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Mehr InfosBachelorarbeit, 2011, 74 Seiten
Bachelorarbeit
1,7
Wenn es um das persönliche Ansehen einer Person oder eines Unternehmens geht, taucht häufig der Begriff „Reputation“ auf. Während sich ein positives Image auch durch kurzfristige Aktionen herstellen lässt, bedarf es einer langfristigen, kontinuierlichen Bemühung, eine positive Reputation aufzubauen. Die Reputation eines Unternehmens, einer Person oder Gruppe setzt sich also aus Einzelerwartungen und Erfahrungen, über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet, zusammen. Eine wichtige Rolle spielen die Kompetenz sowie die Vertrauens- und Glaubwürdigkeit der Unternehmen. Da sich Konsumenten heutzutage vermehrt im Internet über Produkte und Organisationen informieren, ist es wichtig, auch dort ein positives Ansehen aufzubauen und zu erhalten (Eck 2008: 15-17).
Dies gilt nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Privatpersonen. Das Online-Reputation-Management hilft dabei, diesen Ruf zu überprüfen und ggf. zu beeinflussen. Durch verschiedene Techniken werden Suchmaschinenergebnisse, Blogs, Foren und Soziale Netzwerke nach Meinungen zu bestimmten Personen, Organisationen oder Produkten durchsucht. Das ORM umfasst somit alle Aktivitäten, die sich mit dem Beobachten, der Auswertung und dem Handling von öffentlichen Äußerungen, über eine Privatperson oder ein Unternehmen, im Internet beschäftigen. Es dient der Verbesserung oder dem Erhalt einer positiven Reputation und schützt gleichzeitig vor negativem Ansehen (Online-Reputation o.J).
Netnographie ist ein Forschungsansatz, die in den Sozialwissenschaften entwickelten Methoden der Ethnographie, auf die Möglichkeiten der qualitativen Informationsgewinnung im Internets anzuwenden. Der Begriff wurde Ende der 1990er Jahre vom Marketingprofessor Robert Kozinets eingeführt und setzt sich aus den Worten „Internet“ und „Ethnographie“ zusammen. Im Vordergrund der Netnographie steht die teilnehmende Beobachtung von Online-Gemeinschaften, die durch schriftliche Dokumentation von Feldarbeit, deren Daten online, auf internetbasierter oder computervermittelter Kommunikation beruhen, ergänzt wird. So werden verschiedene Gruppen und ihre Mitglieder von Online-Communities auf ihr Konsum- und Verbraucherverhalten hin erforscht und eine qualitative Auswertung der gesammelten Daten durchgeführt. Neben einer speziellen Online-Community kann auch ein vorab definiertes Thema erforscht werden. Wert und Nutzen der Ergebnisse hängt von den Fähigkeiten zur exakten, distanzierten Beobachtung des Forschers ab. Für die Marketingforschung sind die Meinungen, Gefühle, Symbole, Vorstellungen und Rituale der Online-Kultur von großer Relevanz. So lassen sich vor allem Einflüsse von Lebensstilen der Subkulturen auf das Konsumverhalten nachweisen (Beckmann/Langer 2008: 221-222).
Als Forschungsmethode der Netnographie wird unter anderem das Social-Media-Monitoring genutzt. Das Monitoring ist ein wichtiges Instrument zur quantitativen Datengewinnung, ersetzt jedoch nicht die qualitative Forschung. Das Social-Media-Monitoring erfasst systematisch und softwaregestützt die Kommunikation zu bestimmten Begriffen und Themen im Internet, die Netnographie hingegen forscht nach vorab definierten Fragen (Janowitz o.J.).
Auf Grund dessen kann die Netnographie auch als Teil des Social Media Research angesehen werden. Dieses Verfahren teilt sich in vier aufeinander abgestimmte Bereiche, welche die Fußspuren im Web verfolgen. Im ersten Schritt, dem Crawling/Screening werden diejenigen Communities identifiziert, in denen relevante Gespräche geführt werden. Anschließend folgt das Monitoring, das die Gesprächsthemen untersucht und feststellt, ob eine positive, negative oder neutrale Kommunikation über ein Unternehmen stattgefunden hat. Der dritte Schritt ist die Tiefenanalyse. Hierbei wird untersucht, wie die Marke wahrgenommen wird und ob Empfehlungen oder negative Kritik seitens der Nutzer stattgefunden hat. Es wird ebenfalls untersucht, welche Bedeutung das Produkt für einen Nutzer hat. Im letzten Schritt kommt die Netnographie zum Einsatz. Diese untersucht nicht die Zielgruppen, sondern die Gemeinschaft, die die Community zusammenhält. Dabei spielen die Rituale, Traditionen und Praktiken dieser Kultur eine große Rolle (Köhler 2009).
In einer Krise muss die Unternehmensleitung unter starkem Zeitdruck handeln und meist folgenschwere Entscheidungen treffen. Kaum ein Unternehmen ist auf einen Krisenfall vorbereitet, weshalb der Informationsfluss an die Öffentlichkeit meist auf der Strecke bleibt. Doch wann kann man von einer Krise sprechen? Welche Krisenarten gibt es und welchen Verlauf können diese nehmen? Im Folgenden wird Antwort auf diese Fragen gegeben, sowie mögliche Präventivmaßnahmen erläutert und die Instrumente der Krisenkommunikation, insbesondere die Online-Instrumente vorgestellt.
Um sich auf Krisen vorbereiten und angemessene Reaktionen und Präventivmaßnahmen planen zu können, ist es wichtig, eine ausreichende Kenntnis der möglichen Ursachen, Arten und Verläufe von Krisen zu besitzen. Im Folgenden wird zunächst der Begriff Krise definiert und Ursachen und Verläufe im Zusammenhang mit Unternehmenskrisen erläutert.
Täglich berichten die Medien über Krisen im Bereich der Wirtschaft oder Politik, weshalb das Wort „Krise“ meist negative Assoziationen in unserem Sprachgebrauch hervorruft. Jedoch wird der Begriff „Krise“ in verschiedenen Wirtschaftsdisziplinen auf sehr unterschiedliche Weise interpretiert. Der von dem griechischen Wort „krisis“ abgeleitete Begriff „Krise“ ist wertneutral und hatte ursprünglich die Bedeutung von Meinung, Beurteilung und Entscheidung und bezeichnet eine problematische, mit einem Wendepunkt verbundene Entscheidungssituation (Krise 2010). Die ursprünglich antike Bedeutung charakterisiert medizinische und militärische Tatbestände, um die Wende einer Krankheit oder eines Krieges zu beschreiben, die sowohl einen positiven (Genesung, Sieg) als auch negativen (Tod, Niederlage) Ausgang nehmen kann (Köhler 2006: 19). Im Chinesischen wird die Zweideutigkeit des Wortes noch dadurch unterstrichen, dass das Wort „Krise“ aus zwei Schriftzeichen besteht. Der eine Teil symbolisiert Gefahr, der andere steht für Chance (Möhrle 2004: 16).
Auf Unternehmen bezogen, existieren eine Vielzahl an Definitionen des Begriffes. In der aktuellen betriebswirtschaftlichen Literatur, werden Unternehmenskrisen als „ungeplante und ungewollte, zeitlich begrenzte Prozesse verstanden, die in der Lage sind, den Fortbestand der Unternehmung substanziell zu gefährden oder sogar unmöglich zu machen. Dies geschieht durch Beeinträchtigung bestimmter Ziele, deren Gefährdung oder gar Nichterreichung gleichbedeutend ist mit einer Existenzgefährdung oder -vernichtung der Unternehmung. Eine Chance zur positiven Wende - u.U. auch noch im Fall der Insolvenz - ist wesensbestimmend für den Begriff und macht die Ambivalenz der Entwicklungsmöglichkeiten (Untergang oder Sanierung) deutlich“ (Unternehmenskrise 2010). Die Analogie zum ursprünglich antiken Krisenbegriff macht somit deutlich, dass eine Krise nicht zwangsläufig negativ ausfallen muss, sondern auch die Chance zur positiven Wendung genutzt werden kann. Entweder überwindet das Unternehmen die Krise erfolgreich oder der Rettungsversuch scheitert, was unweigerlich zur Insolvenz führt.
Zur genauen Definition des Wortes Krise gehört gemäß Staehle (1993: 2454) neben den objektiven Gegebenheiten auch die subjektive Auslegung jedes einzelnen Rezipienten. Die Bewertung eines Vorfalls als Krise erfolgt in Abhängigkeit mit den Einstellungen, Interessen, Möglichkeiten und Wertesystemen der Entscheidungsträger und betroffenen Personen, die als Wahrnehmungsfilter fungieren. So liegt es also an der persönlichen Wahrnehmung der Rezipienten, wann ein Vorfall als Krise zu bewerten ist.
Die Krisenursache ist für die Krisenkommunikation enorm wichtig, um die Problembereiche bei der Krisen-Prävention besonders zu berücksichtigen bzw. diese erfolgreich zu bekämpfen. Jedoch ist ein direkter Rückschluss von spezifischen Krisensymptomen auf die Faktoren, die eine Unternehmenskrise herbeigeführt haben fast unmöglich. Grund hierfür sind die meist mehrstufigen Ursache-Wirkungs-Ketten sowie die oft multikausal induzierte Unternehmenskrise (Köhler 2006: 30). Die Theorien zur Entstehung von Wirtschaftskrisen lassen sich grundsätzlich in endogene und exogene Krisenursachen unterteilen. Endogene Krisen sind innerbetriebliche Faktoren, die durch das Unternehmen selbst verursacht wurden. Sie resultieren meist in Folge von Führungsfehlern und unzureichender Eigenkapitalausstattung. Typische endogene Faktoren sind organisatorische Mängel, unzureichende Managementqualitäten, Strategiedefizite sowie eine fehlende operative Effizienz. Exogene Krisen sind auf äußerliche Umstände zurückzuführen, die das Unternehmen nicht steuern und keinen Einfluss auf das Geschehen nehmen kann. Hierzu zählen allgemeine strukturelle Veränderungen oder Ereignisse im Umfeld des Unternehmens wie z.B. eine hohe Wettbewerbsintensität, Naturkatastrophen, Technologiesprünge sowie neue Substitutionsprodukte (vgl. Krisenursachen). Schwerpunktmäßig treten vermehrt endogene Krisen auf, jedoch ist auch ein Zusammenwirken von endogenen und exogenen Faktoren möglich (Zechner / Eisenberger o.J.).
Krisen können unterschiedlichen Arten zugeordnet werden. Die Krisenforschung unterscheidet zwischen drei markanten Erscheinungsformen. Schleichende Krisen sind zu erwartende Probleme, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg hinauszögern. Am Anfang besteht kaum öffentliches Interesse, da sie sich mit nur schwachen Signalen ankündigen. Mangelnde Kommunikation und Vertrauensverlust kann zur Eskalation der Krise führen. Periodische Krisen verlaufen wellenförmig. Mit jeder neuen Information, die an die Öffentlichkeit gelangt, sinkt und fällt das Interesse. Periodische Krisen führen meist auf eine mangelnde Krisenkommunikation zurück. Eruptiven Krisen treten plötzlich und ohne Vorwarnung auf. Das öffentliche Interesse der Medien ist zu Beginn enorm hoch und kann durch gezielte Krisenbewältigungsmaßnahmen relativ schnell wieder sinken (Böckenhoff o.J.).
Um einen Krisenverlauf bewerten zu können, sind die vorliegende Art der Krise sowie die aktuelle Krisen-Phase wichtige Informationsgüter. In der Wissenschaft gibt es eine Reihe von Typologien von Krisen, die sich im Rahmen der Krisenforschung etabliert haben. Die meist behandelten wissenschaftlichen Ansätze zur Typologisierung von Krisenarten sind die von R. Müller und U. Krystek. Im Folgenden wird das 4-Phasen-Modell von R. Müller beschrieben. R. Müller unterscheidet die Krisenarten unter dem Aspekt der Bedrohung unterschiedlicher Unternehmensziele und weist darauf hin, dass die einzelnen Krisenphasen auch danach zu unterscheiden sind, welche Zeitspanne zur Krisenvermeidung bzw. dem Ergreifen von Gegenmaßnahmen noch zur Verfügung steht (Krystek / Moldenhauer 2007: 35).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Phasen des Krisenprozesses nach R. Müller
Quelle: Krystek / Moldenhauer 2007: S. 36
Bei der Strategischen Krise sind die Erfolgsfaktoren des Unternehmens potentiell bedroht oder bereits verdeckt gefährdet. Da bis dato keine erkennbaren Symptome auftauchen, geht eine Verschlechterung meist unbemerkt an der Unternehmensführung vorbei. Um das strategische Konzept den konjunkturellen Markt- und Umweltbedingungen anzupassen, ist es meist zu spät. Charakteristisch für die Erfolgskrise ist die gravierende Gefährdung bestimmter Unternehmensziele, wie z.B. Umsatz-, Gewinn- und Rentabilitätsziele. Die Liquiditätskrise ist erreicht, wenn die Gefahr der Zahlungsunfähig oder einer Überschuldung besteht. Die letzte Phase ist die Insolvenz, die häufig mit dem Existenzverlust eines Unternehmens endet. Gläubigerinteressen können nicht mehr vollständig befriedigt werden und Illiquidität und Überschuldung führen zur Zahlungsunfähigkeit (Krystek / Moldenhauer 2007: 35ff.). Alle vier Krisenarten sind in ihrer zeitlichen Abfolge miteinander verknüpft. Die strategische Krise löst, durch den Verlust von Erfolgspotentialen, die Erfolgskrise aus. Erfolgsprobleme verschlechtern wiederum die Finanzierungskraft des Unternehmens, was im schlimmsten Fall zur Illiquidität und zur Insolvenz führen kann (Moldenhauer 2004: 14).
Das Phasenmodel nach U. Krystek teilt sich ebenfalls in vier Phasen, die sich hinsichtlich der Schwere der Krise voneinander unterscheiden. Die Phaseneinteilung liegt keiner zeitlichen Reihenfolge zu Grunde, sondern ist in erster Linie als logisch aufeinanderfolgende Kette von Ereignissen zu verstehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Phasen des generellen Krisenprozesses nach U. Krystek
Quelle: Krystek / Moldenhauer 2004: S. 37
In der ersten Phase, der so genannten potentiellen Unternehmenskrise, sind noch keine Anzeichen einer Krise ersichtlich, jedoch möglich. Es stellt sozusagen den Normalzustand eines Unternehmens dar. Der generelle Krisenprozess findet bei genauer Betrachtung seinen Anfang in dieser Phase (Köhler 2006: 25).
Die zweite Phase wird als latente Unternehmenskrise bezeichnet. Die Signale einer Krise sind bereits schwach vorhanden, in ihren Wirkungen jedoch noch nicht als Unternehmenskrise zu identifizieren. In dieser Phase ist es wichtig, die Gefahren frühzeitig zu erkennen und den Krisenausbruch durch aktive, präventive Maßnahmen zu verhindern. Wenn die eingeleiteten Maßnahmen erfolgreich, kehrt das Unternehmen in die erste Phase, dem so genannten Normalzustand, zurück. Werden die Signale nicht erkannt oder die Krisenprävention erfolglos durchgeführt, geht das Unternehmen in die nächste Phase über. (Köhler 2006: 26).
Der Übergang in die akute / beherrschbare Unternehmenskrise zeichnet sich dadurch aus, dass die Krise unternehmensintern sowie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Durch rasanten Anstieg der negativen Auswirkungen der Krise, gerät das Unternehmen unter Zeitdruck und wird in seinen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Diese Phase zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass davon auszugehen ist, dass die Krisenpräventionsmaßnahmen greifen und die Krise bewältigt werden kann. Demnach wird von einer erfolgreichen „Zurückschlagung“ der Unternehmenskrise ausgegangen
Gelingt es dem Unternehmen nicht, die akute Unternehmenskrise zu beherrschen, tritt die letzte Phase ein. Durch die eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten, dem Zeitdruck und der Intensität der Krisenwirkung wird eine wirksame Prävention unmöglich. Die Krise wird zur Katastrophe und die Möglichkeit zur Rettung des Unternehmens bleibt aus (Krystek / Moldenhauer 2007: 38).
Die Krisenkommunikation ist Aufgabe der Public Relations und bezeichnet die Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen und Organisationen vor und während dem Eintritt einer Krise. Ziel ist es, potentielle Krisenauslöser zu erkennen und Vorgehensweisen zu definieren, um im Ernstfall auf diese zurückgreifen zu können. Auch während einer Krise sind Präventiv-Maßnahmen enorm wichtig, um Reputationsschäden sowie wirtschaftliche Schäden einzugrenzen (Didges 2006: 41). Da jede Krise unterschiedlich ist, gibt es für die kommunikative Bewältigung von Krisen allerdings keinen Masterplan. Die Stellung der Unternehmenskommunikation in der Organisationsstruktur ist eine wichtige Voraussetzung, um schnelle Handlungsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und kommunikative Unabhängigkeit herzustellen.
Der Begriff Krisen-PR hat in den letzten Jahren eine intensive praxis sowie wissenschaftliche Auseinandersetzung erfahren. Jedoch wird er von den meisten Autoren als eine spezifische Funktion und Aufgabe der Public Relations im Krisenkontext verstanden. Köhler (zit. n. Bühler, 2006: 77) bezeichnet die Krisen-PR als „das Management von interner und externer Kommunikation durch PR-Strategien und PR-Tools“. Demnach richtet sich die Krisenkommunikation sowohl an externe (Medien, Kunden, Verbände), als auch an interne Zielgruppen (Mitarbeiter, Vertrieb, Führungskräfte).
Zur Krisenkommunikation zählt auch die Präventivarbeit, die je nach Zeitpunkt unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt. Vor dem Eintritt einer Krise gilt es diese zu verhindern. Im Falle einer nicht mehr zu vermeidenden Krisenentwicklung müssen Maßnahmen ergriffen werden, um den Schaden auf ein Minimum zu begrenzen. Aufgabe der Krisenprävention ist die kommunikative Vorbereitung eines Unternehmens auf eine Krise (Hoffmann 2004: 122ff.).
Nach dem Eintritt einer Krise hängt der kommunikative Erfolg mitunter von dem Faktor Zeit ab. Den Medien wird beim Krisenmanagement eine zentrale Bedeutung zugesprochen, da die Berichterstattung über Krisen für diese einen hohen Nachrichtenwert und somit ökonomischen Nutzen hat. Durch Medienberichte können Krisen verstärkt oder gar erst ausgelöst werden. Ein mangelnder, zu schleppender Informationsfluss seitens der Unternehmen verlängert die Aufmerksamkeit der Medien (Köhler 2006: 111). Um diesem entgegen zu wirken, sollte das öffentliche und mediale Bedürfnis nach Informationen schnellstmöglich befriedigt werden. Laut Ditges (2006: 51) sollte das Unternehmen bei Eintritt einer Krise innerhalb von zwei Stunden mit Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit treten und ebenso den internen Informationsfluss kontrollieren. Es ist wichtig, dass die Dialog-Aktivitäten durch möglichst wenige, zentrale Personen an die Öffentlichkeit gelangen. Innerhalb eines halben Tages sollte eine Pressekonferenz einberufen werden, Telefon-Hotlines zur Verfügung stehen und Video-Konferenzen sowie sendefähiges Medienmaterial produziert werden. Das Unternehmen sollte während der Krise Tag und Nacht für die Medien erreichbar sein. Je schneller ein Unternehmen mit Informationen an die Öffentlichkeit herantritt, desto geringer ist die Gefahr, dass die Medien ein falsches Bild des Unternehmens verbreiten und so die Reputation schädigen.
Krisenprävention ist ein langfristiger Prozess, der dazu dient Krisenpotentiale im Vorfeld zu erkennen, Infrastrukturen zu schaffen und ein effizientes Krisenmanagementsystem im Unternehmen aufzubauen. Die Prävention dient nicht nur in Krisenzeiten, sondern wird als täglicher Teil der gesamten Kommunikation verstanden. Die Aufgabe der Krisenprävention lässt sich in vier Phasen unterteilen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Phasen der Präventiv-PR Nachgebaut nach Hoffmann 2004: 123
In der ersten Phase, dem Profiling, sollen Krisenpotentiale unter kommunikativen Aspekten erfasst, analysiert und bewertet werden. Um krisenrelevante Themen aufzuspüren ist es wichtig, die Produktprozesse aus fachlicher und rechtlicher Sicht zu analysieren und die gesellschaftlich und wirtschaftlich geführten Diskussionen in diesem Umfeld zu betrachten. Um Bedrohungspotentiale festzustellen, berücksichtigt das Krisenprofil alle relevanten Kontakte wie Medien, Behörden, Kunden und Interessengruppen, um sich über die Handlungsweise der genannten Akteure in einer Krisensituation bewusst zu werden. Es ist wichtig einen Blick auf frühere krisenhafte Verläufe zu werfen, um dessen Stärken und Schwächen zu analysieren und ähnliche Verläufe bereits im Vorfeld zu erkennen.
Das Simulieren von realistischen Krisenszenarien ist ein wichtiger Teil des Krisenprofils. Die Handlung der Szenarien bilden die krisenrelevanten Themen, die beim Profiling analysiert wurden. Dies können sowohl Produktkontaminationen, Großbrände oder ähnliche Vorfälle sein. Ziel dabei ist es, die Unternehmen auf mögliche Krisenfälle vorzubereiten und bestehende Schwachstellen zu identifizieren. Sie bieten ebenso eine Diskussionsgrundlage innerhalb des Unternehmens und eine Möglichkeit, passgenaue Kommunikationsmaßnahmen zu entwickeln. Die Krisenszenarien dienen zudem als Leitfaden für Krisenkommunikationstrainings (Hofmann 2004: 123 – 126).
In der zweiten Phase geht es um den Aufbau von Infrastrukturen, Instrumenten und Kommunikationsabläufen. Es wird ein Krisenkommunikationsplan angelegt, der elementarer Bestandteil der Krisenprävention ist. Er beschreibt die Vorgehensweise des Unternehmens bei einer Krise und beinhaltet die Zusammensetzung und Aufgaben des Krisenkommunikationsteams. Bei der Prävention ist es wichtig, ein routiniertes und kompetentes Team für den Krisenfall bereitstellen zu können. Deshalb sollte das Team aus möglichst krisenerfahrenen Personen bestehen, die sich durch Belastbarkeit und persönliche Souveränität auszeichnen. Zur Unterstützung des Teams sollten kritische Aspekte im Vorfeld mit Juristen und externen, fachlichen Beratern besprochen werden, da eine Krise, je nach Ausmaß, auch gerichtliche Verfahren mit sich ziehen kann (Hofmann 2004: 128).
Es werden Sprecher und Ansprechpartner für die Kommunikation an die Öffentlichkeit festgelegt, Schnittstellen definiert und Checklisten, Meldeformulare und Telefonlisten als Orientierungshilfe erstellt. Der Krisenkommunikationsplan regelt außerdem den Umgang mit den Medien und den Betroffenen sowie die Erreichbarkeit der Verantwortlichen. Ebenso wird festgelegt, wo mögliche Pressekonferenzen abgehalten werden können und eine Liste von Pressevertretern angefertigt (Ditges 2006: 43 – 44). Der Kommunikationsplan beinhaltet außerdem nach Themen sortierte Fragen und Antwortkataloge (Q & A[1] ), um auf die unterschiedlichen Szenarien mit abgestimmten Unternehmensbotschaften reagieren zu können. Damit die einzelnen Maßnahmen nicht gleichzeitig und durcheinander ablaufen, muss ein Aktionsplan, der so genannte Interventions-Medienplan, erstellt werden. Dort wird festgelegt, welche Medien zu welchem Zeitpunkt genutzt werden, um spezifische Zielgruppen zu erreichen. Außerdem werden bestehende Kontakte zu Meinungsbildenden und Journalisten ausgemacht und ergänzt, um diese im Krisenfall gezielt zu informieren. Der Aktionsplan kann um mögliche „Crisis Agents“ ergänzt werden. Darunter sind neutrale Personen zu verstehen, „deren Objektivität, Kompetenz und Unabhängigkeit vom Unternehmen außer Frage steht“ (Hofmann 2004: 131). Damit ist die Möglichkeit zur objektiven Stellungnahme bei Eintritt einer Krise gewährleistet. Alle soeben genannten Abläufe, Dokumente, Instrumente und Verhaltensregeln werden komprimiert im Krisenmanual zusammengefasst (Hofmann 2004: 131 - 133).
In der dritten Phase findet ein Implementierungsprozess statt, in dem die Instrumente und Strukturen des Krisenkommunikationsplans in das Unternehmen integriert werden. Dies geschieht meist über einen Workshop, an dem die Mitarbeiter und Manager aller Unternehmensstandorte teilnehmen. Hierbei werden alle vorbereiteten Krisenszenarien, Prozessabläufe, Kommunikationspläne, Teambesetzungen und Instrumente vorgestellt und auf ihre Umsetzbarkeit hin geprüft und an die Anforderungen einzelner Standorte angepasst. Die dritte Phase umfasst außerdem ein Krisensimulations- und Trainingsformat, das so genannte Crisis Communication Lab. In ein bis zweitägigen Intensivkursen wird das Krisenteam durch Echtzeitsimulationen von Krisen auf den Ernstfall vorbereitet. Je nach Bedarfssituation können unterschiedliche Situationen und Anforderungen durchgespielt werden. Die Teilnehmer verfassen Pressemitteilungen, planen Betriebsversammlungen und geben Pressekonferenzen sowie Telefon- und TV-Interviews. Durch eingeladene Journalisten, die die reale Medienseite widerspiegeln, wird der Echtzeitcharakter der Simulation noch verstärkt (Hoffmann 2004: 134 – 137). Das Auftreten gegenüber den Medien ist ein wichtiger Faktor, der in diversen Medientrainings perfektioniert werden kann. In einem Krisenfall ist es wichtig, sachlich und kurz zu formulieren, ohne auf Fachjargon zurückzugreifen. Im Idealfall sollte die Botschaft aus drei bis maximal fünf Sätzen bestehen und sich die Kernaussagen auf die Themen Mitgefühl, Verantwortung, Kompetenz und Offenheit beziehen. Diese Themen kann ein Unternehmen vorab festlegen und mediengerecht vorbereiten, um im Ernstfall darauf zurückgreifen zu können (Messner 2004: 180).
In der letzten Phase geht es um die dauerhafte Krisenprävention und dem Nutzen als Frühwarnsystem. Da Präventivprozesse nur dann funktionieren, wenn sie stets aktuell gehalten werden, muss die Qualität der Prozesse in jährlichen Untersuchungsverfahren überprüft und stetig aktualisiert werden. Um potentielle Krisen frühzeitig zu erkennen, ist ein intensives Monitoring unerlässlich. Hier setzt der Issue Management-Prozess ein, bei dem relevante Diskussionen, Themen der Konkurrenten und unterschiedlicher Interessengruppen sowie die Medien auf potentielle Issues durchsucht werden. Anschließend müssen diese Issues auf ihr Krisen- und Chancenpotential hin überprüft werden und von Fachleuten sowie internen und externen Kommunikationsexperten bewertet werden. Um die Beziehung zu den Medien, Stakeholdern und weiteren Multiplikatoren zu pflegen ist es sinnvoll, regelmäßige Workshops durchzuführen, und Informationen untereinander auszutauschen und anstehende Themen zu besprechen (Hoffmann 2004: 137 – 140).
Durch das Internet haben sich die Rahmenbedingungen der Unternehmenskommunikation verändert und die Macht des Konsumenten enorm gestärkt. Mittlerweile nutzen rund 50 Millionen Deutsche das Internet, 76% davon täglich und die Tendenz ist weiterhin steigend (Onlinestudie 2010). Kein anderes Kommunikationsinstrument ermöglicht somit eine schnellere und größere Verbreitung von Informationen, unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt, was die Unternehmen vor neue Herausforderungen stellt. Verbraucher haben die Möglichkeit über Plattformen wie Foren, Blogs, Wikis und soziale Netzwerke mit dem Unternehmen oder mit anderen Konsumenten über ein Unternehmen zu kommunizieren. Auch Journalisten können sich durch das Web zeitnah über aktuelle Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven informieren und diese an die Öffentlichkeit bringen. Deshalb ist es für Unternehmen unerlässlich, die Geschehnisse im Social Web zu beobachten und möglichen Krisenherden frühzeitig entgegen zu wirken. Das Web dient jedoch nicht nur zur Rezeption von Informationen, sondern sollte aktiv als Instrument der Krisenkommunikation eingebunden werden. Viele Unternehmen haben den Nutzen des Web innerhalb der Krisenkommunikation noch nicht zu schätzen gelernt. Laut einer Studie zur Wichtigkeit von Social Media im Unternehmen sprachen rund 40% der befragten Unternehmen den Instrumenten der Social Media nur wenig Bedeutung zu (Social Media Studie: 3). Welche Online-Instrumente zur Krisenkommunikation eingesetzt werden können, wird im folgenden Kapitel beschrieben.
Traditionelle und online-gestützte Krisenkommunikation können jedoch nicht getrennt voneinander gestaltet werden, sondern müssen durch ein übergeordnetes, integriertes Kommunikationskonzept überzeugend miteinander verbunden werden. Offline sowie Online-Aktivitäten sollten deshalb in inhaltlicher, zeitlicher und formaler Hinsicht aufeinander abgestimmt werden. Online-gestützte Krisenkommunikation baut auf bereits bestehende Konzepte auf, ohne die grundlegenden Inhalte zu verändern. Sie ist deshalb als integrierter Bestandteil der Gesamtkommunikation im Unternehmen zu betrachten (Köhler 2006: 224 – 225). Krisenkommunikation im Internet ist immer Kommunikation in Echtzeit. Deshalb ist es gerade im Online-Bereich wichtig, eine positive Wahrnehmung im Krisenfall sicherzustellen. Um das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit effektiv und schnell zu befriedigen, werden Instrumente benötigt, die in einer Krise sofort zu Verfügung stehen.
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[1] Q & A: Questions and Answers. Häufig benutzte Abkürzung im Internet („Fragen und Antworten“).
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