Veröffentliche auch du deine Arbeit – es ist ganz einfach!
Mehr InfosBachelorarbeit, 2013, 50 Seiten
Bachelorarbeit
1,3
Exotische Optionen unterscheiden sich von klassischen Plain Vanilla Optionen dadurch, dass mindestens eine der folgenden Eigenschaften zutrifft:
1. Es sind die Kurse mehrerer Basisinstrumente relevant und haben somit Einfluss auf die Ausübung bzw. auf die Zahlung
2. Es herrscht keine Linearität zwischen der Zahlung bei Ausübung und dem Kurs des Underlyings
3. Es ist nicht nur der Kurs des Basiswertes im Ausübungszeitpunkt relevant, sondern gegebenenfalls ganze Zeiträume
4. Es existieren mehrere Beschränkungen hinsichtlich der Wahrnehmung des Optionsrechtes[1]
Nachdem nun eine erste Abgrenzung zu den Standardoptionen stattgefunden hat, soll im Folgenden die Natur der exotischen Optionen genauer untersucht werden.
Die abgebildete Tabelle zeigt, wie sich die nichtstandardisierten Produkte differenzieren lassen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Differenzierung nichtstandardisierter Produkte nach der Ausübungsform[2]
Bei europäischen Optionen kann die Ausübung nur am Verfalltag stattfinden. Amerikanische Optionen dagegen können jederzeit während der Laufzeit ausgeübt werden.[3] Demgegenüber stellen Bermudaoptionen eine Zwischenform dar. Diese können während der Laufzeit an regelmäßigen Terminen ausgeübt werden. Der Name schließt sich aus der geografischen Gegebenheit der Bermudas. Diese liegen, wie die Ausübungsformen, zwischen Europa und Amerika. Auch die Canary Optionen haben ihren Namen dank der Atlantiklage der Kanaren. Es handelt sich hierbei um eine den Bermudas ähnelnde Ausübungsform. Diese unterscheidet sich von den letztgenannten dadurch, dass eine Anfangsperiode ohne Ausübung überbrückt werden muss. Die Cross bzw. Composite Optionen haben dagegen die Eigenschaft, dass Ausübungspreis sowie Basiswert in zwei differenzierenden Währungen gerechnet werden.[4]
Eine weitere Differenzierung von Exotischen Optionen (Exotics) kann gemäß folgender Gliederung erfolgen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Differenzierung exotischer Optionen[5]
Zunächst sollen die Formen der Optionen mit unstetigem Payoff-Profil näher betrachtet werden. Die Digitals, auch als binäre Optionen bezeichnet, werden am Laufzeitende ausgeübt, sofern der Basispreis oberhalb (Call) bzw. unterhalb (Put) des Ausübungspreises notiert. Nun wird entweder ein Festbetrag (Cash) gezahlt oder der Basiswert (Asset) geliefert.
Bei Power Optionen verhält sich das Auszahlungsprofil nicht linear, sondern steigt mit einer Potenz an. Bei einer üblichen Potenz von zwei wächst die Auszahlung also quadratisch. Hier gibt es ähnlich wie bei PV-Optionen ebenfalls Calls und Puts.
Betrachtet man nun die pfadabhängigen Optionen, sind die Barrier/Trigger Optionen zu nennen, die zu den bedeutendsten exotischen Derivaten dieser Klasse zählen. Häufig finden sie Einsatz in strukturierten Produkten, was auch im Kapitel 3 noch ersichtlich werden wird. Bei dieser Optionsform hängt die Auszahlung vom Über-/ Unterschreiten einer definierten Barriere während der Laufzeit ab.
Die Asiatische Option beobachtet den Kurs, der für die Auszahlung ausschlaggebend ist nicht nur am Laufzeitende, sondern berücksichtigt einen Mittelwert über die gesamte Laufzeit. Dieser Wert kann je nach Variante durch ein gewichtetes arithmetisches, geometrisches oder harmonisches Mittel gebildet werden.
Eine weitere path-depend Option ist die Lookback Option. Diese wird häufig auch als Extremwert- oder Best-buy-Sell-Option bezeichnet. Sie gibt dem Käufer das Recht, den Basiswert zum besten Kurs zu kaufen/verkaufen, der während einer vordefinierten Zeitperiode eingetreten ist. Dieses Wahlrecht verteuert die Option naturgemäß enorm.
Pariser Optionen definieren sich dadurch, dass die Auszahlung von der Anzahl an Tagen ausgemacht wird, die der Basiswert über/unterhalb des Ausübungspreises notiert. Wichtig dabei ist, dass es sich um eine ununterbrochene Tagesfolge handelt und somit keine Unterbrechungen stattfinden.
Die letzte hier angesprochene pfadabhängige Option ist die Cliquet/Rachet-Option. Dies ist gewissermaßen eine Optionskette. Der Ausübungspreis wird hierbei durch den Kurs des Underlyings am Stichtag festgelegt. Dabei werden Optionen mit fester Laufzeit, die am Geld notieren, im Voraus zu einem fixen Preis erworben. Durch diese Konstruktion sollen Höchststandsicherungen von Kursniveaus ermöglicht werden (Cliquet-Call-Optionen). Eine Sonderform sind die Leiter- sowie Hamster-Optionen.
Dem Namen entsprechend, sind Compound-Options Optionen, deren Underlying wiederum eine Option ist. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Plain-Vanillas.
Ebenfalls dieser Klasse zugehörig sind die Chooser-Optionen. Diese räumen dem Käufer das Recht ein, an einem vordefinierten Zeitpunkt in der Zukunft zu entscheiden, ob seine gekaufte Option eine Call- oder Put-Option sein soll.
Alle bisher angesprochenen Varianten verwenden in ihrer Reinform nur ein Underlying. Basket-Optionen dagegen haben, wie der Name bereits vermuten lässt, nicht nur einen Basiswert, sondern arbeiten mit dem gewichteten Durchschnitt mehrerer Underlyings.
Auch Rainbow Optionen haben mehr als einen Basiswert. Sie geben dem Käufer das Wahlrecht, die Option am Laufzeitende auf einen Basiswert anzuwenden. Entweder auf jenen mit der besten Wertentwicklung oder auf den mit der schlechtesten Performance.
Die Zinsoptionen, als letzte Klassifizierung dieser Arbeit, werden in Caps, Floors, Collars und Swaptions unterteilt. Bei den Caps wird eine Zinsobergrenze definiert. Dem gegenüber steht der Floor, welcher eine Zinsuntergrenze festlegt. Der Collar ist eine Optionskombination aus beiden genannten Produkten und begrenzt die Zinszahlung somit sowohl nach unten, als auch nach oben. Die Swaptions haben eine komplett andere Funktion. Sie ermöglichen dem Käufer den Eintritt in einen bestehenden Swap und agieren somit als eine Option auf einen Swap.[6]
Auf die Bewertung ausgewählter Optionen wird im folgenden Kapitel noch näher eingegangen. Vorausgehend ist allerdings festzuhalten, dass exotische Optionen teils sehr schwierig zu bewerten sind. Für europäische Optionen wird häufig die Monte-Carlo Simulation herangezogen, während amerikanische Optionen meist mit dem Binomial-Modell berechnet werden.[7] Sofern sich die exotischen Produkte in „normale“ Plain-Vanilla Optionen zerlegen lassen, kann die Bewertung auch mittels Black-Scholes durchgeführt werden.[8] Bei der Monte-Carlo Simulation wird im Grunde genommen der Zufall berechnet. Daher kann mit dieser Methode auch eine Vielzahl extrem komplexer exotischer Derivate bewertet werden. Allerdings sollte es sich dabei nicht um amerikanische Optionen handeln. Zudem macht die Berechnung überwiegend nur bei nicht vorzeitig ausübbaren Optionen Sinn.[9] Die Monte-Carlo Simulationsrechnung verwendet bei der Optionsbewertung die risikoneutrale Bewertung und ermittelt die prognostizierte Auszahlung aus den Zufallsergebnissen. Dieser Wert ist anschließend um den risikolosen Zinssatz zu diskontieren. Ein Beispiel soll die Vorgehensweise veranschaulichen. Als Annahme gilt es ein Derivat zu bewerten, das lediglich von einer Variablen S abhängt. Diese führt im Zeitpunkt T zu einer Auszahlung. Weiter wird ein konstanter Zins angenommen. Unter diesen Annahmen gliedert sich die Bewertung in fünf Schritte. Zuerst wird ein Trajektorie, also ein zufälliger Pfad, für S erzeugt. Anschließend berechnet sich die Auszahlung des Derivats. Diese beiden Vorgehen werden nun möglichst oft wiederholt. Sobald eine angemessen große Anzahl an Ergebnissen vorliegt, wird daraus der Mittelwert gebildet, der als Schätzer für die erwarteten Auszahlungen dient. Zuletzt werden die erwarteten Auszahlungen mit dem risikolosen Zins diskontiert. Dabei entsteht ein Schätzwert für den Derivatewert. Als mathematische Gleichung zur Bewertung exotischer Optionen im Zeitpunkt T kann
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
verwendet werden.[10] Mit der vorgestellten Monte-Carlo-Simulation kann auch die nächste Bewertungsmethode auf ihre Gültigkeit hin überprüft werden. Bei der Black-Scholes Formel handelt es sich um ein Modell, welches in den 70er Jahren von Fischer Black, Myron Scholes und Robert C. Merton entwickelt wurde. Die Grundannahmen dabei sind unter anderem, dass die Aktienrenditen logarithmisch normalverteilt sind und ein kontinuierlicher Handel möglich ist. Des Weiteren finden die Annahmen des Binomialmodells Anwendungen. Das bedeutet, dass der Kapitalmarkt vollkommen und vollständig sein muss, es zu keinen Dividendenzahlungen des Basiswertes kommt und es sich um europäische Optionen handelt. Daraus folgernd ergibt sich für Bewertung einer Call-Option folgende Formel:[11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wobei S für den Aktienkurs im Ausgangszeitpunkt t=0, K für den Basispreis, T für die Optionslaufzeit, r für den Kalkulationszinssatz und Sigma für die Standardabweichung steht.[12] Die letzte hier angesprochene Bewertungsmethode ist das Binomialmodell. Mit dieser Variante lassen sich, sofern es erweitert wird, auch die mehrfach ausübbaren amerikanischen Optionen bewerten, sowie eine mögliche Dividendenzahlung des Basiswertes berücksichtigen.[13] Der Kurs eines Basiswertes S wird dabei über mehrere Zeiträume betrachtet, die sich kontinuierlich aneinander anschließen. Im jeweiligen Betrachtungszeitraum sind immer nur zwei Preisbewegungen darstellbar. Entweder der Kurs ist gestiegen, was mit Su bezeichnet wird oder aber er ist gefallen, was Sd symbolisiert.[14] Für jede Entwicklung gibt es eine bestimmte Wahrscheinlichkeit. Aufwärtswahrscheinlichkeiten notieren als p, während die Abwärtsbewegung mit 1-p angezeigt wird. Wird die Option anhand des Binomialmodells bewertet, ist hervorzuheben, dass es sich immer um eine risikoneutrale Bewertung handelt, bei der die Rendite der Wertpapiere der risikolosen Verzinsung entspricht. Die restlichen benötigten Werte können mittels einfacher Berechnung ermittelt werden:[15]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit diesen Werten kann nun der benötigte Binomialbaum erstellt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Binomialbaum zur Optionsbewertung[16]
Da der Ausgangswert bekannt ist, kann nun für jedes Szenario ein Endwert berechnet werden. Bei der Optionsbewertung wird allerdings auf ein rekursives Verfahren zurückgegriffen. Das bedeutet, man startet am Endzeitpunkt und arbeitet sich langsam zurück zum Ausgangswert. Dies ist deshalb möglich, da die Endpreise von Optionen gegeben sind. Bei Calls beträgt die maximale Auszahlung die Differenz aus Kurs des Underlyings und Basispreis. Bei Verkaufsoptionen hingegen aus Basispreis und Kurs des Basiswertes. [17]
Im folgenden Kapitel wird das Herzstück dieser Arbeit beleuchtet. Im Financial Engineering geht es im Wesentlichen um die Herausforderungen des Marktes und die daraus resultierenden Wünsche des Kunden. Die individuellsten Vorstellungen und Anforderungen können mittels strukturierter Produkte befriedigt werden. Um die entsprechenden Produktlösungen, also die Zertifikate zu erhalten, ist der Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten von Nöten.[18] Anhand von drei Produkten wird aufgezeigt, wie exotische Optionen im Produktkonstruktionsprozess verwendet werden.
Die klassische Aktienanleihe entstand im Jahre 1990, als die Bank Trinkaus & Burkhardt dieses strukturierte Produkt erstmals zum öffentlichen Vertrieb anbot.[19] Bei diesem Anlageprodukt handelt es sich nicht um eine klassische Anleihe. Vielmehr wird die Rückzahlung von der Wertentwicklung einer zugrundeliegenden Aktie beeinflusst.[20] Die Zahlung eines Zinssatzes über die Laufzeit erfolgt in jedem Fall und unabhängig von der Tilgungsform.[21] Die Protect Aktienanleihe ist eine Weiterentwicklung dieser Variante und soll im Folgenden genauer betrachtet werden.
Um die Protect Aktienanleihe verstehen zu können wird vorab das Prinzip der klassischen Variante nochmals ausführlich dargestellt. Wie der Name bereits vermuten lässt, werden sowohl anleiheähnliche als auch aktienähnliche Komponenten verwendet.[22] In jedem Fall erhält der Anleger einen im Voraus festgelegten Kupon, was der Anleihekomponente sehr nahe kommt. Die Rückzahlung des Kapitals dagegen ist von der Wertentwicklung des Underlyings abhängig. Dies entspricht somit der Aktienkomponente.[23] Die entsprechenden Bedingungen, ob eine Aktie geliefert oder das Kapital zurückgezahlt wird, werden im Voraus in den Produktbedingungen fixiert.[24] Da sich der Kapitalanleger somit in einer Stillhalterposition (Put-Option) befindet, wird er für die Übernahme dieses Risikos mit einem höheren Zins entschädigt.[25] In oben genannten Produktbedingungen wird auch die wichtigste Komponente festgelegt: Der Basispreis, bei dessen Unterschreiten am Bewertungstag die Aktienlieferung in physischer Form erfolgt. Sofern dieser Wert am Stichtag nicht unterschritten ist, erfolgt die Tilgung der Anleihe zu 100%. Der Kuponzins einer Aktienanleihe wird überwiegend durch die Volatilität des Basiswertes bestimmt. Je geringer die Schwankungsbreite der zugrundeliegenden Aktie, desto geringer ist der Zins, den der Anleger erhält und vice versa. Dies begründet sich auch dadurch, dass hohe Kursschwankungen der Aktie das Risiko erhöhen, am Laufzeitende nicht das Kapital in Bar, sondern durch Lieferung von Aktien zu erhalten. Allerdings sollte man beachten, dass der Zins auch als eine Art Puffer wirkt und somit das Risiko mindert.[26] Dieses Zertifikat begrenzt allerdings auch die Gewinnchancen. So ist der Maximalertrag durch den Kuponzins definiert. Bei einer Aktienandienung zur Fälligkeit ergibt sich jedoch ein Totalverlustrisiko.[27] All diese angesprochenen Fakten treffen auf klassische Aktienanleihen zu. Wo genau liegt nun der Unterschied in der Funktionsweise der beiden Produkte? Die Protect-Variante beobachtet neben dem Basispreis zusätzlich einen sogenannten Protect-Kurs, der unter erstgenanntem liegt. Notiert der Basiswert am Bewertungstag nicht unter dieser Sicherheitsschwelle, findet die Rückzahlung zum Nominalwert von 100% statt. Sofern allerdings diese, meist sehr tief liegende, Protect-Schwelle unterschritten wird, erfolgt die Lieferung von Aktien.[28] Der Unterschied wird nun dadurch sichtbar, dass bei der Aktienanleihe Protect auch dann die Rückzahlung zum Nennwert stattfindet, wenn der Basispreis am Fälligkeitstag unterschritten ist. Wichtig ist nur, dass die Sicherheitsschwelle am Bewertungstag nicht unterboten wurde.[29] Ansonsten funktioniert die Protect-Aktienanleihe wie ihr klassisches Pendant was im ersten Abschnitt dieses Gliederungspunktes erläutert wurde. Ein Beispiel mit fiktiven Kursen soll die Funktionsweise verdeutlichen. Als Basiswert dient die Allianz SE. Der Basispreis von 67,90 Euro entspricht 100% des Startkurses der Aktie. Das Protect-Level wird bei 49,30 Euro festgelegt und der Kupon bei 23,25% p.a.. Die Laufzeit beträgt ca. neun Monate und die Anzahl der zu liefernden Aktien bei physischer Lieferung 14,72754 pro 1000 Euro Nennwert. Notiert die Allianz SE am Bewertungstag nicht unter 49,30 Euro erfolgt die Rückzahlung zu 100% plus Zinsen. Wird die Sicherheitsschwelle unterschritten erhält der Anleger 14, 72754 Aktien plus den Zinskupon.[30]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Auszahlungsprofil Protect Aktienanleihe[31]
Zur Konstruktion der Protect-Variante werden drei Produkte benötigt. Aus Kundensicht wird ein Kuponbond gekauft und gleichzeitig zwei Optionen verkauft. Zum einen geht der Kunde eine Short-Position in einem Plain Vanilla Put ein und zum anderen ebenfalls eine Short-Position in einem Cash-or-Nothing Put. Die verdienten Optionsprämien dienen wiederum der Finanzierung der Produktkosten (z.B. Marge) und der Struktur (Kupons).[32]
Typisch für digitale Optionen, welche auch als binäre Optionen bezeichnet werden, ist das spezielle Auszahlungsprofil. Dieses ist nämlich in seiner Höhe unabhängig vom Basiswert. Dieser bestimmt lediglich darüber, ob überhaupt ausgezahlt wird, oder nicht. Kennzeichnend ist somit der binäre Charakter.[33] Dieser folgert aus der IT-Branche und der dortigen Eigenschaft, dass nur mit den Zahlen Null und Eins gearbeitet wird.[34]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Auszahlungsprofile eines Digital-Calls und eines Standard-Calls im Vergleich[35]
Digitale Optionen zahlen nur dann aus, wenn zum Fälligkeitstermin der Kurs des Underlyings oberhalb (Call-Option) bzw. unterhalb (Put-Option) des Ausübungspreises liegt. Nun muss nach zwei möglichen Varianten dieser Optionen differenziert werden. Entweder kommt es zur Auszahlung eines fixen Festbetrags, was als Cash-Or-Nothing-Option bezeichnet wird oder der Assetpreis selbst wird gezahlt, bzw. das Underlying geliefert. Letzteres wird als Asset-Or-Nothing-Option bezeichnet.[36] Diese Variante ist zudem teurer als eine Standard-Kaufoption, da der Basispreis nicht gezahlt werden muss. Eine Kombination aus beiden Formen (AoN, CoN) nennt man Gap-Optionen.[37] Hierbei setzt der Investor auf den Spread zwischen zwei Basiswerten. Das Auszahlungsprofil entspricht dem einer Cash-Or-Nothing Option.[38] Vergleichbar mit einer Käuferposition in einem Asset-Or-Nothing-Call und einer Writer-Position in einem Cash-Or-Nothing-Call ist eine klassische europäische Call-Option. Dabei entspricht der Basispreis der Auszahlung des Cash-Or-Nothing-Call. Kongruent dazu ist eine europäische Put-Option paritätisch mit dem Kauf eines Cash-Or-Nothing-Put und zugleich einer Stillhalterposition im Asset-Or-Nothing-Put. Der Basispreis in dieser Form entspricht der Auszahlung des Cash-Or-Nothing-Put.[39] Die Bewertung der europäischen Form binärer Optionen lässt sich am einfachsten mit Hilfe des Black-Scholes-Modells durchführen.[40] Eine Sonderform der digitalen Optionen sind die One Touch Digitals. Diese entsprechen Optionen mit einem amerikanischen Auszahlungsmechanismus, denn sie zahlen dann aus, sobald der Basiswert zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der Laufzeit den Ausübungspreis erreicht.[41] Ein kurzes Beispiel soll die Funktion von digitalen Optionen verdeutlichen. Angenommen der DAX steht bei 8.000 Punkten und der Investor kauft einen All-or-Nothing Put[42] mit Basispreis 7.799 Zählern. Dann erhält er nur dann eine Auszahlung, wenn der Deutsche Aktienindex unter 7.799 fällt. In allen anderen Varianten erleidet er einen Totalverlust. Notiert er allerdings darunter, erhält er einen vorab definierten Betrag (Cash-or-Nothing) von z.B. 6,30 Euro.[43]
Die zur Konstruktion notwendige Digitale Option ist europäischen Typs und kann somit mittels Black-Scholes bewertet werden.
Für die Bewertung eines Cash-or-Nothing Calls wird im Weiteren folgende Formel verwendet:[44]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Den zur Konstruktion der Protect-Aktienanleihe notwendigen CoN-Put-Preis ermittelt man mittels:[45]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Werden beide Optionen, das heißt ein Cash-or-Nothing-Call und ein Cash-or-Nothing-Put kombiniert, ergibt sich eine Auszahlung von Q. Diese ist unabhängig vom zukünftigen Kursniveau. Das bedeutet wiederum, dass, bezogen auf den Ausgangszeitpunkt, der Wert dem abgezinsten Wert von Q entspricht.[46]
Ein Beispiel soll die Situation verdeutlichen: Ein Käufer des Puts muss aktuell ca. 0,53 Euro an den Stillhalter zahlen, um bei Fälligkeit einen Euro zu erhalten, wenn folgende Parameter vorliegen: Kurs des Underlyings 30 Euro, Basispreis 30 Euro, Volatilität 28 %, risikoloser Zinssatz 1 %.[47]
Werden nun verschiedene Szenarien berechnet, indem die einzelnen Parameter verändert werden, wird ersichtlich, dass digitale Optionen sehr stark auf Kursänderungen des Basiswertes reagieren. Änderungen der Volatilität führen nur zu geringfügigen Preisschwankungen. Hierbei ist zudem zu beachten, dass eine ansteigende Volatilität bei digitalen Optionen nicht zwangsläufig zu höheren Preisen führt, wie dies bei PV-Optionen der Fall wäre. Grund dafür ist, dass die Auszahlung ein fixer, im Voraus definierter Betrag ist. Hohe Schwankungsbreiten sind zudem nur dann lukrativ für den Investor, sofern die Option weit aus dem Geld rentiert. Ein weiterer Parameter, der sehr wenig auf den Optionspreis einwirkt, ist das Zinsniveau, dargestellt durch r.[48] Die nachfolgenden Grafiken sollen die Preisveränderungen bei verschiedenen Szenarien darlegen, wobei das obige Beispiel als Ausgangswert dient. Zudem handelt es sich um eine Betrachtung zum Startzeitpunkt. Am Fälligkeitstag ist der Wert charaktergemäß 0 oder 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Wertveränderungen im Optionspreis bei Parameteränderungen[49]
Protect Aktienanleihen sind für Investoren interessant, die im Grunde mit einem Seitwärtsmarkt rechnen. Auch moderat steigende oder leicht fallende Kurse wirken sich nicht nachteilig auf dieses Produkt aus. Zum Zeitpunkt der Emission sind hohe implizite Volatilitäten für den Anleger interessant. Denn die hinterlegte digitale Option ist nun teurer und ermöglicht die Gewährung eines höheren Kupons. Während der Produktlaufzeit wirkt dieses Marktverhalten allerdings negativ und kann zu Kursen unter 100% führen. Dies ermöglicht Neuinvestoren jedoch, eine Rendite zu erzielen, die über dem Kuponzins liegt. Vorausgesetzt die Aktie notiert zur Fälligkeit über dem Protect-Niveau.[50] Deutlich werden die Chancen und Risiken von Protect Aktienanleihen am besten, wenn man sie mit klassischen Reverse-Convertibles vergleicht. Hierzu dienen zwei Produkte auf Aktie der ThyssenKrupp AG. Die Société Générale bietet unter der WKN: SG4EH5 eine Protect Aktienanleihe mit 6,50% p.a. Kupon bei einer Laufzeit von ca. einem Jahr (08.07.13-15.07.14). Der Basispreis entspricht 100% des Startkurses und liegt bei 14,42 Euro. Die Barriere befindet sich bei 75% des Referenzkurses. Im Falle einer Aktienandienung erhält der Investor: 1000 Euro/Basispreis. In diesem konkreten Fall somit 69,30 Aktien. Die klassische Variante wird z.B. von der Bayerischen Landesbank unter der WKN: BLB04Y angeboten. Die Laufzeit beträgt auch hier ca. ein Jahr (19.06.13-27.06.14). Der Anleger erhält einen Kupon in Höhe von 4,10% p.a.. Der Basispreis entspricht mit 11,932 Euro allerdings 80% des Startkurses. Kommt es in diesem Fall zu einer Aktienandienung erhält der Anleger 83,81 Aktien geliefert. Jetzt wird auch der Unterschied in der Funktionsweise ersichtlich. Bei der Protect Variante ist zwar der Kupon deutlich höher, allerdings folgt aus dieser Zusatzchance ein erhöhtes Risiko. Denn sofern die Barriere am Bewertungstag unterschritten wird, erhält der Investor bei der Protect Variante weniger Aktien und erleidet somit einen höheren Verlust als bei der klassischen Aktienanleihe. Dies resultiert aus der Tatsache, dass sich die Aktienandienung immer durch Nennbetrag dividiert durch den Basispreis errechnen lässt.[51] Bonuszertifikat
Das Anlageprodukt des Bonuszertifikats wurde 2003 von der Bank Sal. Oppenheim erstmals emittiert. Heutzutage gehört es zu den bekanntesten strukturierten Produkten. Bonuszertifikate bieten verschiedene Vorteile. Zum einen kann der Anleger an der positiven Wertentwicklung des Basiswertes fast unbegrenzt partizipieren. Zum anderen ist er bis zu einem bestimmten Niveau des Underlyings gegen Verluste abgesichert.[52]
[...]
[1] Vgl. Rudolph / Schäfer (2005), S. 333, 334
[2] eigene Darstellung in Anlehnung an Rieger (2009), S. 85/86
[3] Vgl. Hull (2009), S. 30
[4] Vgl. Rieger (2009), S. 85/86
[5] eigene Darstellung in Anlehnung an Rieger (2009), S. 85-96
[6] Vgl. Rieger (2009), S. 86-96; bezieht sich auf die gesamten vorgenannten Definitionen von exotischen Optionen
[7] Vgl. Deutsch (2008), S. 349-353
[8] Vgl. Deutsch (2008), S. 339
[9] Vgl. Deutsch (2008), S. 165, 166
[10] Vgl. Hull (2009), S. 527, 528
[11] Vgl. Rudolph / Schäfer (2005), S. 244; Formeln ebenfalls aus Rudolph / Schäfer (2005), S. 244
[12] Vgl. Rudolph / Schäfer (2005), S. 244
[13] Vgl. Rudolph / Schäfer (2005), S. 304
[14] Vgl. Hull (2009), S. 935, 506
[15] Vgl. Hull (2009), S. 506; folgende Formeln entnommen aus Hull (2009), S. 509
[16] entnommen aus Hull (2009), S. 509
[17] Vgl. Hull (2009), S. 508
[18] Vgl. Bloss / Ernst / Häcker / Sörensen (2012), S. 3
[19] Vgl. Rieger (2009), S. 170
[20] Vgl. Schmidt (2006), S. 209
[21] Vgl. Bloss / Erst / Häcker / Sörensen (2012), S. 462
[22] Vgl. Schmidt (2006), S. 209
[23] Vgl. Bloss / Ernst / Häcker / Sörensen (2012), S. 462
[24] Vgl. Götte (2007), S. 97, 98
[25] Vgl. Schmidt (2006), S. 209
[26] Vgl. Götte (2007), S. 97, 98
[27] Vgl. Bloss / Ernst / Häcker / Sörensen (2012), S. 462
[28] Vgl. Lindmayer (2012), S. 134
[29] Vgl. Irle / Prelle (2007), S. 21
[30] Vgl. Schröder (2009), S. 22
[31] Vgl. Schröder (2009), S. 22
[32] Vgl. Vambrie (2013), S. 1
[33] Vgl. Deutsch (2008), S. 340
[34] Vgl. Schittler / Michalky (2008), S. 763
[35] Vgl. Bloss / Ernst / Häcker / Sörensen (2012), S. 341
[36] Vgl. Rieger (2009), S. 87
[37] Vgl. Rudolph / Schäfer (2005), S. 335
[38] Vgl. Schittler / Michalky (2008), S. 764
[39] Vgl. Hull (2009), S. 686
[40] Vgl. Rieger (2009), S. 87
[41] Vgl. Deutsch (2008), S. 340
[42] All-Or-Nothing ist der Übergebriff für die Cash-Or-Nothing bzw. Asset-Or-Nothing Optionen. In diesem Beispiel wird eine Cash-Or-Nothing-Option verwendet.
[43] Vgl. Willnow (1996), S. 115
[44] Folgende Formel aus Hull (2009), S. 686
[45] Folgende Formel aus Hull (2009), S. 686
[46] Vgl. Rudolph / Schäfer (2005), S. 340
[47] eigene Modellrechnung; Daten im Anhang ersichtlich; Berechnung gem. Formel aus Hull (2009), S. 686
[48] Vgl. Rudolph / Schäfer (2005), S. 343
[49] eigene Darstellung auf Daten einer Simulationsrechnung. Daten im Anhang ersichtlich
[50] Vgl. Treu / Eibl (2012), S. 201-213
[51] Vgl. BayernLB PIB (2013), S. 1-2 und Societe Generale PIB (2013), S. 1-2
[52] Vgl. Brechmann / Röder / Schneider / Winkler (2008), S. 101
Kommentare