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Mehr InfosBachelorarbeit, 2011, 54 Seiten
Bachelorarbeit
1,3
Es gibt verschiedene Ausprägungen des E-Learning. In der Schule kommt es, wie schon erwähnt, hauptsächlich in Form einer Kombination von Präsenzphasen mit virtuellen Phasen im Rahmen des Blended Learning vor. Herkömmliche Unterrichtsverfahren werden in den meisten Fällen da, wo es sinnvoll erscheint, mit E-Learning-Inhalten unterstützt und ergänzt. Da es kaum verbindliche Richtlinien (mehr in Kapitel sechs) dazu gibt, ist E-Learning sehr stark individualisiert und der Einsatz hängt von der subjektiven Einstellung der Lehrkraft ab (vgl. Mayr, Resinger & Schratz 2009, S. 18f. und S. 107). Blended Learning, auch gemischtes Lernen genannt, kann in puncto Anzahl und Länge der Präsenzphasen stark variieren. Vom zweimaligen Treffen am Anfang und zum Ende einer Unterrichtssequenz, bis zur bloßen Unterstützung eines Lernthemas mittels Internet, sind viele Variationen möglich. Auch in der Art der Informationsbereitstellung oder -beschaffung kann Blended Learning, bzw. E-Learning sehr unterschiedlich sein (vgl. Schrack 2006, S. 13 f.).
Bei der Vielfalt des E-Learning beschreibt Moriz (2008, S. 17 ff.) neben dem Blended Learning insgesamt folgende sieben verschiedene Ausprägungen, die jeweils den Präsenzunterricht ergänzen können. Er unterscheidet hauptsächlich nach der jeweiligen Technik, auf der die Programme basieren:
- Computer Based Training (CBT)
- Web Based Training (WBT)
- Expertensysteme
- Autorensysteme
- Lernplattformen
- Videokonferenzen
- Rapid E-Learning
Beim CBT übernimmt der PC durch ein Lernprogramm teilweise die Funktion des Lehrers. Mittels CD oder DVD werden den Schülern Lernprogramme zur Verfügung gestellt. Der PC und das Programm können neben der Vermittlung von Fachwissen auch Übungen und deren Auswertung zur Verfügung stellen. Die Lernenden können eigenverantwortlich mit individuellen Lerntempo Aufgaben bearbeiten, während der Lehrende sich auf Kontrollfragen bezüglich des Verständnisses des Unterrichtsinhalts beschränken kann. Beim WBT, das dem CBT recht ähnlich ist, erfolgt die Darstellung des Inhalts per Internet. Neue Erkenntnisse oder Inhalte können hier den Lernenden durch eine Veränderung des Programms oder einer Mitteilung online unverzüglich zur Verfügung gestellt werden. Dies geschieht häufig anhand von Homepages, die ständig angepasst werden und mit weiteren hilfreichen Internetseiten verlinkt sein können.
Eine weitere Unterscheidung trifft Moriz (2008, S. 18) zwischen Experten- und Autorensysteme. Während Expertensysteme fertige und sofort anwendbare E-Learning-Programme sind, müssen Autorensysteme erst noch mit Inhalt gefüllt werden, was kostspielig und zeitaufwendig sein kann. Expertensysteme stellen ein komplettes, funktionierendes Programm zur Verfügung, passen aber nicht ohne weiteres zum Unterrichtsthema. Autorensysteme stellen nur eine bestimmte Programmierumgebung zur Verfügung und können nur durch Experten mit Inhalten gefüllt werden.
Lernplattformen stellen eine Weiterentwicklung der WBT´s dar. Die Plattformen stellen zusätzliche Kommunikationsmöglichkeiten in den internetbasierten Programmen zur Verfügung. Dies können Kommunikationsmittel wie E-Mail, Foren, Chat-Räume oder News sein. Lernende können somit online Fragen stellen und die Lehrenden die Lernplattformen und die Schüler individuell betreuen. Es entsteht somit neben dem klassischen Klassenzimmer ein virtuelles Klassenzimmer. Eine weitere Verfeinerung dieser Plattformen kann mittels Rapid E-Learning erfolgen. Damit kann der Lehrende Inhalte von Standardprogrammen, z.B. von Microsoft Office, sofort formatiert auf der Plattform im Internet mittels einer Software den Lehrenden zur Verfügung stellen, ohne alle Informationen einzeln zu übertragen. Die Inhalte werden automatisch wie gewünscht formatiert. Dies kann die Bereitstellung von Materialien erheblich erleichtern (vgl. Moriz 2008, S. 20 f.).
Eine weitere Form der digitalen Wissensvermittlung ist laut Moriz (2008, S. 21) die Verwendung von Videokonferenzen. Der Unterricht oder das Seminar läuft in diesem Fall virtuell in einem Raum mit Kamera ab und wird den Teilnehmern per Webcam im Internet ortsunabhängig zur Verfügung gestellt.
Eine zusätzliche Möglichkeit im Rahmen des E-Learning ist die Anwendung von Planspielen mittels Simulationen. Simulationen sind interaktive Lernprogramme, die komplexe Systeme und Prozesse vereinfachen und mit bestimmten Fragestellungen abbilden. Im Bereich des E-Learning werden sie durch PC-Programme so aufbereitet, dass die Lernenden durch das Spiel Wissen erlangen. Dies kann zum Beispiel im Rahmen des Volkswirtschaftsunterrichts durch die Abbildung einzelner Wirtschaftszweige oder auch durch Simulation einer komplexen Volkswirtschaft geschehen. Jedes Handeln des Lernenden hat dann ganz bestimmte Auswirkungen, ähnlich wie in der Realität. Ein Beispiel ist hier das Simulations- und Strategiespiel Ecopolicy von Frederic Vester[1]. Auch die Simulation von Experimenten ist für das E-Learning sehr interessant und kann beliebig oft zum Erlernen wiederholt werden, was ein großer Vorteil beim Lernen mit dem PC sein kann (vgl. Arnold et al. 2004, S. 100 ff.).
Die beschriebenen Formen geben nur die gängigsten Arten und Unterscheidungsmöglichkeiten der Vielfalt des E-Learning wieder. Wie ein E-Learning-Programm in der Schule aussieht, wird in Kapitel fünf und sechs noch genauer beschrieben und dargestellt.
Desweiteren ist es wichtig zu wissen, dass Begriffe wie E-Teaching oder E-Education häufig in der Literatur als Synonyme für E-Learning verwendet werden. E-Teaching stellt dabei das Lehren und somit den Unterricht aus Sicht der Lehrkraft in den Vordergrund, während E-Education die Bildung sowohl aus Sicht der Lernenden als auch aus Sicht der Lehrenden betrachtet (vgl. Baumgartner, Häfele & Maier-Häfele 2004, S. 12 ff). In dieser Arbeit wird lediglich der Begriff E-Learning verwendet.
In diesem Kapitel geht es um die Etablierung von E-Learning im deutschen Schulsystem. E-Learning wird hier als das Lernen mithilfe von PC und Internet verstanden. Komplexe Lernplattformen werden hier nicht vorrangig angesprochen. Nach einer kurzen Entstehungsgeschichte soll vor allem auf die technischen Grundvoraussetzungen und deren Förderung durch die EU und durch Deutschland eingegangen werden. Für die spätere Anwendung von E-Learning-Programmen und Plattformen sind diese Grundvoraussetzungen überaus wichtig.
Die Betrachtung der Geschichte geht von dem Begriff im weitesten Sinne aus, was bei den Anfängen des computergestützten Lernens auch sinnvoll erscheint. Der Ursprung begann in den frühen 60er Jahren, in denen man versuchte, Lernprozesse anhand von primitiven Rechenmaschinen zu beschleunigen. Erste Lehrmaschinen wurden in den 70er Jahren in Schulen eingesetzt. Der Lernende bekam Fragen mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten und wurde entsprechend der Antwort weitergeleitet. Von einer flächendeckenden Versorgung der Schulen konnte man sicherlich nicht sprechen (vgl. Karl 2009, S.20).
Durch die Verbreitung der Computer-Hardware in den 80er Jahren waren bessere Möglichkeiten gegeben. Erste Programme konnten komplexe Fragestellungen und entsprechende Rückmeldungen realisieren. Diese ersten CBT-Lernprogramme konnten variabel gestaltet werden, waren für die damalige Zeit sehr flexibel und wurden vor allem in der betrieblichen Weiterbildung eingesetzt. Die Lernwege orientierten sich am Wissensstand des Lerners und es gab zum ersten Mal „intelligente“ Lehrsysteme, ohne dass ein Lehrender dauerhaft anwesend sein musste. Die Anwendung in der Schule war aber noch eine absolute Ausnahme und steigerte sich nur sehr langsam. Es konnten aber erstmals den Unterricht unterstützende Medien, wie Videorekorder, Bildplattenspieler oder Diaprojektoren, eingesetzt werden. Ende der 90er Jahre begann dann durch die rasche Verbreitung der Internettechnologie auch die zunehmende Verbreitung von E-Learning-Sequenzen in Schulen. Lernen war jetzt zu jeder Zeit an jedem Ort möglich und auch Kommunikation zwischen Lernenden und Lehrendem konnte durch Chat oder Forum online erfolgen. Die ersten WBT-Programme wurden eingesetzt und es wurden virtuelle Lernplattformen geschaffen (vgl. Karl 2009, S.21 f.).
Schulen hatten die Möglichkeit, den herkömmlichen Unterricht mit E-Learning-Programmen zu unterstützen und ggfs. zu verbessern. Sowohl die CBT- als auch die WBT-Programme setzen allerdings hohe Investitionen in die Schulen in Form von Computerausstattung und Internetanschluss voraus. Sie werden deshalb erst in den letzten Jahren mehr und mehr eingesetzt.
E-Learning kann sich nur entwickeln, wenn die Schulen auch dementsprechend ausgestattet sind. Zugang zum PC und zum Internet sind die Voraussetzungen für das Arbeiten mit den neuen Medien. Eine qualitative und quantitative Grundausstattung mit Hardware und Software ist Grundvoraussetzung für die Anwendung von E-Learning. Hierzu werden seitens der Schulen anfangs vor allem finanzielle Mittel benötigt. Die Grundsteine hierfür wurden seit Ende der 90er sowohl von der Bundesregierung und privaten Initiativen als auch von der EU gesetzt. Im Folgenden sollen einige Initiativen, Programme oder Förderungen von den verschiedenen Institutionen beispielhaft vorgestellt werden.
Die ersten Initiativen hatten das Ziel, die Voraussetzungen für den Einsatz multimedialer Lerninhalte zu schaffen. Die Schulen sollten zielgerichtet auf neue Informations- und Kommunikationstechnologien vorbereitet werden. So hatte der Aktionsplan „Lernen in der Informationsgesellschaft“, der bereits im Jahr 1996 aufgelegt wurde, folgende vier Ziele:
- Europäische Vernetzung von Schulen
- Einbeziehung von Lerninhalten mit europäischer Thematik
- Förderung der Lehrkräfte bei Aus- und Weiterbildung in Bezug auf den Einsatz multimedialer Lerninhalte
- Bereitstellung von Informationen über pädagogische Möglichkeiten mit neuen Medien (vgl. Deutscher Bundestag 2008, S. 20)
Seit dem Jahr 2000 hatte die Europäische Gemeinschaft das Ziel, die wettbewerbsstärkste und dynamischste Wirtschaft der Welt zu werden. Durch den Aktionsplan „eEurope 2002 – Eine Informationsgesellschaft für alle“ sollten sowohl private als auch öffentliche Internetanschlüsse gefördert werden. Jede Schule sollte bis Ende 2001 und jedes Klassenzimmer bis Ende 2002 Zugang zum Internet und zu medialen Ressourcen haben. Ziel bis 2004 war es, dass 15 Schülern mindestens ein PC mit Internetanschluss zur Verfügung steht. Desweiteren sollten Unterrichtsinhalte an die neuen multimedialen Unterrichtsformen angepasst werden (vgl. Deutscher Bundestag 2008, S. 21).
Für diese und andere Projekte und Programme wurden viele finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. So stellte die EU zum Beispiel im Zeitraum von 2002 bis 2006 insgesamt 17,5 Mrd. Euro für Projekte rund ums Lehren und Lernen mit Computern zur Verfügung. Für das spezielle Programm „E-Learning in der EU“, welches die wirksame Integration von Informations- und Kommunikationstechnologien in die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa zum Ziel hatte, stellte die EU von 2004 bis 2006 44 Mio. Euro zur Verfügung. Im Vordergrund stand hier die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte (vgl. Schult 2006).
Die Förderung in Deutschland erfolgt auf verschiedenen politischen Ebenen. Da die Länder zum größten Teil für die Schulpolitik verantwortlich sind und jedes Bundesland unterschiedliche Strategien und Förderungsansätze verwendet, ist die Vielfalt der Initiativen groß. Bundesweite Förderprogramme sind schwer abzustimmen. Wie bereits angesprochen starteten erste Initiativen in Bezug auf E-Learning Ende der 90er Jahre. Von 2000 bis 2004 gab es einen regelrechten Boom und es wurden bundesweit öffentliche Mittel im Wert von 1,1 Mrd. Euro in diverse E-Learning-Projekte investiert. Auch hier ging es aber hauptsächlich um die technischen Voraussetzungen und Grundausstattungen zur Anwendung von E-Learning und nicht um die Implementierung von E-Learning-Programmen in den Unterricht. Der Ausschuss des Bundestages (2008, S.36 ff.) hat die folgenden 12 wichtigsten bundesweiten und länderübergreifenden Initiativen zur Entwicklung von E-Learning untersucht:
- Schulen ans Netz e.V.
- Bildung in der Informationsgesellschaft (BIG)
- Notebook-Klassen
- Studie „Lernen im Internet“
- Initiative D21 e.V.
- Förderprogramm Neue Medien in der Bildung
- Lehren für die Zukunft
- Microsoft – Partner für Schulen
- Bildungscent e.V.
- Schule interaktiv
- Bildungsoffensive 2006
- Digitale Oberstufe
Die meisten dieser Initiativen laufen bereits mehrere Jahre und werden nach einer anfänglichen Förderung durch öffentliche Mittel nun durch regionale oder überregionale Wirtschaftsunternehmen unterstützt. Diese Unternehmen kommen häufig aus der Telekommunikations-, Hard- oder Softwarebranche. Beispiele sind allen voran die Deutsche Telekom, Microsoft oder Hewlett Packard (vgl. Bundestag 2008, S. 36).
Die Förderziele dieser Initiativen sind vornehmlich im Auf- oder Ausbau der technischen Grundausstattung zu sehen. Zunehmend werden aber auch inhaltliche E-Learning-Programme gefördert und im Schulunterricht eingegliedert. Beispielhaft soll hier das Projekt „Schulen ans Netz e.V.“ kurz vorgestellt werden:
„Schulen ans Netz e.V.“ ist ein Projekt zur Förderung der Medienkompetenz, das hauptsächlich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Zusätzlich beteiligen sich auch noch private Geldgeber und die Deutsche Telekom AG an dieser Initiative. Das Projekt hat es geschafft, dass seit 2001 jede deutsche Schule einen kostenlosen Internetzugang zur Verfügung hat. Zudem stellt das Projekt virtuelle Arbeits- und Kommunikationsräume, digitale Lehr- und Lernmaterialien und Fortbildungen für Lehrer zur Verfügung (vgl. Deutscher Bundestag 2008, S. 85).
Auch auf Länderebene sind sehr viele Projekte entstanden. Obwohl es viele bundesweite Initiativen gibt, fallen die grundlegenden Entscheidungen in Bezug auf das schulische E-Learning in den Verantwortungsbereich der Länder. Es gibt in jedem Bundesland verschiedene Projekte, was eine bundesweite Zusammenarbeit, mit dem Ziel die beste Strategie zur Etablierung von E-Learning in der Schule zu finden, erheblich erschwert (vgl. Deutscher Bundestag 2008, S. 34 ff.).
Gemeinsam haben diese Projekte, dass sie sich um die Grundvoraussetzungen zur Etablierung von E-Learning kümmern. Die Projekte fördern vor allem die technische Grundausstattung der Schulen. Dass alle Schulen mit PCs ausgestattet sind und schon seit 2001 jede Schule einen Internetanschluss besitzt, sind erste Erfolge. Jetzt geht es darum, auch jedem Schüler den Zugang zum PC zu ermöglichen. Die Anzahl der Computer auf 100 Kinder steigerte sich zwar von 2001 bis 2006 von fünf auf neun, liegt im europäischen Vergleich aber auf einem unterdurchschnittlichen Rang. Eine Vorreiterrolle steht dem finnischen Bildungssystem zu, in welchem 100 Schülern fast 17 Computer zur Verfügung stehen (Stand 2006). Die Quote ist fast doppelt so hoch wie in Deutschland. Auch Computer mit Internetzugang werden deutschen Schülern im Vergleich zu anderen europäischen Schülern seltener zur Verfügung gestellt. Weitere Projekte und finanzielle Mittel sind also nötig. Wie bereits erwähnt, bezog sich diese Förderung auf Grundvoraussetzungen und E-Learning im Sinne von Lernen mit dem PC oder dem Internet. Die Medienkompetenz der Schüler soll erhöht werden. Die Grundsteine sind gelegt und das multimediale Lernen ist möglich. Allerdings wird auch schon vom Ausschuss bemerkt, dass es kaum abgeschlossene Studien zum Einsatz von komplexen E-Learning-Programmen gibt (vgl. Deutscher Bundestag 2008, S. 34 ff.).
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit steht E-Learning im engeren Sinne im Vordergrund. Potentiale und Beispiele von komplexen E-Learning-Programmen werden beschrieben.
Es gibt einige Gründe, die für die Anwendung von E-Learning im Unterricht sprechen. Vordergründig erhält man alleine durch das Benutzen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eine gewisse Medienkompetenz. Bei der Nutzung von komplexen E-Learning-Programmen geht es aber um mehr. Die Kommunikation zwischen Schüler und Lehrer und auch zwischen den Schülern spielt bei E-Learning-Programmen eine große Rolle. Der Unterricht soll durch E-Learning didaktisch aufgewertet und das selbstgesteuerte Lernen der Schüler gefördert werden (vgl. Hasenpflug et al. 2004, S.6).
Im Folgenden soll beschrieben werden, welche Potentiale des E-Learning den Unterricht verbessern sollen oder können. E-Learning soll hier als Anwendung virtueller Lernumgebungen per PC und vor allem im Internet verstanden werden. Zuerst werden die Besonderheiten hinsichtlich der Heterogenität der Schüler in der berufsbildenden Schule beschrieben. Dies ist ein Grund, warum sich der Einsatz von E-Learning besonders in dieser Schulform lohnen könnte. Nachdem die Potentiale zur Verbesserung des Unterrichts genannt wurden, soll die Wichtigkeit der Förderung des selbstgesteuerten Lernens herausgestellt werden. Die Förderung des selbstgesteuerten Lernens ist ein Hauptziel des E-Learning. Am Ende dieses Kapitels folgt eine kritische Reflexion des Einsatzes von E-Learning und selbstgesteuertem Lernen, um zu zeigen, dass die Anwendung von E-Learning keine Revolution und nicht immer eine Erleichterung des Lernens bedeutet.
In keiner anderen Schulform herrscht soviel Heterogenität wie in der berufsbildenden Schule. In zahlreichen Schulformen dieser Einrichtung kommt es vor, dass sowohl Absolventen ohne Hauptschulabschluss, als auch Abiturienten zusammen in einer Schulklasse auftreten. Auch die Karriereinteressen können sehr unterschiedlich ausfallen. Während ein Abiturient eventuell lediglich Praxiserfahrung in der Lehre eines handwerklichen Berufes sammeln möchte, um später einen eigenen Betrieb zu gründen, geht es für Jugendliche ohne Abschluss oft darum, mit der dualen Ausbildung den Hauptschulabschluss nachzuholen um in dem Beruf jahrelang weiter zu arbeiten (vgl. Rauner & Piening 2010, S. 9).
Die theoretischen Vorkenntnisse sind aufgrund der vorher besuchten Schulen also grundlegend verschieden. Zudem kommt es häufig vor, dass die Berufsschüler bereits andere berufsbildende Schulformen besucht haben. Andere haben bereits eine Ausbildung erfolgreich absolviert und verfügen schon über berufsbezogene Kenntnisse. Hinzu kommt, dass innerhalb einer Klasse die Qualität und der Einsatz der Ausbildung innerhalb der verschiedenen Lehrbetriebe stark variieren können. Und auch in Schulformen, die nicht zur dualen Ausbildung gehören, wie zum Beispiel ein Wirtschaftsgymnasium einer berufsbildenden Schule, treffen Schüler aufeinander, die vom Gymnasium oder von der Realschule kommen oder die bereits andere Ausbildungen absolviert haben. Neben den theoretischen und berufsbezogenen Vorkenntnissen ist auch das Alter in berufsbildenden Schulen somit höchst unterschiedlich (vgl. Rauner & Piening 2010, S. 10 ff.). Laut einer Studie von Rauner und Piening (2010, S. 11 f.) sind die Unterschiede der Schüler teilweise extrem groß. So besteht in einem untersuchten dritten Ausbildungsjahr einer Elektroniker-Klasse zwischen den schlechtesten und den besten Schülern ein Unterschied im Kompetenzniveau von zwei(!) Ausbildungsjahren. Die schlechtesten Schüler erreichen selbst im dritten Ausbildungsjahr nur das Kompetenzniveau von Ausbildungsanfängern.
Jedoch sind diese Kompetenzunterschiede zum Ende der Ausbildung oftmals geringer als am Anfang. Tendenziell besteht in der beruflichen Bildung eine kompensatorische Funktion. Disparitäten, die zum Anfang der Ausbildung bestehen, werden im Laufe der dualen oder rein schulischen Ausbildung eher geringer. Oft werden die Leistungen von Schülern, die die allgemeinbildenden Schulen mit schlechten Ergebnissen verlassen, in der beruflichen Bildung deutlich besser (vgl. Rauner & Piening 2010, S. 15).
Ziel der berufsbildenden Schule muss es deswegen sein, die schwachen Schüler zu fördern und zum Lernen zu motivieren, ohne dabei das Niveau für die lernstarken Schüler zu senken. Die Förderung des selbstgesteuerten Lernens und die Anwendung von E-Learning-Programmen mit den beschriebenen Potentialen können ein probates Mittel sein.
Guter und zukunftsorientierter Unterricht kann durchaus ohne E-Learning stattfinden. E-Learning bietet jedoch Möglichkeiten, die den herkömmlichen Unterricht verbessern können. Kerres (2001, S. 107 ff.) betrachtet sinngemäß unter anderem folgende Potentiale bei der Anwendung von E-Learning-Programmen:
- Die Inhalte einer Lerneinheit können laufend aktualisiert und mittels Lernplattformen schnellstmöglich an die Lernenden weitergegeben werden.
- Die Lernenden können auch außerhalb des Präsenzunterrichts betreut werden.
- Die zeit- und ortsunabhängige Verfügung von Lernmaterialien lässt individualisiertes Lernen in puncto Themenauswahl, Lerntempo, Arbeitsplatz oder zeitlichem Lernaufwand zu.
- Die Programme können beliebig oft aufgerufen werden und bieten somit lernschwächeren Schülern die Möglichkeit, Unterrichtsinhalte zu wiederholen.
- Eine neue, permanente Art der Kommunikation zwischen Lernenden und Lehrenden ist jederzeit ortsunabhängig möglich.
- Die Medienkompetenz wird verbessert.
- Durch die Medienvielfalt und den Einsatz vieler unterschiedlicher Medien kann der Lernprozess verbessert werden. Es werden unterschiedliche Lerntypen angesprochen.
- Es können neue Zielgruppen erreicht werden. Vielen Schülern macht der Umgang mit PC-Programmen mehr Spaß als das Lernen im herkömmlichen Unterricht.
E-Learning sollte seiner Meinung nach aber nicht als isoliertes Mittel gesehen werden. Wie bereits angesprochen, soll es grade in Berufsschulen als Erweiterung und Verbesserung des Unterrichts verstanden werden. Jedoch können die Potentiale erst vollständig ausgenutzt werden, wenn eine geeignete didaktische Konzeption und Umsetzung auf einer E-Learning-Plattform hinter den Lerninhalten steht (vgl. Dreer 2008, S. 8). Weitere Informationen zum Aufbau und zur Betreuung geeigneter E-Learning-Programme gibt es in Kapitel fünf.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit, E-Learning schulübergreifend einsetzen zu können. Somit können neue Zielgruppen angesprochen werden und die Lernmethoden werden vielfältiger und individueller. Solche kooperativen, schulübergreifenden Lernarrangements sind bereits im Einsatz. So gibt es zum Beispiel die „Gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung von neuen Medien in Schulen und Hochschulen“, die im Internet kostenlos verschiedene Themen aufbereitet hat. Fachwissen wird hier online vermittelt und danach in Tests abgefragt (vgl. lernmodule.net 2010). Dieses Programm ist ein fertiges Expertensystem und kann sowohl vom Lehrenden als Unterrichtsergänzung als auch vom Lernenden zur Wiederholung ohne weiteres genutzt werden. Auch wenn der Lehrende nicht selber Autor ist, so kann er das Programm also unterrichtsbegleitend einsetzen. Im Programm gibt es eine Maske mit den gemachten Aufgaben und Ergebnissen, die vom Schüler ausgedruckt werden kann. Der Lehrende hat somit die Möglichkeit, den Fortschritt seiner Schüler zu kontrollieren. Detaillierte Darstellungen von E-Learning-Programmen folgen in Kapitel sechs.
Teilweise überschneidend zu den Ausführungen zum Potential von E-Learning von Kerres sieht Dreer (2008, S.10 ff.) folgende Potentiale:
- Fördern von Kompetenzen
- Zeit- und ortsunabhängiges Lernen
- Kommunikation
- Elektronische Lernmaterialien
- Lernerfolgskontrolle
- Unterstützung von kooperativem Lernen
- Unterstützung von selbstgesteuertem Lernen
Diese potentiell positiven Eigenschaften zur Verbesserung des Unterrichts sollen in den nächsten Punkten dieser Arbeit näher beschrieben werden. Das größte Potential des E-Learning sieht auch Dreer (2008, S. 4) gerade in Hinsicht auf den verbesserten Unterricht in der berufsbildenden Schule in der Unterstützung hinsichtlich des selbstgesteuerten Lernens. Dieses wird in Kapitel 4.3 näher beleuchtet.
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[1] Weitere Informationen zu Ecopolicy im Internet: http://www.frederic-vester.de/deu/ecopolicy/
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