Veröffentliche auch du deine Arbeit – es ist ganz einfach!
Mehr InfosBachelorarbeit, 2011, 60 Seiten
Politik - Internationale Politik - Region: Mittel- und Südamerika
Bachelorarbeit
1
Im Jahr 2005 kam ich durch Zufall das erste Mal nach Guatemala. Im Rahmen einer ethnobotanischen Forschungsexkursion war ich fünf Wochen lang in San José, einem kleinen Dorf im Petén, stationiert. Während dieser Zeit hatte ich neben den Besuchen der archäologischen Mayastätten Tikal, Yaxha und Motul auch zum ersten Mal die Möglichkeit, eine mehrtägige von Guía Don Adonis geleitete Tour durch den Regenwald zur kaum touristisch erschlossenen Mayastätte El Zotz zu machen. Ich sprach kaum ein Wort spanisch, dennoch verständigten wir uns. Unser rund 60km langer Marsch durch die beeindruckende Natur war gefüllt von anschaulichen Lektionen über die Tier- und Pflanzenwelt, Legenden, Mythen und Geschichten. In diesen drei Tagen lernte ich wieder sehen. Als ich nach Österreich zurückkehrte, begann ich Spanisch und Kultur- und Sozialanthropologie zu studieren.
Von meiner Sehnsucht getrieben kehrte ich im Jahr 2007 für zehn Wochen in dieses für mich magische Land zurück. 2008 fand ich mich wieder in Guatemala, dieses Mal für sieben Wochen.
Jede meiner Reisen führte mich zu einem Zeitpunkt wieder in den Petén, wo ich geführte Touren zu den verschiedensten, teilweise schon zuvor besuchten, touristisch gut erschlossenen, sowie im Regenwald versteckten, abgelegenen archäologische Mayastätten unternahm. Im Laufe dessen wurden mir zwei Tatsachen klar:
1. Auf geführten Reisen und Touren, haben ReiseleiterInnen, Tourguides bzw. FremdenführerInnen - im Spanischen Guías de Turistas – eine zentrale Bedeutung für die Repräsentation des Landes, seiner Geschichte(n) und seiner Menschen.
2. Alle bisherigen Guías auf den geführten Touren waren Männer.
Im Juni 2009 beschloss ich für sieben Monate auf eine Rundreise ab Guatemala durch Zentralamerika, Kolumbien, Ecuador bis einschlieβlich nach Peru, von wo aus mein Rückflug nach Österreich gebucht war, zu gehen. Anfang August unterrichtete ich jedoch bereits meine Familie über meinen Beschluss für ungewisse Zeit in Guatemala zu bleiben.
Ich wollte als Assistentin von lokalen Guías auf Touren durch den Regenwald im Petén arbeiten. Ab November hatte ich bereits eine Unterkunft bei einer Freundin in Flores und begann meine bisherigen Kontakte in der Tourismusbranche des Petén auszuweiten und jene zu den lokalen Guías zu vertiefen. Mitte November arbeitete ich bereits in der Asociación de Trabajadores Peteneros de Turismo mit, einer kurz zuvor geschlossenen Vereinigung von Arbeitnehmern und –gebern im Tourimussektor des Petén.
Auf all meinen Reisen führte ich stets Tagebücher, in die ich fast täglich ein bis zweimal Einträge schrieb. Diese Tagebücher führte ich immer mit mir mit; sie waren mir eine Hilfe, mich zurecht zu finden; ich hatte neben meinen Erlebnissen und Gedanken Telefonnummern, Adressen, Namen, Orte, Reiseagenturen und Preise notiert, Tickets und Zeitungsartikelausschnitte aufgeklebt.
So stieβ ich eines Abends, beim Durchblättern meiner Aufzeichnungen auf meine oben genannten Erkenntnisse, worauf folgend sich mir jene Frage stellte, die im Arbeitsprozess zu meiner leitenden Forschungsfrage wurde:
„Wodurch ist der geringe Anteil an Frauen im Berufsfeld Guía de Turistas in Guatemala - speziell im Petén - bedingt, und welche Auswirkungen hat diese Tatsache für sie?“
Ziel dieses Kapitels war es, einen Einblick in die Tourismusforschung der Kultur- und Sozialanthropologie zu geben, mit dem Schwerpunkt der Genderthematik in diesem Feld. Dabei habe ich versucht, die zentral behandelten Thematiken herauszugreifen. Was sich gezeigt hat ist, dass in der Tourismusforschung bisher dem Berufsfeld der ReiseleiterInnen, der Tourguids bzw. der FremdenführerInnen – auf Spanisch Guía de Turistas kein Raum in der Debatte gelassen wurde. Wenngleich der Tourismus als Arbeitsbranche bereits auf vielfältige Weise in die Diskussion eingegliedert wurde, scheint ironischerweise diesem meiner Meinung nach zentralem Berufsfeld der Guía de Turistas kaum Bedeutung zugeschrieben zu werden, obwohl in seiner Position der Möglichkeit der (Re-)Präsentation, - die Macht Realitäten zu gestalten, - liegt.
Im letzten Unterkapitel habe ich schlieβlich versucht, meinen Zugang zu der Thematik und zu meiner Fragestellung darzulegen, um im nun folgenden Kapitel mein Forschungsfeld zu skizzieren.
In diesem Kapitel widme ich mich der Vorstellung und Einführung in mein Forschungsfeld. Dabei werde ich zu Beginn auf den Tourismussektors Guatemalas eingehen und im Rahmen dessen auf seine Entwicklung, sowie auf die Position und Verantwortung der nationalen Dachorganisation INGUAT. Ebenso werde ich Einblick in die aktuelle Situation des Tourismus des Landes und speziell in die Beschäftigungssituation geben; allgemein und in Bezug auf Frauen in diesem Sektor.
Im zweiten Unterkapitel stelle ich das Berufsfeld Guía deTuristas in Guatemala vor. Dazu skizziere ich zu Beginn die Aufgaben und den Ausbildungsweg. Danach stelle ich diesem Berufsfeld die deutschen Begriffe und Übersetzungen „ReiseleiterIn“ und „FremdenführerIn“ gegenüber. Abschlieβend versuche ich dann die Position der Guías de Turistas als Repräsentanten des Landes und als Informanten der Touristen zu erörtern.
Im letzten Unterkapitel werde ich dann den Petén als touristisches Ziel vorstellen; anhand der Vermarktung durch das Land und speziell durch INGUAT, sowie als Arbeitsfeld der Guías de Turistas.
Guatemala ist ein Land beeindruckender Geschichte, Kultur und kolonialen Erbes; aber auch durch seine geografische Formation und Lage und mit seiner vielfältigen Fauna und Flora zählt es zu einem der beliebtesten Reisezielen Lateinamerikas und weltweit.
In dem nun folgenden Kapitel werde ich die Geschichte und Entwicklung des Tourismussektor Guatemalas bis heute darstellen
Nachdem sich die Ökonomie von den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs erholt hatte, begann der Aufschwung des Tourismus, der bis heute anhält. Besonders ab den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts war der Tourismus kein Unternehmen Einzelner mehr, sondern breiterer Bevölkerungsschichten, die dann auch in Länder der sogenannten Dritten Welt aufbrachen. (vgl. Hauser-Schäublin 2005: 379)
Im Dezember des Jahres 1952 wurde durch das Regierungsdekret 861 offiziell die „Oficina Nacional de Turismo “ ins Leben gerufen. Beinahe 15 Jahre reglementierte man durch diese Institution den Tourismus, bis sie im Oktober des Jahres 1967 durch das Dekret 1701 und der Gründung des „Instituto Guatemalteco de Turismo“ INGUAT abgelöst wurde. (vgl.SICA 2009). Das reformierte und aktuell gültige „Ley Orgánica del INGUAT “ trat mit 19. November 1967 in Kraft. Dieses Gesetz erklärt INGUAT im Namen des nationalen Interesses für die Förderung, Entwicklung und den Zuwachs des Tourismus verantwortlich und verpflichtet die Körperschaft zur Steuerung und Leitung damit verbundener Aktivitäten, sowie besonders die Privatwirtschaft zu stimulieren, um die gesetzten Ziele zu erreichen. (vgl. Ley Orgánica del INGUAT 1967: 2)
Neben der Konzipierung und Vermarktung des Landes als touristisches Produkt, der Veranstaltungen von Kongressen und Seminaren, sowie der internationalen Repräsentation des Tourismussektors Guatemalas, werden sämtliche Daten zur Beschäftigung sowie des wirtschaftlichen Beitrags zur Ökonomie des Landes von dieser Organisation in Zusammenarbeit mit INE erhoben, aufbereitet und öffentlich zugänglich gemacht. (vgl. INGUAT 2011a; INE 2011a)
Auch die Zusammenarbeit mit der im Jahr 1972 gegründeten nationalen Institution INTECAP („Instituto Técnico de Capacitación y Productividad”) spielt eine bedeutende Rolle. Das Institut hat sich auf die Professionalisierung einer Vielzahl von Berufssparten spezialisiert, um die Arbeitsplatzchancen der lokalen Bevölkerung, sowie die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. (INTECAP 2009: 3ff.) Im Jahr 2002 wurde dabei der Sektor „Hotelería y Turismo“ begründet. (vgl. INTECAP 2011b)
Die Entwicklung des Tourismus in Guatemala hat bereits eine lange Geschichte hinter sich. Durch die Zusammenarbeit der beiden Institute INGUAT und INTECAP, sowie deren forcierte Professionalisierung von Berufen, sollte der Weg für einen soziokulturell nachhaltigen Tourismus geebnet werden. Wie die gegenwärtige Situation des Tourismus, sowie die der in diesem Sektor arbeitenden Bevölkerung des Landes aussehen, darauf werde ich in den nun folgenden Unterkapiteln eingehen.
CNN veröffentlichte im Dezember 2010 unter dem Titel „World’s top destinations in 2011“ eine Liste der empfehlenswertesten Reiseziele des kommenden Jahres.DreiReiseexperten -Robert Reid, Herausgeber des Reiseführers Lonely Planet; Pauline Frommer, Gründerin von Pauline Frommer's Reiseführer; und Martin Rapp, Senior Vize-President im Freizeitvertrieb bei Altourpositionierten dabei Guatemala auf Platz 8. (vgl. Pawlowski 2010)
Nach aktuellen Daten der Fundación para el Desarrollo de Guatemala befindet sich Guatemala innerhalb Mittelamerikas, nach Costa Rica, an zweiter Stelle hinsichtlich seiner Wettbewerbsfähigkeit im Tourismus. (vgl. FUNDESA 2011)
Während im Jahr 2005 noch 1.3 Millionen Touristen gezählt wurden, liegt die aktuelle Zahl von 2010 bereits bei 1.87 Millionen, was ein Wachstum von 43% in nur 5 Jahren bedeutet. Auch die Devisen stiegen von 868.8 Millionen Dollar im Jahr 2005 auf 1.378.0 Millionen im Jahr 2010, um rund 58%. (vgl. FUNDESA 2011, INGUAT 2009)
INGUAT, die nationale Tourismusorganisation des Landes, zeichnet dabei, wie eingangs erwähnt, als für die Promotion und Entwicklung des Sektors verantwortlich. So hat die Institution Guatemala in sieben touristische Systeme unterteilt, wobei die Gruppierung nach geografischen, historischen und kulturellen Gesichtspunkten erfolgte (vgl. INGUAT 2011a):
Guatemala, Moderna y Colonial
Altiplano, Cultura Maya Viva
Petén, Aventura en el Mundo Maya
Izabal, Caribe Verde
Verapaces, Paraíso Natural
Oriente, Místico y Natural
Pacífico, Exótico y Diverso
Jedes dieser Gebiete hat ein speziell forciertes touristisches Angebot, das von bedeutenden archäologischen Ausgrabungsstätten der Maya, über koloniales Erbe und indigene Kultur und Dörfer, Vulkane sowie Ökotourismus bis hin zu Stränden am Atlantischen und Indischen Ozean reicht. Um dieses Angebot Touristen zugänglich zu machen und zu verkaufen, sind unter anderem ein gut stratifizierter und organisierter Tourismussektor und touristische Unternehmen Voraussetzung. (vgl INTECAP 2010: 35)
Doch auch die Tatsache, dass Guatemala als eines der „günstigsten“ Urlaubsländer Lateinamerikas gilt, zieht Touristen aus aller Welt an. Reiseführer wie „Lonely Planet“ machen unter anderem damit für das Land Werbung. Für wenig Geld bekommt man viel: Kultur, Abenteuer, Unterhaltung. Eine Hauptmalzeit ab 3$, ein Tagebudget von 15-30$ einen Wochenendausflug um 35$. Das Touristenparadies im „Land des ewigen Frühlings.“ (vgl. Vidgen 2007: 74) Die Schattenseiten zeichnen sich oft nur auf den Gehaltsschecks der ArbeitnehmerInnen und durch die Konditionen, unter denen sie Dienstleistungen erbringen müssen, ab.
Nach dem Einblick in Guatemala als Tourismusdestination und in seine Entwicklung als Tourismussektors, sowie dessen Beitrag zur Ökonomie des Landes, werde ich abschlieβend auf die Arbeitsplatzsituation eingehen, und im Speziellen dabei auf die Vertretung der Frauen.
In Guatemala lebenaktuell rund 14.7 Millionen Menschen. (vgl.INE 2011b)Der Tourismus Guatemalas bietet nach letzten Erhebungen 130.000 Menschen im Land Arbeit; das bedeutet: Knapp jede 111. Person der Gesamtbevölkerung des Landes hat ihren Beruf in dieser Branche. (vgl. FUNDESA 2011)
Jedoch zur Beschäftigung und dem Beitrag der Frauen in diesem Sektor gibt es keine offiziellen Angaben. INTECAP veröffentlichte im Jahr 2007 eine von INE erhobene Statistik hinsichtlich der Geschlechterverteilung in den Wirtschaftssektoren, sowie in Führungspositionen und dem geleisteten wirtschaftlichen Beitrag der weiblichen und männlichen Bevölkerung. Der Tourismus wurde dabei als Teil des Dienstleistungssektors aufgefasst. Nach offiziellen Angaben sind 56% der weiblichen arbeitenden Bevölkerung in diesem Sektor tätig. Die Verteilung der Geschlechter in Führungspositionen liegt bei rund 25.5 % Frauen und etwa 74.5% Männer. Diese Aussage wird durch die Erhebung und das Ergebnis des ökonomischen Beitrags nach Geschlecht unterstützt. So erhalten Frauen rund 20.6% und Männer 79.4% des gesamten Arbeitseinkommens. (vgl. INTECAP 2007a: 91)
Daraus lässt sich ableiten, dass obwohl der Anteil der im Dienstleistungssektor arbeitenden Frauen mehr als die Hälfte ausmacht, ihre angemessene Repräsentation weder in der Ökonomie, noch im Land selbst als bedeutender Faktor gegeben ist.
Sinclair behandelt diese Thematik anhand der Auseinandersetzung mit den marxistisch-feministischen Theorien. Sie sieht als Grund für diese weltweite, zu unterschiedlichen Graden existierende ungleiche Verteilung, die patriarchaler Strukturen, die die Kontrolle der Männer über die Arbeit der Frauen implizieren. Dies drückt sich in der Praxis dadurch aus, dass die von Frauen gefertigten und bereitgestellten Produkte unbezahlter Arbeit von Männern verkauft werden. Jene beziehen oftmals einen beachtlichen Teil, wenn nicht sogar den gesamten Gewinn. Dies gilt auch für Dienstleistungen. (vgl. Sinclair 1997: 10f)
Ziel dieses Kapitel war es, einen Einblick in den Tourismus Guatemalas zu geben. Dabei hat sich gezeigt, dass der ökonomische Wert dieses Sektors den Wert der darin beschäftigten Menschen nicht nur übersteigt, sondern sogar in Hinsicht auf die beteiligte weibliche Bevölkerung nicht einmal „registriert“ wird. Die Repräsentation der Frauen ist im Dienstleistungssektor allgemein gegeben, doch ist eine Ungleich-Gewichtung des Wertes der weiblichen Arbeitskraft im Verhältnis zu jener der Männer feststellbar.
In dem folgenden Unterkapitel werde ich nun das Berufsfeld Guía de Turistas im Tourismussektor Guatemalas skizzieren.
Schon seit der Antike gibt es Belege, dass ortskundige Personen gegen Bezahlung Reisenden Sehenswürdigkeiten erläuterten, sie über weiteres Wissenswertes kundig machten und ihnen halfen, sich räumlich zu orientieren. (vgl. Ehrlich 2011: 1)
In der Kultur- und Sozialanthropologie spielen (bezahlte) InformantInnen seit je her eine zentrale Rolle, um Kontakt zu und Wissen über fremde Kulturen zu erhalten.
(vgl. Fischer 2005: 185)
Mit Beginn des Massentourismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann der Berufsstand der TouristenführerInnen, besonders in Form von Stadtrundgängen und Ausflügen an wirtschaftlicher Bedeutung. Heute gibt es TouristenführerInnen fast überall auf der Welt – jedoch kein einheitliches Berufsbild. (vgl. Ehrlich 2011: 1)
Bereits im Jahr 1967, durch das Bundesgesetz „Ley Orgánica del INGUAT“, wurde in Guatemala die Basis zur Definition und Professionalisierung des Berufsfeldes Guía de Turistas geschaffen. (Ley Orgánica del INGUAT 1967: 10).
Im Jahr 1987, durch das Abkommen „Acuerdo No. 219-87“, begründete man schlieβlich die Regelung der Inskription, der Klassifikation und die Funktion der Guía de Turistas. Nach zwei weiteren Modifizierungen des Abkommens in den Jahren 1988 und 1993 trat 2007 „Acuerdo No. 187-2007-D“, das aktuell gültige Abkommen, in Kraft, in welchem auch verfahrensmäßige Normen und Sanktionen bei Nicht-Einhaltung der Vorgegeben Regelungen per Gesetz verankert wurden.(vgl. Acuerdo No. 187-2007-D 2007: 1ff)
Die letzte Reformation resultierte vor allem aus der Erarbeitung der technischen Normen und der Anforderungen an die Kompetenz der Guías de Turistas der ILO/OIT. Hierbei vereinten sich Arbeitsgruppen von Repräsentanten nationaler Institutionen Zetralamerikas und der Dominikanischen Republik, sowie Guías de Turistas, Reiseveranstalter und Reiseagenturen, um den Verantwortungs- und Aufgabenbereich dieses Berufsfeldes der genannten Region festzulegen (vgl. INTECAP 2011a: 13; OIT 2007: 8ff):
1. Planung der Aktivitäten nach gültigen Normen und Vorgehensweise:
Vorbereitung der Führung von Touristen: Vorwissen bezüglich der Touristen hinsichtlich Sprache, Nationalität, Physische Kondition, Alter, Geschlecht, Anzahl/Gruppengröβe, Interessensgebiete
Anpassung der touristischen Routen: hinsichtlich Touristenattraktivitäten (z.B. Feiertage, Folklorveranstaltungen usw.) und vorgegebener Verkehrsmittel (z.B Flugzeug, Bus, Schiff)
2. Ausführung der Aktivitäten nach der Planung:
- Betreuung von Touristengruppen: von der Begrüβung bis zur Verabschiedung, von der Organisation der Tickets über Geldwechseln, Unterhaltung, Aufbereitung von wissenschaftlich fundierten Informationen (z.B. Archeologie, Biodiversität, Geografie), Informationen über Ökonomie, Politik und Demografie, Soziokulturelle Informationen (z.B. Geschichte, Religion, Folklore, Kunst, Gastronomie), sowie unter anderem Betreuung bei gesetzlichen und gesundheitlichen Angelegenheiten.
- Animation der Touristengruppen: entsprechend der Gruppe (vgl. oben, Vorbereitung der Führung von Touristen), durch bestimmte Techniken, in Übereinstimmung mit der Örtlichkeit
- Lösung bei ungeplanten Vorfällen oder Problemen: bei Unfällen, Naturkatastrophen, Krankheit, Sicherheit, oder in administrativer Hinsicht (hinsichtlich Führung, Unterkunft, Transport, Gepäck, Essen, Medikamente, Geldmittel usw.)
- Abschluss der Leitung von Touristen: Feedbackbögen und Nachbereitung
Wie hier deutlich wird, ist der Aufgabenbereich der Guía de Turistas ein sehr groβer und verantwortungsvoller. Im Zuge der Ausarbeitung der Normen und geforderten Kompetenzen hat INTECAP in Zusammenarbeit mit INGUAT sowie mit weiteren Spezialisten zwischen 2005 und 2007 den Lehrgang neu formatiert. (vgl. Ivic 2010; INTECAP 2011b)
Die Ausbildung in Form von zweimal fünf Stunden in der Woche im Institut INTECAP, am Centro de Capacitación en Turismo dauert ein Jahr und schlieβt mit einer Prüfung ab (vgl. INTECAP 2011b). Der Kurs ist in sechs Module und acht begleitende Lehrbücher unterteilt und beginnt einleitend mit Basiswissen zu Tourismus und Touristenführung, setzt fort mit der Förderung der Persönlichkeitsentwicklungs- bzw. mit philosophischen Ansätzen zu Ethik- und Moral und geht danach auf das Tätigkeits- und Aufgabengebiet des Berufes Guía de Turistas ein. (vgl. INTECAP 2010: 3)
Im zweiten Abschnitt erfolgt eine Einführung in Basiskenntnisse und Begriffe der Geografie, Geschichte, Archäologie und Biodiversität, sowie in eine Vielzahl derer Fachgebiete und verwandte Studienrichtungen. Den Schwerpunkt bildet dabei die spezifische Information zu Guatemala. Der dritte Abschnitt mit dem abschlieβenden Lehrbuch hat die Wissensvermittlung und die Auseinandersetzung mit dem reichen kulturellen Erbe Guatemalas zum Thema. (vgl. INTECAP 2010: 3)
Nach der Registrierung bei INGUAT scheint man/frau als lizensierte(r) Guía de Turistas – unter anderem auch auf der Homepage der Institution – auf. Eine Erneuerung der Zulassung ist nach fünf Jahren und danach alle drei Jahre vorgegeben. (vgl. INGUAT 2011b; Acuerdo No. 187-2007-D 2007: 2)
Der Zusammenschluss der AGTG, der Asosiación de Guías de Touristas de Guatemala, forciert und unterstützt seit 1995 die Zusammenarbeit der TouristenführerInnen des Landes und tritt als repräsentative Körperschaft der Guías de Turistas auf. (vgl. AGTG 2011)
Wie eingangs erwähnt, ist dieses Berufsfeld kein einheitliches, daher werde ich nun die Differenzierung zu den oftmals äquivalent genutzten Übersetzungen – „ReiseleiterIn“ und „FremdenführerIn“ – anhand der Bestimmungen in Österreich darstellen.
Der Beruf sowie der Begriff des Fremdenführers ist in Österreich durch die Gewerbeordnung geschützt und bedarf eines bis zu zwei Jahre dauernden Ausbildungsweges, die Absolvierung der staatlichen Fremdenführerprüfung, sowie die Anmeldung bei der zuständigen Behörde. (vgl. Ehrlich 2011: 2)
Dies befähigt die Person offiziell dazu, als selbständige Gewerbebetreiber Stadtführungen und andere (Sightseeing) Touren anzubieten und durchzuführen. Die Aufgaben im Detail beziehen sich dabei auf das Zeigen und Erklären historischer Reichtümer und das künstlerische und kulturelle Erbe Österreichs, gesellschaftlicher, sozialer und politischer Situation im nationalen und internationalen Zusammenhalt, sowie sportlicher und gesellschaftlicher Veranstaltungen. (vgl. Gewerbeordnung §108)
In Österreich gibt es eine strenge Abgrenzung zu dem Begriff ReiseleiterIn. Diese Person begleitet eine Reisegruppe und übernimmt administrative Hilfstätigkeiten aller Art, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Nach wie vor ist kein spezieller Ausbildungsweg vorgegeben, was somit „jede(m)“ermöglicht, als ReiseleiterIn tätig sein zu können. Das Anbieten von Führungen durch ReiseleiterInnen ist in Österreich illegal und wird mit Strafen sanktioniert. (vgl. Ehrlich 2011: 3; Gewerbeordnung §108)
Ich empfehle als adäquate Übersetzung des spanischen Guía de Turistas den deutschen Begriff „TouristenführerIn“ zu verwenden, wie ihn auch Alexander Ehrlich, Gründer und Geschäftsführer der österreichweiten Fremdenführer Agentur AHRE Austria in seinem Artikel „Berufsbild der geprüften Fremdenführer, Abgrenzung zum Reiseleiter und gewerberechtliche Bestimmungen zum Fremdenführergewerbe in Österreich“ handhabt, da er mit keinem strikten Konzept verbunden ist. (vgl. Ehrlich 2011: 1ff)
[...]
Kommentare