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Mehr InfosBachelorarbeit, 2012, 59 Seiten
Bachelorarbeit
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Neben den genannten Persönlichkeitsanforderungen werden in der Literatur zahlreiche weitere Einflussfaktoren im Coaching diskutiert. Um die professionellen Anforderungen und Qualitätsstandards greifbar und transparent zu machen, haben Heß und Roth (2001) zwölf Coachs befragt. Bei der qualitativen Auswertung der Expertenmeinungen orientierten sie sich an Donabedian (1982, zitiert nach Heß & Roth, 2001) und ordneten die Ergebnisse den Dimensionen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu. Diese sollen im folgenden Abschnitt vorgestellt und mit empirischen Forschungsergebnissen untermauert werden.
Strukturqualität – was im Coaching benötigt wird
Die Strukturqualität beinhaltet nach Heß und Roth (2001) neben den Ausstattungsdimensionen (personell, materiell, räumlich) auch Anforderungen an Klienten und Unternehmen sowie die Arbeitsbeziehung zwischen Coach und Klient. Die personelle Ausstattung bezieht sich dabei auf die Qualifikationen des Coachs. Die damit verbundenen Anforderungen an den Coach werden in der folgenden Auflistung dargestellt. Sie enthält alle Kategorien der Expertenbefragung, die von mindestens drei der zwölf Coachs genannt wurden und macht deutlich, dass die unter 2.2.1 ausführlich erläuterten Anforderungen an die Persönlichkeit des Coachs auch der Strukturdimension zugeordnet werden können. Zu den fachlichen Qualifikationsanforderungen gehören Coaching-Erfahrungen/Spezialisierung, Feldkompetenz, betriebswirtschaftliche Kenntnisse/Erfahrungen, psychologische Kenntnisse und eigene Führungserfahrung. Der Bereich Eigenschaften/persönliche Erfahrungen umfasst Alter und Lebenserfahrung, interessierte Haltung, Erfahrungen in Arbeit mit Menschen, Offenheit, Ressourcenorientierung, Mut und Risikobereitschaft sowie Zuverlässigkeit. Die Merkmale Methodenkompetenz, Kommunikationsfähigkeit, psychologisch diagnostische Kompetenz/Wissen um die Grenzen des Coachings, Selbstreflexion/Selbstkenntnis/Selbsterfahrung sowie analytische und vernetzte kognitive Fähigkeit werden unter der Bezeichnung methodische Qualifikationsanforderungen zusammengefasst. Beziehungsgestaltungskompetenz dagegen beinhaltet Empathiefähigkeit, Autonomie, Wertschätzung und Zurückhaltung. Neben fachlichen Kompetenzen und Erfahrungen halten Experten also auch Fähigkeiten wie Offenheit, Kommunikationsfähigkeit und Selbstreflexion für wichtig. Außerdem sollte der Coach mittels Empathie und Wertschätzung, aber auch durch Zurückhaltung und Förderung der Autonomie des Klienten eine Beziehung zu ihm aufbauen.
Der resultierenden Beziehungsqualität wird eine sehr hohe Bedeutung zugesprochen. Dafür sprechen auch die Ergebnisse einer Studie von Mäthner, Jansen und Bachmann (2005), die 89 Coachs und 74 ihrer Klienten befragten. Neben der Wirksamkeit, also den verschiedenen durch das Coaching erzielten Wirkungen, wurden auch die dafür verantwortlichen Faktoren untersucht. Zu diesem Zweck wurden Coachs und zugehörige Klienten sowohl zu den im Coachingprozess verwendeten Interventionsmethoden als auch zur Qualität der Beziehung befragt. Um die Wirkzusammenhänge explorativ zu untersuchen wurden Regressionsanalysen herangezogen. Die Interkorrelationsmatrix zeigte, dass die Variablen Beziehung, Zielkonkretisierung und Veränderungsmotivation signifikant mit den vom Klienten eingeschätzten Kriteriumsvariablen korrelierten. Dabei leisten die drei identifizierten Prädiktorvariablen einen unterschiedlichen Beitrag zur Aufklärung der Kriteriumsvariablen. Für die Kriterien kognitive Wirkungen (R2 = .30) und Zufriedenheit (R2 = .48) sind Zielkonkretisierung und Beziehung entscheidend. Die Varianz in den emotionalen Wirkungen wird zu 11 % durch die Zielkonkretisierung erklärt, welche gemeinsam mit der Veränderungsmotivation auch eine Rolle bei den verhaltensbezogenen Wirkungen spielt (R2 = .26). Für die Zielerreichung ist die Beziehung der einzige Erfolgsfaktor (R2 = .19), was ihre Bedeutung unterstreicht. „Dies spiegelt ein Ergebnis wider, welches bereits aus der Psychotherapieforschung bekannt ist“ (a. a. O., S. 73). Auch hier wird die Beziehung als wichtiger Erfolgsfaktor diskutiert und mehrfach belegt (Orlinsky, Rønnestad & Willutzki, 2004).
Prozessqualität – wie Coaching ablaufen soll
Zur Prozessqualität gehören alle Aktivitäten zur Zielerreichung und damit alle Anforderungen an die Interaktionen mit dem Klienten während des gesamten Coachingprozesses vom Erstkontakt bis zum Abschluss- und Nachgespräch. Die Prozessqualität umfasst also auch den Einsatz von Interventionen, wobei der Coach gegebenenfalls prüfen sollte, ob Coaching überhaupt indiziert ist und er der geeignete Coach ist. Bei der Wahl der methodischen Vorgehensweise sollte der Coach nach Expertenmeinung nicht nur die Anliegen und die Erlebenswelt des Klienten beachten, sondern auch seine persönlichen Voraussetzungen und spezifische Unternehmensbedingungen. Somit ist eine gewisse Flexibilität in der Vorgehensweise erforderlich, wobei Methoden generell klienten-, situations-, zeit-, problem-, ziel- und wirkungsbezogen einzusetzen sind. Alle Schritte und Interventionen sollten dem Klienten schließlich transparent vermittelt werden – von Methoden, Maßnahmen und Grenzen im Coaching über Menschenbild und Werte bis hin zur theoretischen Basis und Coaching-Definition. Darüber hinaus sollten alle Vereinbarungen, z.B. über die Mitbestimmung des Klienten, die Schweigepflicht des Coachs, die Zahl der Sitzungen etc. eingehalten werden und Evaluationsmethoden für Zwischen- und Abschlussresümee zum Einsatz kommen (Heß & Roth, 2001).
Dass Prozessvariablen Coaching beeinflussen, zeigt die oben bereits ausführlich zitierte Studie von Mäthner et al. (2005). Neben der Strukturvariable Beziehung war vor allem die Zielkonkretisierung von großer Bedeutung. Abgesehen von der Zielerreichung spielt diese Intervention für alle Kriteriumsvariablen eine Rolle und bei den Wirkungen auf emotionaler Ebene stellt sie den einzigen Erfolgsfaktor dar. „Dies kann damit erklärt werden, dass die Konkretisierung der Ziele, also das Nachdenken über erwünschte Zielzustände, die Reflexion des Klienten fördert und bereits zu Veränderungen führt“ (a. a. O., S. 72-73).
Ergebnisqualität – was beim Coaching erreicht werden soll
Grundsätzlich beschreibt die Ergebnisqualität den Erfolg einer Maßnahme, welcher nach Expertenmeinung (Heß & Roth, 2001) unter anderem anhand Zielerreichung und subjektiver Zufriedenheit überprüft werden sollte. Bei den weiteren Erfolgskriterien lassen sich kognitive, meta-kognitive, emotionale und behaviorale Kriteriumsebenen unterscheiden. Auf kognitiver Ebene kann Coaching eine Umstrukturierung bewirken – vor allem dann, wenn sich ein Problem nicht über die Handlungsebene lösen lässt. Deshalb zählen die befragten Experten auch eine Einstellungsveränderung bzw. -anpassung zur Ergebnisstruktur. Durch das Coaching lernt der Klient außerdem, sein Handeln bewusster zu lenken und mehr Verantwortung dafür zu übernehmen. Diese Zunahme an Verantwortung und Bewusstheit gehört zu den meta-kognitiven Erfolgskriterien. Auf emotionaler Ebene ist eine Entlastung erstrebenswert, während behavioral eine Erweiterung und Flexibilisierung des Handlungsrepertoires (erhöhte Problembewältigungskompetenz) als Erfolgskriterium gilt (Heß & Roth, 2001). Im folgenden Abschnitt wird eine weitere Studie vorgestellt, bei der die Evaluation anhand der Dimensionen Struktur, Prozess und Ergebnis erfolgte.
Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität bei der Evaluation einer Maßnahme
Runde, Bastians und Weiss (2005) untersuchten die Coaching- und Supervisionsmaßnahmen des Sozialwissenschaftlichen Dienstes der Polizei NRW anhand der Daten von 67 Klienten, von denen 46 in Gruppen- und 21 in Einzelprozessen beraten wurden. Die Gruppen bestanden aus maximal vier Personen, wobei häufig Gruppenkonflikte, Optimierungsnotwendigkeiten in der Ablauforganisation oder Belastungen durch den übertragenen Aufgabenbereich thematisiert wurden. Inhalt der Einzel-Coachings waren meist komplexere, führungsbezogene Problemstellungen. Die Evaluation zum Abschluss des Coachingprozesses erfolgte mithilfe des S-C-Eval-Fragebogens (Runde, 2004), welcher die oben beschriebene Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität erfasst. Die Bewertungen dieser Dimensionen fielen gut bis sehr gut aus, wobei unabhängig vom Setting (Einzel- vs. Gruppenberatung) die Strukturqualität am wenigsten positiv und die Ergebnisqualität am positivsten bewertet wurde. Die weniger positive Strukturbewertung liegt vor allem an den terminlichen Rahmenbedingungen, welche von den Klienten nicht immer als optimal empfunden wurden. Die Autoren machen dafür die Auslastung der Coachs sowie deren Einbindung in andere Projekte verantwortlich. Der Zielerreichungsgrad variierte zwischen 70 % und 96 % und lag im Mittel bei 84 %, wobei die Standardabweichung 6.5 % betrug. Die Frage „Alles in allem: Wie zufrieden sind Sie mit dem Coaching?“ wurde im Mittel mit 5.2 bewertet (SD = 0.6; 1 = sehr unzufrieden, 6 = sehr zufrieden). Mittels multipler Regressionsanalyse wurde schließlich der Zusammenhang zwischen Erfolgsfaktoren und Gesamtzufriedenheit untersucht. Letztere wurde durch die mit der Zielerreichung gewichtete Alles-in-allem-Zufriedenheit operationalisiert (Gesamtzufriedenheit = Zielerreichungsgrad/100 × Alles-in-allem-Zufriedenheit). Die signifikanten (p < .05) standardisierten Regressionskoeffizienten waren Beziehung ( b = .46), individuelle Gestaltungsmöglichkeiten ( b = .26), klare Zieldefinition ( b = .28) und Diagnose ( b = .30). Dementsprechend stellte die Beziehung, zusammengesetzt aus Vertrauen, Akzeptanz, Offenheit, Gleichwertigkeit und Ehrlichkeit, den bedeutendsten Erfolgsfaktor dar. „Unabhängig von der Anwendung ausgefeilter Methoden muss es dem Coach gelingen, eine tragfähige Beziehung zu dem Klienten aufzubauen“ (Runde et al., 2005, S. 49). Seitens methodischer Kompetenzen scheint eine klare Zieldefinition, ähnlich wie die Zielkonkretisierung bei Mäthner et al. (2005), sowie eine sorgfältig durchgeführte Diagnose der Ausgangsbedingungen entscheidend. „Schließlich fühlt sich der Klient dann ernst genommen, wenn er den Prozess mitgestalten kann und sich somit die notwendige Dialogstruktur einstellt“, interpretieren Runde et al. (2005, S. 49) die Rolle der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten.
Aus den unter 2.2 aufgeführten theoretischen und empirischen Annahmen leitet sich schließlich die Fragestellung dieser Studie ab. Sie untersucht den Einfluss von Coach- und Klientenpersönlichkeit sowie Struktur- und Prozessbewertung der Klienten auf deren Ergebnisevaluation.
Insbesondere Schreyögg (2003) nennt konkrete Anforderungen an den Coach und dessen Persönlichkeit. Dementsprechend wird angenommen, dass Persönlichkeitsausprägungen des Coachs, wie beispielsweise soziale Kompetenzen, einen Einfluss auf das Coachingergebnis haben. Neben der Wirkung von sozialen Kompetenzen des Coachs wurde in dieser Studie untersucht, ob dessen Persönlichkeitsausprägungen in den Bereichen berufliche Orientierung und Durchsetzungsstärke, psychische Konstitution und Flexibilität sowie Arbeitsverhalten und Leistungsmotivation die Ergebnisevaluation der Klienten beeinflussen.
Greif (2008) betont darüber hinaus die bedeutende Rolle der Klienten für Erfolg im Coaching. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch deren Persönlichkeit das Coaching-ergebnis beeinflusst. Insbesondere Handlungs- bzw. Lageorientierung, Beharrlichkeit und Engagement sowie Extraversion, Führungsmotivation und Selbstbewusstsein des Klienten scheinen dabei relevant zu sein. In der vorliegenden Untersuchung wurde überprüft, ob Persönlichkeitsausprägungen der Klienten auf den Dimensionen soziale Kompetenzen, psychische Stabilität und Flexibilität, Arbeitsverhalten und Leistungsmotivation und der Dimension berufliche Orientierung, Durchsetzungsstärke und Selbstbewusstsein einen Einfluss auf deren Ergebnisevaluation haben.
Nach Heß und Roth (2001) zählen, neben dem Ergebnis, Struktur und Prozess zu den Qualitätsdimensionen im Coaching. Klienten, die die Struktur- und Prozessqualität ihres Coachings hoch einschätzen sollten deshalb auch das Ergebnis entsprechend positiv evaluieren. Auch dieser Zusammenhang wurde in der vorliegenden Studie untersucht.
Somit ergeben sich vier psychologische Hypothesen (PH):
PH 1: Die Persönlichkeitsausprägungen der Coachs beeinflussen die Ergebnisevaluation der Klienten
PH 2: Die Persönlichkeitsausprägungen der Klienten beeinflussen deren Ergebnisevaluation
PH 3: Die Bewertung der Coachingstruktur durch die Klienten beeinflusst deren Ergebnisevaluation
PH 4: Die Bewertung des Coachingprozesses durch die Klienten beeinflusst deren Ergebnisevaluation
Die Ausbildung zum Karriere-Coach wird vom Coaching- und Beratungs-Centrum Regensburg (CoBeCe) durchgeführt und richtet sich an Psychologie- und Pädagogikstudenten der Universität Regensburg. In Abbildung 4.1 sind zeitlicher Ablauf und Struktur der zweisemestrigen Ausbildung visualisiert. Im ersten Semester werden die theoretischen Kenntnisse in zwei 2,5-tägigen Blockveranstaltungen vermittelt. Außerdem werden mithilfe des PeerCoachings, bei dem die Ausbildungsteilnehmer Paare bilden und sich gegenseitig coachen, bereits praktische Erfahrungen gesammelt. Jeder Teilnehmer nimmt in jeweils fünf Sitzungen à zwei Stunden sowohl die Rolle des Coachs als auch die des Klienten ein. Dadurch lernen die Ausbildungsteilnehmer den kompletten Karriere-Coaching Prozess aus beiden Perspektiven kennen. In der ersten Sitzung, dem Vorgespräch, geht es vor allem darum, die Ziele des Klienten zu erfassen und auf der Verhaltensebene zu operationalisieren. Dabei werden maximal drei individuelle Ziele des Klienten konkretisiert und in den Coachingprozess aufgenommen. Außerdem ordnet der Klient seine Ziele nach Priorität, bevor sie schließlich auf einer 10-stufigen Skala quantifiziert werden. Der Klient definiert dabei jede Stufe anhand von Verhaltensankern. Die aktuelle Zielerreichung wird zu Beginn jeder Sitzung reflektiert und festgehalten. In der zweiten Sitzung folgt die Stärken- und Schwächenanalyse mithilfe des BIP (Hossiep et al., 2003). Anhand der Selbst- und den beiden Fremdeinschätzungen wird der Klient zur Reflexion über persönliche Stärken und Entwicklungsfelder angeleitet – stets im Hinblick auf die zuvor formulierten Ziele. Die aus der Selbsteinschätzung des BIP gewonnen Daten wurden außerdem für die vorliegende Untersuchung verwendet. Die Ist-Analyse in Sitzung drei dient dazu, die persönlichen Ressourcen und Kompetenzen des Klienten in Bezug auf seine Zielstellung zu erarbeiten und bewusst zu machen. Sitzung vier widmet sich der Soll-Analyse bezüglich der gesetzten Ziele, wobei Potenziale und künftige Entwicklungsfelder des Klienten aufgedeckt und thematisiert werden. Die fünfte und letzte Sitzung dient vor allem der konkreten Maßnahmenplanung, damit der Klient die Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem Coaching in die Praxis transferieren kann. Außerdem erhält der Coach Feedback in Form des Fragebogens Check-the-Coach (Bachmann et al., 2004), den der Klient zum Schluss der Sitzung ausfüllt.
Das zweite Ausbildungssemester startet mit einer Kick-off-Veranstaltung, in der die Coachs ihre ersten fremden Klienten, meist Studierende anderer Fachrichtungen, kennenlernen. Anschließend findet eine dreistündige Expertendiskussion mit erfahrenen Coachs, Personalentwicklern und Führungskräften aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen statt, wobei Themen wie Karriereplanung, Vorbereitung des Berufseinstiegs und Coaching im Mittelpunkt stehen. Im weiteren Verlauf des zweiten Semesters führt jeder Coach mit mindestens einem Klienten den ClientCoaching-Prozess durch. Aufbau und Inhalt sind identisch zum PeerCoaching. Während des Prozesses werden die Klienten durch Experten und Supervisionen zusätzlich unterstützt. Die Evaluationsdaten, die zum Abschluss des ClientCoachings mithilfe des Fragebogens Check-the-Coach (Bachmann et al., 2004) gewonnen wurden, flossen wiederum in die vorliegende Studie ein. Abgerundet wird das Ausbildungscurriculum durch eine Abschlussveranstaltung mit Expertendiskussion, an der sowohl Coachs als auch Klienten teilnehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4.1
Zeitlicher Ablauf und Struktur der Ausbildung zum Karriere-Coach (Die Zeitpunkte der Datenerhebung sind durch Einrahmung gekennzeichnet)
Die für die vorliegende Studie relevanten Messzeitpunkte sind in Abbildung 4.1 eingerahmt. Die Persönlichkeitsdaten der Coachs wurden während des PeerCoachings in Semester eins erhoben, die der Klienten beim ClientCoaching im zweiten Semester. Die Messung des Coachingerfolgs mithilfe des Fragebogens Check-the-Coach erfolgte zum Abschluss des ClientCoachings. Das Einbeziehen einer Kontrollgruppe war im Rahmen dieser Bachelorarbeit nicht möglich.
Die Stichprobe setzt sich ausschließlich aus Teilnehmern der Karriere-Coaching-Ausbildung des CoBeCe zusammen. Zwischen 2008 und 2012 fanden sechs dieser Ausbildungen für Psychologie- und Pädagogikstudenten der Universität Regensburg statt. Für die vorliegende Untersuchung wurden die Daten der Ausbildungsteilnehmer und Klienten aus dem ClientCoaching verwendet, es handelt sich somit nicht um eine Zufallsstichprobe. Insgesamt nahmen 116 Coachs, davon 14 männlich und 102 weiblich, am ClientCoaching teil. Das Durchschnittsalter der Coachs betrug 23.70 Jahre (SD = 3.20), der jüngste war 20 und der älteste 42 Jahre alt. Die Anzahl der Klienten betrug 130, da einige Coachs mit zwei Klienten arbeiteten. Um die Stichprobe nicht durch doppelte Coach-Datensätze zu verzerren, wurde eine der betroffenen Coachingdyaden zufällig ausgewählt und von der Untersuchung ausgeschlossen. In einem Fall erfolgte der Ausschluss nicht per Zufall sondern entsprechend der Vollständigkeit der Daten, wobei die Dyade mit weniger fehlenden Werten beibehalten wurde. Unter den im Datensatz verbliebenen 116 Klienten befanden sich 19 Männer und 97 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 23.70 Jahren (SD = 2.87), wobei der jüngste 20 und der älteste 42 Jahre alt war. Die Klienten wurden von den Coachs selbst rekrutiert, dementsprechend waren nur 12 davon berufstätig und der Rest Studenten.
Das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) dient der standardisierten Erfassung des Selbstbildes eines Testkandidaten bezüglich berufsrelevanter Persönlichkeitsdimensionen. Verwendet wird der wirtschaftsbezogene Persönlichkeitstest hauptsächlich in der Eignungsdiagnostik, der Berufs- und Karriereberatung, bei Trainings- und Coachingmaßnahmen, sowie zur anwendungsbezogenen Forschung. Weitere Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aus dem zusätzlichen Fremdbeschreibungsbogen, der zwar alle Dimensionen des BIP umfasst, jedoch mit deutlich weniger Items. Für die vorliegende Untersuchung spielt der Fremdbeschreibungsbogen keine Rolle, da es sich hierbei um ein weder abgesichertes, noch normiertes Verfahren handelt. In diesem Kapitel soll das Messinstrument in Anlehnung an Hossiep et al. (2003) genauer vorgestellt werden.
Testkonstruktion
Beim BIP handelt es sich um ein deduktiv entwickeltes Testverfahren, das sich in erster Linie an den Anforderungen der diagnostischen Praxis in der Personalwirtschaft orientiert. Dementsprechend diente neben Literaturrecherchen auch der Austausch mit Experten des Personalwesens einer praxisnahen Konzeption. Außerdem flossen theoretische Befunde und Ansätze der differentiellen Psychologie sowie der Motivationspsychologie mit ein. Um weitere Informationen über besonders erfolgsrelevante Persönlichkeitsstrukturen zu erhalten, wurden Validitätsstudien zu bisher publizierten Persönlichkeitstests hinzugezogen. Somit erfolgte die Konstruktauswahl auf der Basis wissenschaftlich fundierter Persönlichkeitskonstrukte sowie Erkenntnissen aus der Praxis im Bereich Personalarbeit. Die Testentwicklung resultierte schließlich in einem Persönlichkeitsfragebogen mit 14 Dimensionen, welche wiederum vier Bereichen zugeordnet werden können (vgl. Tab. 4.1).
Tabelle 4.1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Entwicklung der Items basierte auf den inhaltlichen Definitionen der einzelnen Dimensionen (vgl. Tab. A-1). Bei der Formulierung standen gute Verständlichkeit und mittlere Itemschwierigkeit im Vordergrund, während ein Gleichgewicht hinsichtlich positiver und negativer Itempolung nicht bei jeder Dimension erzielt werden konnte. Der BIP umfasst letztendlich 210 Testfragen, welche auf einer 6-stufigen unipolaren Likert-Skala von „trifft voll zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“ zu bewerten sind. Durch dieses „forced choice“ Antwortschema wird dem Teilnehmer eine Entscheidung abverlangt und der Effekt der „Tendenz zur Mitte“ vermieden.
Gütekriterien
Die Aufgabenobjektivität des BIP wurde an etwa zwei Dutzend Teilnehmer explorativ untersucht (Hossiep et al., 2003). Diese zeigten eine weitreichende Übereinstimmung bei der Zuordnung von Testaussagen zu Skalen bzw. Persönlichkeitseigenschaften. Aufgrund dessen und wegen der absichtlich transparenten Formulierung der Aussagen sehen die Testautoren die Aufgabenobjektivität als gegeben. Dies gilt auch für die Durchführungsobjektivität, da sowohl eine schriftliche Testanweisung für die Teilnehmer, als auch eine Testvorgabe zum exakten Vorgehen bei der Testdurchführung vorliegen. Außerdem ist die Auswertungsobjektivität sowohl bei der Papier-Bleistift Version mithilfe von Folienschablonen, als auch bei der Computer-Version sichergestellt.
Zur Schätzung der Reliabilität des BIP wurden die Koeffizienten Cronbachs alpha und Split-Half-Reliabilität (vgl. Tab. A-2) sowie Retest-Reliabilitäten herangezogen (vgl. Tab. A-3). Die Werte für die interne Konsistenz (mittels Cronbachs alpha) sprechen dafür, dass die Skalen inhaltlich relativ homogen sind und die „Facetten der jeweiligen Verhaltensdisposition mit guter bis zufriedenstellender Genauigkeit“ (Hossiep et al., 2003, S. 30) messen. Auch die berechneten Split-Half-Reliabilitätskoeffizienten liegen auf vergleichbarem Niveau. Beide Koeffizienten deuten also darauf hin, dass die Items sinnvoll zu Skalen zusammengefasst werden können und die Skalen gute Zuverlässigkeit aufweisen. Darüber hinaus bewerten die Autoren auch die Retest-Reliabilitäten als zufriedenstellend. Die Dimensionen sind also über die erfasste Zeit als stabil zu bewerten.
Was die empirische Validität betrifft, wurden sowohl Zusammenhänge mit Indikatoren für beruflichen Erfolg (externe Validität) sowie Zusammenhänge mit anderen Persönlichkeitstests (interne Validität) nachgewiesen (Hossiep et al., 2003). Beispielsweise beträgt die multiple Korrelation aller BIP-Skalen mit dem beruflichem Entgelt R = .39 (R2 = .15, N = 5691; a. a. O., S. 90-91) und Skalen des NEO-Fünf-Faktoren-Inventars (NEO-FFI; Borkenau & Ostendorf, 1993) korrelieren im Größenbereich von r = .54 bis r = -.77 mit vergleichbaren BIP-Skalen (p < .01, N = 363; Hossiep et al., 2003, S. 108-109).
„Der testtheoretisch vermutlich kritischste Aspekt des BIP besteht in den partiell hohen Skaleninterkorrelationen“ (Hossiep et. al., 2003, S. 43). Wie die Korrelationsmatrizen der BIP-Summenwerte zeigen, treten diese sowohl bei den Coachs (vgl. Tab. A-4) als auch bei den Klienten (vgl. Tab. A-5) der vorliegenden Stichprobe auf. Unabhängigkeit der Skalen ist somit nicht gegeben. Das wurde auch von den Autoren nicht angestrebt, da inhaltliche Plausibilität und Kommunizierbarkeit bei der Testentwicklung im Vordergrund standen. Durch hohe Skaleninterkorrelationen entstehen allerdings Multikollinearitätseffekte, die bei der Hypothesenprüfung mittels multipler Regressionsanalysen vermieden werden sollten (Backhaus, Erichson, Plinke & Weiber, 2011). Außerdem sind auch die Skalen verschiedener Bereiche teils hoch korreliert. Bei den Coachs beispielsweise korrelieren die Persönlichkeitsausprägungen Durchsetzungsstärke (Bereich: Soziale Kompetenzen) und Führungsmotivation (Bereich: Berufliche Orientierung) mit r = .67 auf einem Signifikanzniveau von .01 (2-seitig). Auf Klientenseite korrelieren diese beiden Skalen mit r = .70 (p < .01, 2-seitig). Aufgrund solcher Zusammenhänge erscheint es auch nicht sinnvoll, die Skalen entsprechend der BIP-Bereiche zusammenzufassen und dann als Prädiktorvariablen aufzunehmen. Deshalb wurden die Skalen des BIP faktorenanalytisch reduziert und somit auch eine sinnvolle Interpretation der Ergebnisse ermöglicht.
Die Faktorenanalyse ergab für die Persönlichkeitsausprägungen von Coachs und Klienten jeweils vier Komponenten. Die Faktorenextraktion erfolgte mittels Hauptkomponentenanalyse, als Rotationsmethode wurde Varimax mit Kaiser-Normalisierung gewählt.
Faktorenanalyse über die BIP-Skalen der Coachs
Zunächst wurde überprüft, ob sich die BIP-Daten der Coachs für eine Hauptkomponentenanalyse eignen. Zu diesem Zweck wurde die Korrelationsmatrix in Tabelle A-4 mittels Bartlett-Test und Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium genauer untersucht (vgl. Tab. 4.2). Der signifikante Bartlett-Test bestätigt die bereits explorativ festgestellte Korrelation der Ausgangsdaten und die Stichprobe ist aufgrund des Kaiser-Meyer-Olkin-Kriteriums als „ziemlich gut“ geeignet für eine Hauptkomponentenanalyse einzustufen (Backhaus et al., 2011, S. 343).
Tabelle 4.2
Bartlett-Test und Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium zur Untersuchung der Dateneignung für eine Hauptkomponentenanalyse über die BIP-Skalen der Coachs
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gemäß Kaiser-Kriterium wurden schließlich vier Faktoren extrahiert. Diese Lösung ist auch nach grafischer Untersuchung mittels Scree-Test vertretbar (vgl. Abb. 4.2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4.2
Scree-Test zur grafischen Untersuchung der Anzahl zu extrahierender Faktoren aus den BIP-Skalen der Coachs
Tabelle 4.3 zeigt die rotierte Faktormatrix mit den vier neuen Faktoren, wobei Faktorladungs-Koeffizienten unter .300 der Übersichtlichkeit halber nicht enthalten sind. Eine Zeile in der Tabelle enthält jeweils die Skalen eines BIP-Bereichs, wodurch die ursprüngliche Struktur des Fragebogens erkennbar bleibt. Außerdem wurden die höchsten Faktorladungen einer Skala fett markiert. In den meisten Fällen laden die Skalen jeweils nur auf einen Faktor stark hoch und die Zuteilung ist damit eindeutig. Die Skala Soziabilität jedoch lädt z.B. auf drei der Faktoren nahezu gleich stark. In solchen Fällen erfolgte die Faktorzuordnung ebenfalls anhand des größten Koeffizienten.
Tabelle 4.3
Rotierte Faktormatrix mit den vier neuen Faktoren und den Faktorladungskoeffizienten der einzelnen BIP-Skalen der Coachs
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zur Veranschaulichung die einzelnen Faktoren mit ihren zugehörigen Skalen und der daraus resultierenden Bezeichnung:
Faktor 1: Gestaltungsmotivation, Führungsmotivation, Durchsetzungsstärke
→ Berufliche Orientierung & Durchsetzungsstärke (Coachs)
Faktor 2: Flexibilität, Emotionale Stabilität, Belastbarkeit, Selbstbewusstsein
→ Psychische Konstitution & Flexibilität (Coachs)
Faktor 3: Sensitivität, Kontaktfähigkeit, Soziabilität, Teamorientierung
→ Soziale Kompetenzen (Coachs)
Faktor 4: Leistungsmotivation, Gewissenhaftigkeit, Handlungsorientierung
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