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Mehr InfosBachelorarbeit, 2012, 57 Seiten
Bachelorarbeit
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In der Literatur basiert die internationale Rolle einer Währung auf den globalen Kapitalmärkten auf zwei zentralen Begriffen. Zunächst wird eine klare Unterscheidung zwischen "Inland" und "international" gemacht. Chinn und Frankel [2007, S. 283-321] und die europäische Zentralbank [2007] legen bei der Internationalität einer Währung Wert auf die strikte Bemessung der Internationalität in Bezug auf den Währungsgebrauch. Dabei fokussiert man sich auf den Grad der Währungsverwendung außerhalb des Heimatlandes oder dessen Ausgabebereiches. Andere Autoren, wie Kannan oder Lim, definieren eine internationale Währung als eine Währung, die in internationalen Transaktionen verwendet wird oder genauer gesagt für stattfindende Transaktionen Gebietsfremder mit Inländern oder mit Drittländern außerhalb des Heimatlandes verwendet wird [Kannan, 2007 und Lim, 2006].
Der zweite Begriff ist die internationale Rolle der Währung auf dem internationalen Markt für Schuldscheine oder Schulden. Dieser Markt, der aufgrund seiner klaren Abgrenzungsmöglichkeit zwischen den internationalen Aktivitäten eines Landes und den inländischen Aktivitäten des Landes ausgewählt wird, wird als Emissionsmarkt von Gebietsfremden eines Währungsraumes definiert. Folglich gelten der Aktienmarkt und die Märkte für Staatsanleihen und nicht internationale Firmenschulden als inländische Märkte. Der Fokus auf den internationalen Schuldenmarkt spiegelt das Ziel wider, dass die internationale Funktion einer Währung eine Finanzierungs- und eine Investitionsfunktion ist.
Die anknüpfende Matrix veranschaulicht die Bedeutungen und die Einsetzbarkeit einer internationalen Währung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Theorie besitzen internationale Währungen die gleichen Geldfunktionen, die jeder Währung zugeschrieben werden kann. Erstens dient das Geld oder die Währung als Tauschmittel. Es ist wesentlich einfacher, Transaktionen mittels Geld abzuschließen, da die negativen Eigenschaften eines Warentausches wie die Transportfähigkeit, Lagerfähigkeit und die Güte der Tauschware die Transaktion nicht behindern oder verlangsamen kann. Zweitens dient die Währung als Rechenmittel. Dies bedeutet, dass die Geschäfte durch die Einführung des Geldes respektive der Währung vergleichbar sind und die sonst zunehmenden Tauschrelationen nicht mehr notwendig sind. Dies erleichtert den Handel enorm, da die zuvor angewandten Tauschrelationen bei einer Vielzahl von Waren und Dienstleistungen exponential ansteigen würden. Die dritte Funktion der Währung ist die Wertaufbewahrungsfunktion. Die Wertaufbewahrungsfunktion ermöglicht durch das Substitut Währung die bisherigen Warentauschgeschäfte zu modifizieren, da das Substitut nicht direkt wieder eingesetzt werden muss, sondern gespart werden kann. Das generelle Sparen eines Wirtschaftssubjektes wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit einen besonderen Stellenwert einnehmen.
Gleichzeitig wird die Verwendung der Währung in der privaten Nutzung und in der offiziellen Nutzung unterschieden. Die Währung wird durch private Nutzer im theoretischen Teil der Matrix für drei Funktionen verwandt. Die Entwicklung einer Landeswährung zu einer Leitwährung findet dann statt, wenn eine Majorität von Ländern oder deren Bevölkerungen den Wechselkurs der eigenen Währung auf jene Richtwährung bezieht und Geldguthaben bevorzugt in ihr hält. Dabei wird die Geld- und Zinspolitik des Leitwährungslandes dominant [Molitor, 2006,S. 157]. Zudem wird die internationale Währung zu einer Investitions- und Finanzierungswährung, da die privaten Haushalte Investitionen und Finanzierungen sowohl in ihrer Heimatwährung als auch in einer gebietsfremden Währung tätigen.
Die theoretische Verwendung einer internationalen Währung durch den Staat kann durch drei Funktionen geschehen. Erstens dient die internationale Währung als Interventionswährung. Eine Interventionswährung sollte die internationale Währung sein, gegen die die einheimische Währung am häufigsten gehandelt wird. Dies reduziert die Kosten und vereinfacht die Abwicklung mit Ländern, die unter einem flexiblen Wechselkursregime agieren. Zudem macht es das Intervenieren in die Währung durch die Zentralbank einfacher, da die geringeren Transaktionskosten, gemessen an den Bid-Offer-Spreads, die Kosten für die Intervention nicht zusätzlich anheben. Darüber hinaus sind Abrechnungssysteme in der Regel zuverlässiger. Für die meisten Entwicklungsländer ist die Interventionswährung der US-Dollar, da sich der bis dato stattfindende Devisenhandel auf den US-Dollar konzentriert ist. Der US-Dollar ist selbst in der Eurozone und in Ländern, die ihre Währung an einen Währungskorb gekoppelt haben, die Interventionswährung. Eine Zentralbank interveniert gegen eine Fremdwährung um das Risiko den auf dem im Devisenmarkt bestehenden enormen Über und Unterbewertungen der eigenen Währung gegen die Fremdwährung zu verringern. Dabei sollte die Zentralbank zu einem bestimmten Zeitpunkt nur gegen eine Währung intervenieren, da ansonsten durch die Cross-Rate-Wechselkurse Arbitrage-Möglichkeiten entstehen und die Spekulanten auf Kosten der Zentralbank risikolose Gewinne erwirtschaften können. Der Eingriff einer Zentralbank mittels einer Devisenintervention gegen eine Währung hat keinen Einfluss auf die am Devisenmarkt tätigen Kontrahenten. Eine Zentralbank sollte eine begrenzte Anzahl von Währungen bekannt geben, in welchen sie die Interventionen durchführen kann [Canales-Kriljenko et al., 2003, S. 28f]. Zweitens füllt die internationale Währung die Funktion der Ankerwährung aus. Die Ankerwährung kann anhand der drei länderspezifischen Determinanten, die wie folgt heißen die externen Effekten des Handelsnetzwerkes, die gleichgerichteten Outputentwicklung und der Nennwert der Währungsverbindlichkeiten, ausgewählt werden [Meissner und Oomes, 2008, S.15]. Der öffentliche Gebrauch einer Ankerwährung ähnelt dem Leitwährungsgebrauch privater Haushalte. Drittens benutzt der Staat die internationale Währung um Währungsreserven zu bilden. Währungsreserven sind die von der Zentralbank in ausländischer Währung, Edelmetallen, Sonderziehungsrechten und Reservepositionen im Internationalen Währungsfonds gehaltenen Mittel auf der Aktivseite, um bei etwaigen Devisenmarktinterventionen und zur Finanzierung von Außenhandelsdefiziten eingesetzt zu werden. Die Währungsreserven werden in der Zahlungsbilanz unter den Konten Kapitalbilanz und Devisenbilanz erfasst. Die Währungsreserven liegen zu einem großen Teil in Form von liquiden Mitteln und kurzfristigen Einlagen vor. Grundsätzlich entstehen Währungsreserven durch erzielte Leistungsbilanzüberschüsse eines Wirtschaftsraumes [Görgens und Ruckriegel, 2007, S. 41ff].
Neben der theoretischen Verwendungsmöglichkeit für private Haushalte/Unternehmen und für den Staat wird die internationale Währung auf in der Praxis eingesetzt. In der Praxis verwenden die privaten Haushalte und die Unternehmen die internationalen Währungen auf den Finanzmärkten um Investitionen und Finanzierungen zu tätigen. Aus diesem Grund werden die internationalen Währungen auf allen Teilmärkten des Finanzmarktes verwendet. Zusätzlich dient die internationale Währung als internationale Handelsfaktura, um die Waren oder Dienstleistungstransaktionen mit geringen Transaktionskosten durchzuführen. Der Staat kann die internationale Währung als Ankerwährung benutzen, um die Stabilität der eigenen Währung zu gewährleisten. Der Staat nutzt seinen verlängerten Arm, die Zentralbank, um die Währungsreserven, die bei Leistungsbilanzüberschüssen entstehen anzulegen und zu verwalten.
Grundsätzlich entstehen einem Land und den gebietsangehörigen Wirtschaftssubjekten durch die Internationalisierung der heimischen Währung monetäre und nicht monetäre Vorteile. Die entstehenden, monetären Vorteile sind auszugsweise die Zunahme der Anzahl in- und ausländischer Investoren und Emittenten, sinkende Transaktions- und Kreditkosten, steigende Zentralbankerträge durch Seignorage und eine erhöhte Anzahl von Geschäftsmöglichkeiten für inländische Finanzinstitutionen. Gleichzeitig reduziert die Rechnungsstellung in der inländischen Währung das direkte Wechselkursrisiko und die Ertragsschwankungen der inländischen Wirtschaft aufgrund der Nichtauswirkungen von möglichen Wechselkursvolatilitäten. Die Internationalisierung einer Währung ermöglicht die nicht monetären Vorteile, die sich in Form von Einfluss und Prestigegewinnen äußern können [Thiman, 2010, S.3f].
Die Voraussetzungen für die Internationalisierung der einheimischen Währung sind größtenteils in der Binnenwirtschaft zu finden. Die entscheidenden Parameter ist der Zustand des Kapitalmarktes, die makroökonomische Wirtschaftspolitik des Landes und der relativen Größe des Währungsraumes gemessen an verschiedenen, wirtschaftlichen Indikatoren [Chen und Peng, 2010, S. 117f]. Die verschiedenen Ausprägungstiefen der jeweiligen Wirtschaftsparameter ermöglichen die Wahl des Wechselkursregimes und werden wiederum durch die Wahl des Wechselkursregimes gefördert. Entsprechend der Wahl können gemäß der „konkurrierenden Zielkonflikte“ [Frenkel und Menkhoff, 2000, S. 11] zwei von drei wichtigen Zielen erreicht werden, die die Mehrzahl von Wirtschaftsstaaten konzentrieren sich auf die Erreichung dieser Ziele. Die nachfolgende Abbildung, die das Mundell-Fleming-Modell visualisiert, zeigt die drei konkurrierenden Ziele in den Eckpunkten des Dreieckes.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Mundell-Fleming-Modell ermöglicht jeder Regierung ein Eckpunkt des Dreiecks zu wählen, um die Vorteile für den Staat, für die Unternehmen und für die privaten Haushalte ihrer Volkswirtschaft zu generieren. Die feste Wechselkursbindung an eine bestimmte Währung ermöglicht die Inflation einzudämmen und somit die Geldwertstabilität zu gewährleisten. So hat 1991 Argentinien die feste Wechselkursbindung des argentinischen Pesos an den US-Dollar mit einer Parität eingeführt. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Inflation und ermöglichte einen wirtschaftlichen Aufschwung. Trotzdem kam es Ende 2001 zu einer Währungs- und Staatsschuldenkrise, da die argentinische Politik versäumt hatte, die Schwächen auf dem heimischen Arbeitsmarkt und in dem öffentlichen Finanzwesen zufriedenstellend zu lösen [Krugman und Obstfeld, 2009, S. 845ff]. Die stärkste Form eines Currency Boards, dem sogenannten Hard Peg, besteht darin, die eigene Währung durch die ausländische Währung zu ersetzen [Blanchard und Illing, 2009, S. 640].
Die Mitgliedsländer der Eurozone haben unter der Regie der Europäischen Zentralbank mit der Einführung des Euros den flexiblen Wechselkurs gewählt. Die europäische Zentralbank kann mit Zustimmung ihrer Organe makroökonomische Stabilisierungsmaßnahmen einsetzen, um die wirtschaftliche Lage des Währungsraumes unter Einhaltung der Preisniveaustabilität zu stimulieren [ECB, 2012]. Die gemeinsame Währung ermöglicht eine weitere Senkung der Transaktionskosten und entfernt Wechselkursrisiken bei Transaktionen zweier Kontrahenten des europäischen Währungsraumes. Indessen entstehen Wechselkursschwankungen bei Transaktionen mit Nicht-Euro-Ländern, die eine gewisse Planungsunsicherheit aufweisen können [Krugman und Wells, 2010, S. 1129 ff].
Die Volksrepublik China entschied sich in den neunziger Jahren für einen festen Wechselkurs mit der Verwendung des US-Dollars als Ankerwährung. Der negative Effekt ist, dass China gemäß der oben dargestellten Abbildung auf die freien Kapitalbewegungen verzichten muss. Die begleitende Auswirkung bei dem Verzicht auf die freien Kapitalbewegungen ist die Verpflichtung, den angestrebten Wechselkurs durch Deviseninterventionen und anderen geldpolitischen Instrumenten zu stärken. Die bis dato vorhandenen Kapitalimport- und Kapitalexportbeschränkungen sind Bestandteil der Unterstützung des anvisierten Wechselkursniveaus, da es sowohl Gebietsfremden erschwert wird im Inland zu investieren, als auch Gebietsangehörigen erschwert wird im Ausland zu investieren. Dies hat zur Folge, dass die Nachfrage- und Angebotsschwankungen der einheimischen Währung deutlich abgeschwächt werden. Ein weiterer Bestandteil der Unterstützung des anvisierten Wechselkursniveaus ist die Veränderung des Zinsniveaus.
Der Hauptunterschied zwischen der Verwendung eines festen und flexiblen Wechselkurses ist in der Tatsache begründet, dass der Wechselkurswert auf unterschiedliche Weise bestimmt wird. Der Wert des Wechselkurses innerhalb eines flexiblen Wechselkursregimes wird durch das Angebot und die Nachfrage auf dem Devisenmarkt ermittelt. Der Wert des Wechselkurses innerhalb eines festen Wechselkursregimes wird durch die inländische Regierung und dessen Zentralbank den Marktteilnehmer oktruiert.
Um der Vollständigkeit Rechnung zu tragen, ist festzuhalten, dass neben den dargestellten Eckpunkten des „unmöglichen Dreiecks“ eine Reihe von Abstufungen zwischen den absolut festen und absolut flexiblen Wechselkursbildung bestehen, die in dieser Arbeit allerdings nur bei Bedarf näher beschrieben werden[vertiefend hierzu vgl. Caspers, 2002, S. 142ff].
Vereinfachend lässt sich die Entwicklung der Währungspolitik Chinas in drei Phasen einteilen. Die nachfolgende Abbildung soll diese aufzeigen: Die Nichtkonvertierbarkeit des chinesischen Renminbis bis 1994, den festen Wechselkurs von 1995 bis zum 21. Juli 2005 und die stetige Aufwertung der Währung seit 2005.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der ersten Phase der Währungspolitik Chinas verfolgte die chinesische Regierung ein Wechselkursregime mit zwei Wechselkursen. Der offizielle Wechselkurs, der sogenannte „Crawling Peg“, wurde von der chinesischen Regierung in den achtziger Jahren mit einem Kurs von 1,50 Renminbi pro US-Dollar willkürlich festgelegt. Während der ersten Phase wurde dieser offizielle Wechselkurs in kleinen Schritten abgewertet und erreichte am Ende des Jahres 1993 einen Wechselkurs von 5,8 Renminbi pro US-Dollar. Der zweite Wechselkurs wurde auf dem Geldaufbewahrungsmarkt angewandt und wurde dort von Angebot und Nachfrage bestimmt. Die Transaktionen, die die Leistungs- und die Kapitalbilanz betrafen, wurden kontrolliert, um die spekulativen Kapitalströme zu verhindern. Gleichzeitig wurden die Exporte und Importe über staatliche Handelsgesellschaften abgewickelt. Diese Kontrollen beeinflussten weder Anreize für den Export und für den Import noch das inländische Preisniveau.
Zu Beginn der zweiten Phase, im Jahr 1994, reformierte die chinesische Regierung sowohl die inländische Besteuerung als auch die Organisation des Außenhandels. Die Veränderung der Organisation des Außenhandels hatte zur Folge, dass die Devisenkontrollen für Transaktionen, die in der Leistungsbilanz abgebildet werden – also dem Im- und Export, Zinsen und Dividenden –, aufgehoben wurden und separate, vergünstigte Wechselkurse für gewerbliche Waren abgeschafft wurden. Gleichzeitig wurden die beiden Wechselkurse zu einem Wechselkurs vereinigt.
Dieser Schritt bedeutete für die einheimische Währung eine Abwertung um circa 50 Prozent, da der neue Wechselkurs auf 8,70 Renminbi pro US-Dollar im Jahr 1994 festgelegt wurde. Wie die folgende Abbildung zeigt, ist dieser Schritt, die Währung deutlich abzuwerten, durch die hohe Inflation im Zeitraum von 1993 bis 1995 begründet. Die Motivation den Wechselkurs auf ein im Jahr 1995 eingependeltem Kursniveau von 8,28 Renminbi pro US-Dollar zu halten ist in der Stabilisierung des inländischen Preisniveaus und der Wachstumsrate des Landes begründet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Jahr 1996 hat China die formale Handelskonvertierbarkeit ihrer Währung nach Artikel VIII des Internationalen Währungsfonds erfüllt. Die chinesische Regierung unter Premierminister Zhu Rongji flexibilisierte während der Asienkrise 1997/98 trotz des von den Nachbarstaaten auferlegten deflationären Drucks nicht und führte stattdessen eine expansive Fiskalpolitik ein, deren Budget auf eine Milliarden US-Dollar festgelegt wurde. Die chinesische Währungs- und Fiskalpolitik reduzierte das Ausmaß der Asienkrise und ermöglichte eine schnellere, wirtschaftliche Erholung der Nachbarstaaten, da die Stabilität der chinesischen Währung mit einer festen Wechselkursbindung an den US-Dollar erreicht wurde. Der Wechselkurs wurde mit 8,28 Renminbi pro US-Dollar und einer Schwankungsbandbreite von +/- 3 Prozent um den Wechselkurs bestimmt und schaffte weitere Glaubwürdigkeit.
Die chinesische Zentralbank musste ständig ausländische Devisen kaufen, um die Währung weiterhin stabil zu halten. Dies erforderte eine Erhöhung der Geldbasis. Jedoch balancierte die Geldnachfrage aus dem hohen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes, gepaart mit der Einkommenselastizität der Geldnachfrage größer als eins, die rapide Zunahme der Geldmenge aus.
Neben dem monetären Kontrollmechanismus, dem Wechselkurs, besitzt die Zentralbank noch weitere Instrumente um die Überhitzung der Wirtschaft zu vermeiden. Die Zentralbank kann unter anderem die direkte Kontrolle über Bankkredite, einschließlich der Mindestreserve, Kreditquoten und der restriktiven Kreditvergabe nach Sektoren ausüben um die Wirtschaft abzukühlen. Die rasche finanzielle Transformation und die hohe Sparquote waren und sind für die Geldaggregate viel zu unberechenbar, um als Zwischenziel nützlich zu sein. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, definiert als Bruttoinlandsprodukt dividiert durch die Geldmenge, ist im Fall China noch schwieriger vorherzusagen, da das nominale Bruttoinlandsprodukt selbst starken Schwankungen unterliegt.
Die folgende Abbildung zeigt, dass seit 1990 die Geldmenge schneller steigt als das nominale Bruttoinlandsprodukt. Im Jahr 2008 nähert sich das Geldaggregat M2, welches sich aus dem Zentralbankgeldbestand der Kreditinstitute , den Sichteinlagen der Nichtbanken, dem gesamten Bargeldumlauf, den Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren und Einlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist bis zu drei Monaten besteht, 200 Prozent des nominalen Bruttoinlandsproduktes [Bofinger, 2007, S. 447ff].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das hohe Wachstum der Geldmenge M2 ist Folge der hohen Sparquote Chinas, da die klassischen Bankeinlagen den wichtigsten Vermögenswert der chinesischen Sparer darstellen.
Die Folgen der hohen Sparquote und die damit verbundenen Risiken für das chinesische Bankensystem und für den chinesischen Kapitalmarkt werden in den Kapiteln 3 und 4 beschrieben und analysiert.
Der Übergang zur dritten Phase der chinesischen Wechselkurspolitik ist auf zwei Bestandteile zurückzuführen. Zum einen führte der unerwartet hohe Leistungsbilanzüberschuss, gepaart mit den hohen Einströmen von ausländischen Direktinvestitionen, zu hohen Zahlungsbilanz-Überschüssen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die prozentuale Entwicklung der chinesischen Leistungsbilanz, gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Die Leistungsbilanzüberschüsse stiegen von 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2003 bis auf 10 Prozent im Jahr 2007 und verringerte sich aufgrund der im Jahr 2007 ausgebrochenen Finanzkrise auf 5,1 Prozent.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieser Anstieg des chinesischen Leistungsbilanzüberschusses ging mit dem Anstieg des amerikanischen Leistungsbilanzdefizits einher. Vereinfachend kann der chinesische Leistungsbilanzüberschuss und das amerikanischen Leistungsbilanzdefizit mit den Exporten chinesischer Güter an die Vereinigten Staaten begründet werden. Dies hat zur Folge, dass amerikanische Politiker den Verlust der einheimischen Arbeitsplätze fürchten. Zum anderen wurden die chinesischen Zahlungsbilanzüberschüsse von Ökonomen und Politikern als Wechselkursproblem interpretiert. Der Aufbau der chinesischen Währungsreserven wird meist als Indikator für die Manipulation des Wechselkurses durch die chinesische Regierung angeführt. Unterdessen erhöhten und erhöhen die Politiker, allen voran die US-Senatoren Charles Schumer aus New York und Leslie Graham aus North Carolina, den Druck auf die chinesische Regierung, den Wechselkurs aufwerten zu lassen, da ansonsten Importzölle auf chinesische Güter erhoben werden könnten [Abrams, 2011]. Am 21. Juli 2005 wertete China ihre Währung einmalig um 2,10 Prozent gegen den US-Dollar auf und ließ in den folgenden Jahren die chinesische Währung um 6 Prozent pro Jahr aufwerten.
In 2007/2008 führten die Erwartungen der weiteren Aufwertung des Renminbis und der Fall der US-Zinsen unter die chinesischen Zinsen, die damit verbundenen Kapitalzuflüsse ausländischer Investitionen und die Interventionen der chinesischen Zentralbank zu hohen Währungsreserven Chinas. Der zunehmende Umfang der Devisenkäufe erklärt den Verlust der Geldpolitik und begrenzt den Spielraum für die Sterilisation der monetären Auswirkungen. Zudem wird sich China von einer deflationären Kraft in der Weltwirtschaft zu einer inflationären Kraft entwickeln.
Im Jahr 1983 entschied die chinesische Regierung, dass die Peoples Bank of China die Funktion der offiziellen Zentralbank übernimmt. Dieser Status wurde vom 3. Plenum des 8. Volkskongresses am 18. Mai 1995 bestätigt. [People’ Bank of China, 2012]
Die Aufgabe der Zentralbank besteht darin, mögliche Finanzrisiken zu verhindern oder zu lösen um die finanzielle Stabilität zu sichern. Dabei erfüllt sie folgende Funktionen. Die Zentralbank formuliert und setzt die Geldpolitik um, gibt Renminbi aus und verwaltet ihre Verbreitung, reguliert den Interbankenkreditmarkt und den Interbanken-Bondmarkt, verwaltet Devisen- und Goldreserven der Volksrepublik Chinas, überwacht den Finanzsektor, hält den Zahlverkehr aufrecht und übernimmt andere Funktionen, die ihr von der chinesischen Regierung auferlegt werden.[People’s Bank of China, 2012a]
Die Zentralbank definiert ihr Ziel darin, die Wertstabilität des Renminbis zu halten und somit das Wirtschaftswachstum zu fördern. Dies gleicht dem Ziel der europäischen Zentralbank, die Preisstabilität zu gewährleisten und entspricht der vorherrschenden ökonomischen Meinung, dass ein langfristiges Wirtschaftswachstum nur durch die Preisstabilität zu erreichen ist [Artikel 105 Absatz 1 des EG-Vertrages]. Daher ist die Preisstabilität auch das vorrangige Ziel, was es zu erreichen gilt. Somit stellt der Wechselkurs ein wichtiges Instrument dar, um die zuvor genannten Ziele zu erreichen. Aus der Theorie können vier Ziele der Wechselkurspolitik abgeleitet werden.
Erstens steigert China die Wettbewerbsfähigkeit der zu exportierenden Güter durch das Eingreifen der Zentralbank auf dem Devisenmarkt. Das auf dem Export der chinesischen Güter basierende Wirtschaftswachstum hat in den vergangenen zwei Dekaden die Arbeitslosigkeit stark gesenkt und Millionen von Arbeitslosen, meist aus der ländlichen Bevölkerung, in eine industrielle Beschäftigung gebracht.
Zweitens versucht der Staat die Zahlungsbilanz, die wertmäßig alle wirtschaftlichen Transaktionen zwischen Inländern und Ausländern innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfasst, ausgeglichen zu halten. In einem System flexibler Wechselkurse, wie beispielweise in der Eurozone, wird das Zahlungsbilanzgleichgewicht über den Wechselkursmechanismus gewährleistet. China, das ein fixes Wechselkursregime benutzt, nimmt Zahlungsbilanzungleichgewichte in Kauf, um Wechselkursschwankungen ihrer Währung zu verhindern.
Die nachfolgende Abbildung zeigt die Maßnahmen, die von der chinesischen Zentralbank unternommen werden müssen, um das gewünschte Wechselkursniveau zu erreichen.
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Auf der Ordinate ist der Wechselkurs des Renminbis in Verhältnis zum US-Dollar abgetragen. Die Menge der von der chinesischen Zentralbank gehaltenen US-Dollar ist auf der Abszisse ausgedrückt. DD drückt die vom Wechselkurs abhängige Nachfrage an US-Dollar und DS gibt dementsprechend das von dem Wechselkurs abhängige Angebot an US-Dollar wieder. Die Devisennachfrage entsteht aus den Güterimporten und aus den Kapitalexporten. Die Güterexporte und Kapitalimporte bilden das Devisenangebot. Unter normalen Bedingungen sinken die chinesischen Güterimporte, wenn der Renminbi gegen den US-Dollar abwertet und daher der nominelle Wechselkurs von 8,28 Renminbi pro US-Dollar steigt. Die Devisennachfragekurve (DD) besitzt aus diesem Grund eine negative Steigung. Dem entgegengesetzt nehmen die Güterexporte im Rahmen einer Abwertung des Renminbi grundsätzlich zu, sodass die Devisenangebotskurve (DS) eine positive Steigung hat. Eine Rechtsverschiebung der Devisenangebotskurve (DS1) findet aufgrund der Erhöhung der Güterexporte oder der Erhöhung der Kapitalimporte statt. Bei einer freien Wechselkursbildung, also durch Angebot und Nachfrage, würde sich ein neues Wechselkursgleichgewicht einstellen, das zeitgleich auch das Zahlungsbilanzgleichgewicht darstellt. China besitzt jedoch ein festes Wechselkursregime. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die Zentralbank mit Devisenmarktinterventionen das Überschussangebot in Höhe der Strecke AB aufkauft. Die Zentralbank kauft aus diesem Grund die US-Dollar am Devisenmarkt an, um ihre Währung bei einem Wechselkurs von 8,28 Renminbi pro US-Dollar zu stabilisieren und legt die gekauften US-Dollar bevorzugt in US-Staatsanleihen an. Dies bedeutet gleichzeitig, dass das Zahlungsbilanzungleichgewicht in Höhe der Strecke AB bestehen bleibt.
Im Ergebnis stehen die chinesischen Leistungsbilanzüberschüssen (Kapitalexporten) den Leistungsbilanzdefiziten der Vereinigten Staaten größtenteils gegenüber. In der Wissenschaft wird die Richtung der Kausalität kontrovers diskutiert. Michael P. Dooley, Davis Folkerts-Landau und Peter Garber [2003] bauen die Kausalitätskette wie folgt auf: Sie nehmen an, dass China und andere ostasiatische Staaten ihre auf den Export fokussierte Wachstumspolitik mit den Devisenmarktinterventionen das amerikanische Leistungsbilanzdefizit erst ermöglichen. Ronald McKinnon und Gunther Schabl [2006, S. 12ff.] vertreten die gegenläufige Meinung. Sie erklären, dass die expansive Finanz- und Geldpolitik der Vereinigten Staaten nicht nur ihr Leistungsbilanzdefizit hervorbringt, sondern auch die ostasiatischen Staaten zu Devisenmarktinterventionen zwingt, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Exporte und die angesammelten Währungsreserven zu erhalten. Drittens soll durch die Fixierung des Renminbis an den US-Dollar die Preisniveaustabilität gewährleistet werden.
Zur Verdeutlichung der Wirkung einer expansiven Geldpolitik auf die Preisniveaustabilität wird das AS-AD Modell von Blanchard und Illing [2009, S.221] herangezogen. Die Ableitung der Kurven und die Variablen werden an dieser Stelle vorausgesetzt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die AS-Funktion stellt die aggregierte Angebotsfunktion dar und gibt an, wie sich das Preisniveau P verändert, wenn sich die Produktion Y verändert. Dabei entsteht die Wirkungskette wie folgt: Eine höhere Produktion führt zu einer höheren Beschäftigung, die wiederum die Arbeitslosigkeit senkt. Im weiteren erhöht der höhere Beschäftigungsgrad die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer und führt zu einer Erhöhung der Nominallöhne. Die produzierenden Unternehmen werden den erhöhten Produktionskosten durch die Erhöhung der Produkte entgegenwirken. Bei gegebenen Preiserwartungen steigt das Preisniveau infolge eines Produktionsanstiegs. Die AD-Funktion stellt die aggregierte Nachfragefunktion dar und skizziert, dass sich die Produktion ändert, wenn sich das Preisniveau ändert. Ein höheres Preisniveau lässt die Geldmenge M/P sinken. Durch die Senkung der Geldmenge steigt der Zinssatz um den Geldmarkt wiederum ins Gleichgewicht zu bringen. Der erhöhte Zinssatz verteuert die Kredite für die Unternehmen und hemmt somit die Produktion. Die folgende Abbildung stellt den graphischen Zusammenhang dar. Das kurzfristige Gleichgewicht befindet sich im Schnittpunkt A der AS-Kurve und AD-Kurve.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Ausgangspunkt beträgt die Produktion Yn. Anschließend erhöht die chinesische Zentralbank die Geldmenge M um die Devisenmarktinterventionen durch Kauf von US-Dollar und Verkauf des Renminbis, sodass die Geldmenge um die reale Geldmenge M/P steigt. Die Rechtsverschiebung der AD-Kurve bewirkt eine Zinssenkung und stimuliert die inländischen Investitionen. Das neue Gleichgewicht ist bei AD’ und bedeutet eine höhere Produktion gepaart mit einem höheren Preisniveau. Bei Erweiterung des Zeitrahmens geht die Produktion auf den Ausgangspunkt Yn zurück, da die reale Geldmenge M/P im Zeitverlauf kleiner wird (P ➔(M/P)ê). Dies führt dazu, dass der Zinssatz wieder steigt und die Produktion geht bis zum Ausgangsniveau Yn wieder zurück. Dieser Sachverhalt wird in der folgenden Abbildung dargestellt.
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Der neue Schnittpunkt A’’ zeigt, dass eine expansive Geldpolitik in der mittleren Frist nur den Anstieg der Preise bewirkt. Die Güter sind für die chinesischen Konsumenten teurer geworden.
Die Verteuerung der Güter wird durch die Inflation ausgedrückt. Die folgende Abbildung zeigt die Veränderung der Inflationsrate und des Geldmengenwachstums in China im Zeitrahmen von 1990 bis 2010.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Somit scheint sich die grundsätzliche Annahme zu verifizieren, dass ein Anstieg des Geldmengenwachstums einen verzögerten Anstieg der Inflation bewirkt. Entsprechend der nachfolgenden Inflationsratendefinition für die mittlere Frist induziert ein bestimmter Teil des Geldmengenwachstums gm das Wachstum der Produktion gy. Den verbleibenden Teil bildet die Inflation, also den Kaufkraftverlust der Bevölkerung.
Inflationsrate in der mittleren Frist: π = gm - gy
Das höhere Preisniveau wird größtenteils durch die Haushalte getragen, da diese wenig oder kaum von dem florierenden Export profitieren.
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Der Verbraucherpreisindex, der in der obigen Tabelle abgetragen ist, zeigt, dass die ländliche Bevölkerung stärkere Preisanstiege bewältigen muss als die städtische Bevölkerung. Der stärkste Anstieg ist im Bereich der Lebensmittel zu beobachten, dass wiederum den ärmlicheren Teil, also die ländlichen Bevölkerung, betrifft. Grundsätzlich muss jedoch festgehalten werden, dass seit der Wechselkursbindung an den US-Dollar die Inflationsrate von dem Wert 24,1 im Jahr 1994 auf den Wert 5,4 im Jahr 2011 zurückgegangen ist.
Viertens soll durch die geschaffene Stabilität die Reputation des Staates und des Landes in der Weltwirtschaft gewonnen beziehungsweise erhöht werden. Durch die Bindung der Heimatwährung an eine Ankerwährung kann die Reputation der Notenbank der Ankerwährung adoptiert werden und somit Vertrauen der inländischen Bevölkerung und der ausländischen Investoren gewonnen werden.
In den 1990er Jahren erhöhte China durch die Bindung des Renminbis an den US-Dollar und die damit verbundene Wechselkursstabilität die Glaubwürdigkeit ihrer Geldpolitik. Während der ostasiatischen Finanzkrise, die in den Jahren 1997 und 1998 in Asien herrschte, gelang es China als Stabilitätsanker für die Weltwirtschaft zu fungieren. Dies gelang der chinesischen Zentralregierung und der Zentralbank durch verschiedene Entscheidungen. Vor Ausbruch der Asienkrise liberalisierten die Regierungen der anderen ostasiatischen Staaten wie Thailand, Indonesien und Südkorea die heimischen Finanzmärkte. Die Folge war ein starker Zustrom von kurzfristig spekulativem Kapitals, das größtenteils in den Immobilien- und Aktienmarkt der ostasiatischen Staaten floss. Durch die sich anbahnende Immobilien- und Aktienkrise konvertierten die Kapitalimporte in Kapitalexporte und veranlassten die Kapitalmarktteilnehmer zu Vertrauensverlusten in die ostasiatischen Staaten. Der Vertrauensverlust, gepaart mit den hohen Kapitalexporten, ließen die Wechselkursbindungen kollabieren und veranlassten einige ostasiatische Staaten wie Thailand, Indonesien und Südkorea Wechselkursflexibilitäten gegen den US-Dollar zu zulassen um die Wirtschaft zu stabilisieren [McKinnon und Schabl, 2004, S. 331-360].
China hat sowohl die Kapitalverkehrskontrollen als auch die Wechselkursbindung an den US-Dollar stabil gehalten. Dies führte dazu, dass China größtenteils von den Auswirkungen der Asienkrise getroffen wurde [Kurgman und Obstfeld, 2009, S. 836ff].
Das Ausmaß der chinesischen Wechselkurspolitik lässt sich in zwei Kategorien klassifizieren. Zum einen wirkt die chinesische Wechselkurspolitik auf die Weltwirtschaft und deren Teilnehmer und zum anderen nimmt sie Einfluss auf die inländische Wirtschaft.
Der Einfluss der chinesischen Wechselkurspolitik auf die Weltwirtschaft spaltet die Ökonomen in zwei Lager. Das erste Lager, dem die chinesische Regierung angehört, zögert bei der weiteren Internationalisierung des Renminbis, da die Vertreter des Lagers darauf bestehen, zuerst die Bedingungen auf den wenig entwickelten Finanzmarkt und in dem stark fragmentierten Bankensystem zu verbessern, um die Stabilität zu gewährleisten. Zeitgleich befürchten die Vertreter des Lagers den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Exporte durch eine weitere Aufwertung des Renminbis. Die chinesische Exportwirtschaft gewährleistet bis jetzt einen großen Teil des Zuwachses des Bruttoinlandsproduktes. Zudem ist die chinesische Regierung der Auffassung die Souveränität ihres Landes zu verlieren, da der Wert ihrer Währung eine interne Angelegenheit ist.
Neben den chinesischen Ökonomen und der chinesischen Regierung vertreten Robert Mundell und Joesph Stiglitz diese Auffassung. Robert Mundell behauptet, dass bei einer größeren Aufwertung des Renminbis gegenüber dem US-Dollar die Wachstumsrate von den bisherigen neun Prozent auf die Hälfte der neun Prozent zusammenschmelzen könnte. Die Aufwertung des Renminbis würde gleichzeitig den Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen bedeuten, da die ausländischen Investoren mit Wechselkursverlusten rechnen müssten.
Das andere Lager, das seit längerer Zeit eine Neubewertung beziehungsweise eine dauerhafte Aufwertung des Renminbis gegenüber dem US-Dollar fordert, begründet ihre Auffassung mit den jährlich steigenden Devisenreserven der Volksrepublik China.
Die Stabilisierung der chinesischen Währung wurde, wie bereits in Kapitel 2.3 beschrieben, durch die Interventionen am Devisenmarkt gewährleistet. Dies führte in den vergangenen Jahren zu einem starken Anstieg der chinesischen Devisenreserven, da beispielsweise der US-Dollar Ankauf durch die chinesische Zentralbank im Jahr 2004 zwölf Prozent des chinesischen Bruttoinlandsproduktes betrug. Dies entspricht einem Betrag von 1,65 Milliarden US-Dollar [Kurgman und Wells, 2010, S. 1127ff].
Die folgende Abbildung zeigt die chinesische Akkumulation ihrer Währungsreserven in den letzten Jahren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Fokussierung Chinas auf ihre Exportwirtschaft und die damit verbundene Akkumulation der Währungsreserven fördert die Diskussion über die Aufwertung des chinesischen Renminbis gegenüber den anderen internationalen Währungen wie dem US-Dollar oder dem Euro. Zugleich erhöht es die Gefahr von Handelsstreitigkeiten, die in einem protektionistischen Verhalten der Vereinigten Staaten und der Eurozone gegenüber China münden könnten. Dies hätte zur Folge, dass das Wachstum des chinesischen Bruttoinlandsproduktes deutlich gehemmt werden würde.
Die Ökonomen, die die chinesische Währung als unterbewertet erachten, erarbeiten in ihren unterschiedlichen Studien durch Anwendung des Kaufkraftparitäten-Ansatzes eine Unterbewertung des Renminbis gegenüber dem US-Dollar von einer leichten Unterbewertung bis zu einer Unterbewertung von 49 Prozent [Dunaway und Li, 2005, S.8].
Nach Joseph Stiglitz hingegen wird auch durch eine Aufwertung der chinesischen Währung das Handelsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten nicht senken, da die amerikanischen Konsumenten bei Beibehaltung ihrer Sparquote die Konsumgüter aus anderen Ländern beziehen werden und somit die globalen Ungleichgewichte bestehen bleiben[Stiglitz, 2005]. Zeitgleich besteht aufgrund der bisherigen Unterbewertung des Renminbis ein für die Exportwirtschaft betreffender Nachteil, da die verwandten Rohmaterialien und die benötigte Energieträger im Ausland zugekauft werden. Dies bedeutet, dass die chinesische Exportwirtschaft aufgrund der bisherigen Unterbewertung einen höheren Preis für die Importe zahlt und diese durch die wettbewerbsfähigen Exporte ausgleichen kann.
Ronald Mundell stellt heraus, dass eine starke Aufwertung der chinesischen Währung eine Kettenreaktion auslösen könnte, die in einer Finanzkrise münden würde. Die Aufwertung setzt deflationäre Tendenzen frei und lässt die Importpreise fallen, dies würde die nach China exportierenden Länder betreffen. Zudem würden aufgrund der Aufwertung die ausländischen Direktinvestitionen ausbleiben, die Gewinne der chinesischen Exportwirtschaft schrumpfen und die Arbeitslosigkeit in China steigen [Zhang, 2006, S.5].
An dieser Stelle überschneiden sich die Auswirkungen der Internationalisierung des Renminbis auf die Weltwirtschaft mit den Auswirkungen auf die inländische Wirtschaft. Der Aufstieg Chinas zu einer großen Wirtschaftsmacht wurde größtenteils durch die Exportwirtschaft getragen. Dies lässt vermuten, dass die Einkommensverteilung zwischen der Land- und der Stadtbevölkerung ungleich ausfällt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Einkommen und deren Wachstumsrate der ländlichen und städtischen Haushalte in China auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Abbildung zeigt, dass die Einkommen der städtischen und ländlichen Haushalte in den vergangenen Jahren stetig angestiegen sind und sogar über den jährlichen Zuwachsraten des Konsumentenpreisindexes lagen. Daraus lässt sich schließen, dass beispielweise im Jahr 2010 die Kaufkraft der Bevölkerung gestiegen ist, da die Einkommen um durchschnittlich 9,3 Prozent zugelegt haben und die Inflationsrate mit 3,3 Prozent um circa sechs Prozent weniger stark angestiegen ist. In 2010 lag die Zuwachsrate der Einkommen der ländlichen Haushalte mit 10,9 Prozent erstmals über der Zuwachsrate der Einkommen der städtischen Haushalte, die bei 7,8 Prozent lag. Dies muss jedoch relativiert werden, da im Jahr 2010 das Pro-Kopf-Einkommen der ländlichen Haushalte mit 5.919 Renminbi nur 31 Prozent des Pro-Kopf- Einkommens der städtischen Haushalte ist, da dies bei 19.109 Renminbi liegt. Mit diesen Ungleichgewichten, die auf die exportorientierte Wirtschaft zurückzuführen sind, entwickeln jederzeitig die Gefahr sozialer Unruhen, die die Zentralregierung ins Wanken bringen könnten.
Zeitgleich lässt die Ein-Kind-Politik und die dargestellten Auswirkungen der Einkommens-entwicklung die demographische Struktur Chinas stark altern. Dies wird das Angebot an Arbeitskräften einschränken und den Druck auf Löhnerhöhungen stärken. Zudem wird es notwendig sein, die industrielle Struktur und die Zusammensetzung des Handels von den bis dato arbeitsintensiven Prozessen zu einer technologischen und gesteigerten Produktivität zu wandeln. Andernfalls könnte die Krisenanfälligkeit exportorientierter Volkswirtschaften, wie es die Länder Deutschland, Japan und China aufzeigen, die Gewinne der Unternehmen bei Preiserhöhungen durch die Aufwertung des Wechselkurses schmälern und somit die Arbeitslosigkeit erhöhen.
Die makroökonomischen Auswirkungen einer weiteren Internationalisierung der chinesischen Währung auf das Finanzsystem und auf die Finanzmärkte werden in den Kapiteln drei und vier näher beschrieben und analysiert.
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