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Mehr InfosDiplomarbeit, 2011, 70 Seiten
Diplomarbeit
1,3
Das Gesundheitssystem in Deutschland ist für die Erhaltung und Förderung der Gesundheit zuständig. Seine Aufgabe ist es die Gesundheit der Menschen durch die Behandlung von Krankheiten und Vorsorge zu erhalten.
In Deutschland funktioniert das Gesundheitssystem nach dem sogenannten Solidaritätsprinzip. Die Untersuchungen und Behandlungen beim Arzt sind Sachleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Für den Beitrag spielen Alter, Gesundheitsrisiko und Geschlecht keine Rolle. Er beträgt bei allen gesetzlichen Krankenkassen einheitlich seit dem 01.01.2011 15,5% des Bruttoeinkommens. Für diesen Betrag sind in Deutschland die Kinder sowie die Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner, die kein eigenes Einkommen haben, beitragsfrei mitversichert. Der Beitrag von 15,5% wird wie folgt aufgeteilt: 8,2% werden vom Arbeitnehmer und 7,3% werden vom Arbeitgeber getragen. Der Arbeitgeberbeitrag ist seit dem 01.01.2011 in dieser Höhe festgeschrieben. Das bedeutet, dass alle weiteren Erhöhungen vom Arbeitnehmer allein getragen werden müssen. Ein Zeichen dafür, dass die Solidarität des Gesundheitssystems immer mehr in den Hindergrund gerät. Darüber hinaus erheben einige GKV zusätzlich zu den regulären Beiträgen noch einen Zusatzbeitrag.[1]
Die Entstehung des Gesundheitssystems beginnt am 15. Juni 1883 mit dem „Gesetz betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter“. Mit ihm wurde die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eingeführt. Damit war Deutschland das erste Land mit einem Sozialversicherungssystem.[2]
In den folgenden Jahrzehnten wurde das sogenannte Bismarcksche System auf folgende Bereiche erweitert:
- Krankenversicherung seit 1883
- Unfallversicherung seit 1884
- Rentenversicherung seit 1889
- Arbeitslosenversicherung seit 1927
- Rentenreform seit 1957
- Pflegeversicherung seit 1995
Den Grundstein des deutschen Gesundheitssystems legte Otto von Bismarck (1815-1898). Er führte Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts die Sozialgesetzgebung ein. In ihr sind die wesentlichen Prinzipien Solidarität, Sachleistung und Selbstverwaltung verankert.
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Abb. 1: Graf Otto von Bismarck (1815-1898)
Mit dem Krankenversicherungsgesetz wurde eine Versicherungspflicht für alle gewerblichen Arbeiter eingeführt. Damit hatten die Arbeiter Anspruch auf ärztliche Behandlung, Arzneimittel und Krankengeld. Die Krankenkassen hatten die Möglichkeit, Familienangehörige mit zu versichern und extra Leistungen anzubieten.
Am 19. Juli 1911 wurden mit der Reichsversicherungsordnung die Krankenversicherung, die Rentenversicherung und die Unfallversicherung zu einem Gesetz zusammengeführt. Damit wurde eine gesetzliche Grundlage für den Sozialstaat Deutschland verabschiedet.[3]
In der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) wurden die gesetzlichen Krankenversicherungen der staatlichen Leitung unterstellt. Damit war die Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung vorübergehend beendet. 1941 wurden die Rentner in die Krankenversicherung mit aufgenommen, was zu einer zusätzlichen Belastung führte.[4]
1952 ist die von den Nationalsozialisten abgeschaffte Selbstverwaltung der GKV wieder eingeführt worden, mit dem Ziel einer flächendeckenden und ambulanten medizinischen Versorgung.[5]
Seit 1969 wurden die Arbeiter und Angestellten mit dem Lohnfortzahlungsgesetz im Krankheitsfall gleichgestellt.[6]
Die Ausgaben im Gesundheitswesen haben sich in den Folgejahren immer weiter erhöht. Aus diesem Grund wurden zu Beginn der 80er Jahre Kostendämpfungsgesetze eingeführt, mit denen man versuchte, den ständig steigenden Kosten entgegenzuwirken.[7]
- 1977 Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG)
- 1981 Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz (KHKG)
- 1981 Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz (KVEG)
- 1982 Haushaltsbegleitgesetz
- 1984 Krankenhaus-Neuordnungsgesetz
- 1988 Gesundheitsreformgesetz (GRG)
Die Ziele der Kostendämpfungsgesetze waren:
- Ausgabenreduzierung im Gesundheitswesen
- Einführung bzw. Erhöhung von Selbstbeteiligungen, um die Mitnahmementalität der Bevölkerung zu bekämpfen
- Erhöhung der Effizienz des Gesundheitssystems
- Beitragsstabilität
In einem der ersten Kostendämpfungsgesetze wurden z. B. Zuzahlungen für Verbands-, Arznei- und Heilmittel eingeführt. Gegen Ende der 70er Jahre erhöhte sich der Beitragssatz auf 11,3%. Mit den Kostendämpfungsgesetzen wurden z. B. Leistungsbeschränkungen sowie Arzneimittelhöchstbeträge eingeführt. Auch die Kosten für „Bagatelle-Medikamente“ sollen nicht mehr übernommen werden.
In den 80er Jahre hatte sich der Beitragssatz auf ca. 13% immer weiter erhöht. Die Kostendämpfungsgesetze konnten ihr Ziel nicht erreichen.
Nach den Kostendämpfungsgesetzen wurde 1989 das Gesundheits-Reform-Gesetz eingeführt. Mit diesem Gesetz wurde die GKV in das Sozialgesetzbuch V (SGB V) integriert. Die wichtigsten Änderungen waren: Festbeträge für Arznei- und Verbandsmittel, Zuschuss für Brillen sowie die Einführung eines Eigenanteils für physikalische Therapien. Eine weitere Maßnahme war die Einführung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK). Er ist eine Beratungs- und Begutachtungsstelle der GKV, der die Wirtschaftlichkeit der Ärzte überprüft.[8] Eine Begutachtung durch den MDK erfolgt immer dann, wenn die Schwere, Art, Häufigkeit und Dauer einer Erkrankung vom üblichen Durchschnitt abweicht. Um Missbrauch sowie Abrechnungsbetrug vorzubeugen, sind die Aufgaben des MDK im SGB V festgelegt. Die wichtigsten Paragraphen sind:[9]
- § 275 Begutachtung und Beratung
„Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet…“
Die Krankenkassen sind verpflichtet Behandlungen, Abrechnungen, Arbeitsunfähigkeiten usw. bei Auffälligkeiten zu kontrollieren um Betrug oder Missbrauch vorzubeugen und auszuschließen.
- § 276 Zusammenarbeit
„Die Krankenkassen sind verpflichtet, dem Medizinischen Dienst die für die Beratung und Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen…“
Die Krankenkassen müssen die erforderlichen Unterlagen dem MDK zur Verfügung stellen, damit eine reibungslose Zusammenarbeit gewährleistet wird.
- § 277 Mitteilungspflichten
„Der Medizinische Dienst hat dem an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt, sonstigen Leistungserbringern, über deren Leistungen er eine gutachtliche Stellungnahme abgegeben hat, und der Krankenkasse das Ergebnis der Begutachtung und der Krankenkasse die erforderlichen Angaben über den Befund mitzuteilen...“
Der MDK ist verpflichtet den Krankenkassen, sowie den behandelnden Ärzten die Ergebnisse seiner Untersuchungen mitzuteilen.
Obwohl mit dem MDK die Kontrolle der Abrechnungen und Behandlungen erhöht wurde, sind die Gesundheitsausgaben immer weiter angestiegen. Im Jahre 1999 waren die Ausgaben bei 206,3 Mrd. EUR und sind in den darauffolgenden Jahren bis 2008 auf 263,2 Mrd. EUR angestiegen (siehe Abbildung 2).[10]
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Abb. 2: Entwicklung der Gesundheitsausgaben
Auch das Gesundheits-Reform-Gesetz konnte nicht dazu beitragen dieser Kostenentwicklung entgegenzuwirken. Die Gesundheitsausgaben sind immer weiter angestiegen. Ein besonders starker Zuwachs ist seit dem Jahr 1990 zu verzeichnen. Die Ausgaben im Gesundheitssystem stehen im direkten Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwicklung. So sind die Ausgaben pro Einwohner von 2.520,00 EUR im Jahr 1999 auf 3.210,00 EUR im Jahr 2008 weiter angestiegen.[11] Die immer höheren Kosten müssen auf die Versicherten umgelegt werden, was wiederum zu steigenden Beiträgen führt. Das Ziel, eine gute medizinische Versorgung für alle Patienten in Deutschland zu gewährleisten, wird damit immer schwieriger. Eine optimale medizinische Versorgung sollte nicht nur qualitativ hochwertig sein, sondern auch kostengünstig, um die Gesundheit und die Lebensqualität aller Menschen zu erhalten.
Private Krankenkassen gibt es bereits seit dem 18. Jahrhundert. Sie galten hauptsächlich für Selbstständige zur Absicherung im Krankheitsfall. Die ersten privaten Absicherungen in Deutschland erfolgten bei den Zünften, die das Prinzip Leistung gegen Beitrag verfolgten. Die Mitglieder mussten einen Betrag bezahlen und wurden dann im Notfall unterstützt. Diese Absicherung diente hauptsächlich der Altersvorsorge, der Krankheitsfall war damit noch nicht abgesichert.[12]
Vor allem die Selbstständigen, hatten nicht die Möglichkeit, sich gesetzlich zu versichern. Aus diesem Grund haben sie sich zusammengeschlossen, um sich gegenseitig privat abzusichern. Somit entstanden die ersten privaten Krankenversicherungen. Am 17. Januar 1845 wurde die Gründung von privaten Krankenkassen in der Gewerbeverordnung festgelegt. Damit wurde erstmals bei einer ärztlichen Behandlung zwischen der gesetzlichen- und privaten Abrechnung unterschieden. In den darauf folgenden Jahren hat sich der Personenkreis, der sich privat versichern konnte immer weiter vergrößert.[13]
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Tab. 1: Kriterien der privaten- und gesetzlichen Krankenversicherung
Gegenwärtig kann sich jeder privat versichern, der als Selbstständiger oder Angestellter ein bestimmtes Mindestgehalt verdient. Die Höhe des Beitrags wird nach verschiedenen Kriterien festgelegt (siehe Tabelle 1).
Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wird bei der privaten Krankenversicherung jede einzelne Person individuell nach ihrem Leistungsbedarf versichert. Dabei spielen Alter, Risiko und aktueller Gesundheitszustand zur Berechnung des Versicherungsbeitrages eine große Rolle. Angehörige wie Ehepartner und Kinder müssen einen separaten Beitrag bezahlen. Dadurch ist die Beitragshöhe bei jedem Versicherten unterschiedlich. Rechtlich ist jeder Versicherungsvertrag ein Einzelvertrag zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsunternehmen.[14]
Die zehn größten privaten Krankenversicherungen in Deutschland sind:
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Tab. 2: Zuwachs der privat versicherten Personen[15]
Die Anzahl der privat versicherten Personen hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Die PKV ist aber auch gleichzeitig ein Risiko für die Versicherten. Viele, hauptsächlich jüngere Patienten starten mit einem günstigen Tarif. Im Verlauf ihres Lebens werden die Patienten immer älter, d. h. die Leistungsausgaben steigen, wodurch wiederum die Tarife angepasst werden müssen. Es gibt heute viele Rentner in der PKV, die ihre halbe Rente für die Krankenversicherung benötigen, die durchaus im Monat 800 EUR kosten kann. Die meisten Versicherten sind aber Gutverdiener, die überwiegend in den Ballungszentren wohnen. Durch einen höheren Verrechnungssatz erzielt der Arzt bei einem privat versicherten Patienten ein höheres Einkommen.
Seit 1883 gibt es die gesetzliche Krankenversicherung. Sie zählt zu den Sozialversicherungen des Landes (siehe Kapitel 2.1). Das Gesundheitssystem funktioniert nach dem sogenannten Solidaritätsprinzip, dies bedeutet, dass die Untersuchungen und Therapien für Versicherte von der GKV übernommen werden.[16] Es gibt heutzutage verschiedene Gruppen der gesetzlichen Krankenkassen, die zum Teil wiederum in Untergruppen unterteilt sind (siehe Tabelle 3).[17]
Der Beitrag zur gesetzlichen Krankenkasse ist ein festgeschriebener Prozentsatz, der bei Angestellten direkt vom Einkommen abgeführt wird. Die Höhe des Beitrages ist unabhängig vom Alter, Geschlecht oder bereits vorhandenen Erkrankungen. Die Rechnungen werden zwischen der Praxis und der KV abgerechnet, somit hat der Arzt bei seiner Abrechnung der gesetzlich Versicherten nur eine Anlaufstelle. Die KV rechnet diese Leistungen mit der jeweiligen GKV ab. Der Leistungskatalog beinhaltet alle lebensnotwendigen Untersuchungen und Behandlungen. Aufgrund der ständig steigenden Ausgaben wurden auch die Beiträge immer weiter angehoben. Seit 01.01.2009 ist der Beitragssatz der GKV gesetzlich vorgeschrieben. Er ist am 01.01.2011 von 14,9% auf 15,5% angehoben worden. Die ständig steigenden Beiträge stellen für die Versicherten eine zusätzliche Belastung dar. Dennoch reichen die Einnahmen vieler gesetzlicher Kassen nicht aus, deshalb erheben sie, neben dem vorgeschriebenen Beitrag noch einen Zusatzbeitrag.
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Tab. 3: Zusatzbeitrag von GKV-Gruppen
Gleichzeitig wird der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse immer weiter gekürzt. Für die Patienten ist dies mit höheren Zuzahlungen für bestimmte Behandlungen verbunden. Auf der anderen Seite werden die Ärzte von den GKV durch Budgetgrenzen in ihren Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Ein sehr großer Kostenfaktor sind die stark ansteigenden Kosten für Arzneimittel. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben der GKV betrug im Jahre 2008 bereits 18,2%.
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Abb. 3: Verteilung der Gesundheitsausgaben[18]
Aufgrund dieser Entwicklung fordern die Krankenkassen eine andere Steuerpolitik. Der für Lebensmittel und Bücher geltende ermäßigte Steuersatz von 7% soll auch für Medikamente gelten. Die gesetzlichen Krankenkassen könnten mit der Steuersenkung von 19% auf 7% ihre Ausgaben reduzieren. Sinkende Ausgaben würden sich positiv auf den Beitragssatz auswirken, was wiederum mehr Menschen dazu bewegen würde, sich gesetzlich versichern zu lassen. Zielgruppe sind hier die freiwillig Versicherten, also die Personen, die wählen können, ob sie eine private oder eine gesetzliche Krankenversicherung möchten. Beispielsweise die Selbstständigen.
Die Einführung der Praxisgebühr am 01.01.2004 in Höhe von 10 Euro pro Quartal für gesetzlich Versicherte führte auch dazu, dass besonders die ärmeren Patienten weniger zum Arzt gehen, um dieses Geld zu sparen. Dieses Verhalten reduzierte auch die Patientenanzahl. Der Effekt war aber nur sehr kurzfristig. Heute sind die Patientenzahlen auf dem gleichen Stand wie vor Einführung der Praxisgebühr.[19]
Ein weiters Problem der GKV ist die zunehmende Überalterung der Versicherten. Sie bekommen im Durchschnitt öfters Krankengeld als jüngere Mitglieder. Der Anteil der Personen, die zwischen 45 und 65 Jahre alt sind, ist in den letzten Jahren um 30% gestiegen.[20]
In fast allen Kassenarztpraxen ist der Anteil der GKV Versicherten größer als der der privat Versicherten. Für die Landärzte hat das sehr große Auswirkungen, denn bei ihnen ist der Anteil der GKV Patienten besonders hoch. Bei der Abrechung kann der Arzt bei einem privat versicherten Patienten einen höheren Verrechnungssatz für seine Leistung ansetzen als bei einem gesetzlich Versicherten. Durch die Budgetbegrenzung der GKV kann der Arzt am Ende des Quartals oftmals nicht mehr so viele Medikamente verschreiben und Behandlungen verordnen, wie es für die optimale Patientenbetreuung notwendig wäre. Besonders problematisch bei den Kassenpatienten ist, dass keine Einzelleistungen mehr vergütet werden. Für den Patienten gibt es pro Quartal eine Pauschale, egal wie oft er den Arzt in Anspruch nimmt. Das macht vor allem die Behandlung älterer, kranker Patienten besonders unattraktiv. In der Praxis müssen gesetzlich Versicherte oftmals längere Wartezeiten akzeptieren als privat Versicherte. Damit ist Deutschland als Sozialstaat auf dem Weg zu einer Zweiklassenmedizin.[21]
Das Berufsbild des Arztes gehört zu den ältesten der Menschheit. Die ersten bekannten Schriften über Arznei- und Zaubermittel stammten aus dem alten Orient. Heute arbeiten Ärzte in Behörden, als Sachverständige oder sind in der medizinischen Forschung tätig. Sie können stationär oder ambulant arbeiten. Das Medizinstudium ist nach § 1 Abs. 2 ÄAppO geregelt.[22] Die Ausbildungsdauer beträgt 12 Semester. Ärzte sind verpflichtet über ihre Patienten Stillschweigen zu bewahren. Sie unterliegen der „ärztlichen Schweigepflicht“.[23]
Wer sich als Hausarzt mit einer Kassenzulassung heute niederlassen möchte, benötigt eine Facharztausbildung als Facharzt für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin. Eine Besonderheit sind die Kinderärzte, die sich ebenfalls als Hausarzt niederlassen können. Die Facharztausbildung verpflichtet den Arzt zunächst in einem Krankenhaus tätig zu sein. Niedergelassene Kassenärzte benötigen eine Zulassung von der Kassenärztlichen Vereinigung. Damit dürfen sie selbstständig praktizieren und ihre Leistungen der KV in Rechnung stellen.[24]
Nach Erhalt des Examens hat der Arzt aber auch die Möglichkeit sich direkt in der Industrie oder in einer Unternehmensberatung anstellen zu lassen. Wenn er keine Kassenzulassung oder Facharztausbildung möchte, kann er sich direkt nach dem Examen niederlassen, er darf dann aber nur Privatpatienten bzw. Selbstzahler behandeln. Diese Regelung führt dazu, dass einige Ärzte direkt nach dem Examen eine reine Privatpraxis eröffnen, was wiederum zur Verschärfung der medizinischen Versorgung auf dem Land führt. Sollte eine Erkrankung nicht in sein Fachgebiet fallen, kann er diese Leistung nicht mit der KV abrechnen. Er sollte den Patienten an einen Facharzt, der sich auf dieses Gebiet spezialisiert hat, weiter überweisen. Der Facharzt ist durch seine Ausbildung und der Praxiseinrichtung in der Lage weitere Untersuchungen wie z. B. Röntgenaufnahmen, Ultraschall, EKG usw. durchzuführen. Bei den PKV-Versicherten gibt es einen Unterschied, hier darf der Arzt theoretisch alles abrechnen, was beispielsweise bedeutet, dass der HNO-Arzt auch einen Herzinfarktpatienten behandeln dürfte.
Nach dem Medizinstudium muss der angehende Arzt sich entscheiden, welche Facharztrichtung er später ausüben möchte. Die Ausbildung zum Facharzt erfordert eine mehrjährige Fortbildung. Für die Weiterbildung ist die Ärztekammer zuständig. Sie bestimmt die Prüfungszulassungen sowie die Inhalte der Fortbildung. Nach der Weiterbildung erwirbt der Arzt den Titel zum Facharzt. Damit hat sich der Mediziner auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert.[25]
Dazu gehören z. B. Facharzt für:
- Allgemeinmedizin
- Allgemeine Chirurgie
- Augenheilkunde
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Innere Medizin
- Neurologie
- Orthopädie und Unfallchirurgie
- Psychiatrie
- Radiologie
- Urologie
Damit der Mediziner in seiner eigenen Facharztpraxis GKV Patienten behandeln darf, ist es notwendig eine Zulassung bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu haben (siehe Kapitel 3.1).
Für die Eintragung als Hausarzt in das Arztregister ist seit dem 01.01.1996 eine Facharztausbildung in Allgemeinmedizin, Innere Medizin oder Kinderheilkunde erforderlich. Bis zum 31.12.1995 konnte sich der Mediziner als praktischer Arzt ohne Facharztausbildung niederlassen.[26]
Den klassischen, niedergelassenen praktischen Hausarzt gibt es heute fast nicht mehr. Seit 1996 sind die klassischen Hausärzte entweder Fachärzte für Allgemeinmedizin oder hausärztlich tätige Internisten. Auch Kinderärzte können hausärztlich tätig sein. Während der Facharzt für Allgemeinmedizin, umgangssprachlich „der Hausarzt“, für die Grundversorgung aller Patienten zuständig ist, kann der auf ein bestimmtes Gebiet spezialisierter Facharzt mit seinem zusätzlichen Wissen Patienten von anderen Hausärzten für spezielle Untersuchungen innerhalb seines Fachgebietes betreuen.
Für den Hausarzt und besonders den Landarzt der auch die körperlichen, psychischen und sozialen Hintergründe seiner Patienten kennen muss, ist ein entsprechender Zeitaufwand pro Behandlung erforderlich. Damit ist der Hausarzt nur schwer in der Lage, die Durchlaufzahlen eines Facharztes zu erzielen.
Aus diesem Grund entscheiden sich immer weniger Mediziner für die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Bis 31.12.1995 konnte man ohne zusätzliche Facharztausbildung hausärztlich tätig sein und sich als sogenannter praktischer Arzt niederlassen. Die Gesundheitsreformen, die Anfang der neunziger Jahre durchgeführt wurden, sorgten dafür, dass nur noch Kassenärzte zugelassen werden, die eine Facharztausbildung haben.[27]
Nicht jeder Arzt in Deutschland ist gleichzeitig ein Doktor. Einen Doktortitel bekommt der Arzt nicht automatisch mit dem Abschluss seines Studiums, sondern genau wie bei allen anderen akademischen Fächern ist für die Erlangung des Titels eine Doktorarbeit mit anschließender Prüfung nötig. Die Doktorarbeit kann entweder während oder nach dem Studium geschrieben werden. Eine Promotion zum "Dr. med." (akademischer Grad) ist in der Regel dann erforderlich, wenn der Arzt eine Karriere an einer Universität anstrebt. Zur Berufsausübung als niedergelassener Arzt ist eine Promotion nicht notwendig.[28]
Die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin ist mit ca. 5 Jahren genauso lang wie eine andere Facharztausbildung. Sie ist teilweise sogar mühsamer, weil sie mehrere Ausbildungsstellen hintereinander beinhaltet. Ein Facharzt hingegen kann die komplette Ausbildung in einer Fachabteilung absolvieren. Auf Hausärzte und damit die Fachärzte für Allgemeinmedizin wird man heute und in Zukunft nicht verzichten können. Damit ist der Hausarzt ein sehr sicherer Beruf.
Die Entscheidung, eine eigene Praxis zu eröffnen, ist mit einem erheblichen unternehmerischen Risiko verbunden. Zu der Verantwortung für seine Patienten kommt auch die personelle Verantwortung für seine Angestellten hinzu. Um eine Praxis erfolgreich zu führen, sind neben den medizinischen- auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse erforderlich.
Für den Erfolg sind der Bekanntheitsgrad und der gute Ruf von entscheidender Bedeutung, denn Ärzte dürfen keine aktive Werbung für ihre Praxis veranlassen. Dies ist bei einer Neugründung oder Übernahme eine besondere Herausforderung, da ein Patientenstamm erst aufgebaut bzw. übernommen werden muss.[29]
Die Kommunikation und damit die Werbung sind im §27 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte festgelegt. Im §27 Abs. 3 „Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden.“[30]
Ausnahmen für die Werbung sind im §27 Abs. 4 geregelt:
- nach der Weiterbildungsordnung erworbene Bezeichnungen
- nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbene Qualifikationen
- Tätigkeitsschwerpunkte
- organisatorische Hinweise, z. B. neue Adresse, andere Öffnungszeiten
Diese Regelung erschwert vielen jungen Medizinern eine Praxisgründung in Deutschland.
Will eine Praxis heute auf Dauer erfolgreich sein, wird sie neben der medizinischen Kassenversorgung auch noch Zusatzleistungen, die s. g. IGEL Leistungen, die privat abgerechnet werden, mit anbieten.[31] Denn ohne diese IGEL Leistungen kann der Arzt nur die Standard Behandlung durchführen, die von der KV übernommen werden, was wiederum vielen Patienten nicht genügt.
Wie bei jedem Unternehmen muss auch der Mediziner stark motiviert und risikobereit sein. Er muss ein festes Ziel vor Augen haben, um erfolgreich eine Praxis gründen oder übernehmen zu können. Zusätzlich sollten die Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft und Durchsetzungsvermögen vorhanden sein. Damit seine Praxis auf Dauer erfolgreich ist, muss der Arzt ein tragfähiges Konzept haben. Dabei sind die Faktoren Standort, Räumlichkeiten, Patientenstruktur, Investitionen, Finanzierung, Praxiskosten, Steuern sowie die Kreditzinsen von besonderer Bedeutung. Nach diesen betriebswirtschaftlichen Kriterien muss er entscheiden: Mache ich mich selbstständig und wenn ja, in der Stadt oder auf dem Land. Ein angestellter Arzt muss sich über diese Punkte keine Gedanken machen. Ein weiteres Kriterium sind die beruflichen Aufstiegmöglichkeiten, was viele Mediziner dazu motiviert, sich in einem Krankenhaus, in der Forschung oder einer Unternehmensberatung anstellen zu lassen. Auch die eigene Gesundheit des Arztes spielt bei der Entscheidung eine Rolle. Wird ein angestellter Arzt für einen längeren Zeitraum krank, erhält er eine Lohnfortzahlung und kann nach seiner Genesung i. d. R. wieder an seinen Arbeitsplatz.
Die Einzelpraxis ist ein komplettes Abhängigkeitsverhältnis. Wenn der Arzt krank ist oder in Urlaub geht, fehlen der Praxis die Einnahmen, die auch für die Bezahlung der Angestellten und den Praxisbetrieb notwendig sind. Bei Gemeinschaftspraxen ist dieses Risiko wesentlich geringer, da die Ärzte sich untereinander vertreten können. Sie haben die Möglichkeit, diese Zeit durch die Anstellung eines Vertretungsarztes zu überbrücken, aber auch diese Variante ist mit erheblichen Kosten verbunden. Nicht nur fachliche Qualifikationen des Arztes machen eine Praxis aus, sondern auch der Umgang der Mitarbeiter mit den Patienten. Die Zeit, die ein Patient mit den Angestellten der Praxis verbringt, ist oftmals länger als die Untersuchung beim Arzt. Daher ist es wichtig, dass die Angestellten mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten sich verstehen und gemeinsam am Erfolg der Praxis arbeiten. Nur so entsteht für den Patienten das Bild einer gut laufenden Arztpraxis.
„Der erfolgreiche Betrieb einer Praxis setzt heute nicht nur ein exzellentes medizinisches Konzept voraus, sondern auch Kenntnisse aus unterschiedlichen Gebieten, wie z. B. Finanzierung, Personalführung und rechtliche Kenntnisse.“[32]
Der niedergelassene Hausarzt ist Freiberufler. Sein Einkommen ist die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben. Daher ist sein Verdienst nur sehr schwer mit dem Bruttoeinkommen eines angestellten Arztes zu vergleichen. Wie alle Freiberufler, so müssen auch die niedergelassenen Ärzte die Krankenversicherung, Rentenversicherung von ihren Einnahmen selbst bezahlen.
Bei der Bundesärztekammer waren 429.926 Ärzte im Jahr 2009 gemeldet. Dazu zählen alle Ärzte, die am Patienten praktizieren sowie auch Ärzte die in Behörden, in der Forschung oder sonstigen Bereichen tätig sind. Für die Ärztedichte werden nach OECD-Standard nur die Ärzte gezählt, die am Menschen praktizieren. Die Ärztedichte in Deutschland lag bei 3,64 Ärzten pro 1.000 Einwohner im Jahre 2009 (siehe Kapitel 4.1.4).
Damit ist die Zahl der Ärzte und der Ärztedichte höher als in allen Jahren zuvor. Warum trotz des steigenden Ärzteaufkommens die Versorgung auf dem Land immer problematischer wird, ist aus der Struktur und Verteilung der Ärzte ersichtlich.
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Abb. 4: Verteilung der Ärzte in Deutschland
Die Abbildung 4 zeigt, wie die Gesamtzahl der Ärzte in Deutschland zusammengesetzt ist. Im Jahre 2009 waren 325.945 berufstätige Ärzte registriert, sie sind in ambulant tätige Ärzte, stationär tätige Ärzte, die, die in Behörden arbeiten und „Andere“ z. B. die in der Forschung tätig sind, unterteilt. Gleichzeitig waren 103.981 Ärzte ohne ärztliche Tätigkeit, sie sind unter „Sonstige“ aufgeführt.[33]
Beim weiteren Aufsplitten der Ärzte nach den Tätigkeiten wird deutlich, dass ihre Anzahl in den Jahren von 2001 bis 2009 unterschiedlich stark gestiegen ist. Die Ärzte, die ihren Dienst am Patienten leisten, sind in „Stationär“ und „Ambulant“ unterteilt. Unter „Sonstige“ sind die Ärzte zusammengefasst, die z. B. in Verwaltungen, Bundeswehr oder Forschung tätig sind.
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Tab. 4: Ärzte unterteilt nach Tätigkeit
Beim ersten Blick auf die Zahlen entsteht der Eindruck, dass es gar keinen Ärztemangel gibt. Bei genauer Betrachtung, ist festzustellen, dass die Zahl der angestellten Ärzte im stationären Dienst, graue Linie, viel stärker in den letzten Jahre angestiegen ist, als die Zahl der ambulant tätigen Ärzte, orange Linie (siehe Abbildung 5).[34]
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Abb. 5: Entwicklung stationäre/ambulante Ärzte
Die ambulant tätigen Ärzte unterteilen sich in Privatärzte, Vertragsärzte und angestellte Ärzte. Der Landarzt gehört i. d. R. zu den Vertragsärzten, seine Leistungen rechnet er mit der KV ab. Die Vertragsärzte unterteilen sich in Fachärzte und Fachärzte die als Hausärzte tätig sind (siehe Abbildung 6).
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Abb. 6: Verteilung der ambulanten Ärzte
Die Entwicklung zwischen Fachärzten und Hausärzten verlief in den letzten Jahren entgegengesetzt. Während die Zahl der Hausärzte und damit auch die der Landärzte immer weiter abnahm, stieg im gleichen Zeitraum die Zahl der Fachärzte an (siehe Tabelle 5.)
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Tab. 5: Unterteilung Fachärzte und Hausärzte[35]
Verdeutlicht man die Zahlen der Tabelle anhand einer Grafik, so wird der unterschiedliche Verlauf in den letzten 10 Jahren deutlich (siehe Abbildung 7). Die orange Linie stellt die Anzahl der Hausärzte dar, die von 59.700 im Jahre 2001 auf 58.100 im Jahre 2009 gesunken ist. Zeitgleich ist die Zahl der Fachärzte, graue Linie, von 56.300 im Jahre 2001 auf 62.400 im Jahr 2009 gestiegen.
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Abb. 7: Entwicklung Facharzt / Hausarzt
Eine der Ursachen für diese Entwicklung sind die verschiedenen Einkommensmöglichkeiten. Da der Facharzt auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert ist, kann er dadurch größere Durchlaufzahlen bei seinen Patienten und damit ein höheres Honorar erzielen.
Das Honorar stellt die Einnahmen der Praxis dar. Davon werden die Betriebskosten beispielsweise Gehalt für die Angestellten, Miete, Investitionen in neue Geräte, Versicherungen, Steuern, Vorsorgeaufwendungen usw. bezahlt. Dieser Anteil entspricht je nach Praxis ca. 50% des Honorars. Die anderen 50% stellen den Lohn des Arztes dar (siehe Abbildung 14).
Aus diesem Grund haben angehende Ärzte oftmals eine spezielle Fachrichtung eingeschlagen. Dabei ist zu beachten, dass die Facharztpraxis häufig mit viel höheren Investitionskosten belastet ist wie z. B. mit Röntgenapparaten oder Computertomographen. Damit sich diese Investitionen lohnen, haben die Fachärzte viele Jahre ein höheres Honorar erzielt als die Hausärzte.
Die Bundesregierung versucht seit einiger Zeit, die Hausärzte wieder zu stärken. Mit dem am 1. Januar 2009 erlassenen Honorarreformgesetz ist die ärztliche Vergütung nach fast 20 Jahren geändert worden.[36] Das Punktesystem wurde durch die Gebührenordnung ersetzt, damit soll der tatsächliche Behandlungsaufwand der Patienten vergütet werden.
Den Honorarverlauf und damit den Umsatz der Hausärzte stellt die orange Linie dar. Die graue Linie stellt den Umsatz der spezialisierten Fachärzte dar (siehe Abbildung 8).
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Abb. 8: Honorar Facharzt / Hausarzt
Im Jahr 2009 haben die Hausärzte ein Durchschnittshonorar von 206.368 Euro erhalten und somit die Fachärzte mit einem Durchschnittshonorar von 202.725 Euro sogar etwas überholt.[37]
Damit erzielt der Hausarzt seit 2009 unter den niedergelassenen Ärzten das bessere Einkommen.
Dieses Ergebnis liegt aber auch daran, dass die Zahl der Hausärzte immer weiter sinkt. Das Honorar, was von der KV ausgezahlt wird, verteilt sich auf immer weniger Hausarztpraxen. Dadurch steigt das Durchschnittshonorar der Hausärzte.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Verteilung der Ärzte wider. Anhand der Deutschlandkarte wird deutlich, wie unterschiedlich die Verteilung der Ärzte in den einzelnen Gebieten ist (siehe Abbildung 9).
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Abb. 9: Ärzteverteilung Deutschlandkarte[38]
Die linke Karte zeigt die Verteilung der Hausärzte pro 100.000 Einwohner im Jahre 2007. Die höchste Ärztedichte ist im Süden Deutschlands zu erkennen. In den ländlichen Regionen, wie z. B. im Norden Deutschlands, ist eine geringe Ärztedichte zu verzeichnen. Somit wird das Problem der medizinischen Versorgung in den ländlichen Gebieten deutlich. Eine Ausnahme bilden die Nord- und Ostseeküste, die aufgrund von Tourismus und Kureinrichtungen eine höhere Ärztedichte aufweisen.[39]
Die rechte Karte zeigt die Veränderung der Ärztedichte in Prozent in den Jahren 2002 bis 2007. Diese Veränderung macht deutlich, dass die Zahl der Hausärzte in den neuen Bundesländern stärker gesunken ist als in den alten Bundesländern. Anders ist die Situation in den Großstädten, hier ist eine Zunahme der Ärztedichte deutlich zu erkennen. Aber auch in den Randgebieten Deutschlands, vor allem in den ländlichen Gebieten wird die Abnahme der Ärztedichte besonders sichtbar. Anhand dieser Grafik wird deutlich, dass die medizinische Versorgung der Menschen auf dem Lande immer schwieriger wird, da weniger Ärzte pro Einwohner zu Verfügung stehen.
Dies führt nicht nur zu längeren Wartezeiten für die Patienten, auch der Weg zum Arzt wird länger. Das kann lebensgefährliche Folgen für die Bevölkerung haben. Verschiedene Verletzungen oder lebensbedrohliche Situationen erfordern eine sehr schnelle ärztliche Reaktion, um im Ernstfall das Leben des Patienten zu retten oder irreparable Schäden abzuwenden. Beispielsweise muss bei Herzinfarkten, Schlaganfällen, schweren Verbrennungen oder Unfällen eine sofortige ärztliche Behandlung erfolgen.
In diesen Situationen ist der Landarzt die erste Anlaufstelle für seine Patienten. Zu diesem Zeitpunkt ist er nicht nur Hausarzt sondern auch Notarzt. Da in den ländlichen Gebieten Krankenhäuser oftmals weit entfernt sind und demzufolge die Rettungsärzte lange Wege zurücklegen müssen geht lebenswichtige Zeit verloren.
In Deutschland gibt es für das Eintreffen der Rettungsärzte einen festgelegten Zeitraum, in dem der Notarzt beim Patienten oder an der Unfallstelle eintreffen muss. Dieser Zeitraum setzt sich vom Eingang des Notrufes bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zusammen. Er ist mit 10 bis 15 Minuten je nach Bundesland gesetzlich vorgeschrieben. Dies ist geregelt im Rettungsdienstgesetz § 22, Abs. 2.[40] Das Einhalten dieser Zeitvorgabe hängt besonders von der Infrastruktur des betreffenden Gebietes ab. Aber auch eine vorgeschriebene Zeit mit 15 Minuten kann in vielen Situationen bereits zu spät sein. Eine weitere negative Entwicklung der Ärztedichte in ländlichen Gebieten führt damit auch zu einer Verschlechterung der ärztlichen Versorgung in Notsituationen.[41]
Demographischer Wandel und die damit immer älter werdende Gesellschaft sind Probleme vieler europäischer Länder. Wie sich diese Entwicklung in anderen Ländern auswirkt, zeigt ein Vergleich der Ärztedichte von Deutschland mit den europäischen Nachbarstaaten. Dieser Vergleich basiert auf dem OECD-Standard.
Die OECD, Organisation for Economic Co-Operation and Development, vergleicht in regelmäßigen Abständen die Ärztedichte verschiedener Staaten.
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Tab. 6: Praktizierende Ärzte
Um den Wert der OECD nachprüfen zu können, werden nur die Ärzte zusammengefasst, die am Patienten arbeiten. Zur Ermittlung der für die OECD- Berechnung relevanten Zahlen werden die Daten aus Tabelle 4 zusammengeführt.
Die Ärztedichte in Deutschland ist von 3,30 Ärzten pro 1.000 Einwohner im Jahr 2001 auf 3,64 Ärzten im Jahr 2009 angestiegen
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Tab. 7: Berechnung nach OECD-Standard[42]
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Abb. 10: Ärztedichte nach OECD-Standard[43]
Die Berechnung dieser Daten setzt sich aus folgenden Faktoren zusammen.
Beispielrechnung für das Jahr 2007:
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Vergleicht man die Ärztedichte mit anderen Ländern, so ist zu erkennen, dass Deutschland im Jahr 2007 mit 3,5 Ärzte pro 1.000 Einwohner oberhalb des OECD-Standards lag (siehe Abbildung 10).
Die höchste Ärztedichte haben die kleinen Länder wie z. B. Griechenland, Belgien und die Niederlande. Aber auch flächenmäßig große Länder mit einer viel geringeren Bevölkerungsdichte als Deutschland haben eine höhere Ärztedichte, z. B. Norwegen und Schweden. In Deutschland ist die Ärztedichte zwar oberhalb des OECD-Standard, aber geringer als in den meisten europäischen Industrieländern.
Die Zahlen lassen sich aber nicht genau vergleichen. Irland, Neuseeland, die Niederlande und Portugal geben die Zahl der zugelassenen Ärzte an, was den Durchschnittswert erhöht. In Spanien werden beispielsweise auch die Zahnärzte mit gezählt, was ebenfalls den OECD-Wert erhöht. In vielen Ländern werden die Ärzte nicht nach Facharzt und Hausarzt unterteilt.[44]
„Die Leistung des Gesundheitssystems in Bezug auf Zugang und Qualität hängt entscheidend von Umfang, Zusammensetzung, Verteilung und Produktivität des Gesundheitspersonals ab. Das Gesundheitspersonal ist der Grundpfeiler des Gesundheitssystems, und viele OECD-Länder unterziehen ihre Personalmanagementstrategien in diesem Bereich daher einer Neubeurteilung, um sicherzustellen, dass in den jeweils geeignetsten Einrichtungen genügend Gesundheitsfachkräfte mit den jeweils nötigen Qualifikationen zur Verfügung stehen, um die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Gesundheitsdiensten zu decken.“[45]
Damit stellt die OECD fest, dass die Verteilung und die Qualifikation der vorhandenen Ärzte in einem Land von entscheidender Bedeutung für die Versorgung der Menschen ist.
Die Zahlen und Fakten aus Kapitel 4.1. belegen, dass, obwohl die Ärztezahlen steigen, die Anzahl der Hausärzte und damit auch die Zahl der Landärzte in Deutschland immer weiter abnimmt. Die Ursachen für diesen Hausarztmangel sind sehr vielschichtig. Neben der genannten Struktur der Ärzte, gibt es noch viele weitere Gründe für den Rückgang der Landärzte. So spielen z. B. die immer älter werdende Bevölkerung und damit der demographische Wandel, das langwierige Studium, die unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten, das Abwandern der Ärzte ins Ausland, die Zunahme der weiblichen Ärzte, die familienunfreundlichen Arbeitszeiten, die steigende Bürokratie sowie der medizinische Fortschritt eine große Rolle. Um die genannten Ursachen genauer beschreiben zu können, werden sie einzeln hinterfragt. Für die Zukunft wird es für Deutschland immer wichtiger, junge Mediziner zu motivieren eine Landarztpraxis zu eröffnen.
Deutschland befindet sich bereits heute im demographischen Wandel. Die Zunahme der älteren Bevölkerung, vor allem auf dem Land, führt in der medizinischen Versorgung zu immer mehr Problemen. Um diese Veränderung der Altersstruktur in Deutschland zu verdeutlichen, wird die Bevölkerung nach Altersgruppen unterteilt (siehe Tabelle 7).
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Tab. 8: Bevölkerungsentwicklung nach Altersgruppen[46]
Obwohl sich die Gesamtbevölkerung zahlenmäßig kaum geändert hat, ist zu erkennen, dass die Gruppe der unter 20-Jährigen abnimmt und die Gruppe der über 60-Jährigen immer weiter zunimmt. Besonders die älteren Patienten ab 60 benötigen häufiger einen Arzt als die jüngeren Patienten. Diese Veränderung der Bevölkerungsentwicklung führt zwangsläufig zu Veränderungen im Gesundheitssystem. Ältere Menschen sind im Verhältnis öfter krank als Jüngere. Dabei werden die Erkrankungen in Umfang und Leistung zunehmen, was zu einer personalintensiven Betreuung führt.
Damit die Auswirkungen der immer älter werdenden Patienten auf die Hausärzte analysiert werden können, wird die Bevölkerung in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe stellt die unter 20-Jährigen dar, und in der zweiten Gruppe sind alle Personen ab 20 Jahre zusammengefasst (siehe Tabelle 8).
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Tab. 9: Bevölkerung unterteilt in unter und ab 20 Jahre
Um die Folgen für die Allgemeinheit zu verdeutlichen, wird die Hausarztdichte pro 1.000 Einwohner in der jeweiligen Bevölkerungsgruppe berechnet. Die Gruppe der unter 20-Jährigen wird bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt, da es sich um Kinder und Jugendliche handelt, die einen Kinderarzt, der auch zu den Fachärzten für Allgemeinmedizin zählt, aufsuchen.
Beispielrechung für die ab 20-Jährigen für das Jahr 2009:
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Diese Berechnung erfolgte einzeln für die Jahre 2001 bis 2009. Es ist zu erkennen, dass die Hausärzte pro 1.000 Einwohner in der Bevölkerungsgruppe ab 20 Jahre, jedes Jahr weiter gesunken ist (siehe Tabelle 10).
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Tab. 11: Hausärzte pro Einwohner ab 60 Jahre
Es ist zu erkennen dass die Hausärzte pro 1.000 Einwohner in der Gruppe der über
60-Jährigen besonders stark abgenommen hat (siehe Tabelle 11).
Viele junge Menschen ziehen vom Land in die Stadt. Ihre Motivationsgründe sind dabei sehr unterschiedlich. Einige der Gründe sind fehlenden Arbeitsplätze auf dem Land, schlechtere Bildungsmöglichkeiten und auch ein geringeres kulturelles Angebot. Wenn sich diese Entwicklung so weiter fortsetzt, wird das besonders für die älteren Menschen auf dem Lande drastische Folgen haben. Denn im Jahre 2050 wird es in Deutschland ca. 13 Mio. Menschen weniger geben und davon werden ca. 6 Mio. Menschen über 80 Jahre alt sein.[47]
Gründe für den Anstieg der älter werdenden Bevölkerung bei gleichzeitigem Rückgang der Gesamtbevölkerung sind z. B. eine niedrige Geburtenrate sowie der Anstieg der Lebenserwartung. Laut Prognosen des Statistischen Bundesamtes wird die Gesamtbevölkerung bis 2030 um gut 4 Mio. bzw. 5% und bis 2050 um gut 12 Mio. bzw. 15% weiter abnehmen.
Im Jahre 2050 wird die Zahl der über 65-Jährigen von 16,9 Mio. auf 23 Mio. weiter wachsen. Diese Entwicklung wird zwangsläufig zu einem höheren Bedarf an Gesundheitsdiensten, Pflegeaufwendungen sowie Krankenhausbehandlungen führen. Denn diese Personengruppe leidet oft an altersbedingten Krankheiten, wie z. B. Diabetes, Demenz, und Schlaganfall. Dieser sprunghafte Anstieg der Generation 60+ wird ab dem Jahre 2006 deutlich (siehe Abbildung 11).
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Abb. 11: Bevölkerungsgruppe 60+
Mit der Zunahme der Generation 60+ steigt nicht nur die Anzahl der Kranken – sondern auch die Anzahl der pflegebedürftigen Personen. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Pflege zu Hause von den Angehörigen oder in einem Pflegeheim durchgeführt wird. Familien die ihre Angehörigen privat pflegen, sind auf einen Hausarzt vor Ort angewiesen, der mit seinen regelmäßigen Hausbesuchen die medizinische Versorgung begleitet und gewährleistet. Wenn das den Familien nicht mehr möglich ist, sind sie gezwungen, ihre Angehörigen in einem Pflegeheim unterzubringen. Diese Möglichkeit ist aber mit erheblichen Mehrkosten für die Patienten, die Kassen und damit für den Staat verbunden.
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Tab. 12: Aufteilung von Pflegebedürftigen[48]
Bereits heute ist eine Zunahme der pflegebedürftigen Patienten zu erkennen (siehe Tabelle 12). Waren es im Jahre 1999 noch 2.016.091 Personen, so ist ihre Zahl auf 2.310.831 im Jahr 2009 angestiegen. Dabei ist der Anteil der Pflegebedürftigen, die in Heimen untergebracht sind, stärker gestiegen, als die Anzahl der Pflegebedürftigen, die zu Hause betreut werden.
Eine der Ursachen ist, dass viele Kinder aus beruflichen Gründen, vom Land in die Stadt gezogen sind und damit eine Pflege für viele Patienten zu Hause nicht mehr möglich ist. Diese Entwicklung trägt dazu bei, dass der Landarzt wichtige Patienten verliert. Eine Ausnahme sind die Pflegeheime im näheren Umkreis. Hier betreut der Hausarzt in der Regel seine Patienten weiter.[49]
Die Abbildung 12 verdeutlicht den unterschiedlichen Anstieg der pflegebedürftigen Personen. Die graue Linie stellt die ambulante Pflege dar, die fast konstant bleibt. Während die Pflegebedürftigen, welche in Heimen untergebracht sind, kontinuierlich ansteigen. Diese Entwicklung ist mit der orangenen Linie dargestellt.
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Abb. 12: Entwicklung der Pflegebedürftigen
Dabei ist zu beachten, dass die Pflege von Familienangehörigen für die betroffenen Familien ein sehr hoher Zeit- und Kostenaufwand ist. Die oftmals schwere körperliche Arbeit der Pflege wurde meist von den Frauen übernommen. Heute, wo die meisten Frauen berufstätig sind, ist diese Arbeit nach einem regulären Arbeitstag nicht mehr zu bewältigen.
In Deutschland ist das Medizinstudium in der ärztlichen Approbationsordnung gesetzlich festgelegt. Für ein Medizinstudium werden 12 Semester benötigt. Die Studienplätze werden von einer Zentralen Vergabestelle (ZVS) für die unterschiedlichen Hochschulen vergeben. Die Hochschulen haben aber auch selbst die Möglichkeit, einen Anteil ihrer Studenten über Eignungstests bzw. Aufnahmegespräche zuzulassen.[50]
Die Regelstudienzeit beinhaltet neben den theoretischen Abschnitten und einzelnen Praktika auch ein praktisches Jahr. Das Studium setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der erste Teil vermittelt das theoretische Wissen, dauert zwei Jahre und endet mit dem „Physikum“. Dies ist ein Prüfungsabschnitt, mit dem die überwiegend theoretischen Fächer wie Anatomie, Physiologie oder Biochemie abgeschlossen werden. Der zweite Teil dauert vier Jahre, in dieser Zeit werden neben dem theoretischen Wissen auch die praktischen Kenntnisse erlernt.[51] Der Beruf erfordert sehr viel psychologisches Feingefühl sowie Menschenkenntnis. Zu den Zielen der medizinischen Ausbildung gehören:
- Kenntnisse über Körperfunktionen und psychologischen Eigenschaften des Menschen
- Kenntnisse über Krankheiten
- Fähigkeiten und Fertigkeiten in Diagnostik, Therapie, Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation
- praktische Erfahrungen im Umgang mit Patienten
- gesundheitsökonomische Auswirkungen
- Kenntnisse der Einflüsse von Familie, Gesellschaft und Umwelt auf die Gesundheit
- Organisation des Gesundheitswesens
Während des Studiums sind mehrere Praktika in der Krankenversorgung gefordert. Nach dem 10. Semester ist das „Praktische Jahr“ zu absolvieren. In dieser Zeit arbeiten die angehenden Ärzte unter Aufsicht an anerkannten Lehrkrankenhäusern.
Das Studium schließt mit dem Staatsexamen, welches Grundlage für die von der Ärztekammer erteilte „Vollapprobation“ ist, die es ihm erlaubt, am Menschen zu praktizieren.[52]
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Abb. 13: Absolventen des Medizinstudiums
Die Daten belegen, dass die Zahl der Absolventen in den letzten Jahren immer weiter abnimmt. Die Ursachen für einen Abbruch des Studiums können sehr unterschiedlich sein. Ein langes Studium ist mit hohem Kostenaufwand verbunden. Diese finanziellen Schwierigkeiten wurden durch die Einführung der Studiengebühren noch zusätzlich verstärkt.[53]
Geld allein ist bei Medizinstudenten nicht der einzige Grund. Viele Studenten merken erst während des Studiums, dass ihnen der direkte Umgang mit dem Menschen nicht liegt und daher eine andere Studienrichtung wählen.
Neben der klassischen Tätigkeit in der Patientenversorgung eröffnen sich nach einem Medizinstudium auch andere Möglichkeiten, z. B. in der Forschung, Industrie oder im öffentlichen Gesundheitswesen. Nach Angaben der Bundesärztekammer wählen 12% aller Absolventen diesen Weg.
Dennoch spielt der zukünftige Verdienst für die Motivation bei der Wahl des Studiums eine wesentliche Rolle.
Die Verdienstmöglichkeiten und Arbeitszeiten sind im Angestelltenverhältnis in Deutschland tariflich festgelegt (siehe Tabelle 13). Der Hauptvorteil ist aber die soziale Absicherung. Die Lohnfortzahlung im Urlaub oder Krankheitsfall ist gewährleistet.
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Tab. 13: Entgelttabelle für Ärzte[54]
Damit das Gehalt eines angestellten Arztes mit dem eines selbstständigen Arztes verglichen werden kann, wird zunächst das Jahresgehalt eines angestellten Arztes beispielhaft berechnet. Ein angestellter Arzt verdient nach Tarif 4.868,86 EUR im Monat nach fünf Berufsjahren. Rechnet man dieses Gehalt mal 12, so ergibt sich ein Jahresgehalt von 58.426,32 EUR. Diese Zahl stellt aber nur das Bruttoeinkommen dar. Für einen objektiven Vergleich wird das Nettogehalt berechnet. Der Arzt ist verheiratet, hat 2 Kinder, lebt in Hessen, ist in der Steuerklasse 3 und gehört nicht der Kirche an. Nach dieser Berechnung, verdient ein angestellter Arzt 3.246,34 EUR netto im Monat (siehe Tabelle 14).
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Tab. 14: Brutto / Netto Rechnung für einen angestellten Arzt
Sich als Arzt niederzulassen ist neben den höheren Einkommensmöglichkeiten eines Freiberuflers auch mit einem unternehmerischen Risiko verbunden. Um vergleichen zu können, was ein niedergelassener Arzt verdient, muss auch sein Nettoeinkommen berechnet werden. Für eine weitere Beispielsrechnung wird ein Honorar, von 206.368 EUR zu Grunde gelegt.[55]
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der niedergelassene Arzt auch ein Unternehmer ist, der für seine Praxis und für seine Mitarbeiter aufkommen muss. Der Arzt zahlt für seine Angestellten neben dem Gehalt auch einen Anteil an Sozialversicherungen und Lohnsteuern. Zu den Betriebsausgaben gehören auch z. B. die Miete, Wasser, Strom, Telefon, Kredite für Geräte und Praxiseinrichtung.
Neben den laufenden Kosten müssen auch noch Steuerberater für die Lohnabrechnung und Buchführung bezahlt werden. Alle diese Posten zusammen betragen ca. 50% seines Honorars. Weitere Ausgaben, die von seinem Honorar abgehen sind seine ärztliche Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung sowie Steuerzahlungen. Diese Ausgaben betragen nochmals ca. 25%. Damit bleiben ihm nur 23,1% seines Honorars als Nettoeinkommen übrig (siehe Abbildung 14).
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Abb. 14: Bestandteile des ärztlichen Honorars[56]
Um das jährlich Nettoeinkommen zu ermitteln, wird sein Anteil aus dem Honorar errechnet.
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Vergleicht man die beiden Nettogehälter eines angestellten Arztes mit 3.246,34 EUR und eines niedergelassenen Arztes mit 3.972,83 EUR pro Monat und berücksichtigt dabei das unternehmerische Risiko des niedergelassenen Arztes, so stellt man fest, dass die beiden Gehälter nicht sehr weit von einander abweichen.
Dazu kommt, dass man als niedergelassener Arzt keine festen Arbeitszeiten und keinen geregelten Urlaub hat. Wenn einer Praxis die nötigen Patientenzahlen fehlen, so ist der Nettoverdienst eines niedergelassen Arztes geringer als bei einem fest angestellten Arzt. Vor diesem Problem stehen besonders die Landärzte in schlecht besiedelten Gebieten. Denn hier reicht die bestehende Patientenzahl oftmals nicht aus, um den oben genannten Durchschnittswert zu erreichen. Dadurch sind selbstständige Ärzte auf dem Land oftmals schlechter gestellt als ein angestellter Arzt.
Die Selbständigkeit hat aber auch entscheidende Vorteile. Die Unabhängigkeit und das Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung sowie die Möglichkeit sein Einkommen selbst zu beeinflussen sind für viele jungen Mediziner Motivation genug den Schritt in die Selbstständigkeit zu riskieren.
Laut einer Studie des Marburger Bundes verdient ein angestellter Klinikarzt in den Niederlanden bis zu 37% mehr Gehalt. In England liegen die Gehälter bis zu 50% und in den USA sogar bei 70% über dem deutschen Durchschnitt.
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Tab. 15: Int. Einkommensvergleich der Klinikärzte[57]
Dieser Vergleich zeigt deutlich, dass die deutschen Gehälter in Europa nicht konkurrenzfähig sind. Ein Grund für deutsche Ärzte ins Ausland abzuwandern.
Vergleicht man diese Staaten, ist Deutschland eines der Länder mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt (BIP). Hier stellt sich doch die Frage, warum Deutschland sich keine konkurrenzfähigen Gehälter leisten kann.
Die Abwanderung von Ärzten erhöht wiederum den Ärztemangel. Ein Teil der jungen Ärzte geht direkt nach dem Studium ins Ausland. Die Ausbildung eines Arztes ist für den deutschen Staat mit sehr hohen Kosten verbunden. Somit entsteht mit jedem Arzt, der auswandert, auch ein finanzieller Schaden für unser Land.
Nicht nur bei den angestellten Ärzten gibt es Gehaltsunterschiede, auch bei den niedergelassenen Ärzten ist die Honorierung in Deutschland auf einem sehr niedrigen Niveau.
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Tab. 16: Int. Einkommensvergleich der Hausärzte[58]
Dabei ist das Ärztehonorar der niedergelassenen Ärzte in Deutschland im Jahr 2010 erneut gestiegen. Die Hausärzte haben seit 2009 bereits die Fachärzte im Honorar überholt (siehe Abbildung 8).
Im Jahre 2009 haben sich die Ausgaben der GKV für das ärztliche Honorar von 28,8 Mrd. Euro auf 30,9 Mrd. Euro erhöht. Im Jahre 2010 werden diese Ausgaben auf 32,1 Mrd. Euro weiter ansteigen.[59]
Obwohl die Honorierung in den letzten Jahren weiter gestiegen ist, so bieten die ausländischen Honorare im internationalen Vergleich mehr Anreiz für junge Mediziner. Dies führt wiederum zur Auswanderung frisch ausgebildeter Ärzte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gesundheitsausgaben bereits heute ein sehr hohes Niveau erreicht haben (siehe Kapitel 2.3). Eine weitere Erhöhung der Gehälter und Honorare würde zu noch höheren Gesundheitsausgaben und damit zu noch höheren Beiträgen für die Versicherten führen.
Es stellt sich die Frage, ob eine weitere Erhöhung der Gehälter und Honorare das Problem der medizinischen Versorgung auf dem Land in Deutschland beheben würde. Denn das Honorar allein wird das Problem nicht lösen um eine dauerhafte medizinische Versorgung zu gewährleisten.
Die Einkommensmöglichkeiten im Ausland führen dazu, dass viele deutsche Ärzte auswandern. Zeitgleich zieht es aber auch viele ausländische Ärzte nach Deutschland.
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Tab. 17: Ärztebewegung in Deutschland[60]
Die Abwanderung erfolgt hauptsächlich in die skandinavischen Länder sowie in die USA. Die Zuwanderung junger Mediziner kommt vor allem aus Osteuropa. Es ist zu erkennen, dass die Abwanderung der Ärzte (orange Linie) stärker ist als die Zuwanderung (graue Linie). Somit ergibt sich ein Verlust, der mit einer roten Linie dargestellt ist. Dieser Verlust ist in den letzten Jahren ständig angestiegen. Ein Trend, der den Ärztemangel verstärkt (siehe Abbildung 15).
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Abb. 15: Entwicklung der Ärztebewegung
Der Anteil der weiblichen Ärzte ist in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit als ihre männlichen Kollegen. Für die Ärztinnen, die oftmals auch Kinder haben, verringert sich dadurch die Lebensarbeitszeit.
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Tab. 18: Unterteilung der Ärzte in Geschlechter[61]
Im Jahre 2000 betrug der Anteil der Ärztinnen noch 37,1%, in den darauf folgenden Jahren ist er auf 41,5% angestiegen. Bereits zu Beginn des Studiums liegt der Frauenanteil heute bei 60%. Auch wenn sich die Gesamtanzahl der Ärzte erhöht hat, ist ein höherer Frauenanteil mit Nachteilen verbunden. Frauen leisten u. a. weniger Überstunden. Ärztinnen haben oftmals eine andere Lebenseinstellung. Für sie hat nicht nur die Arbeit einen hohen Stellenwert; neben ihrem Beruf sind auch Privat- und Familienleben sehr wichtig.[62]
Der ständig steigende Frauenanteil macht es den Krankenhäusern oft schwer, alle offenen Vollzeitstellen zu besetzen. Krankenhäuser versuchen dem entgegen zu wirken, in dem sie die Arbeitszeiten familienfreundlicher gestalten. Der Vorteil von Ärztinnen ist ihr besseres Einfühlungsvermögen sowie ein fürsorglicher und menschlicherer Umgang mit ihren Patienten. Möchte eine Klinik in Zukunft diese Ärztinnen für sich gewinnen, so muss sie die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie gewährleisten.[63]
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Abb. 16: Ärzte mit unter 30 Std. pro Woche
Für Ärztinnen, die Familie und Beruf vereinbaren müssen, ist ein Teilzeitangebot oftmals die einzige Lösung. Eine eigene Praxis erfordert einen Vollzeitjob, dieser lässt sich für Frauen nur schwer mit dem Familienleben vereinbaren. Dennoch ist der Anteil der Ärztinnen im ambulanten Bereich, ab 2003 leicht angestiegen.
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Tab. 19: Anteil der niedergelassenen Ärztinnen[64]
Der Gesamtanteil der Ärztinnen hat sich in den letzten zehn Jahren um 4,4% erhöht (siehe Tabelle 19). Der Anteil der niedergelassenen Ärztinnen ist aber nur um 2,9% gestiegen (siehe Tabelle 20). Diese Entwicklung wirkt sich auch negativ auf die hausärztliche Versorgung auf dem Land aus. In der Realität ist es so, dass die Einzelpraxis auf dem Land für Frauen mit Familien nicht in Frage kommt. Viele Frauen suchen Teilzeitmodelle in Arztpraxen oder in MVZs.
Neben dem normalen Schichtdienst der angestellten Ärzte kommen auch noch Not- und Bereitschaftsdienste dazu. Diese Not- und Bereitschaftsdienste werden zusätzlich zum normalen Schichtdienst geleistet. Obwohl die Arbeitszeit gesetzlich geregelt ist, kommen viele Ärzte auf einen 24 Stunden-Dienst, in Ausnahmenfällen sogar auf einen 36 Stunden-Dienst.[65]
Diese Arbeitszeiten sind besonders für Ärztinnen mit Familie ein Problem. Ein Grund dafür, dass die meisten Überstunden von Männern geleistet werden (siehe Tabelle 20).
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Tab. 20: Verteilung der Arbeitsstunden[66]
Die Tabelle macht deutlich, dass Männer anteilig eine höhere Arbeitsstundenzahl haben, als Frauen. Bei den Frauen arbeiten 31,8% mehr als 45 Stunden und bei den Männern liegt der Wert bei 52,5%. Es wird deutlich, dass Männer eher bereit sind Überstunden zu leisten als Frauen. Der Prozentanteil der Überstunden liegt bei den Männern bei 58,9% und bei den Frauen bei 36,8%.
Durch den immer höher werdenden Anteil der Frauen in der Medizin (siehe Kapitel 4.2.6.) wird auch das Problem der Arbeitszeiten immer größer.
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Abb. 17: Überstunden nach Frauen / Männer
Die Krankenhäuser haben nicht genügend Ärzte, um die Wochenarbeitszeit von max. 48 Stunden abzusichern. In den Einrichtungen ist die Arbeitszeit im Normalfall von 7:30 bis 16:00 Uhr. Oftmals reicht diese Zeit nicht aus, alle Patienten sowie die Bürokratie zu bewältigen.[67]
Der Bereitschaftsdienst eines Arztes beginnt nach der regulären Arbeitszeit und endet am nächsten Morgen. In dieser Zeit muss der Arzt persönlich anwesend sein, um im Bedarfsfall seine Arbeit unverzüglich aufnehmen zu können. Der Bereitschaftsdienst zählt nicht zu den Überstunden. Das Gehalt während des Bereitschaftsdienstes kann weit unter der Vergütung der Arbeitsleistung liegen. Neben der medizinischen Versorgung der Patienten, müssen die Ärzte auch viele Dokumente bearbeiten. Diese Bürokratie ist oftmals während der normalen Arbeitszeit nicht zu bewältigen, so dass viele Ärzte die Formulare mit nach Hause nehmen. Die Zeit die der Arzt zu Hause damit verbringt, wird nicht gesehen und somit auch nicht honoriert, was die tatsächliche Freizeit wiederum einschränkt.
Aber nicht nur in den Krankenhäusern ist die Arbeitszeit mit besonderen Belastungen verbunden. Vor allem für Hausärzte auf dem Land, die rund um die Uhr für ihre Patienten da sein müssen, ist ein 24 Stunden Tag keine Seltenheit. Sie haben neben ihren Patienten auch Verantwortung für ihre Praxis und ihre Angestellten. Das „Unternehmen Arztpraxis“ ist mit dem organisatorischen Aufwand eines kleinen Unternehmens verbunden. Diese Arbeiten kann der Arzt nur außerhalb seiner regulären Praxisöffnungszeiten erledigen.[68]
Dokumente und Formulare gehören zum Praxisalltag. Durch immer neue Richtlinien der GKV sowie gesetzliche Vorschriften ist der bürokratische Aufwand in den letzten Jahren ständig gestiegen. Er umfasst unter anderem:
- Anträge für Reha-Maßnahmen und Kuren
- Rentenanträge
- Krankenkassenanfragen
- Briefe an andere Ärzte
- Versicherungsanfragen
- Dokumentation der Patientenbehandlung
- Abrechnung
- Formulare
- Praxisgebühr seit 2004
Besonders durch die Einführung der Praxisgebühr wurde der bürokratische Aufwand am Anfang eines Quartals zusätzlich erhöht. Ein weiterer Aufwand entsteht durch das Hausarztmodell, da jeder Patient zuerst den Hausarzt aufsuchen muss, um sich anschließend an einem spezialisierten Facharzt überweisen zu lassen.
Eine Dauerbelastung für die Praxen sind die DMP (Disease-Management-Programm), welche für chronisch kranke Menschen eine strukturierte Behandlung vorsehen. Sehr zeitaufwendig sind Anfragen von Krankenkassen, Krankenversicherungen sowie Berufsgenossenschaften. Die Abrechungsmodalitäten mit der KV sind ebenfalls sehr zeitintensiv, eine vernünftige Kalkulation ist durch die ständigen Änderungen kaum möglich. Dazu kommt, dass die Abrechnung und damit die Honorarauszahlung erst Monate nach dem entsprechenden Quartal erfolgt. Wenn der Arzt eine Leistung erbringt, die nicht erstattet wird, erhält er u. U. die Rückmeldung erst Monate später.
Bereits heute verbringt ein Arzt einen großen Teil seiner Arbeitszeit mit der Bewältigung der Bürokratie, diese wertvolle Zeit geht den Patienten verloren.[69]
Durch den medizinischen Fortschritt entstehen immer neue Behandlungsmöglichkeiten, die zur Verbesserung der Lebensqualität führen. Viele Krankheiten, die als unheilbar galten, können heute durch moderne Medizin behandelt oder gelindert werden.
Dieser Fortschritt erhöht auch das Leistungsvolumen einer Hausarztpraxis. Viele Untersuchungen und Therapien, die früher nur mit stationärem Krankenhausaufenthalt möglich waren, können heute bereits ambulant von einer Facharztpraxis durchgeführt werden. Die Zeitdauer der Untersuchungen hat sich dabei ständig verkürzt. Auch das Risiko von ambulanten Eingriffen ist teilweise niedriger und die Dauer der Krankschreibung ist kürzer als bei einer großen Operation.[70]
Diese Entwicklung hat aber auch ihre Nachteile. Durch die verkürzten stationären Aufenthalte und die größere Zahl an ambulanten Operationen in Facharztpraxen steigen in einigen Fällen auch die Komplikationen. Die Folgen müssen dann durch den Hausarzt, für die übliche Behandlungspauschale pro Quartal, therapiert werden. Die Anforderungen an den Hausarzt werden dadurch immer größer. Diese verkürzten stationären Aufenthalte werden unter Ärzten auch als „blutige Entlassung“ bezeichnet.
Der medizinische Fortschritt führt aber auch zu einer immer höheren Lebenserwartung. Die Menschen werden Dank dieser Entwicklung immer älter. Der Tod eines Menschen wird durch den Fortschritt hinausgezögert, somit steigen die Behandlungskosten pro Patienten mit zunehmendem Alter. Viele Patienten, die früher gestorben sind, sind heute über Jahrzehnte chronisch krank, wie z. B. HIV-Infizierte. Sie benötigen über einen sehr langen Zeitraum extrem teure Medikamente, die teilweise die Kosten eines Einfamilienhauses erreichen.[71]
Der medizinische Fortschritt und die flächendeckende ärztliche Versorgung sind aber mit sehr hohen Kosten verbunden. Nicht nur die Kosten, auch die Aufgaben und Anforderungen an die Ärzte steigen. Sie müssen sich, wenn sie diese Leistungen erbringen möchten immer weiter qualifizieren. Die Fortbildungen sind oftmals sehr kosten- und zeitintensiv. Der angestellte Arzt besucht diese Fortbildungsmaßnahmen in seiner Arbeitszeit, während der niedergelassene Arzt diese nur außerhalb seiner Praxiszeiten absolvieren kann.[72]
Motivationen sind Beweggründe, die einen Menschen dazu bringen, etwas zu machen oder zu lassen. Hinter jedem Beweggrund steckt ein Motiv und hinter jedem Motiv steht ein Bedürfnis, was befriedigt werden will. Bei den Ärzten sollte der Beweggrund sein, den Menschen zu helfen und Leben zu retten, wie es beim Eid des Hippokrates geschworen wird.
„Ich schwöre...meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht. Ich werde niemandem, auch nicht auf seine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur dazu raten…“.[73]
Aber auch Anerkennung, Karriere, Verdienstmöglichkeiten und Freizeitgestaltungen sind Beweggründe, die auf Entscheidungen junger Ärzte Einfluss haben.[74] Möchte der Staat einen angehenden Arzt dazu motivieren, sich als Landarzt niederzulassen, muss er seine Bedürfnisse kennen. Nur wenn man diese Bedürfnisse befriedigt, können junge Mediziner dazu gebracht werden, eine Landarztpraxis zu eröffnen oder zu übernehmen.
Die Motive angehender Ärzte können dabei sehr unterschiedlich sein. Unter ihnen gibt es Idealisten, bei denen der Mensch an erster Stelle steht. Karriere und Verdienstmöglichkeiten spielen für sie eine untergeordnete Rolle. Diese Ärzte arbeiten beispielsweise bei Ärzten ohne Grenzen. Neben den Idealisten gibt es auch rational-ökonomische Ärzte, die einen größtmöglichen Nutzen aus ihrem Beruf erzielen möchten. Ihnen sind die hohen Verdienstmöglichkeiten nach einem Medizinstudium sehr wichtig. Diese Ärzte streben eine Karriere in einer großen Klinik, Universität oder in der Forschung an.
Ein Mediziner, der sich als selbstständiger Landarzt niederlassen möchte, benötigt Idealismus, strebt nach Autonomie und muss selbstmotiviert sein. Er benötigt neben seinem Fachwissen auch unternehmerische Fähigkeiten. Dieser angehende Arzt strebt die Spitze der Bedürfnispyramide an (siehe Abbildung 18).[75]
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Abb. 18: Bedürfnispyramide[76]
Die hohe Anzahl der Bewerber für ein Medizinstudium erweckt den Eindruck, dass die Motivation der angehenden Ärzte zu Beginn des Studiums sehr groß ist. Nach 6 Jahren Studium und dem „Praktischem Jahr“ sinkt die Motivation der jungen Mediziner.
Zu Beginn der beruflichen Tätigkeit ist das Einkommen für den angehenden Arzt oftmals gar nicht so wichtig. Diese Einstellung ändert sich aber innerhalb der nächsten Jahre, spätestens wenn er merkt, was andere promovierte Hochschulabsolventen verdienen oder wenn er eine Familie ernähren muss.
Nach einem ersten Einblick in das reale Berufsleben mit Überstunden, Wochenend-, Nacht- und Bereitschaftsdiensten, besonders nach dem praktischen Jahr, schlägt die Motivation in Demotivation um. Die jungen Mediziner gelangen zu der Erkenntnis, dass sie nicht alle ihre Bedürfnisse befriedigen können.[77]
Geld allein wird nicht reichen, junge Ärzte zu motivieren eine Landarztpraxis zu eröffnen oder zu übernehmen. Eine aktuelle Maßnahme der Regierung ist die Honorarerhöhung ab 2011.[78] Nicht nur das Honorar, auch die genannten Gründe aus Kapitel 4.2 haben insgesamt Einfluss auf die Motivation angehender Ärzte. Ein anderer wesentlicher Motivationsgrund ist der Standort.
Fast die Hälfte aller angehenden Ärzte kann es sich nicht vorstellen in einer kleinen Gemeinde zu arbeiten. Gerade für junge Ärzte mit Familie sind die Themen Kinderbetreuung, Schule, Kultur usw. sehr wichtig.
Damit spielen die sozialen Bedürfnisse der Ärzte eine sehr große Rolle. Die fehlenden oder schlecht geregelten Notdienste auf dem Land durch weit entfernte Notdienstzentralen erschweren das Familienleben. Besonders problematisch wird es, wenn kein Krankenhaus in der Nähe ist.
Dabei bietet der Beruf Hausarzt die Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen und damit die Spitze der Bedürfnispyramide zu erreichen. Das Schöne am Beruf Hausarzt ist die sehr abwechslungsreiche Tätigkeit. Ein Hausarzt betreut seine Patienten über Jahre hinweg und baut in der Regel eine gute Beziehung zu ihnen auf. Er hat in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Außerdem ist es ein sehr sicherer Job, wenn man von den finanziellen Risiken der Selbstständigkeit absieht. Auf Hausärzte und damit auch Landärzte wird man in Zukunft nicht verzichten können. Bei den spezialisierten Fachärzten ist die zukünftige Entwicklung nicht vorsehbar. Einige Ansätze der Politik gehen hier in Richtung Versorgungszentren oder Polikliniken. Wie lange es die Einzelfacharztpraxis noch geben wird, ist daher fraglich.[79]
Damit angehende Ärzte eine Praxis auf dem Land eröffnen oder übernehmen, müssen mehrere Anreize geschaffen werden. Es muss daher eine spezielle Förderung der ländlichen Gebiete geben, damit eine flächendeckende Versorgung auch in Zukunft gewährleistet werden kann.
Junge Mediziner die sich mit einer eigenen Praxis auf dem Land selbstständig machen möchten, sind größtenteils Idealisten. Sie streben einen engen Kontakt mit Patienten und Familien in ihrem Umfeld an. Sie müssen sich in der Gemeinde integrieren und erhalten dadurch auch viele immaterielle Vorteile, wie z. B. Anerkennung, Ansehen und Unterstützung bei alltäglichen Dingen im Leben. Damit sind sie neben dem Pfarrer und dem Bürgermeister die am meisten geachteten und respektierten Personen in der Gemeinde.
In der Stadt oder im Krankenhaus ist der Arzt einer von vielen. Die Patienten stehen hier nicht in dem engen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Arzt. Sie haben viel eher die Möglichkeit ihren Arzt zu wechseln. Diese vielen Vorteile des Landarztes werden von den angehenden Medizinern immer weniger gesehen. Daher ist auch hier von Seiten der Hochschule eine Imageaufbesserung des Landarztes notwendig.
Der immer größer werdende Mangel an Ärzten in ländlichen Gebieten wird für die flächendeckende Versorgung in Deutschland zu einem großen Problem. Der Landarztmangel hat verschiedene Gründe. So vielschichtig wie die Ursachen sind, so unterschiedlich sind auch die Lösungsansätze. Diese Ideen können dazu beitragen, einen Ärztemangel auf dem Land entgegenzuwirken.
- Höhere Honorare für Ärzte in unterversorgten Gebieten
- Finanzielle Unterstützung durch die jeweilige Gemeinde
- Studium und Stipendien
- Arztstationen
- Bürokratieabbau
- Ärztebusse
- Praxisapotheke
- Gemeindeschwester
- Abschaffung der privaten Krankenkasse
Die Ursache für die schlechte medizinische Versorgung auf dem Land, ist die Verteilung der Ärzte, denn ein Ärztemangel ist nicht vorhanden. Die Menschen auf dem Land haben ein Recht auf gute medizinische Versorgung.
Der Staat könnte einige Gesetze ändern, um junge Ärzte zu motivieren eine Praxis auf dem Land zu eröffnen. Beispielsweise die Einführung der Praxisapotheke in ländlichen Gebieten, die in der Schweiz zulässig ist und für ein zusätzliches Einkommen sorgt. Auch ein neuer Ausbildungsberuf, wie z. B. die Gemeindeschwester, die Patienten zum größten Teil selbstständig behandeln kann, könnte dazu beitragen, den Ärztemangel auf dem Land entgegenzuwirken. Junge Ärzte können auch mit Fördergeldern bei der Eröffnung einer Landarztpraxis vom Staat unterstützt werden.
Kleine ländliche Gemeinden haben es besonders schwer, einen Arzt zu finden, der sich niederlassen möchte. Eine Möglichkeit wäre, durch Arztestationen oder Ärztebusse eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. So könnten die Menschen in den Ortschaften zu festgelegten Zeiten zur Arztstation oder zum Ärztebus gehen, um dort behandelt zu werden oder sich ihre Medikamente verschreiben zu lassen.
Die Honorarreform sollte nach der jeweiligen Ärztedichte vorgenommen werden. So könnten beispielsweise Ärzte, die sich in einem schwach strukturierten Gebiet (siehe Kapitel 4.1.3) niederlassen, einen finanziellen Zuschlag erhalten. Dadurch wäre es möglich, mit diesem materiellen Anreiz die Ärzte zu motivieren, sich in diesen Gebieten niederzulassen.
Auf der anderen Seite könnten Ärzte, die sich zusätzlich in einem überversorgten Gebiet niederlassen möchten, mit Honorarabschlägen vergütet werden. Damit wird den Ärzten der Anreiz genommen sich dort niederzulassen. Bereits heute regelt die KV, dass sich ein Arzt nicht zusätzlich in einem überversorgten Gebiet niederlassen kann. Es besteht aber die Möglichkeit für ihn eine bereits niedergelassene Praxis zu übernehmen.
Eine Variante wäre, durch einen antizyklischen prozentualen Aufschlag oder Abschlag des Honorars eine Steuerung der Ärzteverteilung vorzunehmen.
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Abb. 19: Honorarvergütung nach Gebieten
Die Grafik zeigt ein Modell, wie durch einen prozentualen Auf- bzw. Abschlag in Abhängigkeit von der Versorgungslage die Vergütung erfolgen kann. Die orange Linie stellt das Honorar dar, wobei es in den unterversorgten Gebieten einen Zuschlag gibt. Die graue Linie stellt die medizinische Versorgung bzw. die Ärztedichte des jeweiligen Gebiets dar.
Junge Ärzte, die sich bereit erklären, sich in einem schwach strukturierten Gebiet niederzulassen, könnten durch Sachleistungen der jeweiligen Gemeinde motiviert werden. Diese Aufwendungen könnten beispielsweise für Praxisräume oder Teile der Praxiseinrichtung genutzt werden.
Der Gemeinde ist es oftmals möglich, günstige oder sogar mietfreie Praxisräume oder Gebäude zur Verfügung zu stellen. Auch die Vergabe von Baugrundstücken könnte durch die Gemeinde mit der Auflage einer Niederlassung verknüpft werden. Beispielsweise kann dem Arzt auch ein günstiger Bauplatz angeboten werden.
Ärzte, die ihre Praxis aus Alters- oder Gesundheitsgründen aufgeben wollen, könnten bei der Einstellung eines Nachfolgers unterstützt werden. Auf diese Weise kann der Arzt seine Arbeitszeit schrittweise reduzieren und seinen Nachfolger einarbeiten. Dieser Arzt lernt im Praxisalltag die Patienten, die Angestellten und das Umfeld kennen. Dadurch erhält der Nachfolger einen Einblick in die Abrechnungen und in seine zukünftigen Verdienstmöglichkeiten. Vielen angehenden jungen Ärzten, denen bislang der Mut zur Selbstständigkeit fehlte, kann so die Angst genommen werden. Es besteht jedoch für die Gemeinde das Risiko, dass der Arzt nach Erhalt der finanziellen Unterstützung merkt, dass ihm das Leben auf dem Land nicht gefällt und er lieber an einem anderen Ort praktizieren möchte.
Junge Ärzte, die sich bereit erklären für eine bestimmte Zeit, beispielsweise drei Jahre in einer Landarztpraxis zu arbeiten, könnten bei ihrem Medizinstudium durch ein Stipendium unterstützt werden. Die Höhe des Stipendiums kann mit der Dauer der Verpflichtung verknüpft werden.
Eine Bewerbung zum Medizinstudium erfolgte bisher i. d. R. ausschließlich über die ZVS. Jetzt haben die Hochschulen ein Mitspracherecht und könnten auch selbst einen gewissen Anteil an Studienplätzen vergeben. Der Notendurchschnitt allein sagt nichts darüber aus, ob jemand ein guter Arzt wird. Auch die Fähigkeit zur menschlichen Zuwendung spielt eine große Rolle. Das bedeutet aber nicht, dass die Noten künftig keinen Einfluss auf die Vergabe des Studienplatzes haben. Es sollte aber auch die Bereitschaft berücksichtigt werden, sich als Hausarzt in unterversorgten Gebieten niederzulassen. Man könnte Studienplätze für Bewerber reservieren, die sich verpflichten, danach in einer solchen Region zu praktizieren.
Durch die Einrichtung von Arztstationen in ländlichen Gebieten, die in regelmäßigen Abständen von Ärzten besucht werden, ist eine Versorgung von Patienten in schwach strukturierten Gebieten möglich. Als Modell könnten Ortschaften dienen, in dem der Arzt Montag und Dienstag die Arztstation im Ort A, Mittwoch und Donnerstag im Ort B praktiziert, Freitag kann der Arzt als Bürotag nutzen.
Solche Alternativen würden die Auslastung des Mediziners in kleinen Orten optimieren und ihn dadurch zusätzlich motivieren. Diese Stationen könnten finanziell von der jeweiligen Gemeinde eingerichtet und unterstützt werden. Auch wenn der Arzt im Urlaub, krank oder auf Fortbildung ist, kann eine Vertretung diese Arztstationen problemlos nutzen, da die Nutzung der Arztstation von der Gemeinde organisiert wird.
Die Herausforderung liegt hier bei den akuten Erkrankungen, wo es nicht reicht, nur an zwei aufeinander folgenden Tagen erreichbar zu sein. Es gibt in der Praxis sehr oft die Situation, wo der Arzt eine Therapie beginnt und anschließend jeden Tag oder alle zwei Tage nach seinem Patienten sehen muss.
Hausarztmodell und Praxisgebühr haben die Bürokratie in den letzten Jahren immer weiter anwachsen lassen. Viele Praxen müssen bereits zusätzliches Personal einstellen, um den bürokratischen Aufwand bewältigen zu können. Dadurch entstehen den Praxen zusätzliche Kosten. Ein Abbau dieser Bürokratie, z. B. durch einheitliche Formulare und vereinfachte Abrechnungen würden dem niedergelassenen Arzt eine erhebliche Entlastung bringen. In der gewonnen Zeit kann der Arzt zusätzliche Patienten behandeln, was wiederum sein Einkommen erhöht.
Laut einer Umfrage der KBV verbringen Ärzte durchschnittlich 14 Stunden in der Woche mit der Bewältigung der Bürokratie. Einen großen Teil der Zeit nimmt die Verrechnung der Praxisgebühr sowie die Nachfragen der Krankenkassen und Versicherungen in Anspruch.[80] Diese Zeit geht nicht nur den Patienten verloren, sondern nimmt vielen Ärzten auch ein Stück ihrer Motivation. Möchte Deutschland dem drohenden Ärztemangel entgegenwirken, so muss auch die Bürokratie auf ein Minimum beschränkt werden.
In vielen kleinen Gemeinden gibt es oftmals zu wenig Patienten um eine Praxis halten zu können. Aus diesem Grund wird sich hier kein Mediziner dauerhaft niederlassen.
Das Einsetzen von Bussen, die als mobile Praxis eingerichtet sind, schafft die Möglichkeit, in ländlichen Gebieten eine regelmäßige medizinische Versorgung zu gewährleisten. Die Busse können in einen bestimmten Zeitrhythmus in die Gemeinden fahren und als Arztstation dienen. Die Einwohner müssen keine weiten Strecken zum nächst gelegenen Arzt zurücklegen. Anpassungen an die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinde sind mit Hilfe eines mobilen Busses problemlos möglich. Als Vorbild könnten die mobilen Mammographiewagen, die bereits im Einsatz sind, dienen.
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Abb. 20: Mobiler Mammographie Wagen[81]
Die mobilen Arztstationen könnten auch von mehreren Ärzten benutzt werden. Auch Fachärzte könnten in größeren zeitlichen Abständen diese mobilen Stationen benutzen um Patienten auf dem Land zu besuchen.[82]
Ärztebusse sind mit sehr hohen Investitionskosten verbunden. Ein angehender Arzt kann diese Kosten kaum aufbringen. Auch die Patientenstruktur der verschiedenen Gemeinden ist für den einzelnen Arzt nur sehr schwer einzuschätzen. Somit müssten die Gemeinden sich zusammenschließen und diese Idee eines gemeinsamen Ärztebusses zu realisieren. Dabei müssten sie das Vorhaben finanziell unterstützen und von einer regionalen Stelle steuern. Damit kann auch gewährleistet werden, dass der Bus von anderen Ärzten z. B. im Urlaubs- oder im Krankheitsfall benutzt werden kann.
Die Praxisapotheke wäre für viele Patienten mit erheblichen Vorteilen verbunden, vor allem dann, wenn es in einem Ort keine Apotheke gibt. Die Praxisapotheke hat die gängigsten und häufig gebrauchten Medikamente vorrätig. Hierzu müssten die gesetzlichen Auflagen geändert werden. Derzeit sind in Deutschland Praxisapotheken nicht erlaubt. Eine Möglichkeit wäre es, eine Praxisapotheke dann zu erlauben, wenn in einem bestimmten Umkreis keine Apotheke vorhanden ist. Nach dem Vorbild der Schweiz, könnten auch in Deutschland in unterversorgten Gebieten Praxisapotheken erlaubt werden. Die Ausgabe der Medikamente dürfte nur durch speziell ausgebildetes Personal oder den Arzt erfolgen. Dazu müssten die deutschen Arzthelferinnen eine Zusatzausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) absolvieren. Die Praxisapotheke könnte dann auch Medikamente vergeben, die von einem anderen Arzt, beispielsweise einem Facharzt verschrieben werden. Es müsste gewährleistet werden, dass der Arzt nur die Medikamente verschreibt, die dem Wohle des Patienten dienen. Eine Beeinflussung der Pharmaindustrie durch Provisionsregeln sollte weitestgehend vermieden werden.[83] Allgemein würde die Praxisapotheke die Einkommensmöglichkeiten der Arztpraxis erhöhen und damit in schwach strukturierten Gebieten einen zusätzlichen Anreiz zur Praxisgründung oder Übernahme geben.
Die Schaffung des Berufes Gemeindeschwester könnte die Versorgung in ländlichen Gebieten gewährleisten. Kleinere Beschwerden und einfache Krankheiten könnten durch die Gemeindeschwester behandelt werden. Ihre Aufgabe besteht in der medizinischen Versorgung der Menschen vor Ort, Durchführung von Hausbesuchen und Betreuung von Patienten. Sie ist die erste Ansprechpartnerin bei Krankheiten und Verletzungen, sie berät die Menschen bei medizinischen und psychologischen Problemen. Dabei arbeitet sie selbstständig und zu bestimmten Sprechzeiten. Sie würde mit Ärzten, Kliniken und Gesundheitsämtern zusammenarbeiten. Ein solches Modell läuft bereits als Projekt in Brandenburg. Als Vorbild diente die Gemeindeschwester in der DDR.[84] Eine Übertragung auf das jetzige Gesundheitssystem ist durch den unterschiedlichen Ausbildungsstand momentan allerdings nicht möglich.
Durch die Abschaffung der privaten Krankenversicherung ergibt sich die Möglichkeit einer gerechteren Leistungsverteilung. Jeder Patient würde gleich behandelt und auch gleich lang auf Arzttermine warten. Aus unternehmerischer Sicht der Hausärzte ergeben sich daraus durchaus Vorteile, denn es gäbe genügend Kassenpatienten um eine Praxis aufrecht zu erhalten. Besonders auf dem Land würde es positive Auswirkungen haben, da in den ländlichen Gebieten die Patienten meistens älter und gesetzlich krankenversichert sind.
Auch die Probleme für den Arzt, ob es genügend Privatpatienten im jeweiligen Gebiet gibt, die seine Praxis aufsuchen, wären damit gelöst. Die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen könnten dadurch stabil gehalten werden, da auch die besseren Verdiener mit ihrem höheren Bruttoeinkommen einzahlen müssten. Der Kostendruck der gesetzlichen Krankenkasse würde gemindert und Behandlungen, die bereits aus dem Leistungskatalog gestrichen wurden, könnten wieder aufgenommen werden.
Andererseits ist eine sofortige Abschaffung der privaten Krankenversicherung nur langfristig durchführbar, da viele Versicherte Verträge besitzen, die bis an ihr Lebensende gelten.
Die meisten PKV-Versicherten sind aber nicht die s. g. „Besserverdiener“ sondern auch Selbständige und Beamte mit normalen Gehältern. Ein großer Teil der Beamten bekommt einen Teil der Krankenversicherung über die Beihilfe finanziert und muss nur einen Restbetrag über die PKV absichern.
Auch auf dem Land gibt es große Unterschiede. In einigen Gemeinden gibt es einen sehr hohen Anteil an Privatpatienten, beispielsweise beträgt ihr Anteil im Umland von Idstein ca. 20%. Es gibt aber auch Städte wie z. B. Flörsheim, die kaum Privatpatienten haben.[85]
Dennoch fühlen sich viele GKV-Versicherte als Patienten zweiter Klasse, da viele Ärzte die PKV-Versicherte auf Grund des höheren Verrechnungssatzes bevorzugen. Für vielen Menschen wäre daher die Abschaffung der Privaten Krankenversicherung das Ende der Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland.
[...]
[1] Vgl. http://www.cecu.de/krankenkassen-beitragssatz.html, Stand 19.12.2010
[2] Vgl. Busse, Reinhard; Riesberg, Annette: Gesundheitssysteme im Wandel, Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft OHG 2005, S. 14 ff.
[3] Vgl. Kramer, Jost W., Prof. Dr.; Neumann-Szyszka, Julia, Prof. Dr.; Nitsch, Karl Wolfhart, Prof. Dr.; Prause, Gunnar, Prof. Dr.; Weigand, Andreas, Prof. Dr.; Winkler, Joachim, Prof. Dr.: Die Ungleichbehandlung von Patienten im deutschen Gesundheitssystem, Bremen: Europäischer Hochschulverlag GmbH & Co. KG 2009, S. 33
[4] Vgl. Rebscher, Herbert: Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Politikberatung, Heidelberg: Economica Verlagsgruppe 2006, S. 183
[5] Vg. Schmidt, Manfred G.: Sozialpolitik in Deutschland, Historische Entwicklung und internationaler Vergleich, 3. Aufl., Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2005, S. 77
[6] Vgl. Schmacke, Norbert: Gesundheit und Demokratie, Frankfurt: VAS-Verlag für Akademische Schriften 1999, S. 75 ff.
[7] Vgl. Behrens, Peter, Eger, Thomas, Holler Manfred, Ott, Claus, Schäfer, Hans-Bernd: Reformansätze in der Gesetzlichen Krankenversicherung, Zwischen Solidarprinzip und Wettbewerb, Wiesbaden: GWV Fachverlage GmbH 2008, S. 14
[8] Vgl. Hensen, Gregor, Hensen, Peter: Gesundheitswesen und Sozialstaat, Gesundheitsförderung zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2008, S. 79
[9] Vgl. Kruse, Jürgen Prof. Dr. ; Hänlein, Andreas Prof. Dr.: Sozialgesetzbuchh V, Gesetzliche Krankenversicherung, 3. Aufl., Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2009, S. 1364 ff.
[10] Vgl. http://www.gbe-bund.de/gbe10/ergebnisse.prc_tab?fid=9144&suchstring=&query_id=
&sprache=D&fund=typ=TAB&methode=&vt=&verwandte=1&page_ret=0&seite=1&p_sprachkz= Stand 30.10.2010
[11] Vgl. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/
Gesundheit/Gesundheitsausgaben/Tabellen/Content50/Ausgabentraeger,templateId=renderPrint.psml, Stand 30.10.2010
[12] Vgl. Versicherungswirtschaft: Beiträge zur Geschichte des deutschen Versicherungswesen,
Teil II, Karlsruhe: Verlag Versicherungswirtschaft GmbH 2005, S. 5
[13] Vgl. Bösel, Stefan; Suttheimer, Karin: Freie Mitarbeit in den Medien, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag GmbH 2002, S. 114 ff.
[14] Vgl. Wendt, Claus: Krankenversicherung oder Gesundheitsversorgung? Gesundheitssysteme im Vergleich, 2. überarbeitete Aufl., Wiesbaden, GWV Fachverlage GmbH 2009, S. 167 ff.
[15] Vgl. http://www.versicherungszentrum.de/krankenversicherungen/private/krankenkassen.php, Stand 01.11.2010
[16] Vgl. Samwer, Martina: Reformansätze in der Gesetzlichen Krankenversicherung, Wiesbaden: GWV Fachverlage GmbH 2008, S. 6
[17] Vgl. http://www.gkv-spitzenverband.de/ITSGKrankenkassenListe.gkvnet?gvAdressenOverview_
PagelIX=0, Stand 01.11.2010
[18] Vgl. http://www.aok.de/hes/download/pdf/hes_aok_forum_01_2009.pdf, Stand 03.11.2010
[19] Vgl. Ries, Schneider, Althaus, Großbölting, Voß: Arztrecht, 2. Aufl., Heidelberg: Springer-Verlag Berlin 2007, S. 19
[20] Vgl. http://www.daris.kbv.de/daris/doccontent.dll?LibraryName=EXTDARIS^DMSSLAVE
&SystemType=2&LogonId=14aa3a4bcc0941933c0ce7ea3db53fc1&DocId=003760804&Page=1, Stand 03.11.2010
[21] Vgl. Arnade, Johannes: Kostendruck und Standard, Heidelberg: Springer-Verlag Berlin 2010, S. 222
[22] Vgl. Güntert, Annette; Wanner, Ernst; Brauer, Heinz-Peter; Stobrawa, Franz F.: Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) Bundesärzteordnung (BÄO), Köln: Deutscher-Ärzte-Verlag GmbH 2003, S. 146
[23] Vgl. Fritze, J., Mehrhoff, F.: Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl., Wiesbaden: Steinkopff Verlag 2008, S. 91
[24] Vgl. Begenau, Jutta, Schubert Cornelius, Vogd, Werner: Die Arzt-Patient-Beziehung, Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH 2010, S. 7
[25] Vgl. Kirschner, G.; Rottkemper, M.; Binsch, H.: Perspektive Assistenzarzt, 2. überarbeitete und erweiterte Aufl., Köln: Deutscher Ärzte-Verlag GmbH 2007, S. 46 ff.
[26] Vgl. http://www.newcome.de/existenzgruendung/download/Veranstaltungen/Aerzte_Grode.pdf, Stand 02.12.2010
[27] Vgl. Deutsch, Erwin; Spickhoff, Andreas: Medizinrecht, 6. Aufl., Heidelberg: Springer-Verlag 2008, S. 23
[28] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.101.169&all=true#approbation, Stand: 12.11.2010
[29] Vgl. Schnurr; Kunhardt; Dumont: Unternehmen Arztpraxis ihr Erfolgsmanagement, Heidelberg: Springer Medizin Verlag 2008, S. 137
[30] Vgl. Ries, Schneider, Althaus, Großbölting, Voß: Arztrecht, 2. Aufl., Heidelberg: Springer-Verlag Berlin 2007, S. 127
[31] Vgl. Flenreiss, Gerhard; Rümmele, Martin: Medizin vom Fließband, Wien: Springer-Verlag 2008, S. 166 ff.
[32] Vgl. Schnurr; Kunhardt; Dumont: Unternehmen Arztpraxis ihr Erfolgsmanagement, Heidelberg: Springer Medizin Verlag 2008
[33] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Stat09Abbildungsteil.pdf, Stand 14.11.2010
[34] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Stat09Abbildungsteil.pdf, Stand 14.11.2010
[35] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Stat09Abbildungsteil.pdf, Stand 14.11.2010
[36] Vgl. http://www.kvberlin.de/20praxis/70themen/honorarreform, Stand 15.11.2010
[37] Vgl. http://www.kbv.de/24851.html, Stand 15.11.2010
[38] Vgl. http://www.bbsr.bund.de/cln_016/nn_23680/BBSR/DE/Raumbeobachtung/Komponenten
/LaufendeRaumbeobachtung/MedizinischeVersorgung/Arztdichte, Stand 15.11.2010
[39] Vgl. http://www.kbv.de/24851.html, Stand 15.11.2010
[40] Vgl. http://www.bgs-aelrd.de/pdf/RDG%20HES.pdf, Stand 17.11.2010
[41] Vgl. http://www.bbsr.bund.de/cln_016/nn_23680/BBSR/DE/Raumbeobachtung/Komponenten
/LaufendeRaumbeobachtung/MedizinischeVersorgung/Arztdichte, Stand 17.11.2010
[42] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/ page.asp? his=1.101.169&all=true/approbation, Stand 15.11.2010
[43] Vgl. Gesundheit auf einen Blick 2009, OECD-Indikatoren, S. 65
[44] Vgl. Gesundheit auf einen Blick 2009, OECD-Indikatoren, S. 66
[45] Vgl. Gesundheit auf einen Blick 2009, OECD-Indikatoren, S. 60
[46] Vgl. www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/
Bevoelkerung, Stand 20.11.2010
[47] Vgl. www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/
Bevoelkerung, Stand 20.11.2010
[48] Vgl. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/
Fachveroeffentlichungen/Sozialleistungen/Pflegestatistik2001bis2003,templateId=renderPrint,psml, Stand 20.11.2010
[49] Vgl. Blasinski, Regine: Pflege zu Hause und im Heim, Freiburg: Rudolf Haufe Verlag 2009, S. 140
[50] Vgl. Frodl, Andreas: Gesundheitsbetriebslehre, Betriebswirtschaftslehre des Gesundheitswesens, Wiesbaden: Gabler Verlag 2010, S. 107
[51] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.101.169&all=true#approbation, Stand 17.11.2010
[52] Vgl. Nagel, E.: Das Gesundheitswesen in Deutschland, 4. völlig überarbeitete und erweiterte Aufl., Köln: Deutscher Ärzte-Verlag GmbH 2007, S. 319
[53] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/download/Arztzahlstudie_09102007.pdf, Stand 17.11.2010
[54] Vgl. http://www.marburger-bund.de/marburgerbund/bundesverband/unsere_themen/tarifpolitik/
tarifvertraege.php, Stand 21.11.2010
[55] Vgl. http://kbv-de/24851.html, Stand 15.11.2010
[56] Vgl. http://www.kbv.de//24851.html, Stand 17.11.2010
[57] Vgl. http://www.marburger-bund.de/marburgerbund/bundesverband/unsere_themen/tarifpolitik/tdl/
tarifrunde_2009/Aerzteabwanderung.pdf, Stand 21.11.2010
[58] Vgl. http://www.marburger-bund.de/marburgerbund/bundesverband/unsere_themen/tarifpolitik/tdl/
tarifrunde_2009/Aerzteabwanderung.pdf, Stand 20.11.2010
[59] Vgl. http://www.gkv-spitzenverband.de/Statement_Pfeiffer_20100922_Kabinettauschluss.gkvnet, Stand 20.11.2010
[60] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.3.1667.7128, Stand 20.11.2010
[61] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Analyse-Kopetsch.pdf, Stand 20.11.2010
[62] Vgl. Sturm, Eckhart; Bahrs, Ottomar; Dieckhoff, Diedrich; Göpel, Eberhard; Sturm, Michael: Hausärztliche Patientenversorgung, Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG 2006, S. 459
[63] Vgl. http://www.aerztinnenbund.de/Die-Zukunft-der-Medizin-ist-weiblich.1180.0.2html, Stand 20.11.2010
[64] Vgl. http://www.bundesarztekammer.de/downloads/Analyse-Kopetsch.pdf, Stand 20.11.2010
[65] Vgl. Helmig, Bernd; von Trotha, Kirstin: Arbeitszeitmodelle im ärztlichen Dienst, Wiesbaden: GWV Fachverlage GmbH 2008, S. 13
[66] Vgl. http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Analyse-Kopetsch.pdfh, Stand 20.11.2010
[67] Vgl. http://www.der-oeffentliche-dienst.de/themen/angestellte.php?loadid=22#(§15), Stand 24.11.2010
[68] Vgl. Sturm, Eckhart; Bahrs, Ottomar; Dieckhoff, Diedrich; Göpel, Eberhard; Sturm, Michael: Hausärztliche Patientenversorgung, Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG 2006, S. 460
[69] Vgl. Saake, Irmhild; Vogd, Werner: Moderne Mythen der Medizin, Wiesbaden: GWV Fachverlage GmbH 2008, S. 289
[70] Vgl. Fischer, Florian: Die Wirkung von Venture Capital auf das Gesundheitswesen in Deutschland, München: MedVenture Partners GmbH 2003, S. 38 ff.
[71] Vgl. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/26383/Steigende_Lebenserwartung_und_Therapie
kosten_fuer_HIV-Patienten.htm, Stand 24.11.2010
[72] Vgl. http://www.kbv.de/7672.html, Stand 25.11.2010
[73] Vgl. Bergdolt, Klaus: Das Gewissen der Medizin, Ärztliche Moral von der Antike bis heute, München: Verlag C. H. Beck oHG 2004, S. 50
[74] Vgl. Müller, Sandra: Methodisches Erfinden im Personalmanagement, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag / GWV Fachverlage GmbH 2006, S. 44
[75] Vgl. Herbig, Albert F.: Führungskonzepte und -theorien, Norderstedt: Books on Demand GmbH 2005, S. 21 ff.
[76] Vgl. Holtbrügge: Personalmanagement, 4. Aufl., Heidelberg: Springer-Verlag Berin 2010, S. 15
[77] Vgl. http://www.laekh.de/upload/Hess._Aerzteblatt/2004/2004_10/2004_10_03.pdf, Stand 25.11.2010
[78] Vgl. http://www.kbv.de/37438.html, Stand 05.12.2010
[79] Vgl. http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=34541, Stand 01.12.2010
[80] Vgl. http://www.kbv.de/publikationen/6789.html, Stand 01.12.2010
[81] Vgl. http://mammo-screening.org, Stand 01.12.2010
[82] Vgl. Neu, Claudia: Daseinsvorsorge, Wiesbaden: GWV Fachverlage GmbH 2009, S. 85
[83] Vgl. Müller, Michael C.: Europäisches Pharmamarketing, Wiesbaden: Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH 2005, S. 66 ff.
[84] Vgl. Schmid; Weatherly; Meyer-Lutterloh; Seiler: Patientencoaching Gesundheitscoaching Case
management, Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2008, S. 97
[85] Interview mit Praxis Dr. Reuter / Dr. Schultheis, Idstein
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