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Mehr InfosBachelorarbeit, 2011, 53 Seiten
Medien / Kommunikation - Public Relations, Werbung, Marketing, Social Media
Bachelorarbeit
1
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemgegenstand und Relevanz
1.2 Methodik und Zielsetzung
2. Klärung zentraler Begriffe
2.1 Alltagstheorien vs. wissenschaftliche Theorien
2.2 Zielgruppen
2.2.1 Arten von Zielgruppen
2.2.2 Verkettungen
2.2.3 Arbeiten mit Zielgruppen
3. Metaanalyse von PR-Theorien
3.1 Die Schweigespirale
3.1.1 Zur Theorie
3.1.2 Die Rolle der Massenmedien
3.1.3 Praxisrelevanz
3.2 Die vier Modelle der PR
3.2.1 Theoretisches Fundament
3.2.2 Weiterentwicklungen des Ansatzes
3.2.3 Praxisrelevanz
3.3 Zusammenfassung der Theorien
4. Empirischer Teil
4.1 Forschungsdesign und Vorgehensweise
4.2 Interpretation des Interviews
4.3 Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem Interview
5. Resümee
5.1 Beantwortung der Forschungsfragen und Hypothesengenerierung
5.2 Fazit
5.3 Ausblick und Desiderata
Literaturverzeichnis
Anhang
A.1 Interviewprotokoll
A.2 Formulierende Interpretation
A.3 Interviewtranskription
Abbildung 1: Dynamisches Modell der Schweigespirale
Abbildung 2: Modell der PR-Funktion einer Organisation
Abbildung 3: Die vier PR-Modelle entlang zweier Kontinua
Tabelle 1: Grundlegende Theoriefunktionen bei ausgewählten PR-Theorien
Tabelle 2: Die vier Modelle der Public Relations
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kurt Lewin vertrat die Auffassung, dass Theorien die Lösung praktischer Probleme ermöglichen, konträr dazu repräsentiert das einleitende Zitat von Wolfgang Eschker wohl den Standpunkt vieler PraktikerInnen[1]. Diese beiden Gegenpole machen deutlich, dass die Beziehung zwischen Theorie und Praxis durchaus als angespannt bezeichnet werden kann.
Wie aber steht es um die Verwendung von Public-Relations[2] -Theorien in der PR-Praxis? Einer Umfrage[3] unter mehr als 2000 Pressestellen und Agenturen zufolge sehen es lediglich zwanzig Prozent der Agenturen und elf Prozent der Pressestellen als wichtig an, eine fundierte PR-Ausbildung für die Arbeit als PR-PraktikerIn mitzubringen (vgl. Heintze 2010: 15). Eine weitere Erkenntnis war, dass jede zweite ÖffentlichkeitsarbeiterIn eine branchenfremde Ausbildung abgeschlossen hat (vgl. Heintze 2010: 16), was die Vermutung nahelegt, dass in der Praxis sehr wenige PR-wissenschaftliche Theorien angewendet werden (können). Es wird hier scheinbar öfter das Bauchgefühl zu Rate gezogen und sogenannte Alltagstheorien angewandt.
Ob kommunikationswissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien dennoch Anwendung in der Öffentlichkeitsarbeit finden, soll in vorliegendem Werk geklärt werden. Hierfür wird der Fokus speziell auf die Kommunikation mit den Zielgruppen gerichtet und die verwendeten Theorien unter diesem Gesichtspunkt ausgewählt.
[…] many theories apply to public relations but
there is no public relations theory. So what?
(Grunig J. zit. n. Femers 2009: 205)
Die PR-Theorieforschung wird gegenwärtig aus zwei Sichtweisen betrachtet, einerseits die PR als Persuasion, welche die Umwelt kontrollieren will, andererseits PR als eine um gegenseitiges Verständnis bemühte Disziplin, die zielgruppenorientiert vorgeht (vgl. Kunczik 2010: 68). Auch zum theoretischen Forschungsstand der PR gibt es unterschiedliche Meinungen, so schreibt Bürger zum Beispiel bereits vor Jahren, der theoretische Background wäre so tiefsinnig durchleuchtet, wie es nur ginge (vgl. 1983: 7). Röttger stellt hingegen später fest: „Public Relations wurde von der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft spät entdeckt, lange Zeit wenig erforscht und bis heute in großen Teilen einseitig wahrgenommen“ (2004: 8). Für vorliegende Analyse wird davon ausgegangen, dass ausreichend PR-Theorien vorliegen, welche allerdings nicht alle für die PR-Praxis taugen. Schulz kritisiert die meisten PR-Theorien zum Beispiel hinsichtlich der Formulierung von Wenn-Dann-Sätzen, welche erst die Vorhersage von Zusammenhängen und Prozessen ermöglichen. „Sie bieten daher auch kaum Orientierung für praktisches PR-Handeln“ (2002: 525). Auch Rühl schlägt in dieselbe Kerbe und stellt diesbezüglich fest: „Wissenschaftliche Theorien der Public Relations können nicht unmittelbar für ‚die Praxis‘ leisten. Wissenschaftliche PR-Theorien sind grundlagentheoretisch orientiert“ (2004: 79, H. i. O.).
Wenn der Gegenstand der Public Relations aber nun als Wissenschaft gesehen werden soll, so muss - um die Wissenschaftlichkeit zu gewährleisten - der Bedarf an Theorien, sowie deren Notwendigkeit geprüft werden. Als Theorien werden dazu „systematische und widerspruchsfreie Systeme von Aussagen oder Sätzen verstanden, die der wissenschaftlichen Beschreibung, Erklärung oder der Vorhersage von Wirklichkeit dienen“ (Bentele et al. 2005: 91). Nur dadurch kann eine konsistente PR-Theorie herausgebildet werden (vgl. Femers 2009: 201). Dass die Public Relations als Wissenschaft angesehen wird, bestätigen Bentele und Will (2006: 153f.) und sprechen von einer PR-Wissenschaft - beziehungsweise einer wissenschaftlichen Disziplin „Kommunikationsmanagement“ - welche sich auf Basis der Empirie mit der Geschichte und Entwicklung des Gegenstands PR, der Theorienbildung, sowie der Analyse und Beschreibung des Berufsfeldes und dessen Teilfeldern beschäftigt. Vor diesem Hintergrund zeigt sich die Notwendigkeit von Theorien bei der wissenschaftlichen Erforschung eines Untersuchungsgegenstandes. Wie aber werden in der Praxis Theorien gehandhabt? Femers stellt dazu fest: „Die Theorie ist kein Identitätsmerkmal der Praxis, gleichwohl kann sie aber für die Praxis Identifikationsmöglichkeiten schaffen“ (2009: 202).
Durch vorangehende Ausführungen ist sowohl die wissenschaftliche, als auch die praktische Relevanz definiert. Der Bereich der PR-Theorie, aber auch das Feld der PR-Praxis profitieren von möglichen Erkenntnissen, die ebendiese Bereiche gleichsam umfassen. Die gesellschaftliche Relevanz ist durch den Umstand gegeben, dass die PR-Arbeit direkt auf die Gesellschaft einwirkt und mit ihren Botschaften und Maßnahmen die Öffentlichkeit zu beeinflussen versucht. So kann beispielsweise die Public Relations dazu beitragen, dass die wirtschaftliche Situation auf nationalem Niveau verbessert wird. Speziell im Teilbereich der Krisenkommunikation ist die Öffentlichkeit ein wichtiger Faktor und die wichtigste Bezugsgruppe der PR-PraktikerInnen. Die persönliche Relevanz und Motivation für diese Untersuchung ist auf das Studium der Kommunikationswissenschaft zurückzuführen. Durch die Verbindung von theoretischem Wissen und praktischen Erfahrungen wird dabei beim Verfasser das Interesse hinsichtlich der Anwendbarkeit theoretischen Wissens in der Arbeitswelt geweckt.
Die Forschungsfrage für vorliegende Analyse gliedert sich in zwei Teile. Zum Einen eine Frage, die anhand der theoretischen Meta-Analyse beantwortet werden soll:
Forschungsfrage 1: Gibt es theoretische Ansätze, welche Lösungen für praktische PR-Probleme im speziellen in der Kommunikation mit Zielgruppen bieten?
Zum Anderen eine Frage, die durch die Erkenntnisse aus dem empirischen Teil geklärt werden dürfte:
Forschungsfrage 2: Verwenden PR-PraktikerInnen theoretische Ansätze im Berufsalltag?
Praktiker exzellenter PR-Abteilungen haben eine
theoretisch fundierte Wissensgrundlage der PR
(Grunig J. et al. 1996b: 39; zit. n. Andres 2004: 148)
Nachdem der Problemgegenstand erläutert und die relevanten Begriffe definiert wurden, sollen anhand einer Meta-Literaturanalyse[4] im theoretischen Teil der Untersuchung entsprechende Theorien aus der PR-Forschung analysiert und aufgearbeitet werden. Ziel dabei ist es den theoretischen Forschungsstand zu analysieren. Damit wird das theoretische Fundament für den empirischen Teil geschaffen in welchem anhand eines problemzentrierten Interviews die Anwendung von theoretischem Wissen in der Praxis geklärt werden soll.
Das Interview wird anhand eines Leitfadens vorbereitet und durchgeführt, wodurch eine höhere Aufmerksamkeit beim Interviewpartner generiert wird (vgl. Flick 2009: 194). Die einzelnen Fragen sind so formuliert, dass aus deren Beantwortung Erkenntnisse über die Anwendung der für vorliegende Analyse ausgewählten Theorien in der Zielgruppenkommunikation gewonnen werden können. Durch die daraus erworbene subjektive Sichtweise des Interviewpartners, werden die theoretischen Erkenntnisse aus der Metaanalyse ergänzt. Nach der Interpretation auf Basis der dokumentarischen Methode nach Bohnsack (vgl. Bohnsack et al. 2006: 9-28) sollten die Forschungsfragen mithilfe der theoretischen und praktischen Resultate zu beantworten sein und Hypothesen generiert werden können.
Das Elend kommt von
den falschen Begriffen
(Lao Tse o.J.: o.S., zit.n.
Merten 1990: 86)
Theorien werden hinsichtlich ihrer Funktion in verschiedene Typen unterteilt, so gibt es neben den wissenschaftlichen Theorien auch die sogenannten Alltagstheorien, die auch How-to-do-Theorien genannt werden (vgl. Femers 2009: 206). Im folgenden Abschnitt sollen diese Alltagstheorien kurz dargestellt werden, um Verständnis für die wissenschaftliche Theorienbildung zu schaffen.
Ein Mensch wird in seinem täglichen Erleben von unzähligen Theorien geleitet und begleitet, so sind beispielsweise unsere Vorurteile einer bestimmten Person oder Gruppierung gegenüber durch Theorien begründet. Diese Theorien nennt man Alltagstheorien, im Gegensatz zu wissenschaftlichen Theorien werden diese allerdings zumeist nicht verifiziert oder falsifiziert. Eine wissenschaftliche Theorie muss unter anderem durch andere ForscherInnen wiederholbar sein und zu demselben Ergebnis kommen. Alltagstheorien hingegen gründen aus einer subjektiven Einschätzung oder Erfahrung heraus, können nicht als allgemeingültige Aussagen gesehen werden und sind auch nicht wiederholbar. Die für wissenschaftliche Theorien geltenden Maßstäbe (Objektivität, Wiederholbarkeit, systematische Begründung) können hier also nicht angesetzt werden (vgl. Bortz/Döhring 2005: 263f).
Besonders häufig werden Alltagstheorien an Stammtischen diskutiert, vor allem Reizthemen (AusländerInnen, Sport, Politik) dürften wohl zu unzähligen Theorien und Hypothesen verleiten. Wenn nun solche Theorien von einer Gruppe angenommen werden, führt dies zur Bildung von Vorurteilen. So entstammen beispielsweise viele Stereotypen und Rassenvorurteile aus Alltagstheorien und werden von einer Gruppe angenommen, ohne auf ihre Richtigkeit überprüft worden zu sein. Unbewusst werden solche Theorien also täglich genutzt und begründet. Alltagstheorien sind allerdings nicht ausschließlich negativ zu sehen, sie helfen uns unser tägliches Leben zu meistern und geben uns Halt und Sicherheit, auch wenn sie nicht objektiv oder allgemein anwendbar sind. Bereits in der Kindheit beginnen wir damit Theorien aufzustellen und zu überprüfen, dadurch beginnt der Lernprozess, welcher uns für immer prägt und uns vor potentiellen Gefahren schützt.
Durch ihre übereilten Generalisierungen können Alltagstheorien dem Ruf der PR mehr schaden als nutzen, Femers schlägt in diesem Zusammenhang eine Art Überwachungsapparat in der PR-Praxis vor, welcher überprüfen soll „ob das, was nach Aussage des Praktikers funktioniert, auch wirklich funktioniert, wie es funktionieren soll“ (Femers 2009: 206).
„Eine große Gefahr bei der Theorienbildung besteht darin, zu umfassende Aussagen machen zu wollen“ stellt Kunczik (2010: 65) fest und definiert daher bestimmte Funktionen[5], die Theorien aus wissenschaftlicher Sicht erfüllen sollen, um die Sinnhaftigkeit ihres Einsatzes zu erfüllen. Eine davon ist die Ordnungsfunktion (deskriptive Funktion), so sollen Theorien dazu beitragen die soziale Wirklichkeit der Kommunikation zu ordnen. Zudem sollen Prognosen über kommunikative Ereignisse erlaubt werden, das heißt sie haben eine Prognosefunktion. Die Erklärungsfunktion soll die Kommunikation an sich definieren, außerdem sollen neue Zusammenhänge erschlossen werden, was als Entdeckungsfunktion (heuristische Funktion) bezeichnet wird (vgl. Kunczik 2010: 72f.). Bezogen auf die Ordnungsfunktion kann festgehalten werden, dass diese Aufgabe speziell im Bezug auf die Begriffserklärung bereits in sehr hohem Ausmaß erfüllt wurde. Die vorherrschende Anzahl an Definitionen im PR-Bereich ist nahezu unüberschaubar geworden. Dies lässt sich erklären durch die rasante Entwicklung der PR-Branche mit der die PR-Forschung nicht mithalten konnte. Auch wurden durch die vielen disziplinären Blickwinkel (kommunikations-, wirtschaftliche, kulturelle, politikwissenschaftliche, organisationssoziologische und sozialpsychologische Ansätze) ebensoviele Sichtweisen geprägt (vgl. Fröhlich 2008: 96). Zudem ist die Affinität zu verwandten Kommunikationsformen - zum Beispiel Werbung und Journalismus - als Problemfaktor anzusehen. Schlussendlich nennt Fröhlich (2008: 96f.) noch das Problem der Messbarkeit in betriebswirtschaftlichen Maßen, den freien Berufszugang und die fehlende anerkannte Berufsbezeichnung als Faktoren für die vorherrschende Definitionsproblematik. Bentele schließt sich dieser Meinung an und unterschiedet daher zwischen Definitionen aus der Alltagsperspektive, der Berufsfeldperspektive und der wissenschaftlichen Perspektive (1998: 26ff.).
Auch Merten sieht das Problem für die Bildung von brauchbaren Theorien in der Definition: „Solange das Erkenntnisobjekt nicht präzise definiert ist, ist es schlechterdings nicht möglich, Theorien über PR als brauchbar oder weniger brauchbar einzustufen“ (1999: 278). Mithilfe einer Tabelle versucht Femers dieser Unschärfe entgegenzuwirken und zumindest ausgewählte Theorieansätze hinsichtlich der Erfüllung der angesprochenen wissenschaftstheoretischen Grundfunktionen zu prüfen (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1: Grundlegende Theoriefunktionen bei ausgewählten PR-Theorien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Femers 2009: 209
Unter Berücksichtigung des weiteren Verlaufes vorliegender Analyse und des darin verwendeten Ansatzes der Vier Modelle der PR von J. Grunig und Hunt sei vor allem auf die Bewertung der organisationstheoretischen Ansätze verwiesen. Demnach sind hierbei eine Prognose- und eine Erklärungsfunktion zwar höchstens teilweise gegeben, dennoch sind diese Ansätze im Vergleich zu den anderen geprüften als durchaus brauchbar einzustufen. Die PR wird dabei bekanntlich als Kommunikationsfunktion der Organisation mit Fokus auf die Managementfunktion verstanden (vgl. Femers 2009: 208).
Für den in vorliegender Analyse gewählten Begriff Zielgruppen werden in der Kommunikationswissenschaft oft Synonyme verwendet. So spricht man unter anderem von Teilöffentlichkeiten, Anspruchsgruppen, Dialoggruppen, publics, oder Publikumsgruppen [6] . Dass diese Begriffe aber nicht immer willkürlich zu gebrauchen sind, wird durch einen Definitionsansatz von Heinz-Werner Stuiber deutlich. So trennt dieser scharf zwischen Teilöffentlichkeiten, die er als „in der Regel organisierte, soziale Gruppen“ bezeichnet (Stuiber 1992: 217) und Zielgruppen, welche er folgendermaßen definiert: „sind auf Märkte gerichtet, dort treten ihnen [den Unternehmungen, Anm. d. Verf.] meist private einzelne gegenüber“ (Stuiber 1992: 217).
In vorliegender Analyse wird - im Sinne der Einheitlichkeit - durchgehend der Begriff Zielgruppen verwendet. Als Zielgruppen verstehen sich dabei Menschen gleichen Sinnes, oder gleichen Berufsstandes, welche sich möglicherweise nur in einer Sache gleichen, in der Beurteilung der Signale einer Organisation, Gruppierungen von Personen und Institutionen also, welche im gesellschaftlichen Umfeld von Organisationen agieren (vgl. Haedrich 1992: 260; Scholz 1987: 29). Besonders relevante Zielgruppen - sogenannte Stakeholder - sind hierbei Gruppen, die der Organisation gegenüber Zielansprüche äußern, über eine bestimmte Macht verfügen und ein Einsatzrisiko tragen. Diese nehmen also bestimmte Aktivitäten einer Organisation bewusst wahr und glauben zudem Möglichkeiten zu haben diese auch zu beeinflussen. Des Weiteren empfinden die Stakeholder eine hohe Betroffenheit bezogen auf das Verhalten einer Organisation und sind gekennzeichnet durch eine hohe Bereitschaft zur dialogischen Kommunikation. (vgl. Haedrich 1992: 260). Die Zielgruppen einer Organisation sind allerdings nicht von vornherein vorhanden, vielmehr ergeben sie sich aus der Art der Organisation, ihres Umfeldes und der jeweiligen Situation (vgl. Signitzer 2007: 159). Zielgruppen lassen sich immer dann bilden, wenn die einzelnen Personen darin relativ homogene soziodemografische Daten aufweisen - dies wären etwa Jahrgang oder Einkommensschicht - aber auch wenn sie sie ähnliche Verhaltensmuster zeigen, wie beispielsweise die Gruppe der BusfahrerInnen oder die der Fußballfans. Diese so gebildeten Gruppen lassen sich schließlich aufgrund ihrer psychografischen Merkmale als schweigende Mehrheit oder lautstarke Aktionsgruppen - um nur einige zu nennen - differenzieren (vgl. Brauer 1993: 236). Mit Hilfe der „helfenden Fragen“ können Zielgruppen erkannt werden: „Wer kann unseren Handlungsspielraum erweitern und uns so bei der Verfolgung unserer Ziele unterstützen? Wer kann unseren Handlungsspielraum einengen und uns so bei der Verfolgung unserer Ziele behindern? Wen können wir bei der Verfolgung seiner Ziele unterstützen? Wen können wir bei der Verfolgung seiner Ziele behindern?“ (Signitzer 2007: 159).
J. Grunig und Hunt definieren Zielgruppen als eine Gruppe von Menschen, die einem ähnlichen Problem gegenüberstehen, die erkennen dass dieses Problem besteht und die sich organisieren, um damit umzugehen (vgl. Grunig J./Hunt 1984: 145). Auf Basis dieser Definition unterscheidet Signitzer verschiedene Arten von Zielgruppen (vgl. Signitzer 2007: 158f.):
- Latente Zielgruppe, welche einem Problem gegenübersteht, dieses allerdings noch nicht realisiert hat.
- Bewusste Zielgruppe, hier wurde das vorliegende Problem bereits erkannt.
- Aktive Zielgruppen, die sich organisieren, um mit dem Problem umzugehen.
- Nicht-Zielgruppe, für welche kein Problem vorliegt.
Oft wird auch diese Nicht-Zielgruppe in PR-Programme eingebunden, wodurch natürlich keine Wirkung erzielt werden kann, dies trifft beispielsweise auf Personen zu, die mittlerweile einer Zielgruppe nicht mehr angehören (vgl. Brauer 1993: 237; Signitzer 2007: 158f.). Nach J. Grunig gibt es noch einen weiteren Typus, nämlich die aktivistische Zielgruppe, die einen besonderen Einfluss auf die bewusste Zielgruppe ausübt (vgl. Signitzer 2007: 159).
Mit Kommunikationsmaßnahmen seitens der Organisation muss dann begonnen werden, wenn eine latente zu einer bewussten Zielgruppe wird, dadurch wird der Bewusstwerdungsprozess aktiv mitgestaltet. Dabei muss aber diese Zielgruppentransformation genau vorhergesehen werden, eine latente Zielgruppe könnte ja auch zu einer Nicht-Zielgruppe zurückfallen und bei einer bereits aktiv gewordenen Zielgruppe kann es schon zu spät sein (vgl. Signitzer 2007: 159).
Organisationen sind durch die Verbindungen mit ihrem Umfeld - den Zielgruppen - verkettet, so ermöglichen Basisverkettungen erst die Existenz einer Organisation. Sie legitimieren und kontrollieren Ressourcen, die die Organisation beeinflussen können. Verbindungen existieren auch auf funktionaler Ebene, diese sind für Inputs und Outputs durch Angestellte, LieferantInnen und KonsumentInnen wichtig (vgl. Signitzer 2007: 160). Über normative Verkettungen sind Organisationen mit anderen Organisationen, welche ähnliche Ziele, Probleme, oder Werte aufweisen verbunden. Eine weitere Verbindung besteht auf einer diffusen Ebene, diese tritt dann in Erscheinung, wenn nicht-organisierte Gruppen auf Organisationsaktionen reagieren, UmweltschützerInnen, NachbarInnen und Medien beispielsweise. Die Auswirkungen auf die Organisation sind bei den Basis-, sowie den funktionalen Verkettungen am größten, im Gegensatz dazu haben diffuse Verkettungen mehr Konsequenzen für die Umwelten (vgl. Signitzer 2007: 160f.).
Für die Arbeit mit Zielgruppen bedarf es eingangs einer Zielgruppenanalyse, bei der zuerst Leistungs- und Gegenleistungspotential ermittelt werden soll. Die hier grundlegende Frage ist die nach den Erwartungen der Zielgruppen an die Organisation (vgl. Brauer 1993: 238). Anhand einer Zielhierarchie kann dann dargestellt werden, durch welche Kommunikationsmethoden bei welcher Zielgruppe positive Effekte erzielt werden können. Im Anschluss daran wird die Wahrnehmungsweise der definierten Zielgruppe analysiert (vgl. Brauer 1993: 238). Im nächsten Schritt wird bestimmt, wie oft eine Zielgruppe angesprochen werden kann/muss/soll, dabei gilt der Grundsatz: „Einmal ist keinmal – erst wenn sich eine Botschaft wiederholt, kann sie kein Zufall sein“ (Brauer 1993: 239). Dies kann mitunter durchaus zu einem Wechsel der Methode führen. Im letzten Schritt werden Wege und Mittel der Rückkoppelung definiert, die Möglichkeiten reichen von einem ausliegenden Gästebuch bei einer Veranstaltung, bis hin zur Durchführung einer repräsentativen Befragung (vgl. Brauer 1993: 239).
Die verschiedenen Zielgruppen müssen also auch mit verschiedenen Maßnahmen spezifisch angesprochen werden, umso besser und genauer die Einteilung der Zielgruppen vorliegt, desto effizienter ist auch die Kommunikation.
Im nachfolgenden Kapitel sollen zwei ausgewählte PR-Theorien vorgestellt, mit der Methode der theoretischen Literaturanalyse aufgearbeitet und anschließend auf ihre Praxistauglichkeit untersucht werden. Metaanalytisches Vorgehen bezeichnet dabei das Aufarbeiten von vorhandenen Theorien und Erkenntnissen aus verschiedenen Sichtweisen. Ausgangspunkt dafür ist die eingangs formulierte Forschungsfrage nach der Existenz von theoretischen Ansätzen für die Lösung praktischer Probleme. Im weiteren Verlauf sollen die analysierten Theorien als Basis für die im problemzentrierten Interview behandelten Schwerpunkte dienen, um die Verwendung von PR-Theorien in der Praxis zu klären.
Öffentliche Meinung hat eine Kraft, die auf
Menschen wirkt und Machtverhältnisse
verändern kann. (Roessing 2009: 22)
Die Entstehung der Theorie der Schweigespirale [7] geht auf die Beobachtung der Bundestagswahl 1965 zurück, als ein unerwarteter Anstieg der Wahlabsichten für eine Partei zu verzeichnen war. Dieser Anstieg wurde später von Noelle-Neumann als Last Minute Swing bezeichnet und ist auf die Erwartungshaltung, wer die Wahl gewinnen würde zurückzuführen (vgl. Roessing 2009: 21). Noelle-Neumann stellte fest, dass sich unzählige WählerInnen dem Druck der öffentlichen Meinung[8] beugten und dadurch ein Mitläufereffekt erzeugt wurde (vgl. Noelle-Neumann 2001: 14). Daraus schließt Roessing: “Öffentliche Meinung hat eine Kraft, die auf Menschen wirkt und Machtverhältnisse verändern kann“ (2009: 22).
Als Motiv dafür folgerte Noelle-Neumann die Isolationsfurcht des Individuums (vgl. Abbildung 1). Wer also wahrnimmt, dass seine Meinung[9] von anderen gebilligt wird, der vertritt diese umso stärker. Die Vertreter der Gegenmeinung allerdings, fühlen sich isoliert und alleingelassen und verschweigen ihre Haltung, wodurch eine weitere Stärkung der Gruppe bewirkt wird, welche die Mehrheitsmeinung vertritt. In einem Spiralprozess setzt sich dieses Phänomen immer weiter fort und führt schlussendlich dazu, dass eine öffentlich völlig dominante Gruppe entsteht und die andere Gruppe nahezu vollständig aus dem öffentlichen Bild verschwindet (vgl. Noelle-Neumann 2001: 18).
Abbildung 1: Dynamisches Modell der Schweigespirale
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Schenk 2002: 493
In Noelle-Neumanns Artikel 1974 werden die Grundzüge der Theorie erstmals anhand von fünf Hypothesen dargestellt (vgl. Roessing 2009: 25; Noelle-Neumann 1974: 45):
- Das Individuum beobachtet die Meinungsverteilung in seiner Umgebung, sowie deren Entwicklung.
- Abhängig von der Verteilung und Entwicklung der Meinungen wächst oder sinkt dann die Bereitschaft, seine Absichten öffentlich kundzutun.
- Unterscheidet sich die Einschätzung von der tatsächlichen Meinungsverteilung, so liegt das an der deutlicheren Darstellung der in ihrem Anteil überschätzten Meinung in der Öffentlichkeit.
- Zumeist ist eine positive Korrelation zwischen der Einschätzung der gegenwärtigen und der zukünftigen Meinungsverteilung.
- Im Zweifelsfall ist die Einschätzung der Meinungsverteilung für die Zukunft ausschlaggebend für das Individuum.
Zudem stellt Noelle-Neumann fest, dass insbesondere bei kontroversen Themen eine starke Ausprägung der Schweigespirale zu beobachten ist (vgl. Roessing 2009: 25).
Ein entscheidender Einfluss auf die Meinungsverteilung wird den Massenmedien zugeschrieben, welche Roessing auf der Basis von Noelle-Neumanns Theorie als Vier Funktionen der Massenmedien beschreibt (Roessing 2009: 208-215):
- Die Funktion der Thematisierung beschreibt, dass die Massenmedien durch ihre Berichterstattung die Themen vorgeben, über die in der Öffentlichkeit kommuniziert wird. Viele RezipientInnen beziehen ihre Informationen aus den Massenmedien, ein Thema, welches dort unerwähnt bleibt, hat daher so gut wie keine Möglichkeit in die Öffentlichkeit zu gelangen. Dadurch können nur massenmedial vermittelte Themen eine Schweigespirale auslösen. „Agenda setting creates the issues on which the public opinion process will work“ (Noelle-Neumann 1994: 113).
- Die Verleihung von Öffentlichkeit baut auf der Funktion der Thematisierung auf und erweitert diese um eine inhaltliche Komponente. Durch die Richtung ihrer Inhalte werden bestimmte Perspektiven von vornherein salonfähig oder unbrauchbar gemacht. Als Beispiel für die negative Verleihung von Öffentlichkeit nennt Roessing den „Medienpranger“ (2009: 209), der den RezipientInnen die Schuldigen und die Verurteilung derselben nahezu vorgibt.
- Eine weitere Funktion stellt die Massenmedien als Quelle der Umweltwahrnehmung des Einzelnen dar. Die Medien fungieren dabei als Hinweisgeber, der den RezipientInnen sagt mit welcher Meinung man sich isolieren und mit welcher man öffentlich auftreten kann. Hierbei wird deutlich, dass die Massenmedien keineswegs die einzige Quelle der Umweltbeobachtung sind, durch ihre Reichweite allerdings hohes Machtpotential besitzen. „Zwei Quellen hat diese Umweltbeobachtung, aus zwei Quellen nährt sich die öffentliche Meinung: aus der unmittelbaren, originalen Beobachtung, die der einzelne in seiner Umwelt anstellt, und aus der Beobachtung der Umwelt, wie sie dem einzelnen durch die Massenmedien vermittelt wird“ (Noelle-Neumann 2001: 224). Wenn der Mehrheit also die Unterstützung der Massenmedien fehlt, kann es der Minderheit gelingen das Meinungsklima zu ihren Gunsten zu beeinflussen und eine Schweigespirale auszulösen.
- Die Artikulationsfunktion der Massenmedien beschreibt die Versorgung der AnhängerInnen eines Lagers mit Inhalten für die öffentliche Diskussion. Dabei spielt es keine Rolle ob das Lager die Mehrheits-, oder die Minderheitsmeinung repräsentiert. Dadurch wird es dem Individuum leichter gemacht sich zu seiner Meinung in der Öffentlichkeit zu bekennen.
Wer Isolation nicht fürchtet,
kann öffentliche Meinung verändern.
(Noelle-Neumann 2001: 200)
Die Relevanz der Theorie kann über die drei Wissenschaftsbereiche definiert werden, denen sie dient. So liefert sie sozial-psychologische Erkenntnisse über das Verhalten von Menschen in öffentlichen Situationen. Kommunikationswissenschaftliche Erkenntnisse können über die Rolle der Massenmedien bei der Wahrnehmung von Meinungsverteilungen in der sozialen Umwelt gewonnen werden und zudem können gesellschaftstheoretische und philosophisch-geschichtliche Erkenntnisse über das Verständnis von öffentlicher Meinung und sozialer Kontrolle erlangt werden (vgl. Schenk 2007: 526).
Nachdem vorangehend gezeigt wurde, dass die Massenmedien eine Schweigespirale auslösen und deren Ausgang mitbestimmen können, wird nun die Wichtigkeit der Berücksichtigung der Medien bei der Kommunikation mit Zielgruppen in der PR-Praxis deutlich. Die vom Unternehmen gewünschte Botschaft muss also zur Mehrheitsmeinung in der Öffentlichkeit werden um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Dazu muss die unterstützende Gruppe einer von den Massenmedien ausgelösten öffentlichen Diskussion mit Argumenten versorgt und der gewünschten Botschaft Öffentlichkeit verliehen werden. Dadurch wäre es auch möglich eine Mehrheitsmeinung zu erzeugen, die noch gar nicht besteht. Eine derartige Beeinflussung der Zielgruppe setzt allerdings zumeist die gezielte Kommunikation über Massenmedien voraus.
J. Grunig und Hunt haben den PR-Theoriediskurs nicht nur mit ihrer Definition von PR-Aktivitäten als: “the management of communication between an organization and ist publics“ (1984: 6) bereichert, von ihnen stammt auch eines der einflussreichsten und laut Röttger (vgl. 2000: 44) richtungsweisendes Modell der Public Relations: Die Vier Modelle der PR. PR-Aktivitäten wurden dabei als Organisationsfunktion gesehen und die PR selbst als „ein organisationales Subsystem“ (Szyszka 2008: 164), welches dem Management-System zugeordnet wurde. Als Hauptaufgabe gilt es dabei die Unternehmensführung bei der Planung und Überprüfung der Kommunikationstätigkeiten zu unterstützen. Diese PR-Funktion wird (vgl. Abbildung 2) als Dreiecksbeziehung dargestellt, bei denen Management-Ebene und die Bezugsgruppen gegenseitig Einfluss aufeinander ausüben und die Kommunikation über die PR-Abteilung gesteuert wird.
Abbildung 2: Modell der PR-Funktion einer Organisation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Grunig J./Hunt 1984: 10
Als organisationsbezogener Ansatz richtet sich also das vorrangige Interesse auf den durch PR-Aktivität zu kontrollierenden, organisationspolititschen Handlungsbedarf. Dabei steht der Nutzen für die Organisation im Zentrum (vgl. Szyszka 2008: 161). Basierend auf Thayer’s Konzept der synchronen und diachronen[10] Kommunikation (1968) fügt J. Grunig den Gedanken von one-way-, beziehungsweise two-way-M odellen mit dem Kommunikationsziel zusammen (1976).
The purpose of synchronic communication, as Thayer explained it, is to ‚synchronise‘ the behaviour of a public with that of the organization so that the organization can continue to behave in the way it wants without interference. (Grunig J. 1992: 287; H. i. O.)
Dadurch wurde erstmals nicht nur die Richtung, sondern auch die Intention der Kommunikation miteinbezogen. Das Feld der Public Relations wird 1984 von J. Grunig und Hunt in vier Modelle aufgeteilt, die einerseits die historische Entwicklung der PR-Arbeit verdeutlichen, andererseits aber auch die Beziehung von Organisation und Umwelt in Bezug zu einer entsprechenden Anwendungsmethode setzt (vgl. Tabelle 2).
Tabelle 2: Die vier Modelle der Public Relations
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Kunczik 2010: 207 nach Grunig J./Hunt 1984: 22
Einen besonders hervorzuhebenden Aspekt des Modelles stellt die Unterteilung der Kommunikationsrichtung in Einweg- und Zweiwegkommunikation, sowie in ihrer Wirkungsweise (symmetrisch oder asymmetrisch) dar.
Das Publicity-Modell hat seinen Ursprung in den Anfängen der Pressearbeit im frühen neunzehnten Jahrhundert und zielt auf eine schnelle Durchsetzung der eigenen Interessen in der Öffentlichkeit ab, der Wahrheitsgehalt der Botschaft spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz dazu wird beim Informationsmodell großer Wert auf den Wahrheitsgehalt der Information gelegt. Dieses Modell funktioniert ebenso als Einwegkommunikationsmodell und wird speziell im Bereich der Behörden- und Non-Profit-PR angewandt (vgl. Grunig J. 1992: 288; Signitzer 1989: 34). Im asymmetrischen Kommunikationsmodell wird bereits Feedback in die PR-Planung miteinbezogen. Damit soll die Zielgruppe auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnis überzeugt werden (vgl. Signitzer 1992: 139). Im symmetrischen Modell wird weiterführend der Dialog in den Vordergrund gestellt, dabei werden Informationen über das jeweilige Gegenüber eingeholt und versucht eine WIN-WIN-Situation zu kreieren, die auf wechselseitigem Verständnis beruht (vgl. Signitzer 1992: 139). Dadurch kann es zu Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei der Organisation und gleichermaßen bei der Zielgruppe kommen.
Später werden diese vier Modelle von J. Grunig und L. Grunig auf zwei Dimensionen aufgeteilt (vgl. Abbildung 3). Dies soll zum Einen die handwerklich-technische Seite der PR demonstrieren, welche Kommunikationstechniken zum Selbstzweck benützt, zum Anderen soll auch die Dimension der professionellen PR dargestellt werden, die strategische Zwecke für Organisationen erfüllt (vgl. Grunig J./Grunig L. 1989: 60).
Abbildung 3: Die vier PR-Modelle entlang zweier Kontinua
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Signitzer 1992: 141
In einem weiteren Entwicklungsschritt der vier PR-Modelle wird von J. Grunig, L. Grunig und Dozier (2002) das Modell exzellenter Public Relations [11] konstruiert (vgl. Kunczik 2010: 335), wonach eine gute Beziehung zwischen einer Organisation und den Zielgruppen symmetrisch und als Zweiweg-Kommunikation aufgebaut sein muss (vgl. Grunig J. et al. 2002: 11). Die Relevanz dieses Modells für vorliegende Untersuchung zeigt sich in einem darin definierten Merkmal wonach das Potential für exzellente PR unter anderem indiziert wird durch: Kenntnis des symmetrischen Modells, sowie einer akademischen Ausbildung in PR (vgl. Grunig J. et al. 2002: 9). Auch in einer weiteren Version dieses Modells, der Exzellenz-in-global-Public-Relations-Theorie vom selben Forscherteam (1996a) wird als ein Prinzip angeführt: “Praktiker exzellenter PR-Abteilungen haben eine theoretisch fundierte Wissensgrundlage der PR“ (Grunig J. et al. 1996b: 39).
Hinsichtlich der vorliegenden Forschungsfrage - ob PR-PraktikerInnen auf Erkenntnisse aus der PR-Theorie zurückgreifen - kann also festgehalten werden, dass aus Sicht der Forschung ein theoretischer Hintergrund unverzichtbarer Bestandteil erfolgreicher PR-Praxis ist. Ob diese Haltung allerdings im Berufsalltag gestützt wird, soll im empirischen Teil der Analyse geklärt werden.
[...]
[1] Vorliegendes Werk ist in der neuen deutschen Rechtschreibung verfasst, nach alter Rechtschreibung vorliegende Quellen werden im Rahmen direkter Zitate wortwörtlich übernommen und nicht mit Hinweisen auf die alte Rechtschreibung versehen. Im Sinne einer gendergerechten Formulierung wird bei sämtlichen Bezeichnungen der weiblichen Artikel und die „I-Variante“ angewandt, um zu signalisieren, dass die Personenbezeichnung auf Frauen und Männer Bezug nimmt. Ist bei einem englischen Fachbegriff eine Übersetzung nicht sinnvoll, beziehungsweise ist der Begriff unverändert in die deutschsprachige Literatur eingegangen (z.B. Public Relations), so wird dieser beibehalten.
[2] Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird Public Relations im Sinne der Lesbarkeit häufig mit PR abgekürzt.
[3] Für die Studie Jobmarkt PR wurden von der Kommunikationsagentur Faktenkontor anlässlich des Sommer Symposiums 2009 des PR Career Centers 1332 Pressestellen und 812 Agenturen befragt (vgl. Heintze 2010: 11).
[4] Bonfadelli und Meier definieren als Aufgabe der Literaturanalyse: „alle Aktivitäten, die Ergebnisse verschiedenster Einzelstudien in einem Forschungsbereich oder bezüglich eines bestimmten Forschungsproblems systematisch zusammenzufassen und zu evaluieren, und zwar mit dem Ziel, den Stand der Forschung auf einer höheren Ebene der Generalisierung als der der Einzelstudie zu synthetisieren“ (1984: 537).
[5] An anderer Stelle beschreibt Kunczik zudem zwei grundlegende Funktionen von Theorien, zum Einen die Systematisierung von vorhandenem Wissen und zum Anderen Wege zu neuem Wissen aufzuzeigen (vgl. 2009: 223).
[6] Für Fröhlich zum Beispiel stehen Teilöffentlichkeiten synonym für Bezugsgruppen und äquivalent zum amerikanischen publics (2008: 624).
[7] Der Begriff Schweigespirale ist nur ein Teil der Theorie der öffentlichen Meinung, steht jedoch zumeist als Überbegriff für die gesamte Theorie.
[8] „Im verfestigten Bereich der Traditionen, Sitten, vor allem aber der Normen sind jene Meinungen und Verhaltensweisen öffentliche Meinung, die man öffentlich äußern oder einnehmen muß, wenn man sich nicht isolieren will. Isolationsfurcht eines einzelnen, sein Bedürfnis, akzeptiert zu werden einerseits, und die von Öffentlichkeit als Urteilsinstanz gestellte Forderung zur Konformität mit etablierten, allgemein gebilligten Meinungen und Verhaltensweisen andererseits konservieren eine bestehende Ordnung, einen >>Wertehimmel<<“ (Noelle-Neumann 2001: 92, H. i. O.)
[9] Meinung wird hierbei als Synonym für die Einstellung eines Individuums verwendet: „für den Prozeß der Schweigespirale spielt es keine Rolle, ob sich jemand durch eine Meinung oder durch ein Verhalten isoliert“ (Noelle-Neumann 2001: 88).
[10] J. Grunig ersetzt die Begriffe synchron und diachron durch symmetrisch und asymmetrisch.
[11] Das Modell von Grunig J. et al. basiert auf einer 1991/92 durchgeführten Studie, bei der Mitarbeiter von 327 Organisationen in drei Ländern zum Thema Communication Management befragt wurden (vgl. Kunczik 2010: 336).
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