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Mehr InfosBachelorarbeit, 2007, 59 Seiten
Bachelorarbeit
1,8
Die Balanced Scorecard wird von ihren Begründern in vier Perspektiven unterteilt, die zu einem ausgewogenen („balanced“) Bild des Unternehmens führen sollen. Diese vier Perspektiven kommen als Grundvarianten für die meisten Organisationen in Frage, können jedoch, je nach Bedarf, auch anders gestaltet sein oder erweitert werden, da sie nicht als generelle Vorgabe angesehen werden müssen. Diese vier Perspektiven reduzieren allerdings die Komplexität, decken nach Kaplan und Norton die wichtigsten Bereiche ab und haben sich in vielen Branchen als nützlich und stabil erwiesen.[1] Beim Hinzufügen von neuen oder mehr Perspektiven besteht die Gefahr, die Balance zu stören und die Mischung zwischen Finanz- und anderen Leistungsgrößen aus dem Gleichgewicht zu bringen.[2]
Gleichwohl stellt sich die Frage, ob nicht in einigen Branchen eine Modifizierung der Perspektiven nötig ist. Im Bereich des Non-Profit Sektors ist diese zu klären und wird somit im Punkt 3.2.2 näher erläutert.
Im Folgenden werden nun zunächst einmal die klassischen vier Perspektiven nach Kaplan und Norton dargestellt.
Die finanzwirtschaftliche Perspektive
Diese Perspektive bildet bei Kaplan und Norton, trotz der neu hinzugefügten Ebenen die im weiteren Verlauf genannt werden, den Ausgangspunkt der Scorecard.[3]
Sie fokussiert hauptsächlich Resultate (z.B. Gewinn) und ist für einen Überblick über die wirtschaftlichen Konsequenzen früherer Maßnahmen von Bedeutung. Finanzkennzahlen offenbaren, ob eine Strategie und ihre Umsetzung eine Ergebnisverbesserung zur Folge haben. Ziele in dieser Perspektive sind z.B. Periodengewinn, Rentabilität oder Steigerung des Unternehmenswertes.[4]
Die Kundenperspektive
Bei der Kundenperspektive werden Kunden- und Marktsegmente in den Mittelpunkt gestellt, in denen konkurriert werden sollen und es werden Kennzahlen zur Leistung der Geschäftseinheit in diesen Marktsegmenten identifiziert. In dieser Perspektive gibt es im Normalfall einige allgemeine, segmentübergreifende Kennzahlen für den Erfolg der Strategie[5] und es werden sowohl allgemeine, als auch spezifische Ziele und Kennzahlen bestimmt.[6] Typische allgemeine Messgrößen beinhalten hierbei unter anderem Marktanteile, Kundentreue, Neukundengewinnung oder Kundenzufriedenheit[7], während spezifische Kennzahlen z.B. kurze Durchlaufzeiten oder pünktliche Lieferungen sind, welche zur Kundenzufriedenheit führen.[8]
Nach Kaplan und Norton befähigt also die Kundenperspektive:
„…das Management der Geschäftseinheit dazu, die kunden- und marktspezifische und letztlich zu Gewinn führende Strategie zu formulieren.“ [9]
Die interne Prozessperspektive
Aufgabe dieser Perspektive ist es, diejenigen kritischen Prozesse abzubilden, in denen sich eine Organisation verbessern muss. Die Kennzahlen dieser Perspektive konzentrieren sich auf die internen Prozesse, die vornehmlich von Bedeutung sind, um die Ziele der Finanz- und der Kundenperspektive zu erreichen.[10] Im Normalfall werden daher zuerst die Ziele der Finanz- und der Kundenperspektive formuliert.[11]
Besonders wichtig sind in dieser Perspektive neue Prozesse, die zur Erreichung einer optimalen Kundenzufriedenheit geschaffen werden müssen. Die Ziele der internen Prozessperspektive filtern also unter Umständen Prozesse heraus, die im Moment noch gar nicht umgesetzt oder nicht durchgeführt werden können. Allerdings dürfen bei der Beachtung der häufig langfristigen Innovationsprozesse auch die kurzfristigen Prozesse nicht vernachlässigt werden.[12] Die interne Prozessperspektive beinhaltet also im Idealfall Ziele und Maßnahmen für den langfristige Innovationszyklus und den kurzfristigen Produktionszyklus.[13]
Bei den Zielen dieser Perspektive geht es um die drei Dimensionen Zeit, Kosten und Qualität, die in enger Beziehung zueinander stehen.[14]
Die Lern- und Entwicklungsperspektive
Als vierte klassische Perspektive charakterisiert die Mitarbeiter-, Potential- oder Lern- und Entwicklungsperspektive die Infrastruktur des Unternehmens und bildet damit sozusagen die Basis für alle darüber stehenden Perspektiven.[15]
Die Infrastruktur ist von besonderer Bedeutung, um die Ziele der ersten drei Perspektiven sowie langfristiges Wachstum und Verbesserungen sicherzustellen,[16] da die finanzwirtschaftlichen, internen und Kundenziele normalerweise große Lücken zwischen vorhandenen Potentialen und den zur Bestleistung notwendigen Faktoren aufzeigen. Deswegen muss eine Organisation in Weiterbildung, Informationstechnologien und Systeme investieren, um diese Prozesse in Einklang zu bringen. Ziele sind daher z.B. das Betriebsklima zu verbessern und Fehlzeiten zu minimieren. Formuliert werden allgemeine (z.B. Mitarbeiterzufriedenheit, Ausbildung) und spezifische Kennzahlen (z.B. Indizien für spezielle Fähigkeiten, die im Wettbewerb benötigt werden), welche, wie die in den anderen Perspektiven, Früh- und Spätindikatoren umfassen.[17]
Im folgenden Schaubild (s. Abbildung 2) werden die oben genannten Perspektiven dargestellt, so wie sie in einer BSC den Rahmen zur Umsetzung einer Strategie bilden. Die Ziele und Kennzahlen aus den verschiedenen Perspektiven sollen hierbei durch Ursache-Wirkungsketten miteinander verbunden sein, da eine enge Verbindung und eine gegenseitige Beeinflussung die Grundvoraussetzungen darstellen, um sie bewerten und steuern zu können.[18]
Losgelöst von einer isolierten Betrachtungsweise sollen die Ereignisse in einer Organisation und in ihrem Umfeld in Abhängigkeit voneinander begriffen werden, da der Erfolg einer Strategie nicht nur auf eine Ursache zurückzuführen ist, sondern als ein Ergebnis des Zusammenwirkens mehrerer Elemente gesehen werden muss. Hierbei ergeben sich „Wenn-Dann-Aussagen“ die positive Effekte haben können.[19]
Zum Beispiel kann durch Fachwissen der Mitarbeiter (Lern- und Entwicklungsperspektive) die Prozessdurchlaufzeit verbessert werden (interne Prozessperspektive). Dadurch erhalten die Kunden eine pünktliche Lieferung, was sich auf die Kundentreue positiv auswirkt (Kundenperspektive) und zu einem größeren finanziellen Erfolg führt, da zufriedene Kunden mehr kaufen (finanzwirtschaftliche Perspektive).[20]
Laut Kaplan und Norton sollte daher:
„Jede für eine Balanced Scorecard ausgewählte Maßgröße…ein Element der Kette von Ursache-Wirkungsbeziehungen sein und die Bedeutung der Geschäftseinheitsstrategie für das Unternehmen kommunizieren.“ [21]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Das Grundgerüst einer Balanced Scorecard.[22]
Die obere Abbildung zeigt das Grundgerüst einer Balanced Scorecard, mit deren Hilfe die Vision und Strategie eines Unternehmens in die vorher genannten vier Perspektiven übersetzt wird. Je Perspektive setzt sich ein Unternehmen einige strategische Ziele. Um den Erfolg dieser Ziele zu gewährleisten, einigt man sich auf Kennzahlen/Messgrößen, bestimmt Zielwerte/Vorgaben und legt Maßnahmen/Aktionen fest.
Im Folgenden werden nun die im Schaubild dargestellten Elemente einer Balanced Scorecard (die Vision, die Strategie, die strategischen Ziele, die Kennzahlen, die Zielwerte und die Maßnahmen) näher beschrieben und erläutert.
Abschließen wird dieses Unterkapitel mit einigen Anmerkungen zur Einführung einer BSC, die jedoch nur kurz und keineswegs umfassend genannt werden sollen. Die Implementierung stellt ein Thema dar, das in der vorliegenden Arbeit den Rahmen sprengen würde. Einige Punkte sind aber für das Verständnis der Thematik wichtig.
Jedes kreative Unternehmen entwickelt Visionen, die langfristig für den Fortschritt eines Unternehmens verantwortlich sind, da sie einen Antrieb zum Handeln darstellen. Visionen sind häufig Wunschvorstellungen, welche erst im Laufe der Zeit konkrete Formen annehmen (z.B. „Unser Unternehmen soll bis 2010 Marktführer in Deutschland sein.“). Wichtig ist, dass sich Visionen nicht vollständig von der Realität lösen, da sie sonst nicht umsetzbar sind und dass sie möglichst kurz gefasst werden, da sie so leichter in Ziele und Strategien übertragen werden können. Visionen dürfen auch nicht nur in den Köpfen von Managern vorhanden sein, sondern müssen den Mitarbeitern vertraut gemacht und schriftlich (z.B. in Leitbildern) formuliert werden. Die Mitarbeiter müssen die Vision begreifen und erkennen, welche Rolle sie selbst bei ihrer Verwirklichung spielen.[23]
Neben der Vision wird häufig noch eine Mission verbalisiert und (ebenfalls im Leitbild) formuliert, die die Bestimmung einer Organisation definiert. Sie hinterfragt die Daseinsberechtigung einer Unternehmung und wird, anders als Strategien, die tatsächlich irgendwann umgesetzt werden, niemals völlig erfüllt. Die Mission stellt im Prinzip einen Kompass dar, mit dem eine Organisation gesteuert wird.[24] Durch eine Mission wird außerdem geklärt, wie das Unternehmen von „draußen“ (z.B. von den Kunden, den Medien, anderen Marktpartnern) gesehen werden soll.[25] Missionen drücken dabei immer etwas Positives aus und sollen auch so aufgenommen werden. Wichtig ist, dass eine Mission prägnant formuliert wird (z.B. „Das menschliche Leben schützen und verbessern.“), da sie sonst eher negativen Effekt hat.[26]
Vision und Mission bedingen sich gegenseitig bei der Beschreibung der strategischen Zielsetzung[27] und sollten eindeutig in Leitbildern formuliert sein, welche schriftliche Aussagen über Vision und Mission eines Unternehmens machen.[28] Sie haben den Anspruch einen Zustand zu beschreiben, der zwar möglich ist, aber dennoch eine Herausforderung darstellt. Die Vision muss hierbei konkretisieren und gleichzeitig eine gewisse Abstraktheit besitzen.[29]
Ist das Vorhandensein einer Vision und einer Mission gewährleistet, werden nun Unternehmensstrategien formuliert, die zur Erfüllung der Vision eingesetzt werden. Diese Strategien müssen, wie auch die Mission und Vision, vor einer Einführung der BSC geklärt sein, da diese den Ausgangspunkt einer Balanced Scorecard bilden (s. Abbildung 2).[30]
Es sollte daher überprüft werden, inwieweit Strategien in ausreichender, konkreter Form vorhanden sind bzw. es müssen neue Strategien aus der Vision abgeleitet, formuliert und kommuniziert werden, bevor eine BSC eingeführt werden kann.[31]
Die BSC soll schließlich die Rahmenstruktur zur Umsetzung der Unternehmensstrategie bilden und beschreibt diese, in dem sie sie in ihre einzelnen Komponenten zerlegt. Dies geschieht durch die Übersetzung der Strategie in Ziele und Kennzahlen, Zielvorgaben und Maßnahmen in jeder der vier Perspektiven.[32]
Die strategischen Ziele können als das Herzstück der Balanced Scorecard bezeichnet werden. Durch sie gelingt es, die Strategie des Unternehmens zunächst einmal zu konkretisieren und dann umzusetzen. Ausgangspunkt sind also immer die strategischen Ziele der Perspektiven, welche aus der Gesamtstrategie abgeleitet werden.[33]
Hierbei gibt es zahlreiche Möglichkeiten Ziele zu kategorisieren, meistens genügt jedoch eine Differenzierung in Sachziele (nicht monetäre Ziele), Wertziele (monetäre Ziele) und Sozialziele (qualitativer Charakter).[34]
Wichtig ist, dass die Menge der Ziele überschaubar bleibt, d.h. für jede Perspektive gibt es zwischen vier und fünf Ziele, für welche dann Kennzahlen festgelegt werden. Schwierig ist es, die richtigen Perspektivziele aus der Gesamtstrategie herauszufiltern.[35] Hierbei ist auf folgende Punkte zu achten:
Ziele sollten:
- eine hohe strategische Bedeutung haben. Daher gilt: Prioritäten setzen und sich auf die wichtigsten Ziele einigen,
- konkret formuliert werden, dass sie greifbar und umsetzbar sind,
- mit Personen gekoppelt werden, damit es einen Ansprechpartner gibt,
- von denen beeinflussbar sein, die für das Ziel verantwortlich sind.[36]
- permanent auf Aktualität überprüft werden (nicht mehr aktuelle Ziele werden so eliminiert),
- überprüfbar sein,
- vollständig formuliert sein,
- realistisch, also in einer bestimmten Zeit zu erreichen sein,
- eine Rangordnung bilden, wenn es mehrere sind,
- auf untere Ebenen kommuniziert werden, um sie durchzusetzen,
- untereinander einen logischen Ursache-Wirkungszusammenhang bilden.[37]
Sind die Ziele nun schlüssig festgelegt, werden Maßnahmen zur Zielerreichung bestimmt. Diese müssen wesentlich konkreter sein als die strategischen Ziele und sollen dazu dienen, die gesteckten Ziele und somit die Unternehmensstrategie zu erfüllen. Sind die Maßnahmen überprüft und für jedes strategische Ziel bestimmt worden, ergibt sich idealerweise ein Gesamtzusammenhang von Vision und Strategie sowie auf der Ebene von Perspektiven, als auch zwischen den Zielen und den dafür definierten Maßnahmen.[38]
Als Bindeglied zwischen den strategischen Zielen und Maßnahmen müssen nun noch geeignete Kennzahlen entwickelt werden, welche die Annäherung an die strategischen Ziele messen und sich gegenseitig beeinflussen.[39]
Diese Kennzahlen sind neben dem Ist-Wert mit Vorgaben zu verbinden, d.h. mit einem zu erreichenden Zielwert (z.B. die Anzahl der Beschwerden soll von 2% auf 1% zurückgehen). Hierbei sollen interne und externe Kennzahlen ausgewogen sein und die Balanced Scorecard soll eine Mischung zwischen Früh- und Spätindikatoren enthalten, da ohne Frühindikatoren nicht zu erkennen ist, wie bestimmte Ergebnisse zu erreichen sind und ohne Spätindikatoren Erkenntnisse über die Verbesserung oder Verschlechterung der Gesamtleistung fehlen.[40]
Kennzahlen sollen des Weiteren folgende Anforderungen erfüllen:[41]
- eindeutige und klare Zielsetzung
- Aktualität
- klare, vollständige und interpretierbare Erfassung von Tatbeständen
- Herstellung eines Vergangenheits- und Zukunftsbezugs
- Erlauben von funktionsübergreifenden Betrachtungen
- Einfacher Aufbau
- Übersichtliche Anzahl
- Ermittlung und Auswertung in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen
Die meisten Scorecard Anwender empfehlen nicht mehr als 25 Kennzahlen für eine Balanced Scorecard, wobei diese jedoch nicht gleichmäßig auf alle Perspektiven verteilt werden müssen. Am wichtigsten ist, dass die Kennzahlen, wie viele es auch sein mögen, durch Ursache-Wirkungsbeziehungen miteinander verknüpft werden und die Strategie so darstellen, dass sie für alle im Unternehmen transparent ist.[42] Hierbei kann die besondere Bedeutung der Verknüpfung von Kennzahlen mit der Unternehmensstrategie nicht oft genug erwähnt werden.[43]
Ein grundsätzlich wichtiger Punkt bei der Einführung einer BSC ist die „Top- Down“ Entwicklung. Das bedeutet, dass die BSC in der oberen Geschäftsebene entwickelt wird und die Entscheidungen über Ziele und Vorgaben dort stattfinden. Der Ausgangspunkt ist das Leitbild und die jeweilige Strategie. Eine BSC muss also nach unten umgesetzt werden, um jedem Beschäftigten die Chance zu geben, einen eigenen Beitrag zum Erfolg zu leisten. Hierbei spielen auch die Kommunikation in einer Organisation sowie der stringente Aufbau von der Spitze nach ganz unten eine große Rolle. Somit ist auch eine interdisziplinäre Zusammensetzung, ungeachtet der bestehenden Hierarchieebenen zu beachten, da Fortschritte somit realistischer sind, als wenn es zu einer getrennten Entwicklung der BSC kommt (z.B. von Führungsebene zu Führungseben und von Fachbereich zu Fachbereich). Während der Entwicklung und der Auseinandersetzung mit der BSC ist immer wieder darauf zu achten, ob deren Inhalte strategisch noch relevant sind, die Ausgewogenheit zwischen den Perspektiven beachtet wurde und ob die Ursache-Wirkungsketten inhaltlich miteinander verbunden sind. Die Beschäftigung mit der Balanced Scorecard ist also ein fortlaufender Prozess, auch weil die gesellschaftlichen Entwicklungen und Rahmenbedingungen nicht stehen bleiben. Jeder Fortschritt mit der Balanced Scorecard ist ein Ansatzpunkt für weitere Zielsetzungen, Kennzahlen und Verknüpfungen. Erst dadurch wird die Strategie mit der operativen Ebene zu einer Einheit.[44]
Des Weiteren ist es wichtig, dass die vorhandene Komplexität durch geeignete Ziele und Kennzahlen beschränkt und reduziert wird, damit die BSC einen hohen Wirkungsgrad im Sinne der Strategie besitzt.[45]
Für die reine Entwicklung einer BSC erscheint, bei guter Verfügbarkeit der beteiligten Personen des BSC-Teams, ein Zeitraum von ca. 16 Wochen realistisch.[46] Bis die BSC ganz in den regulären Managementzyklus integriert ist, dauert es jedoch zwei bis vier Jahre.[47]
Im vorherigen Kapitel dieses Fachbuches wurden die Grundlagen einer Balanced Scorecard und ihre Elemente dargestellt, so wie sie für alle Unternehmen nach Kaplan und Norton zunächst einmal geeignet sind. Im folgenden Kapitel werden nun diese Grundlagen und Elemente, im Hinblick auf Non-Profit Organisationen geprüft, die anders strukturiert und gestaltet sind wie Unternehmen in der Privatwirtschaft. Hierfür werden zuerst die Besonderheiten einer Non-Profit Organisation erklärt und ausgehend davon die Frage einer Modifizierung der Balanced Scorecard für diesen Bereich erläutert.
Non-Profit Organisationen weisen, im Gegensatz zu Profit Unternehmen, hinsichtlich ihrer Ziele, ihres organisatorischen Aufbaus, ihrer Leistungserstellung und -abrechnung sowie ihrer Finanzierung Besonderheiten auf. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie von einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise ausgeschlossen werden, sondern dass eventuell Modifikationen nötig sind, um Controllinginstrumente auf NPOs zu übertragen.[48] Dies muss auch beim System der Balanced Scorecard beachtet werden.
Daher wird in diesem Unterkapitel zunächst einmal Grundwissen zu NPOs und ihrer Struktur vermittelt, um danach die Bedeutung von Kennzahlen bzw. Kennzahlensystemen in NPOs darzustellen und die Eignung des Grundkonzeptes zu überprüfen.
In einer Gesellschaft gibt es verschiedene Systeme, welche jeweils für einen anderen Personenkreis Leistungen erbringen. Traditionell sind dies:[49]
- Das Wirtschaftssystem mit den erwerbswirtschaftlichen (Profit) Organisationen, deren Verhalten primär durch den Markt gesteuert wird.
- Der Staat mit der Legislative und der Exekutive, welcher durch politische Entscheidungen, Gesetze und Verordnungen die Leistungserbringung der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe steuert.
Allerdings gibt es neben dem Markt und dem Staat eine Vielfalt von Organisationen, die weder politisch gesteuert, noch erwerbswirtschaftlich orientiert sind. Diese Organisationen werden dem „dritten Sektor“ zugeordnet und entweder aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Non-Profit Organisationen gegenüber Unternehmungen oder als auf privater Basis gebildete und autonom handelnde Institutionen gegenüber dem Staat abgegrenzt. Auch staatliche Organisationen können grundsätzlich Non-Profit Charakter haben. Da jedoch für öffentliche Verwaltungen andere Gesetzmäßigkeiten gelten, beschränkt sich diese Arbeit auf die privaten NPOs. Neben den Formen des Vereins und den öffentlich- rechtlichen Selbstverwaltungskörperschaften (z.B. Sozialversicherungen) gibt es hierbei auch Stiftungen und die gemeinnützige GmbH, welche vor allem im Sozial-, Gesundheits- und allgemeinen Dienstleistungsbereich Anwendung findet.[50]
Non-Profit Organisationen unterscheiden sich von Unternehmen der Privatwirtschaft hauptsächlich darin, dass die Gewinnoptimierung nicht das vorrangige Ziel ihrer Arbeit darstellt.[51] Erzielen sie trotzdem ein positives Rechnungsergebnis, dürfen sie diesen Gewinn nicht an Mitglieder oder Träger auszahlen, sondern müssen die Überschüsse in ihre Organisation reinvestieren oder sie als Preisvorteil an Mitglieder/Klienten weitergeben.[52]
Während den Unternehmen der Privatwirtschaft als Formalziel die Gewinnmaximierung durch den Wettbewerb vorgegeben ist, verfügen NPOs über differenziertere Zielsysteme. Non-Profit Organisationen sind zunächst einmal dem Gemeinwohl verpflichtet und verfolgen soziale Ziele, wobei natürlich auch die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit beachtet werden müssen, diese aber kein primäres Ziel darstellen. Deswegen kann man sagen, dass NPOs im Vergleich zur Privatwirtschaft durch eine größere Interessenvielfalt gekennzeichnet sind.[53]
Die Finanzierung von NPOs ist sehr vielschichtig und resultiert weniger aus Umsätzen. Finanziert werden NPOs vor allem durch Spenden, öffentliche Zuschüsse (wenn der Staat einer NPO Leistung öffentliches Interesse zuerkennt), Sponsoring oder Mitglieds-beiträge.[54]
Die Vielfalt der NPOs spiegelt sich auch in deren Leistungen und Aufgaben wieder. Diese lassen sich in drei große Gruppen einteilen:[55]
- Interessenvertretung der Mitglieder (und möglicherweise unbeabsichtigt auch die von Nichtmitgliedern).
- Individuelle Dienstleistungen an Mitglieder/Klienten (z.B. Beratung, Betreuung, finanzielle Unterstützung).
- Koordinations- und Normierungsleistungen (Festlegung von Verhaltensnormen z.B. in kirchlichen Organisationen).
Grundsätzlich werden private NPOs autonom durch die zuständigen Organe gesteuert. Eingriffe in die Privatautonomie durch Staats- oder Marktsteuerung in Teilbereichen sind jedoch häufig, da NPOs etwa durch Leistungsverträge eng an den Staat gebunden werden können und Rechenschaft über die Verwendung von Zuschüssen ablegen müssen.[56]
Abschließend kann zu Definitionen von NPOs angemerkt werden, dass diese meist weder als vollständig richtig noch als falsch klassifiziert werden können und trotz der Ausgrenzung von staatlichen Organisationen, nur schwer fassbar sind.[57] Im vorangegangenen Unterkapitel wurde daher zumindest versucht, eine Definition zu geben, die eine grundsätzliche Abgrenzung zu Profit Organisationen deutlich macht und somit eine möglichst eindeutige Sichtweise auf die Spezifika von NPOs ermöglicht.
Das in NPOs ein Management, mit den klassischen Funktionen der Planung, der Organisation, des Personaleinsatzes, der Führung und des Controlling, erforderlich ist, wenn auch unter Beachtung von Besonderheiten, ist heutzutage unumstritten. Konkrete Problemstellungen, zunehmende Entscheidungskomplexität, steigender Legitimitäts- und Erfolgsdruck und unterschiedliche Interessenlagen der Anspruchs-gruppen (Stakeholder), führen zu dieser Notwendigkeit.[58] Trotzdem ist dies nicht selbstverständlich und die meisten Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass in zahlreichen NPOs entweder ein schlecht ausgereiftes oder gar kein Managementsystem besteht.[59]
Die in Punkt 3.1.1 genannten Besonderheiten von NPOs müssten jedoch in ein Management münden, welches den Besonderheiten von NPOs entspricht und den unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen der Stakeholder angepasst wird.[60] Gerade das Management in NPOs muss sich fragen, wie Prozesse und Abläufe wirtschaftlicher, effektiver und effizienter organisiert werden können, wie die Innenorganisation menschlich gestaltet und geregelt werden kann und wie NPOs ihren sozialpolitischen und ethischen Zielen am besten gerecht werden. Ein solches Management ist auf der Basis eines positiven Menschenbildes zu betreiben, was sowohl die Klienten/Kunden als auch die Mitarbeiter miteinschließt. Besonders wichtig ist hierbei, dass ein bereichsspezifisches Management betrieben wird, d.h. es sind nur solche Konzepte aus der Betriebswirtschaft tauglich, die sich auf die Eigenheiten der NPOs übertragen lassen und zur Bewältigung ihrer Probleme beitragen. Außerdem sollte ein Management für NPOs die Entwicklung der Fähigkeiten und anderer Qualifikationen von allen Beteiligten sowie die Verbesserung der Problembewältigung fördern und die Steuerung der NPO qualitätsorientiert umsetzen.[61]
Abschließend kann man sagen, dass für die Anwendung einer Balanced Scorecard das Vorhandensein eines Managements gewährleistet sein muss. Die BSC stellt ein Managementsystem dar und kann ohne ein Management ihrer eigentlichen Aufgabe nicht nachkommen.
[...]
[1] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.33
[2] Vgl. Pracht (2002), S.122
[3] Vgl. Kumpf (2001), S.18
[4] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.24
[5] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.24f.
[6] Vgl. Ehrmann (2007), S.34
[7] Vgl. Kumpf (2001), S.19
[8] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.25
[9] Kaplan, Norton (1997), S.25
[10] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.25
[11] Vgl. Kumpf (2001), S. 20
[12] Vgl. Ehrmann (2007), S.35
[13] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.26
[14] Vgl. Jossé (2005), S.43
[15] Vgl. Jossé (2005), S.48
[16] Vgl. Weber, Schäffer (1999), S.4
[17] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.27
[18] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.28f.
[19] Vgl. Ehrmann (2007), S.50f.
[20] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.29
[21] Kaplan, Norton (1997), S.30
[22] Kaplan, Norton (1997), S.9
[23] Vgl. Ehrmann (2007), S.21f.
[24] Vgl. Niven (2003), S.109
[25] Vgl. Jossé (2005), S.28
[26] Vgl. Ehrmann (2007), S.23
[27] Vgl. Eisenreich (2003), S.18
[28] Vgl. Fischbach, Spitaler (2004), S.121
[29] Vgl. Eisenreich (2003), S.18
[30] Vgl. Esslinger (2002), S.225
[31] Vgl. Jossé (2005), S.29
[32] Vgl. Niven (2003), S.130ff.
[33] Vgl. Ehrmann (2007), S.37
[34] Vgl. Jossé (2005), S.56
[35] Vgl. Probst (2001), S.45ff.
[36] Vgl. Probst (2001), S.45ff.
[37] Vgl. Ehrmann (2007), S.42f.
[38] Vgl. Ehrmann (2007), S.47
[39] Vgl. Jossé (2005), S.77
[40] Vgl. Stoll (2003), S.80ff.
[41] Vgl. im Folgenden Ehrmann (2007), S.53
[42] Vgl. Niven (2003), S.207
[43] Vgl. Niven (2003), S.200
[44] Vgl. Poniewaz (2003), S.17
[45] Vgl. Poniewaz (2003), S.17
[46] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.298
[47] Vgl. Kaplan, Norton (1997), S.268
[48] Vgl. Heyd (1997), S.564
[49] Vgl. im Folgenden Schwarz (2005), S.29
[50] Vgl. Schwarz (2005), S.29
[51] Vgl. Stoll (2003), S.22
[52] Vgl. Schwarz (2005), S.29f.
[53] Vgl. Scherer (2002), S.10
[54] Vgl. Stoll (2003), S.28
[55] Vgl. im Folgenden Schwarz (2005), S.30f.
[56] Vgl. Schwarz (2005), S.30f.
[57] Vgl. Heimerl-Wagner, Meyer, Buber (1997), S.19
[58] Vgl. Horak (1995), S.604
[59] Vgl. Albinus (1999), S.134
[60] Vgl. Stoll (2003), S.40ff.
[61] Vgl. Stoll (2003), S.32ff.
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