in the European Gas Market; online im Internet [http://www.gazprom.com/press/miller-journal/976611/], zugegriffen am 20.07.2011.
[2] Vgl. Europäische Kommission für Energie: Joint Declaration on comprehensive risk and safety assessments of nuclear plants ('stress tests'); online im Internet [http://ec.europa.eu/energy/nuclear/safety/doc/20110623_ stress_test_joint_declaration_eu_neighbouring_countries.pdf], zugegriffen am 25.07.2011.
[3] Vgl. Pressemitteilungen des Bundespräsidenten: Bundespräsident fertigt Gesetz zur Änderung des Atomgesetztes aus; online im Internet [http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/. 2011/08/20110801-Atomgesetz.html, August 2011], zugegriffen am 02.08.2011.
[4] Mit symmetrischer Interdependenz wird eine gegenseitige wohlproportionierte Abhängigkeit der Akteure bezeichnet. In diesem Fall ist Russland ökonomisch von den Erdgasexporten zu den europäischen Märkten hin ebenmäßig wie Europa auf die russischen Erdgaslieferungen angewiesen. Vgl.: Götz, Roland: Pipeline-Popanz. Irrtümer der europäischen Energiedebatte; in: Osteuropa. Blick in die Röhre. Europas Energiepolitik auf dem Prüfstand, Energie-Dossier 2009, Berlin 2009, S. 10.
[5] Primärenergie entsteht aus den in der Natur gegebenen Ressourcen. Findet eine Umwandlung der Primärenergie statt, dann wird sie als Sekundärenergie bezeichnet.
[6] Vgl. Schneider, Madlen Almut; EU-Kompetenzen einer Europäischen Energiepolitik, Institut für Energierecht an der Universität zu Köln, Schriftenreihe Band 155, Baden-Baden 2010, S. 24.
[7] Vgl. Grotz, Florian/Krennerich, Michael: Energiepolitik; in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleiner Lexikon der Politik, 3. Auflage, München 2003, S. 78.
[8] Vgl. Stübben, Felix: Europäische Energieversorgung. Status-Quo und Perspektiven; BERG Working Paper Series Nr. 59, Juni 2008, S. 13.
[9] Vgl. Kneissel, Karin: Das Energiepoker. Wie Erdöl und Erdgas die Weltwirtschaft beeinflussen, 2. überarbeitete Auflage, München 2008, S. 7. und S. 98.
[10] Vgl. Kemfert, Claudia/Müller, Friedemann: Energiepolitik zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit – Chancen und Perspektiven für die Energieversorgung; in: DIW Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsförderung, 76 Jahrgang, Heft 1/2007, S. 6.
[11] Vgl. IEA: International Energy Statistics; online im Internet: http://www.eia.gov/cfapps/ipdbproject/iedindex3 .cfm?tid=3&pid=26&aid=2&cid=CG1,&syid=2006&eyid=2010&unit=BCF, o.J. [zugegriffen am 08.09.2011].
[12] Vgl. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V.: Auswertungstabellen zur Energiebilanz für die Bundesrepublik Deutschland von 1990 bis 2010. Berechnungen auf Basis des Wirkungsgradansatzes, S. 5.; online im Internet: http://www.ag-energiebilanzen.de/viewpage.php?idpage=139, Juli 2011 [zugegriffen am 01.09.2011].
[13] E.ON Pressegrafiken: Erdgasanteil am Wärmemarkt; online im Internet: http://www.eon-ruhrgas.com/ cps/rde/xbcr/SID-E3EE88A4-5C7AEBF9/er-corporate/ER_PrGra2010_010_de.pdf, 2011 [zugegriffen am 07.09.2011].
[14] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Zahlen und Fakten. Energiedaten. Nationale und internationale Entwicklung, Tabelle 17, online im Internet: http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Energie/ Statistik-und-Prognosen/energiedaten.html, August 2011 [zugegriffen am 10.09.2011].
[15] Vgl. Holzer, Leila Verena: Europäische und deutsche Energiepolitik. Eine volkswirtschaftliche Analyse der umweltpolitischen Instrumente, Europäische Schriften zu Staat und Wirtschaft Band 22, Baden-Baden 2007, S. 81f.
[16] Vgl. BMWi: Energieversorgung für Deutschland. Statusbericht für den Energiegipfel am 03. April 2006, Berlin 2006, S. 29.
[17] Vgl. Ebenda, S. 36f und Vgl. Leuschner, Udo: Drei Stufen der Gasversorgung; online im Internet: http://www.udo-leuschner.de/basiswissen/SB101-04.htm, o.J. [zugegriffen am 19.09.2011].
[18] Vgl. Kempfert, Claudia: Die deutsche Energiepolitik braucht eine Trendwende – Ein 10-Punkte-Plan für eine nachhaltige Energieversorgung, DIW Berlin, Discussion Paper Nr. 618, Berlin 2006, S. 2-5.
[19] Unter starker Nachhaltigkeit ist der Begriff „Strong Sustainability“ von Konrad Ott gemeint. In diesem Sinne wäre Energiesicherheit gegeben, wenn diese die Bewahrung eines minimalen Vorrats für die künftigen Generationen vorsieht. Vgl. Ott, Konrad: The Case For Strong Sustainability; in: Ott, Konrad/Thapa, Pratap Philipp: Greifswald’s Environmental Ethics, Greifswald 2003, S. 62.
[20] Vgl. Gürtenhofer, Margarita: Die Instrumentalisierung russischer Energiepolitik seit Putin. Auswirkungen der neuen russischen Energie(außen)politik auf die Versorgungssicherheit der EU bei Erdgas- und Erdölimporten, Saarbrücken 2010, S. 31. und Vgl. Stöckle, Benjamin: Sichere Energie für Europa. Chancen und Grenzen einer Europäischen Energiepolitik, Saarbrücken 2009, S. 24f.
[21] Vgl. Poth, Ludwig: Die Stellung des Steinkohlebergbaus im Industrialisierungsprozeß unter besonderer Berücksichtigung des Ruhrgebiets, Schriftenreihe zur Industrie- und Entwicklungspolitik Band 7, Berlin 1971, S. 197.
[22] Vgl. Nötzold, Antje: Die Energiepolitik der EU und der VR China. Handlungsempfehlungen zur europäischen Versorgungssicherheit, Wiesbaden 2011, S. 200.
[23] Vgl. Baumann, Florian/Fischer, Severin: Energiepolitik; in: Weidenfeld, Werner/Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z, BpB Schriftenreihe Band 1123, 12. neu bearbeitete Auflage, Bonn 2011, S. 114.
[24] Die Grünbücher beinhalten Erwägungen der KOM über gesetzliche Pläne und Anordnungen im Hinblick auf ein bestimmtes Fachressort, wie z.B. die Energiepolitik. Zunächst werden diese Gesichtspunkte zur Diskussion gestellt. Nachdem der Entwicklungsgang der Verhandlungen und des Meinungsaustausches vollendet ist, werden die abschließenden Überlegungen als Leitideen in einem Weißbuch veröffentlicht, das endgültig die rechtlichen Rahmenbedienungen zum Erreichen einer konkreten Agenda enthält. Im Jahr 1996 wurde zum ersten Mal ein Weißbuch über die Energiepolitik der EU publiziert. Seitdem werden Grün- und Weißbücher zur Harmonisierung der energiepolitischen Bedürfnisse zwischen den Mitgliedsstaaten ständig veröffentlicht. Vgl. Nötzold, Antje: Ebd., S. 214f.
[25] Vgl. Stöckle, Sichere Energie für Europa, S. 28f.
[26] Vgl. Ebd., S. 226f.
[27] Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaft: Mitteilung der Europäischen Kommission an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament: Eine Energiepolitik für Europa, S. 4-12.; online im Internet: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2007:0001:FIN:DE:PDF, Januar 2007 [zugegriffen am 30.09.2011].
[28] Vgl. Vertrag von Lissabon: Aktion Europa Sonderausdruck, Berlin 2010, S. 130.
[29] Vgl. Simpson, James/Min, Kyuong-Seok: Gas Emergency Policy: Where do IEA Countries stand?; IEA Information Paper Mai 2011; online im Internet: http://www.iea.org/papers/2011/gas_emergency_policy.pdf, Mai 2011, zugegriffen am [20.08.2011].
[30] Vgl. Viëtor, Marcel: Energiesicherheit für Europa. Kernenergie und Erdgas als Brückentechnologien, DGAP-Schriften zur Internationalen Politik, Baden-Baden 2011, S. 30. und S. 97.
[31] Vgl. Morbée, Joris/Proost, Stef: Russian Market Power on the EU gas market: Can Gazprom do the same as in Ukraine? Energy, Transport and Environment, CES Discussion Paper Series, Januar 2008, S. 5. und vgl. Morbée, Joris/ Proost, Stef: Russian Gas Imports in Europe: How does Gazprom Reliability change the Game? CES Discussion Paper, Juli 2009, S. 3ff.
[32] Die SWOT-Analyse stammt ursprünglich aus der Lehre des chinesischen Kriegsstrategen Sunzi und seinem Buch „Die Kunst des Krieges“. Sie ist ein einfaches und praktisches Instrument zur strukturierten Untersuchung eines bestimmten Sektors oder Problembereichs und dessen jeweiligen generierten Zuständen. Zur effizienten Problemlösung sieht sie die Entwicklung gewisser Strategien und Aktionen vor. In den 1960er Jahren wurde sie in der heutigen Auffassung angewandt und findet heutzutage Anwendung in vielen verschiedenen Bereichen. Vgl. Grant M. Robert: Contemporary Strategy Analysis, 7. Auflage, Barcelona 2010, S. 12ff. Diese Analyse ermöglicht den Vergleich von Zuständen, ohne dabei bestimmte Priorisierungen oder Wertungen vorzunehmen. In der vorliegenden Abhandlung werden keine direkten Maßnahmen zur Milderung der Energieabhängigkeit angeführt, sondern nur die Probleme und Streitfragen der europäischen Energieversorgung dargestellt.
[33] Vgl. Viëtor, Marcel: Energiesicherheit für Europa, S. XXII.
[34] Vgl. Noel, Pierre: Beyond Dependence. How to deal with Russian Gas, ECFR Policy Brief/9, London 2008, S. 2; online im Internet: http://ecfr.eu/page/-/documents/Russia-gas-policy-brief.pdf, November 2008 [zugegriffen am 1.11.2011] und vgl. Saunders, J. Paul: Russian Energy and European Security. A Transatlantic Dialogue, The Nixon Centre, Washington, 2008, S. 13f. und vgl. Geden, Oliver: Effektive Gaskrisenvorsoge in Europa. Wegweisende Kommissionsvorschläge für eine neue Architektur der Risikoabsicherung, SWP Aktuell 50, August 2009, S. 2.
[35] Vgl. Westphal, Kirsten: Russian Gas, Ukrainian Pipelines and European Supply Security. Lessons of the 2009 Controversies, SWP Research Paper/11, September 2009, S. 21ff.
[36] Vgl. Stöckle, Benjamin: Sichere Energie für Europa, S. 24f.
[37] Altuglu, Murat: The New Great Game. Energiepolitik im kaspischen Raum, Junge Politikwissenschaft Band 4, Bonn 2006, S. 88.
[38] Vgl. Viëtor, Ebd. S. 1-14.
[39] Vgl. Saunders, J. Paul: Russian Energy and European Security. A Transatlantic Dialogue, The Nixon Center, Washington, 2008, S. 13. und vgl. Notz, Kristina: Energie für Europa – Im Spannungsfeld von Sicherheit, Wettbewerb und Nachhaltigkeit. Globale und europäische Herausforderungen im Energiebereich, CAP Aktuell, Nr. 5/2006, München 2006, S. 2-5f.
[40] Mit Upstream wird der gesamte Förderungsprozess eines Rohstoffs bezeichnet. vgl. Adolf, Jörg: Globale Ölmärkte im Wettbewerb? – Die ¸wahren´ Herausforderungen der künftigen Energieversorgung; in: Dratwa, Frederike/Ebers Malko (Hrsg.): Energiewirtschaft in Europa. Im Spannungsfeld zwischen Klimapolitik, Wettbewerb und Versorgungssicherheit, Heidelberg 2010, S. 58.
[41] Vgl. Liebing, Stefan: Energiepolitik in der EU und Russland – Interessenlagen, Konfliktpotenziale, Kooperationsansätze, Duisburg 2010, S. 192.
[42] Vgl. Nötzold, ebd., S. 79.
[43] Vgl. Perovic, Jeronim: Farce um Gas. Russland, die Ukraine und die EU-Energiepolitik; in: Osteuropa. Blick in die Röhre. Europas Energiepolitik auf dem Prüfstand, Energie-Dossier 2009, Berlin 2009, S. 36.
[44] Ebd.
[45] Vgl. Ebd. 36f.
[46] Die statistische Reichweite fasst die Zeit für den Gesamtverbrauch des Energieträgers um.
[47] Vgl. Reece, Mieke: Öl und Erdgas; in: IEA: Handbuch Energiestatistik 2011, S. 63ff; online im Internet: http://www.iea.org/publications/free_new_Desc.asp?PUBS_ID=2359, 2011 [zugegriffen am 05.09.2011. und vgl. Bentley, Doug: Shale Gas – Eine neue globale Energieressource; in: E.ON Ruhrgas: Branchenreport Erdgas 2010. Zahlen, Fakten, Prognosen, o.O. 2010, S. 14.
[48] Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe: Regionale Verteilung des Gesamtpotenzials an konventionellem Erdgas 2009; online im Internet: http://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Energie/Bilder/ Kurzstudie2010/Ene_Kurz2010_Gesamtpot_Erdgas_g.html?nn=1542230, 2011 [zugegriffen am 12.11.2011].
[49] Vgl. Wagner, Josef Hermann: Was sind die Energien des 21. Jahrhunderts? Der Wettlauf um die Lagerstätten, Frankfurt am Main 2007, S. 108f.
[50] Vgl. Müller, Friedemann: Klimapolitik und Energieversorgungssicherheit. Zwei Seiten derselben Medaille, SWP Studie S 14, April 2004, S. 8.
[51] Unter transnationalen Unternehmen versteht man Konzerne, die sowohl Niederlassungen als auch Beteiligungen im Ausland haben. Dank ihrer Wirtschaftsmacht nehmen sie Einfluss bei den Gastgeberländern durch aktive Lobbytätigkeit. vgl. Fuchs, Doris/Kalfagianni, Agni (Hrsg.): Democratic Legitimacy of Transnational Corporations in Global Governance; in: Ermann, Eva/Uhlin, Anders (Hrsg.): Legitimacy Beyond State? Re-examining the Democratic Credentials of Transnational Actors, Hampshire 2010, S. 44.
[52] Vgl. Forbes.: The World’s Biggest Public Companies; online im Internet: http://www.forbes.com/global 2000/list/#p_1_s_arank_All_All_All, April 2011 [zugegriffen am 08.08.2011] und vgl. Fleischer Susanne: Energie verbindet Menschen, Broschüre von GAZPROM Germania GmbH, März 2010, S. 2. und Vgl. Pörzgen, Gemma: Gazprom. Die Macht aus der Pipeline, Hamburg 2008, S 7f. und vgl. Bochkarev, Danila: Russian Energy Policy During President’s Putin Tenure: Trend and Strategy, Global Market Briefings, London 2006, S. 25f. und vgl. Panjuschkin, Waleri/Sygar, Michail: Gazprom. Das Geschäft mit der Macht, München 2008, S. 13.
[53] Vgl. Russell. Jeremy: Energy in the Soviet Union? Problems for Comecon, World Economy, Bd. 4. Juni 1981, S. 297ff. und vgl. Pleines, Heiko: Energiewirtschaft und Energiepolitik; in: Pleines, Heiko/Schröder, Hans-Henning (Hrsg.): Länderbericht Russland, BpB Schriftenreihe 1066, Bonn 2010, S. 332f. und vgl. Goldmann, I. Marschall: Petrostate. Putin, Power and the New Russia, Oxford 2008, S. 47f.
[54] Vgl. Balmaceda, M. Margarita: Energy Dependency, Politics and Corruption in the former Soviet Union. Russia’s power, oligarchs’ profit and Ukraine’s missing energy policy, 1995-2006, Oxon 2008, S. 1ff. und vgl. Weenink Anton/Correlje, Aad: The Irrelevance of Globalization: The State and the Energy Sector in Russia’s Transformation; in: Kersebergen, V. Kees/Lieshout H. Robert (Hrsg.): Expansion and Fragmentation: Internalization, Political Change and the Transformation of the Nation State, Amsterdam 1999, S. 149.
[55] Vgl. Pörzgen, Gemma: Gasprom, S. 27.
[56] Vgl. Panjuschkin/Sygar: Gazprom. ebd., S. 30ff. und vgl. Weenink/Correlje, ebd. S. 152. und vgl. Viktor, M. Nadejda: Gazprom: Gas Giant Under Strain, PESD Standford, Working Paper 71, Januar 2008, S. 10-14.
[57] Vgl. Viktor, ebd., S. 29.
[58] Vgl. Engerer, Hella: The Russian Gas Sector: Survival of the Planned Economy or Evolution of Market Mechanism; in: Arentsen, J. Maarten/Künneke. W. Rolf: National Reforms in European Gas, Elsevier Global Energy Policy and Economic Series, Oxford 2003, S. 137. und vgl. Pleines, Heiko/Westphal, Kirsten: Die Rolle des Gaskonzerns in der russischen Politik und Wirtschaft, BIOst Bericht Nr. 33/1999, S. 6.
[59] Vgl. Engerer, Hella: ebd., S. 133. und. vgl. Panjuschkin/Sygar: Gazprom. Ebd., S. 36.
[60] Unter der Chicago Schule ist die Gruppe von berühmten Ökonomen wie Milton Friedman, Ronald Coase, Jeffrey Sachs usw. bezeichnet, die für ein Zurückdrängen der wirtschaftlichen Aktivität des Staates auftraten. Marschall I. Goldmann analysiert in seinem Buch „The Piratization of Russia“ die Rolle der Harvard und Chicago Ökonomen bei dem damaligen Privatisierungsarchitekt der russischen Wirtschaft Anatoly Chubais.
[61] Vgl. Goldmann, I. Marschall: The Piratization of Russia. Russian Reform Goes Awry, New York 2005, S. 69f. und. vgl. Engerer, ebd. S. 141f. und. vgl. Goldmann, I. Marschall: Petrostate, S. 60.
[62] Vgl. Engerer, ebd.
[63] Vgl. Goldmann, I. Marschall: Petrostate, S. 61
[64] Vgl. Stern, P. Jonathan: The Future of Russian Gas and Gazprom, New York 2005, S. 172. vgl. Goldmann, ebd. und vgl. Panjuschkin/Sygar: ebd., S. 50ff.
[65] Vgl. Höhmann, Hans-Hermann: Die „russische“ Marktwirtschaft. Übergangsordnung oder Wirtschaftssystem auf Dauer?; in: Höhmann, Hans-Hermann/Schröder, Hans-Henning (Hrsg.): Russland unter neuer Führung. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts, agenda Zeitlupe 18, Münster 2001, S. 125f. und vgl. Pleines: Energiewirtschaft und Energiepolitik, S. 341f.
[66] Vgl. Schmid, Stefan/Schulze, Stephan: Ruhrgas und Gazprom. Keine Sonderrechte –trotz langjähriger Import-Beziehungen und existierender Minderheitsbeteiligung; in: Schmid, Stefan (Hrsg.): Strategien der Internationalisierung, München 2007, S. 162.
[67] Vgl. Pleines /Westphal: Die Rolle des Gaskonzerns in der russischen Politik und Wirtschaft, S. 3.
[68] Vgl. Panjuschkin/Sygar: Ebd., S. 128f.
[69] Vgl. Ebd. S. 133. und Vgl. o.V.: Jahrbuch des Unternehmens Gazprom, About Gazprom. History; online im Internet: http://www.gazprom.com/about/history/chronicle/, o.J. [zugegriffen am 26.11.2011].
[70] Vgl. Stern, P. Jonathan: The Future of Russian Gas, Ebd. und.172 vgl. Panjuschkin, ebd. S. 136.
[71] Ebd. S. 173ff.
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