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Mehr InfosDiplomarbeit, 2011, 66 Seiten
Diplomarbeit
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Independent Aftermarket bezeichnet den Vertrieb von Originalersatzteilen, für welche ein Bedarf im Anschluss an die Erstausrüstung, Nachausrüstung als Ersatz-, oder Austauschteil entsteht. Dies bedeutet, dass die Zulieferer nicht mehr an die Automobilhersteller gebunden sind und die Teile an den freien Ersatzteilmarkt vertreiben können.
In der Automobilindustrie unterscheidet man verschiedene Ersatzteiltypen, im freien Ersatzteilmarkt kommen Identteile zum Einsatz, die baugleich zu den Original-Ersatzteilen sind, jedoch werden diese unter dem Brand des Zulieferers vertrieben. Diese Identteile stammen nicht selten aus demselben Produktionsprozess mit Qualitätsstandards wie die Original-Ersatzteile.
Das Problem der Erstausrüster gegenüber anderen Wettbewerbern besteht darin, dass die Kosten durch Entwicklung, Forschung und Qualitätsanforderungen seitens der Autohersteller recht hoch sind und Nachteile gegenüber den Herstellern von Nachbauteilen entstehen. Nachbauteile sind Auto-Ersatzteile, bei denen kein Patent oder Designschutz mehr besteht und die dürfen von anderen Herstellern nachgebaut werden. Diese Nachbauteile stammen immer häufiger aus China, werden dann nach Europa importiert und an den Großhandel im IAM mit einem sehr geringen Preis angeboten.
Seit dem Jahr 2002 gilt für Fahrzeugvertriebs- und Kundendienstvereinbarungen innerhalb der Europäischen Union die sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung (KFZ - GVO 1400/2002)[1]
Mit Rechtsgültigkeit der KFZ - GVO 1400/2002 haben Automotive-Unternehmen die Möglichkeit, die von ihnen produzierten Ersatzteile über zwei unterschiedliche Vertriebswege zu vertreiben:
1. Original Equipment Services: Ersatzteile werden über autorisierte Werkstätten oder Vertragshändler an den Endverbraucher verkauft.
2. Independent Aftermarket: Ersatzteile und Identteile können an Endverbraucher über freie Werkstätten, Werkstattsystemen angeboten werden.
Der Endverbraucher hat somit die Möglichkeit, bei vielen Anbietern seine Ersatzteile zu beziehen (Freie Werkstätten, Vertragswerkstätten, Werkstattsysteme, Pit - Stop, ATU, Fachmärkte usw.) und hat somit die Chance einen Preisvergleich durchzuführen.[2]
Abbildung 4 : Vertriebswege der Ersatzteilhersteller
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Beutin, N./Josko, A.
In der Automobilbranche gibt es Zulieferer, die in alle drei Teilbereiche ihre erzeugten Komponenten / Produkte direkt an das Band der OEMs liefern, die Nachserie bedienen und auch noch im IAM tätig sind.
Die Preisstrategie der Automobilhersteller stellt die Zulieferer vor eine sehr hohe Herausforderung, denn die Vormachtstellung, die OEM zu beliefern, ist hart umkämpft und erfordert ein hohes Maß an Kostenkontrolle. Des Weiteren stecken die Lieferanten viel Know-how in ständige Weiterentwicklungen, die die Hersteller verlangen.
Abbildung 5 : Vertriebswege der Automobilzulieferindustrie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Beutin, N./Josko, A.
Im A.T. Kearney SupplierBusiness Bericht wird für das Jahr 2020 eine Veränderung der Anteile bei Fahrzeugen bis 8 Jahre und der Vorstoß der Automobilhersteller in dieses Segment vorausgesagt.
Abbildung 6 : Entwicklung der Aftermarket Marktanteile bis 2020[3]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Preiskalkulation des freien Ersatzteilmarktes gibt es in den verschiedenen Märkten unterschiedliche Formen und Einflüsse, die zu einer dem Markt angepassten Preisbildung führen. Der für viele Unternehmen maßgebende Preis basiert auf dem OE-Preis des jeweiligen Landes und Herstellers, wobei sich die Bemühungen der Hersteller einen europäischen Einheitspreis zu implementieren, als äußerst schwierig erweisen. Die wirtschaftlichen Faktoren in den Ländern lassen dieses Preisvorhaben nicht zu. In den Osteuropäischen Ländern herrscht eine ganz andere Preisauffassung als in Westeuropa.
Des Weiteren nehmen die Erhöhung und Ausweitung von Bonusprogrammen immer mehr Einfluss auf die Preisbildung im freien Ersatzteilmarkt und zwingen die Automobilzulieferer zu immer weiteren Zugeständnissen.
Durch die Überdistribution und damit verbundene Wettbewerbsverschärfung führen diese zu Preisunterbietungen im Markt, um Marktanteile zu gewinnen oder zu verteidigen. Automobilzulieferer und Erstausrüster die ihr Produktportfolio mit sogenannten Handelswaren, die nicht selbst hergestellt werden, erweitern, um so ihr Volumen auszuweiten und als Kundenbindungsmaßnahme zu nutzen.
Ein weiterer Einfluss auf die Preisbildung ist die Entwicklung der Online-Autoteile Shops und deren Preisgestaltung, die die Automobilzulieferer und auch Autohersteller stark unter Druck setzt.
Bei der kostenorientierten Preisbestimmung handelt es sich um eine Preiskalkulation auf der Selbstkostenbasis zuzüglich eines vom Unternehmen angesetzten Gewinnzuschlags. Die Selbstkostenbasis beinhaltet die Herstellkosten sowie die anfallenden Kosten für den Vertrieb und die Verwaltung.[4]
Im Bezug auf die Stückpreise und die Preisuntergrenze sind die Selbstkosten eine wichtige Entscheidungsgrundlage, die mit Hilfe der Kostenträgerrechnung ermittelt wird. Die Gefahr bei dieser Preiskalkulation besteht darin, dass die Preisdifferenzen zum Marktpreis entsprechend zu hoch oder zu niedrig sind und das Produkt nicht den gewünschten Marktabnehmer erreicht.
Tabelle 1 : Bespiel Preisdifferenzierung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Grundlage für das Rabattpreissystem bildet die unverbindliche Preisempfehlung (UPE). Diese liegt vor, wenn der Automobilzulieferer einer Produktgruppe dem Wiederverkäufer (Großhandel) eine Orientierungshilfe für die Preisstellung des jeweiligen Marktes zur Verfügung stellt. Diese Orientierungshilfe muss ausdrücklich als unverbindlich gekennzeichnet werden und unterliegt weiteren gesetzlichen Bestimmungen. In den meisten Absatzmärkten besteht der Großhandel auf diese Orientierungshilfe seitens der Automobilindustrie, weil die Vielzahl der Produktgruppen und deren Artikel in die Hunderttausende geht und der Großhandel ansonsten zu viel Aufwand hätte.[5]
Die Vorteile einer unverbindlichen Preisempfehlung seitens des Herstellers liegen vor allem darin, einen Preis im Markt zu platzieren bzw. zu erzielen, welcher der Qualität eines Produktes gerecht wird und einen negativen Ausstrahlungseffekt vermeidet. Des Weiteren kann der Hersteller in seiner Produktlinie ein harmonisches Preisgefüge implementieren und auf die Marktbedürfnisse und deren Nachfrage eingehen. Ein weiterer Aspekt ist der Produktlebenszyklus eines Produkte: je älter ein Produkt umso eher wird ein niedriger Preis forciert. Ein beliebter Ausdruck im Ersatzteilgeschäft ist die „zeitwertgerechte Reparatur“.
„ Zeitwertgerechte Reparatur: je älter ein Fahrzeug wird desto wichtiger sind vielen Autobesitzern die Reparaturkosten: Die Kosten der verwendeten Ersatzteile sollen in angemessenem Verhältnis zum Restwert des Fahrzeuges stehen, was als zeitwertgerechte Reparatur bezeichnet wird“
„Die Zeitwertgerechte Reparatur ist eine Reparatur mit Ident- oder Gebrauchtteilen“ so der Gesamtverband Autoteilehandel (GVA) in Ratingen. Sie sind deutlich günstiger als die Originalersatzteile der Autohersteller.“[6]
Der Rabatt stellt eine Form der indirekten Preispolitik dar, die über die Differenzen zwischen offiziellem Bruttopreis und eigentlichem Nettopreis eine Preisfeinsteuerung erlaubt. In der Rabattierung unterscheidet man zwischen mehreren Rabattarten.
Dem Autoteilehandel werden Funktionsrabatte gewährt, wenn diese bestimmte Absatzfunktionen übernehmen. Denkbar sind Nachlässe für Werkstätten, für Selbstabholung, für Referenzplatzierung im Handel etc..
Der Mengenrabatt wird in Abhängigkeit von der jeweils einzelnen (Einzelauftragsrabatt) oder über mehrere Kaufakte gesammelte abgenommenen Warenmenge gewährt.[7]
Der Zeitrabatt hat den Kaufzeitpunkt zur Basis. Im freien Ersatzteilmarkt gibt es vor und nach einer Wintersaison das höchste Reparaturaufkommen und in diesem Zeitraum werden besonders stark Nachlässe in Form von Sonderaktionen, Sondernettopreisen und Incentives gewährt.
Eine weitere Form der Rabattart stellt der Skonto dar, der als Belohnung für Vorkasse oder prompte Rechnungszahlung in einer bestimmten Zeit (innerhalb 14 Tagen) gewährt wird.
Der Naturalrabatt besteht in der Draufgabe von mehr Ware im Rahmen der Rabattierung für den vereinbarten Kaufpreis. Dies wird gerne praktiziert, wenn kein Marketingbudget für Giveaways vorhanden ist.
Des Weiteren gibt es noch Geldrabatt, Festrabatt, Relativrabatt und Einheitsrabatt.[8]
Ein in der Automobilbranche immer wichtiger werdender Rabatt ist die Rabattstaffelung. Dies ist eine Abstufung der Rabattsätze in Abhängigkeit von der Höhe einer Bezugsgröße. In der Automobilindustrie werden zwischen Zulieferer und Autoteilehändler bei Rennerartikeln sogenannte Palettenpreise vereinbart, d. h. es besteht ein Bruttopreis minus Rabatt für den einzelnen Artikel. Bestellt der Kunde eine ganze Palette von ein und demselben Artikel, bekommt er nochmals einen Abschlag von 5 %.
Die Autoteilezulieferindustrie ist mehr denn je darauf angewiesen, ihre Kunden nicht zu vernachlässigen und ihre Beziehungen zu festigen. Aufgrund des stetig steigenden Wettbewerbs und der damit verbundenen Überdistribution ist für den Autoteilegroßhandel eine sogenannte Bonusvereinbarung mit der Autoteilezulieferindustrie überlebenswichtig.
Im Rahmen der Zugabeverordnung war es grundsätzlich nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO erlaubt, in geschäftlichen Verkehr eine Zugabe (Ware oder Leistung) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, um den Absatz der Hauptware zu fördern. Im Gegensatz dazu sollte das Rabattgesetz nur den Endverbraucher schützen.[9]
Nach dem Wegfall des § 1 Rabattgesetz waren die Preisnachlässe, die nach Maßgabe des Gesetzes angekündigt waren, nur in Form von Barzahlungs-, Mengen- und Sondernachlässen möglich.[10]
Der Begriff Bonus ist ein Bestandteil aus dem Marketingbereich der Kundenbindungsprogramme oder dem Management. Kundenbindung in industriellen Zuliefer-Abnehmer Konstellationen beschreibt die erhöhte Bereitschaft des Abnehmers, eine dauerhafte Beziehung mit dem Lieferanten einzugehen und innerhalb eines, bezogen auf das spezifische Transaktionsgut, üblichen Zeitraumes nicht zufällige Anschlussaufträge zu generieren. Dies bedeutet, dass eine Kundenbindung eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Folgeauftrag ausdrückt. In vielen Branchen entstehen Kundenbindungsprogramme, abgestuft nach der Wichtigkeit eines Kunden, die dann entsprechend Ihrer Einstufung intensiver behandelt werden.[11]
Die Abstufung der Kundenbindungsmaßnahmen wird in Kundenklassifikationen vorgenommen:
- A-Kunden (mit höchstem Umsatz- oder Gewinnanteil) erhalten bessere Bonusprogramme, Key – Account Manager, Schulungskonzepte, höchsten Servicegrad,
- B-Kunden (mit hohem Anteil an regulären Tagesgeschäft) erhalten Rabattaktionen Schulungen, Servicegrad,
- C-Kunden (Laufkundschaft und Problemkunden) erhalten eingeschränkten Service.[12]
Darüber hinaus gibt es noch die Kundenbindung durch „Erlebnismanagement“, welches in den vergangenen Jahren in der Automobilbranche an Bedeutung gewonnen hat.
In den vorangegangenen Jahren lud das Autoteilegroßhandelsunternehmen Wessels + Müller AG seine Kunden (Werkstatt, Handel) und Lieferanten zu einer exklusiven Kreuzfahrt mit dem Kreuzfahrtschiff AIDA ein.
Der Einladung zu diesem Megaevent sind 2.000 Werkstattinhaber und deren Begleitungen gefolgt und die geschätzten Kosten beliefen sich auf fast 1 Mio. Euro.
Dieses Bespiel soll verdeutlichen, welche Ausmaße solche Kundenbindungsprogramme in Form von Incentives haben können. Natürlich musste sich die Autoteilezulieferindustrie an den Kosten beteiligen und dieser Beitrag wurde auch bereits bei den jährlichen Bonusverhandlungen vertraglich vereinbart.
Bonus ist eine Sonderform, die als Preisnachlass oder Gutschrift nachträglich, gewöhnlich zum Jahresende für ein großes, kumuliertes Abnahmevolumen gewährt wird. Er kommt der Wirkung einem Mengenrabatte gleich. Der Bonus bezieht sich also auf den gesamten Periodenumsatz.[13]
Diese Bonusprogramme stellen ein Instrument der Preisdifferenzierung zweiten Grades dar und sind schwerpunktmäßig als preispolitisches Marketinginstrument anzusehen.[14]
In der Autoteileindustrie hat sich die Vielfalt und Art von Bonusprogrammen enorm verändert.
Bonusarten:
- Grundbonus: bei Erreichen des Vorjahresumsatzes oder eines fest vereinbarten Umsatzes wird ein fester Prozentsatz zwischen 3 und 5% vereinbart.
- Staffelbonus: bei Überschreiten eines festgelegten Umsatzes von z. Bsp. 100.000 Euro bekommt der Kunde 4 % Bonus, erreicht er einen Umsatz von mehr als 150.000 Euro erhält der Kunde 5% Bonus vom Gesamtumsatz.
- Mehrumsatz
Abbildung 7 : Bonusprogramm mit Mehrumsatz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Kailing, V. Praktische Preis- und Konditionspolitik, 2006, S. 26.
Die oben genannten Bonusarten sind oftmals die Hauptbestandteile eines Bonusprogramms, die mit weiteren Bonusarten wie Treuebonus, Werbekostenzuschuss, Zentrallagerbonus, Aktivbankbonus, IT-Bonus, AIDA Bonus (feste Beträge) zwischen Handel und Industrie abrundet werden. Aufgrund des enormen Wettbewerbs und der Ausweitung auf internationaler Ebene sind die jährlichen Jahresgespräche eine enorme Herausforderung für beide Seiten.[15]
Die Bonusprogramme haben für die Preisbildung im freien Ersatzteilmarkt einen großen Einfluss, welcher in den vergangenen Jahren von vielen Unternehmen nicht wahrgenommen wurde. Die Teilegroßhändler nehmen durch ihre hohen Bonusforderungen großen Einfluss auf die Gewinnmarge der Automobilzulieferer, verlangen aber auf der anderen Seite niedrigere Preise.
Aufgrund der Einführung von Preismanagementsystemen und der Sensibilisierung der Zulieferindustrie durch Unternehmensberatungen werden immer mehr die Bonusprogramme mit in den Kalkulationen der Verkaufspreise einbezogen. Des Weiteren wird das Konditionensystem mithilfe der Preistreppe (Wasserfall) grafisch dem Handel aufgezeigt.
Abbildung 8 : Konditionssystem dargestellt mit Hilfe der Preistreppe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Zwischen den Unternehmen in der Automobilindustrie, bei denen eine Geschäftsbeziehung besteht, werden für einen bestimmten Zeitraum Rahmenvereinbarungen anhand eines Vertrages geschlossen.
Mit Rahmenvertrag wird ein Vertrag bezeichnet, in dem allgemeine Bedingungen für eine längerfristige Vertragsbeziehung geregelt werden.[16]
In der Beziehung der Automobilhersteller und den Zulieferern bestehen Rahmenvereinbarungen über die voraussichtlichen Gesamtliefermengen von Komponenten innerhalb eines festgelegten Zeitraumes. Diese Komponenten werden über Termineinteilungen abgerufen. Bei nicht Einhalten der Lieferung abgerufener Komponenten muss der Zulieferer Strafe zahlen.
Der größte und wichtigste Anteil ist die Preisregelung für Lieferungen von Ersatzteilen für einen bestimmten Zeitraum. Die Preise für eine Komponente oder Einzelteile werden in Kategorien eingeteilt. So besteht die Kategorie A aus den seriengültigen Ersatzteilpreisen. Kategorie B beinhaltet alle nicht seriengültigen Komponenten, die nach Auslauf der Serie weiterhin an den Autohersteller und somit in den Original Equipment Services (OES) geliefert werden. Die Preise für die Nachserienfertigung werden nochmals in Kategorien B1 bis B4 untergliedert. Hierbei werden die neuen Kalkulationsaufschläge auf den Serienpreis für einen bestimmten Zeitraum festgelegt. Die letzte Zeitstufe kann bis zu 15 Jahre nach der Serienfertigung gehen. Weitere Eckpunkte in der Rahmenvereinbarung bestehen aus Verpackungskosten, Streckenabwicklung, Bedarfsmengen, Losgrößenfertigung, Vertragslaufzeiten und so weiter.
Tabelle 2 : Preiszuschläge nach der Serienfertigung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Jahresrahmenvereinbarungen im Independent Aftermarket werden zwischen dem Zulieferer und dem Großhandel abgeschlossen. Aufgrund der wachsenden Zahl international tätiger Autoteilehändler beziehen sich die Rahmenvereinbarungen nicht mehr nur auf nationale Märkte, sondern werden international abgeschlossen.
Die Rahmenvereinbarungen werden im IAM einmal jährlich anhand der Ergebnisse des Vorjahres und den Zielen des Folgejahres verhandelt. Die Lieferbedingungen und Grundkonditionen stehen selten zur Verhandlung. Im Fokus dieser Verhandlungen stehen die Bonusprogramme, die einen großen Einfluss auf die Gewinnspanne der Unternehmen haben und somit harte Gespräche mit sich bringen.
Der Nachteil für den Automobilzulieferer besteht darin, dass zugesagte Bonusprogramme einmal national und international getrennt abgerechnet werden. Des Weiteren besteht ein wesentlicher Bestandteil dieser Rahmenvereinbarungen darin, dass die Rabattkonditionen für den entsprechenden Markt und weitere Sondervereinbarungen für die Preisbildung vereinbart werden.
So bestehen, im IAM, die meisten Autoteilehändler und ihre Kooperationen auf eine zeitliche Vorgabe für Preisänderungen und Konditionsänderungen. Das bedeutet, dass der Zulieferer bei einer Preiserhöhung bis zu 8 Wochen vor Quartalsbeginn die Preise dem Autoteilehandel melden muss, ansonsten hat der Handel das Recht, die Preise nicht zu akzeptieren. Dies stellt den Zulieferer vor ein großes Problem. Auf der einen Seite wird eine Preisflexibilität gegenüber dem Wettbewerb und der Automobilhersteller gefordert und auf der anderen Seite werden dem Zulieferer die Hände gebunden.
Aus dem neuen „Global Automotive Barometer“ von A.T. Kearney und Supplier Business steht für die Zulieferer an der Spitze der Top Themen für 2011 „die Erzielung verbesserter Absatzpreise und die Steigerung der Produktivität“. Ebenfalls von hoher Bedeutung sind Innovationsmanagement sowie die Senkung von Verwaltungskosten und Verbesserung im Management der Lieferkette. Trotzdem dürfen die Zulieferer die Ziele einer Verbesserung der Effizienzsteigerung der internen Prozesse nicht aus den Augen verlieren, um ihre Kosten- und Cash Flow-Situation zu verbessern.[17]
Doch der Druck auf die Automobilzulieferer im freien Ersatzteilmarkt nimmt weiterhin drastisch zu und wird in Zukunft von mehreren Seiten ausgeübt.
Abbildung 9 : IAM Druck von allen Seiten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Während die Neuzulassungen von PKW um fast ein Viertel zurückgegangen sind, konnte insbesondere das Aftermarket Geschäft deutlich zulegen. Somit steigt der Wettbewerb um den Servicekunden und die Margen in diesem Bereich kommen zunehmend unter Druck. Die Fahrzeughersteller versuchen in Ihren Vertragsnetzen über ihre Werkstätten über Extraleistungen wie Garantieverlängerungen und Service Flatrates die Kunden mit älteren Fahrzeugen zu binden und die Abwanderung zum freien Aftermarket zu verhindern.[18]
Eine weitere Herausforderung, dem Wettbewerb stand zu halten, spielen die Lieferanten für Rohmaterial, die Anfang 2011 ihre Preise bis zu 10 % erhöht haben und die Automobilzulieferer auf Seiten der OEMs verstärkt unter Preisdruck geraten. Vor allem im freien Ersatzteilmarkt müssen die Erstausrüster gegenüber den Wettbewerben diesem Preisdruck entgegenwirken.
Der stärkste Wettbewerb entwickelt sich zur Zeit aber im Independent Aftermarket unter der Zulieferindustrie selbst. So haben sich in der Vergangenheit immer mehr Automobilzulieferer zu eigen gemacht, ihr Produktportfolio auszubauen und in Marktsegmente vorzustoßen, wo bereits namhafte kleinere Hersteller seit Jahren erfolgreich sind, und nutzen ihre Marketingmaschinerie und ihren ausgezeichneten Markennamen, um den Erstausrüster aus dem Independent Aftermarket zu drängen.
Auf Seiten der Online-Shops hat sich ein Großhändler aus Polen zum Ziel gesetzt, 2011 einen Online Autoteileshop in Deutschland zu eröffnen, um Marktanteile über diesen Vertriebsweg zu gewinnen.
Das Ziel, die Nummer eins auf dem Weltmarkt für Autohersteller zu werden, hat für einige Konzerne höchste Priorität. Aktuell steht Toyota auf Platz eins der größten Autohersteller der Welt und hat im Jahr 2010 8,42 Mio. Fahrzeuge verkauft, dicht gefolgt vom US Konzern GM (General Motors) mit 8,39 Mio. Fahrzeugen. Auf Platz drei befindet sich der Volkswagenkonzern, der sein Ziel, bis 2018 die Nummer eins der Autohersteller zu werden und über 10 Mio. Fahrzeuge zu verkaufen, erklärt hat.[19]
Dieses Ziel, die Nummer eins zu werden, besteht auch für die Automobilzulieferer. Auch hier gibt es eine Rangliste der Top 100.
Abbildung 10 : Top 10 der Weltweit größten Automobilzulieferer
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Berylls Strategy Advisors
Was bedeutet Marktführer? Ein Marktführer ist ein Unternehmen, das auf einem gegebenen Markt unter allen Marktteilnehmern den relativ größten Anteil an Marktvolumen besitzt.
Hierbei wird unter quantitativer und qualitativer Marktführerschaft unterschieden. Die quantitative Marktführerschaft ist leicht zu beziffern, da sie sich nach der Stückzahl der abgesetzten Produkte richtet. Bei der qualitativen Marktführerschaft wird Bezug auf Überlegenheit in Technologie, Qualität, Bekanntheitsgrad, Prestigeträchtigkeit, Breite der Produktpalette, Tradition, Zahl der Ländervertretungen, Stückzahl, Service und vieles mehr untermauert.[20]
Der Autoteilemarkt ist ein eindeutiger Beleg dafür, dass Marktführer auch Preisführer sind. Die Unternehmen mit den größten Marktanteilen in einem bestimmten Segment, z.B. Bosch ist Marktführer im Automobilbereich der Kraftstoffeinspritzsysteme, haben also in der Regel auch die höchsten Preise in eben diesem Bereich von Produkten.
Das Problem der Markt- und Preisführerschaft in verschiedenen Marktsegmenten besteht oftmals darin, dass ein Marktführer viele Investitionen für Forschung und Entwicklung tätigt, was zu einem hohen Maß an Innovationen führt. So haben Marktführer ihre exponierte Position nicht trotz, sondern als Folge ihrer Preisführerschaft. Sie geben im Interesse der Automobilhersteller mehr aus als andere, um hochwertige Produkte anbieten zu können. Diese Vorleistungen fließen in ihre Preise ein, die dann entsprechend höher sind als die der Wettbewerber, die ihre Produkte nachbauen.[21]
Diese Situation spiegelt sich im freien Ersatzteilmarkt wieder, denn die Erstausrüster der Autohersteller sind aufgrund der niedrigen Rendite in der Erstausrüstung im IAM ebenfalls vertreten und haben auch hier ihre Aufgabe des Marktführers bzw. die der Preisführerschaft zu verteidigen.
Die Automobilzulieferer (Marktführer) sind bestrebt, die unverbindlichen Bruttopreise für Autoteile im freien Ersatzteilmarkt auf dem Preisniveau der Autohersteller zu halten, sind aber auf der Wettbewerberseite mit Preisunterbietungen stark unter Druck. Deshalb nutzen viele Automobilzulieferer ihr technisches Know-how, gebündelt mit erfolgreichen Marketingkonzepten, um den preispolitischen Erfordernissen durch eine preispassive Politik Rechnung zu tragen, bei der sich die Preisstellung am Marktpreis für ähnliche Produkte oder an der Preisstellung bestimmter Konkurrenten (als Preisführer) orientiert und man andere Marketinginstrumente zur Profilierung im Wettbewerb einsetzt.[22]
[...]
[1] Vgl. o.V. (2006): Developments, 2006 S. 230.
[2] Vgl. Gaiardelli, P./Saccani, N./Songini, L. (2007): After - sales Performance, S. 703.
[3] Vgl. A.T. Kearney (2008): A.T. Kearney und Supplier Business Studie, 2008.
[4] Vgl. Unternehmerinfo (2011): Preisbildung, unter: http://www.unternehmerinfo.de/Lexikon/p/Preisbildung.htm, abgerufen am 01.05.2011.
[5] Vgl. Pepels, Werner (2004): Marketing, 4. Auflage, Oldenbourg 2004, S. 584.
[6] Vgl. Frankfurter Rundschau online (2011): Abwrackboom macht Ersatzteile billiger, unter: http://www.fr-online.de/auto/abwrackboom-macht-ersatzteile-billiger/-/1472790/3092468/-/index.html, abgerufen am 15.04.2011.
[7] Vgl. Pepels, Werner (2006): Pricing leicht gemacht – Höhere Gewinne durch optimale Preisgestaltung, Heidelberg 2006, S. 202-203.
[8] Vgl. Pepels, Werner (2006): Pricing leicht gemacht – Höhere Gewinne durch optimale Preisgestaltung, Heidelberg 2006, S. 204.
[9] Vgl. Diller/Köhler (2008): Preispolitik, 4. Auflage, Stuttgart 2008, S. 70.
[10] Vgl. Ahlert/Schröder (1989): Seite 247.
[11] Vgl. Gehrke (2003): Kundenbindung im industriellen Umfeld, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Kundenbindung, abgerufen am 18.04.2011.
[12] Vgl. Gehrke (2003): Kundenbindung im industriellen Umfeld, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Kundenbindung, abgerufen am 18.04.2011.
[13] Vgl. Pepels, Werner (2006): Pricing leicht gemacht – Höhere Gewinne durch optimale Preisgestaltung, Heidelberg 2006, S. 202.
[14] Vgl. Müller, Steffen (2006): Bonusprogramme als Instrument des Beziehungsmarketings, 2006, S. 15.
[15] Vgl. Müller, Steffen (2006): Bonusprogramme als Instrument des Beziehungsmarketings, 2006, S.16.
[16] Vgl. (2011): Rahmenvertrag, unter: http://www.lexexakt.de/glossar/rahmenvertrag.php, abgerufen am 10.05.2011.
[17] Vgl. A.T. Kearney (2011): Automobilzulieferer wachsen auch im Jahr 2011 – Strukturprobleme nach der Krise jedoch nicht überwunden, unter: http://karriere.atkearney.de/content/veroeffentlichungen/pressemitteilungen_detail.php/id/51284/practice/automotive, abgerufen am 01.05.2011.
[18] Vgl. Kölner After Sales Forum (2011): BBE Automotive, unter: www.bbe-automotive.de, abgerufen am 15.05.2011.
[19] Vgl. Welt Online (2011): Toyota verteidigt Spitze in der Auto-Rangliste, unter: http://www.welt.de/wirtschaft/article12320339/Toyota-verteidigt-Spitze-in-der-Auto-Rangliste.html, abgerufen am 02.05.2011.
[20] Vgl. Wikipedia (2011): Marktführer, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Marktf%C3%BChrer, abgerufen am 08.05.2011.
[21] Vgl. Scherer, Hermann (2006): Das überzeugende Angebot – So gewinnen Sie gegen die Konkurrenz, Frankfurt am Main 2006, S. 127.
[22] Vgl. Diller, H./Köhler, R. (2008): Preispolitik, 4. Auflage, Stuttgart 2008, S. 268.
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